als er sahe, daß Schmeicheley nichts bey ihm verfangen wollte, griff er die Sach an mit Drohung erschröcklicher und unmenschlicher Marter, ihme vorstellend, man werde ihme seine Schultern zerstos- sen, seine Seiten und den Rucken mit einem Hacken zerreissen, und die Wunden mit Eßig und Saltz begiessen, und mit blossen Füssen auf den glüenden Kohlen gehen lassen; Aber Jgnatius voll Freude in GOtt, antwortete wiederum mit unerschrockenem Muth: We- der brennendes Feuer, noch siedendes Wasser kan die Liebe GOttes, so in mir ist, auslöschen, diß zeitliche Leiden ist nicht werth der Herr- lichkeit, die an uns soll geoffenbahret werden; darauf Trajanus voll Zorn, sprach: Nehmet ihn hin, und bindet ihn mit eisernen Ketten, und verwahret ihn im untersten Gefängnuß, daß er in drey Tagen und drey Nächten von keinem Menschen gesehen werde, und laßt ihn bleiben ohne Speiß und Tranck, damit er hernach von den wilden Thieren verschlungen werde, so auch geschehen, und ist von zweyen Löwen zermalmet worden.
Und Poly- carpus.
§. 5. Polycarpus, als er jetzt sollte verbrannt werden, und vor dem Richter gefragt wurde, ob er jetzt gleichwohl bey JEsu zu ver- harren gesinnet seye? antwortete er voll himmlischer Freude: Achtzig Jahr hab ich meinem JEsu gedienet, warum sollt ich ihne jetzt an dem Ende meines Lebens fahren lassen? Nein, nein, JEsus ist mir viel lieber.
Ja ob- schon bis Welt Kin- der dessen allen spot- ten,
§. 6. O gewißlich! es ist wie ein vortrefflicher Theologus und Leh- rer des Evangelii des vorigen Jahrhundert gesagt: Ingratissimo- rum & dissolutissimorum est, per vinctos Domini non commove- ri: qui Apostolorum & Martyrum passionibus non provocantur ad studium pietatis, habebuntur eo loco, quo illi, qui eorum san- guinem fuderunt; d. i. Es ist ein Zeichen eines recht und anckbaren und sehr ausgelassenen Menschen/ der sich durch die Gebundenen des HErrn nicht bewegen und erweichen läßt; Diejenigen/ wel- che durch die Marter der Aposteln und der Märtyrern nicht zu einem ernsten Fleiß der Gottseeligkeit angetrieben werden/ werden mit denen Henckers-Knechten/ die sie gemartert/ in gleichem Reihen stehen;
Der hat ein verrucht Gemüth, der nicht wird beweget werden, Wann er der Märtyrer Blut siehet fliessen auf der Erden.
Er
Geiſtliche Sonnen-Wende
als er ſahe, daß Schmeicheley nichts bey ihm verfangen wollte, griff er die Sach an mit Drohung erſchroͤcklicher und unmenſchlicher Marter, ihme vorſtellend, man werde ihme ſeine Schultern zerſtoſ- ſen, ſeine Seiten und den Rucken mit einem Hacken zerreiſſen, und die Wunden mit Eßig und Saltz begieſſen, und mit bloſſen Fuͤſſen auf den gluͤenden Kohlen gehen laſſen; Aber Jgnatius voll Freude in GOtt, antwortete wiederum mit unerſchrockenem Muth: We- der brennendes Feuer, noch ſiedendes Waſſer kan die Liebe GOttes, ſo in mir iſt, ausloͤſchen, diß zeitliche Leiden iſt nicht werth der Herr- lichkeit, die an uns ſoll geoffenbahret werden; darauf Trajanus voll Zorn, ſprach: Nehmet ihn hin, und bindet ihn mit eiſernen Ketten, und verwahret ihn im unterſten Gefaͤngnuß, daß er in drey Tagen und drey Naͤchten von keinem Menſchen geſehen werde, und laßt ihn bleiben ohne Speiß und Tranck, damit er hernach von den wilden Thieren verſchlungen werde, ſo auch geſchehen, und iſt von zweyen Loͤwen zermalmet worden.
Und Poly- carpus.
§. 5. Polycarpus, als er jetzt ſollte verbrannt werden, und vor dem Richter gefragt wurde, ob er jetzt gleichwohl bey JEſu zu ver- harren geſinnet ſeye? antwortete er voll himmliſcher Freude: Achtzig Jahr hab ich meinem JEſu gedienet, warum ſollt ich ihne jetzt an dem Ende meines Lebens fahren laſſen? Nein, nein, JEſus iſt mir viel lieber.
Ja ob- ſchon bis Welt Kin- der deſſen allen ſpot- ten,
§. 6. O gewißlich! es iſt wie ein vortrefflicher Theologus und Leh- rer des Evangelii des vorigen Jahrhundert geſagt: Ingratiſſimo- rum & diſſolutiſſimorum eſt, per vinctos Domini non commove- ri: qui Apoſtolorum & Martyrum paſſionibus non provocantur ad ſtudium pietatis, habebuntur eo loco, quo illi, qui eorum ſan- guinem fuderunt; d. i. Es iſt ein Zeichen eines recht und anckbaren und ſehr ausgelaſſenen Menſchen/ der ſich durch die Gebundenen des HErrn nicht bewegen und erweichen laͤßt; Diejenigen/ wel- che durch die Marter der Apoſteln und der Maͤrtyrern nicht zu einem ernſten Fleiß der Gottſeeligkeit angetrieben werden/ werden mit denen Henckers-Knechten/ die ſie gemartert/ in gleichem Reihen ſtehen;
Der hat ein verrucht Gemuͤth, der nicht wird beweget werden, Wann er der Maͤrtyrer Blut ſiehet flieſſen auf der Erden.
Er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0258"n="162"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Geiſtliche Sonnen-Wende</hi></fw><lb/>
als er ſahe, daß Schmeicheley nichts bey ihm verfangen wollte, griff<lb/>
er die Sach an mit Drohung erſchroͤcklicher und unmenſchlicher<lb/>
Marter, ihme vorſtellend, man werde ihme ſeine Schultern zerſtoſ-<lb/>ſen, ſeine Seiten und den Rucken mit einem Hacken zerreiſſen, und<lb/>
die Wunden mit Eßig und Saltz begieſſen, und mit bloſſen Fuͤſſen<lb/>
auf den gluͤenden Kohlen gehen laſſen; Aber Jgnatius voll Freude<lb/>
in GOtt, antwortete wiederum mit unerſchrockenem Muth: We-<lb/>
der brennendes Feuer, noch ſiedendes Waſſer kan die Liebe GOttes,<lb/>ſo in mir iſt, ausloͤſchen, diß zeitliche Leiden iſt nicht werth der Herr-<lb/>
lichkeit, die an uns ſoll geoffenbahret werden; darauf Trajanus voll<lb/>
Zorn, ſprach: Nehmet ihn hin, und bindet ihn mit eiſernen Ketten,<lb/>
und verwahret ihn im unterſten Gefaͤngnuß, daß er in drey Tagen<lb/>
und drey Naͤchten von keinem Menſchen geſehen werde, und laßt ihn<lb/>
bleiben ohne Speiß und Tranck, damit er hernach von den wilden<lb/>
Thieren verſchlungen werde, ſo auch geſchehen, und iſt von zweyen<lb/>
Loͤwen zermalmet worden.</p><lb/><noteplace="left">Und Poly-<lb/>
carpus.</note><p>§. 5. Polycarpus, als er jetzt ſollte verbrannt werden, und vor<lb/>
dem Richter gefragt wurde, ob er jetzt gleichwohl bey JEſu zu ver-<lb/>
harren geſinnet ſeye? antwortete er voll himmliſcher Freude: Achtzig<lb/>
Jahr hab ich meinem JEſu gedienet, warum ſollt ich ihne jetzt an<lb/>
dem Ende meines Lebens fahren laſſen? Nein, nein, JEſus iſt mir viel<lb/>
lieber.</p><lb/><noteplace="left">Ja ob-<lb/>ſchon bis<lb/>
Welt Kin-<lb/>
der deſſen<lb/>
allen ſpot-<lb/>
ten,</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 6. O gewißlich! es iſt wie ein vortrefflicher Theologus und Leh-<lb/>
rer des Evangelii des vorigen Jahrhundert geſagt: <hirendition="#aq">Ingratiſſimo-<lb/>
rum & diſſolutiſſimorum eſt, per vinctos Domini non commove-<lb/>
ri: qui Apoſtolorum & Martyrum paſſionibus non provocantur<lb/>
ad ſtudium pietatis, habebuntur eo loco, quo illi, qui eorum ſan-<lb/>
guinem fuderunt;</hi> d. i. <hirendition="#fr">Es iſt ein Zeichen eines recht und anckbaren<lb/>
und ſehr ausgelaſſenen Menſchen/ der ſich durch die Gebundenen<lb/>
des HErrn nicht bewegen und erweichen laͤßt; Diejenigen/ wel-<lb/>
che durch die Marter der Apoſteln und der Maͤrtyrern nicht zu einem<lb/>
ernſten Fleiß der Gottſeeligkeit angetrieben werden/ werden mit<lb/>
denen Henckers-Knechten/ die ſie gemartert/ in gleichem Reihen<lb/>ſtehen;</hi></p><lb/><lgtype="poem"><l>Der hat ein verrucht Gemuͤth, der nicht wird beweget werden,</l><lb/><l>Wann er der Maͤrtyrer Blut ſiehet flieſſen auf der Erden.</l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[162/0258]
Geiſtliche Sonnen-Wende
als er ſahe, daß Schmeicheley nichts bey ihm verfangen wollte, griff
er die Sach an mit Drohung erſchroͤcklicher und unmenſchlicher
Marter, ihme vorſtellend, man werde ihme ſeine Schultern zerſtoſ-
ſen, ſeine Seiten und den Rucken mit einem Hacken zerreiſſen, und
die Wunden mit Eßig und Saltz begieſſen, und mit bloſſen Fuͤſſen
auf den gluͤenden Kohlen gehen laſſen; Aber Jgnatius voll Freude
in GOtt, antwortete wiederum mit unerſchrockenem Muth: We-
der brennendes Feuer, noch ſiedendes Waſſer kan die Liebe GOttes,
ſo in mir iſt, ausloͤſchen, diß zeitliche Leiden iſt nicht werth der Herr-
lichkeit, die an uns ſoll geoffenbahret werden; darauf Trajanus voll
Zorn, ſprach: Nehmet ihn hin, und bindet ihn mit eiſernen Ketten,
und verwahret ihn im unterſten Gefaͤngnuß, daß er in drey Tagen
und drey Naͤchten von keinem Menſchen geſehen werde, und laßt ihn
bleiben ohne Speiß und Tranck, damit er hernach von den wilden
Thieren verſchlungen werde, ſo auch geſchehen, und iſt von zweyen
Loͤwen zermalmet worden.
§. 5. Polycarpus, als er jetzt ſollte verbrannt werden, und vor
dem Richter gefragt wurde, ob er jetzt gleichwohl bey JEſu zu ver-
harren geſinnet ſeye? antwortete er voll himmliſcher Freude: Achtzig
Jahr hab ich meinem JEſu gedienet, warum ſollt ich ihne jetzt an
dem Ende meines Lebens fahren laſſen? Nein, nein, JEſus iſt mir viel
lieber.
§. 6. O gewißlich! es iſt wie ein vortrefflicher Theologus und Leh-
rer des Evangelii des vorigen Jahrhundert geſagt: Ingratiſſimo-
rum & diſſolutiſſimorum eſt, per vinctos Domini non commove-
ri: qui Apoſtolorum & Martyrum paſſionibus non provocantur
ad ſtudium pietatis, habebuntur eo loco, quo illi, qui eorum ſan-
guinem fuderunt; d. i. Es iſt ein Zeichen eines recht und anckbaren
und ſehr ausgelaſſenen Menſchen/ der ſich durch die Gebundenen
des HErrn nicht bewegen und erweichen laͤßt; Diejenigen/ wel-
che durch die Marter der Apoſteln und der Maͤrtyrern nicht zu einem
ernſten Fleiß der Gottſeeligkeit angetrieben werden/ werden mit
denen Henckers-Knechten/ die ſie gemartert/ in gleichem Reihen
ſtehen;
Der hat ein verrucht Gemuͤth, der nicht wird beweget werden,
Wann er der Maͤrtyrer Blut ſiehet flieſſen auf der Erden.
Er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/258>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.