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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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und die Pforte des Himmels.
tigkeit hat sich noch nie vermenget mit der Ungerechtigkeit, auch mag
das Liecht keine Gemeinschafft haben mit der Finsternuß, und Chri-
stus wird nimmermehr übereinstimmen mit Belial.

§. 6. Besinne dich doch recht, daß es sey ein Himmelreich, undnoch
nachdrück-
licher er-
läutert,

hiemit nicht für irrdische kothige Menschen, Fleisch und Blut kön-
nen das Reich GOttes nicht ererben a. Wie nach dem Leib dieses
wahr ist, also noch vielmehr nach dem Geist, es muß dieser so wohl
als jener verkläret werden, welches hier in der Gnaden-Zeit gesche-
hen muß, und nicht anderst geschicht noch geschehen kan, als durch
die Heiligung und Wiedergeburt. Die göttliche Freuden-Quell des
Wunder-vollen Lebens JESU fleucht vor ungöttlich Gesinnten, in
Eigen-Liebe ersoffenen Seelen, und flösset ihre Gnaden-Bäche in
ausgelährte, abgestorbene Menschen ein. Die Natur dieses Reichs
kan unmöglich Unbekehrte in sich leyden, so bald Adam von GOTT
abwich, und seine Unschuld verlohr, muste er aus dem Paradieß,
und du meynst, du wollest hinein mit dem, was du von Adam ge-
erbet: Nein, nein, es wird nichts daraus, und gesetzt, es käme ein
Eigenliebiger, Ungebrochener, Unabgestorbener hinein, (welches doch
gantz unmöglich ist,) so wurd ihn dieses Reich wieder ausspeyen, und
tausendmahl tausend Meilwegs von sich zurück schlagen, nur desto
tieffer hinein in die höllische Quaal: Es kan nicht seyn, alldieweil
eine tieffe Klufft befestiget ist, daß ein Unheiliger das Leben und die
Freud, die Gewißheit und das himmlische Wohl eines unter GOtt
gebeugten Menschen erreichen, und mithin geniessen kan: Sollte Adam
die Paradiesischen Freuden und Ausflüsse der himmlischen Welt einneh-
men, und GOttes Wonne und Freud empfinden, so muste er ein Leben
in sich haben, das diesen ewigen Dingen gemäß, und diesen göttlichen
Wollüsten gleichkäme; Darum so bald dieses Lebens-Liecht in ihme ver-
löschet, hat auch der Genuß zugleich aufgehört. Was sollte wohl ei-
nem Todten ein Fürstlich Mahl? Einem Tauben die anmuthigste Music?
Einem Blinden die schönsten und kunstreichsten Gemähld? Einem Todt-
krancken das Tantzen und allerley Ergötzlichkeiten? Vielweniger
hilfft einem Menschen, der nicht eine heilige reine Seel in sich hat,
und an seinen inneren geistlichen Sinnen nicht wohl auf ist, aller
Uberlust und Pracht des Himmelreichs? Der Sonnen-Glantz ist ei-

nem
a 1 Cor. XV. 50.
C c 3

und die Pforte des Himmels.
tigkeit hat ſich noch nie vermenget mit der Ungerechtigkeit, auch mag
das Liecht keine Gemeinſchafft haben mit der Finſternuß, und Chri-
ſtus wird nimmermehr uͤbereinſtimmen mit Belial.

§. 6. Beſinne dich doch recht, daß es ſey ein Himmelreich, undnoch
nachdruͤck-
licher er-
laͤutert,

hiemit nicht fuͤr irrdiſche kothige Menſchen, Fleiſch und Blut koͤn-
nen das Reich GOttes nicht ererben a. Wie nach dem Leib dieſes
wahr iſt, alſo noch vielmehr nach dem Geiſt, es muß dieſer ſo wohl
als jener verklaͤret werden, welches hier in der Gnaden-Zeit geſche-
hen muß, und nicht anderſt geſchicht noch geſchehen kan, als durch
die Heiligung und Wiedergeburt. Die goͤttliche Freuden-Quell des
Wunder-vollen Lebens JESU fleucht vor ungoͤttlich Geſinnten, in
Eigen-Liebe erſoffenen Seelen, und floͤſſet ihre Gnaden-Baͤche in
ausgelaͤhrte, abgeſtorbene Menſchen ein. Die Natur dieſes Reichs
kan unmoͤglich Unbekehrte in ſich leyden, ſo bald Adam von GOTT
abwich, und ſeine Unſchuld verlohr, muſte er aus dem Paradieß,
und du meynſt, du wolleſt hinein mit dem, was du von Adam ge-
erbet: Nein, nein, es wird nichts daraus, und geſetzt, es kaͤme ein
Eigenliebiger, Ungebrochener, Unabgeſtorbener hinein, (welches doch
gantz unmoͤglich iſt,) ſo wurd ihn dieſes Reich wieder ausſpeyen, und
tauſendmahl tauſend Meilwegs von ſich zuruͤck ſchlagen, nur deſto
tieffer hinein in die hoͤlliſche Quaal: Es kan nicht ſeyn, alldieweil
eine tieffe Klufft befeſtiget iſt, daß ein Unheiliger das Leben und die
Freud, die Gewißheit und das himmliſche Wohl eines unter GOtt
gebeugten Menſchen erreichen, und mithin genieſſen kan: Sollte Adam
die Paradieſiſchen Freuden und Ausfluͤſſe der himmliſchen Welt einneh-
men, und GOttes Wonne und Freud empfinden, ſo muſte er ein Leben
in ſich haben, das dieſen ewigen Dingen gemaͤß, und dieſen goͤttlichen
Wolluͤſten gleichkaͤme; Darum ſo bald dieſes Lebens-Liecht in ihme ver-
loͤſchet, hat auch der Genuß zugleich aufgehoͤrt. Was ſollte wohl ei-
nem Todten ein Fuͤrſtlich Mahl? Einem Tauben die anmuthigſte Muſic?
Einem Blinden die ſchoͤnſten und kunſtreichſten Gemaͤhld? Einem Todt-
krancken das Tantzen und allerley Ergoͤtzlichkeiten? Vielweniger
hilfft einem Menſchen, der nicht eine heilige reine Seel in ſich hat,
und an ſeinen inneren geiſtlichen Sinnen nicht wohl auf iſt, aller
Uberluſt und Pracht des Himmelreichs? Der Sonnen-Glantz iſt ei-

nem
a 1 Cor. XV. 50.
C c 3
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[205/0301] und die Pforte des Himmels. tigkeit hat ſich noch nie vermenget mit der Ungerechtigkeit, auch mag das Liecht keine Gemeinſchafft haben mit der Finſternuß, und Chri- ſtus wird nimmermehr uͤbereinſtimmen mit Belial. §. 6. Beſinne dich doch recht, daß es ſey ein Himmelreich, und hiemit nicht fuͤr irrdiſche kothige Menſchen, Fleiſch und Blut koͤn- nen das Reich GOttes nicht ererben a. Wie nach dem Leib dieſes wahr iſt, alſo noch vielmehr nach dem Geiſt, es muß dieſer ſo wohl als jener verklaͤret werden, welches hier in der Gnaden-Zeit geſche- hen muß, und nicht anderſt geſchicht noch geſchehen kan, als durch die Heiligung und Wiedergeburt. Die goͤttliche Freuden-Quell des Wunder-vollen Lebens JESU fleucht vor ungoͤttlich Geſinnten, in Eigen-Liebe erſoffenen Seelen, und floͤſſet ihre Gnaden-Baͤche in ausgelaͤhrte, abgeſtorbene Menſchen ein. Die Natur dieſes Reichs kan unmoͤglich Unbekehrte in ſich leyden, ſo bald Adam von GOTT abwich, und ſeine Unſchuld verlohr, muſte er aus dem Paradieß, und du meynſt, du wolleſt hinein mit dem, was du von Adam ge- erbet: Nein, nein, es wird nichts daraus, und geſetzt, es kaͤme ein Eigenliebiger, Ungebrochener, Unabgeſtorbener hinein, (welches doch gantz unmoͤglich iſt,) ſo wurd ihn dieſes Reich wieder ausſpeyen, und tauſendmahl tauſend Meilwegs von ſich zuruͤck ſchlagen, nur deſto tieffer hinein in die hoͤlliſche Quaal: Es kan nicht ſeyn, alldieweil eine tieffe Klufft befeſtiget iſt, daß ein Unheiliger das Leben und die Freud, die Gewißheit und das himmliſche Wohl eines unter GOtt gebeugten Menſchen erreichen, und mithin genieſſen kan: Sollte Adam die Paradieſiſchen Freuden und Ausfluͤſſe der himmliſchen Welt einneh- men, und GOttes Wonne und Freud empfinden, ſo muſte er ein Leben in ſich haben, das dieſen ewigen Dingen gemaͤß, und dieſen goͤttlichen Wolluͤſten gleichkaͤme; Darum ſo bald dieſes Lebens-Liecht in ihme ver- loͤſchet, hat auch der Genuß zugleich aufgehoͤrt. Was ſollte wohl ei- nem Todten ein Fuͤrſtlich Mahl? Einem Tauben die anmuthigſte Muſic? Einem Blinden die ſchoͤnſten und kunſtreichſten Gemaͤhld? Einem Todt- krancken das Tantzen und allerley Ergoͤtzlichkeiten? Vielweniger hilfft einem Menſchen, der nicht eine heilige reine Seel in ſich hat, und an ſeinen inneren geiſtlichen Sinnen nicht wohl auf iſt, aller Uberluſt und Pracht des Himmelreichs? Der Sonnen-Glantz iſt ei- nem noch nachdruͤck- licher er- laͤutert, a 1 Cor. XV. 50. C c 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/301>, abgerufen am 25.11.2024.