Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

und die Pforte des Himmels.
gestärcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der
Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhöch-
stem und allerheiligstem Mittler-Amt, und des Heil. Geistes Be-
straffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zusammen
eine frische Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon
anzudeuten, so wird die neue Geburt bewahret und mercklich be-
fürderet.

§. 6. Wann der Mensch den entblaßten, blutigen Leichnam desDurch
das unver-
geßliche
Angeden-
cken des
gecreutzig-
ten JEsu.

Sohns GOttes am Creutz sich tieff ins Hertz bildet, sintemal nichts
so grosse Krafft hat den alten Menschen schwach zu machen und zu er-
würgen: Durch den Glauben sind wir GOttes Kinder a, nun ist
nichts so mächtig den Glauben zu würcken, zu nähren und zu stär-
cken, als das Anschauen und die Betrachtung JEsu, wie er am
Creutz hanget, und wie er Sünd, Tod und Teuffel zugleich mit sich
ans Creutz gehefftet b, also daß derjenige als ein unglaubiger Türck
und Heyd zu achten ist, und als ein Verläugner des Creutz-Todes
des Sohns GOttes, der nicht eine völlige Abschaffung der sündli-
chen alten Geburt durch JEsum Christum hoffet im Glauben, in
deme die Sünd zum Tod verdammt ist, weilen JEsus gestorben ist c.
Die neue Creatur ist Liebe ins Hertz ausgegossen durch den Heil.
Geist
d, nun vermag nichts also sehr die Liebe entzünden als das
Marter-Bild unsers himmlischen Bräutigams ansehen in seiner dor-
nenen Cron. Das Leben und Geschäfft der neuen Creatur ist tödten
die Glieder die auf Erden sind
e. Nun kan abermahl nichts so ernsten
Haß und Unwillen ab den Sünden erwecken als das stete Angedencken
unsers von denen Sünden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch
JEsus bald darauf mit Nicodemo redt von seiner als des Menschen-
Sohns Erhöhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEsum
nirgends schöner, lieblicher und erwünschter als am Creutz. Nun lehret
die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur
Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio schwan-
ger ist, und ein ewig schönes Bild im neuen himmlischen Jerusalem
zu seyn verlanget, der stelle sich offt und innigst den allerschönsten ge-
creutzigten und nun zur Rechten der Majestät triumphirenden GOtt

vor,
a Gal. III. 26.
b Colos. II. 14. 15.
c Rom. VIII. 3.
d Rom.
V.
5.
e Colos. III. 5.
G g 3

und die Pforte des Himmels.
geſtaͤrcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der
Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhoͤch-
ſtem und allerheiligſtem Mittler-Amt, und des Heil. Geiſtes Be-
ſtraffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zuſammen
eine friſche Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon
anzudeuten, ſo wird die neue Geburt bewahret und mercklich be-
fuͤrderet.

§. 6. Wann der Menſch den entblaßten, blutigen Leichnam desDurch
das unver-
geßliche
Angeden-
cken des
gecreutzig-
ten JEſu.

Sohns GOttes am Creutz ſich tieff ins Hertz bildet, ſintemal nichts
ſo groſſe Krafft hat den alten Menſchen ſchwach zu machen und zu er-
wuͤrgen: Durch den Glauben ſind wir GOttes Kinder a, nun iſt
nichts ſo maͤchtig den Glauben zu wuͤrcken, zu naͤhren und zu ſtaͤr-
cken, als das Anſchauen und die Betrachtung JEſu, wie er am
Creutz hanget, und wie er Suͤnd, Tod und Teuffel zugleich mit ſich
ans Creutz gehefftet b, alſo daß derjenige als ein unglaubiger Tuͤrck
und Heyd zu achten iſt, und als ein Verlaͤugner des Creutz-Todes
des Sohns GOttes, der nicht eine voͤllige Abſchaffung der ſuͤndli-
chen alten Geburt durch JEſum Chriſtum hoffet im Glauben, in
deme die Suͤnd zum Tod verdammt iſt, weilen JEſus geſtorben iſt c.
Die neue Creatur iſt Liebe ins Hertz ausgegoſſen durch den Heil.
Geiſt
d, nun vermag nichts alſo ſehr die Liebe entzuͤnden als das
Marter-Bild unſers himmliſchen Braͤutigams anſehen in ſeiner dor-
nenen Cron. Das Leben und Geſchaͤfft der neuen Creatur iſt toͤdten
die Glieder die auf Erden ſind
e. Nun kan abermahl nichts ſo ernſten
Haß und Unwillen ab den Suͤnden erwecken als das ſtete Angedencken
unſers von denen Suͤnden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch
JEſus bald darauf mit Nicodemo redt von ſeiner als des Menſchen-
Sohns Erhoͤhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEſum
nirgends ſchoͤner, lieblicher und erwuͤnſchter als am Creutz. Nun lehret
die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur
Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio ſchwan-
ger iſt, und ein ewig ſchoͤnes Bild im neuen himmliſchen Jeruſalem
zu ſeyn verlanget, der ſtelle ſich offt und innigſt den allerſchoͤnſten ge-
creutzigten und nun zur Rechten der Majeſtaͤt triumphirenden GOtt

vor,
a Gal. III. 26.
b Coloſ. II. 14. 15.
c Rom. VIII. 3.
d Rom.
V.
5.
e Coloſ. III. 5.
G g 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0333" n="237"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und die Pforte des Himmels.</hi></fw><lb/>
ge&#x017F;ta&#x0364;rcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der<lb/>
Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;tem und allerheilig&#x017F;tem Mittler-Amt, und des Heil. Gei&#x017F;tes Be-<lb/>
&#x017F;traffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zu&#x017F;ammen<lb/>
eine fri&#x017F;che Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon<lb/>
anzudeuten, &#x017F;o wird die neue Geburt bewahret und mercklich be-<lb/>
fu&#x0364;rderet.</p><lb/>
          <p>§. 6. Wann der Men&#x017F;ch den entblaßten, blutigen Leichnam des<note place="right">Durch<lb/>
das unver-<lb/>
geßliche<lb/>
Angeden-<lb/>
cken des<lb/>
gecreutzig-<lb/>
ten JE&#x017F;u.</note><lb/>
Sohns GOttes am Creutz &#x017F;ich tieff ins Hertz bildet, &#x017F;intemal nichts<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Krafft hat den alten Men&#x017F;chen &#x017F;chwach zu machen und zu er-<lb/>
wu&#x0364;rgen: <hi rendition="#fr">Durch den Glauben &#x017F;ind wir GOttes Kinder</hi> <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Gal. III.</hi> 26.</note>, nun i&#x017F;t<lb/>
nichts &#x017F;o ma&#x0364;chtig den <hi rendition="#fr">Glauben</hi> zu wu&#x0364;rcken, zu na&#x0364;hren und zu &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
cken, als das An&#x017F;chauen und die Betrachtung JE&#x017F;u, wie er am<lb/>
Creutz hanget, und wie er Su&#x0364;nd, Tod und Teuffel zugleich mit &#x017F;ich<lb/>
ans Creutz gehefftet <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Colo&#x017F;. II.</hi> 14. 15.</note>, al&#x017F;o daß derjenige als ein unglaubiger Tu&#x0364;rck<lb/>
und Heyd zu achten i&#x017F;t, und als ein Verla&#x0364;ugner des Creutz-Todes<lb/>
des Sohns GOttes, der nicht eine vo&#x0364;llige Ab&#x017F;chaffung der &#x017F;u&#x0364;ndli-<lb/>
chen alten Geburt durch JE&#x017F;um Chri&#x017F;tum hoffet im Glauben, in<lb/>
deme die Su&#x0364;nd zum Tod verdammt i&#x017F;t, weilen JE&#x017F;us ge&#x017F;torben i&#x017F;t <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">Rom. VIII.</hi> 3.</note>.<lb/>
Die neue Creatur i&#x017F;t <hi rendition="#fr">Liebe ins Hertz ausgego&#x017F;&#x017F;en durch den Heil.<lb/>
Gei&#x017F;t</hi> <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq">Rom.<lb/>
V.</hi> 5.</note>, nun vermag nichts al&#x017F;o &#x017F;ehr die <hi rendition="#fr">Liebe</hi> entzu&#x0364;nden als das<lb/>
Marter-Bild un&#x017F;ers himmli&#x017F;chen Bra&#x0364;utigams an&#x017F;ehen in &#x017F;einer dor-<lb/>
nenen Cron. Das Leben und Ge&#x017F;cha&#x0364;fft der neuen Creatur i&#x017F;t <hi rendition="#fr">to&#x0364;dten<lb/>
die Glieder die auf Erden &#x017F;ind</hi> <note place="foot" n="e"><hi rendition="#aq">Colo&#x017F;. III.</hi> 5.</note>. Nun kan abermahl nichts &#x017F;o ern&#x017F;ten<lb/>
Haß und Unwillen ab den Su&#x0364;nden erwecken als das &#x017F;tete Angedencken<lb/>
un&#x017F;ers von denen Su&#x0364;nden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch<lb/>
JE&#x017F;us bald darauf mit Nicodemo redt von &#x017F;einer als des Men&#x017F;chen-<lb/>
Sohns Erho&#x0364;hung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JE&#x017F;um<lb/>
nirgends &#x017F;cho&#x0364;ner, lieblicher und erwu&#x0364;n&#x017F;chter als am Creutz. Nun lehret<lb/>
die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur<lb/>
Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio &#x017F;chwan-<lb/>
ger i&#x017F;t, und ein ewig &#x017F;cho&#x0364;nes Bild im neuen himmli&#x017F;chen Jeru&#x017F;alem<lb/>
zu &#x017F;eyn verlanget, der &#x017F;telle &#x017F;ich offt und innig&#x017F;t den aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten ge-<lb/>
creutzigten und nun zur Rechten der Maje&#x017F;ta&#x0364;t triumphirenden GOtt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw><fw place="bottom" type="catch">vor,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0333] und die Pforte des Himmels. geſtaͤrcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhoͤch- ſtem und allerheiligſtem Mittler-Amt, und des Heil. Geiſtes Be- ſtraffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zuſammen eine friſche Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon anzudeuten, ſo wird die neue Geburt bewahret und mercklich be- fuͤrderet. §. 6. Wann der Menſch den entblaßten, blutigen Leichnam des Sohns GOttes am Creutz ſich tieff ins Hertz bildet, ſintemal nichts ſo groſſe Krafft hat den alten Menſchen ſchwach zu machen und zu er- wuͤrgen: Durch den Glauben ſind wir GOttes Kinder a, nun iſt nichts ſo maͤchtig den Glauben zu wuͤrcken, zu naͤhren und zu ſtaͤr- cken, als das Anſchauen und die Betrachtung JEſu, wie er am Creutz hanget, und wie er Suͤnd, Tod und Teuffel zugleich mit ſich ans Creutz gehefftet b, alſo daß derjenige als ein unglaubiger Tuͤrck und Heyd zu achten iſt, und als ein Verlaͤugner des Creutz-Todes des Sohns GOttes, der nicht eine voͤllige Abſchaffung der ſuͤndli- chen alten Geburt durch JEſum Chriſtum hoffet im Glauben, in deme die Suͤnd zum Tod verdammt iſt, weilen JEſus geſtorben iſt c. Die neue Creatur iſt Liebe ins Hertz ausgegoſſen durch den Heil. Geiſt d, nun vermag nichts alſo ſehr die Liebe entzuͤnden als das Marter-Bild unſers himmliſchen Braͤutigams anſehen in ſeiner dor- nenen Cron. Das Leben und Geſchaͤfft der neuen Creatur iſt toͤdten die Glieder die auf Erden ſind e. Nun kan abermahl nichts ſo ernſten Haß und Unwillen ab den Suͤnden erwecken als das ſtete Angedencken unſers von denen Suͤnden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch JEſus bald darauf mit Nicodemo redt von ſeiner als des Menſchen- Sohns Erhoͤhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEſum nirgends ſchoͤner, lieblicher und erwuͤnſchter als am Creutz. Nun lehret die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio ſchwan- ger iſt, und ein ewig ſchoͤnes Bild im neuen himmliſchen Jeruſalem zu ſeyn verlanget, der ſtelle ſich offt und innigſt den allerſchoͤnſten ge- creutzigten und nun zur Rechten der Majeſtaͤt triumphirenden GOtt vor, Durch das unver- geßliche Angeden- cken des gecreutzig- ten JEſu. a Gal. III. 26. b Coloſ. II. 14. 15. c Rom. VIII. 3. d Rom. V. 5. e Coloſ. III. 5. G g 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/333
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/333>, abgerufen am 25.11.2024.