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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Das Haus GOTTES,
Sündenfäll gereitzet wird, wie an David zu sehen, der ängstiglich
rieff: Schaff in mir, o GOtt, ein reines Hertz, auf eben die Weiß,
als wie die Frucht in der Bärmutter von unflätigen Feuchtigkeiten
und stinckenden Säfften genähret wird, also müssen die täglichen Ge-
brechen bey einem redlichen Gemüth vieles beytragen zur Göttlichen
Bildung JEsu; Hier erfahret man den unendlich theuren Verdienst
Christi in der Krafft, wovon man zuvor nur so ein sinnliche Freud
im äusseren Menschen gehabt, da wird nun erst die Kostbarkeit und
Nothwendigkeit des Bluts JEsu gründlich erkannt, daraus der
neue Sinn sich nehret und sauget, daß er auch nicht viel Zeit darff
hingehen lassen ohne des gecreutzigten Christi Blut zum ewigen Leben
zu trincken; Er fühlet bald ein ängstlich Schmachten und Auszehren
des Sünden-Feuers in sich, welches ihn eilends zu JEsu Wunden
hinjaget, dadurch die neue Creatur immer einen frischen Zusatz zum
Wachsthum bekommt.

durchs
Wort
Creutz, etc.
gestärcket.

§. 5. Zu dieser neuen Geburt dienet auch Christi Wort/ so Marck
und Bein durchdringet; Als zum Exempel JEsus saget: Lernet von
mir, dann ich bin sanfftmüthig. Dieses Worts JEsu erinneret der
heilige Geist den Menschen bey jeder Gelegenheit, und ist zu rechnen
als wie der Talent; Der Mensch nun, der dem Antrieb des heiligen
Geistes sich gar ergiebet, der wucheret und traget Frucht ins Him-
melreich; darzu schlagt auch das Creutz, welches neu gebiehret die,
so GOttes Hülff warten; und zwar durch tausend Leiden, durch
viele Reitzungen zur Hoffart, wird die Demuth ausgebohren, in-
dem nicht nur Christi Niedrigkeit ins Gemüth gepräget, sondern
auch das Schmach-Bild von unsern Sünden uns vorgemodelt wird;
Durch viel Erweckungen zum Zorn wird die Sanfftmuth gezeuget,
durch schweren und harten Kampf mit der Unkeuschheit wird das
Hertz endlich keusch und rein, indem der HErr JEsus das Elend
der zu ihme seuffzenden gnädig ansiehet, und also wird ein Laster mit
dem anderen ausgerottet, und hingegen ein Glied des neuen Men-
schen nach dem anderen gebildet, und zur vollkommenen Schönheit
gebracht, wie ein Bildschnitzer so lang mit Feilen und Hämmern
ein jedes Glied polieret und ausarbeitet, biß es dem König überaus
ähnlich siehet, in allen Theilen und Gleichen. Weil aber dieses ein
himmlisch lebend und sich aus sich selbst bewegend Bild ist, so wäre
noch von dessen Wachsthum vieles zu melden, wie nehmlich selbiges

gestär-

Das Haus GOTTES,
Suͤndenfaͤll gereitzet wird, wie an David zu ſehen, der aͤngſtiglich
rieff: Schaff in mir, o GOtt, ein reines Hertz, auf eben die Weiß,
als wie die Frucht in der Baͤrmutter von unflaͤtigen Feuchtigkeiten
und ſtinckenden Saͤfften genaͤhret wird, alſo muͤſſen die taͤglichen Ge-
brechen bey einem redlichen Gemuͤth vieles beytragen zur Goͤttlichen
Bildung JEſu; Hier erfahret man den unendlich theuren Verdienſt
Chriſti in der Krafft, wovon man zuvor nur ſo ein ſinnliche Freud
im aͤuſſeren Menſchen gehabt, da wird nun erſt die Koſtbarkeit und
Nothwendigkeit des Bluts JEſu gruͤndlich erkannt, daraus der
neue Sinn ſich nehret und ſauget, daß er auch nicht viel Zeit darff
hingehen laſſen ohne des gecreutzigten Chriſti Blut zum ewigen Leben
zu trincken; Er fuͤhlet bald ein aͤngſtlich Schmachten und Auszehren
des Suͤnden-Feuers in ſich, welches ihn eilends zu JEſu Wunden
hinjaget, dadurch die neue Creatur immer einen friſchen Zuſatz zum
Wachsthum bekommt.

durchs
Wort
Creutz, ꝛc.
geſtaͤrcket.

§. 5. Zu dieſer neuen Geburt dienet auch Chriſti Wort/ ſo Marck
und Bein durchdringet; Als zum Exempel JEſus ſaget: Lernet von
mir, dann ich bin ſanfftmuͤthig. Dieſes Worts JEſu erinneret der
heilige Geiſt den Menſchen bey jeder Gelegenheit, und iſt zu rechnen
als wie der Talent; Der Menſch nun, der dem Antrieb des heiligen
Geiſtes ſich gar ergiebet, der wucheret und traget Frucht ins Him-
melreich; darzu ſchlagt auch das Creutz, welches neu gebiehret die,
ſo GOttes Huͤlff warten; und zwar durch tauſend Leiden, durch
viele Reitzungen zur Hoffart, wird die Demuth ausgebohren, in-
dem nicht nur Chriſti Niedrigkeit ins Gemuͤth gepraͤget, ſondern
auch das Schmach-Bild von unſern Suͤnden uns vorgemodelt wird;
Durch viel Erweckungen zum Zorn wird die Sanfftmuth gezeuget,
durch ſchweren und harten Kampf mit der Unkeuſchheit wird das
Hertz endlich keuſch und rein, indem der HErr JEſus das Elend
der zu ihme ſeuffzenden gnaͤdig anſiehet, und alſo wird ein Laſter mit
dem anderen ausgerottet, und hingegen ein Glied des neuen Men-
ſchen nach dem anderen gebildet, und zur vollkommenen Schoͤnheit
gebracht, wie ein Bildſchnitzer ſo lang mit Feilen und Haͤmmern
ein jedes Glied polieret und ausarbeitet, biß es dem Koͤnig uͤberaus
aͤhnlich ſiehet, in allen Theilen und Gleichen. Weil aber dieſes ein
himmliſch lebend und ſich aus ſich ſelbſt bewegend Bild iſt, ſo waͤre
noch von deſſen Wachsthum vieles zu melden, wie nehmlich ſelbiges

geſtaͤr-
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[236/0332] Das Haus GOTTES, Suͤndenfaͤll gereitzet wird, wie an David zu ſehen, der aͤngſtiglich rieff: Schaff in mir, o GOtt, ein reines Hertz, auf eben die Weiß, als wie die Frucht in der Baͤrmutter von unflaͤtigen Feuchtigkeiten und ſtinckenden Saͤfften genaͤhret wird, alſo muͤſſen die taͤglichen Ge- brechen bey einem redlichen Gemuͤth vieles beytragen zur Goͤttlichen Bildung JEſu; Hier erfahret man den unendlich theuren Verdienſt Chriſti in der Krafft, wovon man zuvor nur ſo ein ſinnliche Freud im aͤuſſeren Menſchen gehabt, da wird nun erſt die Koſtbarkeit und Nothwendigkeit des Bluts JEſu gruͤndlich erkannt, daraus der neue Sinn ſich nehret und ſauget, daß er auch nicht viel Zeit darff hingehen laſſen ohne des gecreutzigten Chriſti Blut zum ewigen Leben zu trincken; Er fuͤhlet bald ein aͤngſtlich Schmachten und Auszehren des Suͤnden-Feuers in ſich, welches ihn eilends zu JEſu Wunden hinjaget, dadurch die neue Creatur immer einen friſchen Zuſatz zum Wachsthum bekommt. §. 5. Zu dieſer neuen Geburt dienet auch Chriſti Wort/ ſo Marck und Bein durchdringet; Als zum Exempel JEſus ſaget: Lernet von mir, dann ich bin ſanfftmuͤthig. Dieſes Worts JEſu erinneret der heilige Geiſt den Menſchen bey jeder Gelegenheit, und iſt zu rechnen als wie der Talent; Der Menſch nun, der dem Antrieb des heiligen Geiſtes ſich gar ergiebet, der wucheret und traget Frucht ins Him- melreich; darzu ſchlagt auch das Creutz, welches neu gebiehret die, ſo GOttes Huͤlff warten; und zwar durch tauſend Leiden, durch viele Reitzungen zur Hoffart, wird die Demuth ausgebohren, in- dem nicht nur Chriſti Niedrigkeit ins Gemuͤth gepraͤget, ſondern auch das Schmach-Bild von unſern Suͤnden uns vorgemodelt wird; Durch viel Erweckungen zum Zorn wird die Sanfftmuth gezeuget, durch ſchweren und harten Kampf mit der Unkeuſchheit wird das Hertz endlich keuſch und rein, indem der HErr JEſus das Elend der zu ihme ſeuffzenden gnaͤdig anſiehet, und alſo wird ein Laſter mit dem anderen ausgerottet, und hingegen ein Glied des neuen Men- ſchen nach dem anderen gebildet, und zur vollkommenen Schoͤnheit gebracht, wie ein Bildſchnitzer ſo lang mit Feilen und Haͤmmern ein jedes Glied polieret und ausarbeitet, biß es dem Koͤnig uͤberaus aͤhnlich ſiehet, in allen Theilen und Gleichen. Weil aber dieſes ein himmliſch lebend und ſich aus ſich ſelbſt bewegend Bild iſt, ſo waͤre noch von deſſen Wachsthum vieles zu melden, wie nehmlich ſelbiges geſtaͤr-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/332>, abgerufen am 22.11.2024.