mit allem Gewalt die Hertzen der Menschen. Der Antichrist lauret auf unseren Untergang, ja es seynd schon viel kleine Antichristen un- ter uns kommen. Die Sonne der Warheit ist mit allerley Jrrthum verfinstert; Die Göttliche, Apostolische Lehre ist in ihrem wahren Sinn unbekannt; Die allerdeutlichsten und klaren Warheiten des Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menschen-Glossen ver- duncklet, und nach des tödtlichen Fleisches Sinn herumgedrähet; dahero ist der ehemahlige Garten Eden, der mit so vielen edlen pa- radisischen Gewächsen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond unter ihren Füssen habender Christen Anfangs besetzet war, zu einer ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebürg worden. Der Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un- schuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden ist darzwischen kommen, und stiehlet alle brennende Strahlen JEsu Christi von ihr hinweg; Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches Licht mehr; sie seynd keine himmlische Fürbilder mehr; sie seynd un- ter die Welt-Leute vermengt, und ist kein Unterscheid mehr zwischen dieser und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl; die Stund der grossen Versuchung ist bereits vorhanden, und der Fürst dieses Welt-Lauffs verführet den gantzen Erdkreiß; das nie- drige, Welt-verschmähende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei- nig anhangende Leben JEsu ist kaum anzutreffen, dann die Füsse der Christen eilen in ein fleischliches, weltförmiges Leben hinein; Alles Fleisch hat seinen Weg verderbt; Es ist nichts da als eine Welt- Moden-Frommkeit, die nur Jsmaelitische Spötterey gebieret, über den an Christi Liebes-Joch angefeßleten Jsaac, der es mit dem An- tichristen Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer- den, und der Tag hat sich geneiget.
Was in Ansehung dessen al- len zu thun.
§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen und zu jammern, daß man in diesen Zeiten lebet; dann man ist ein- mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewürm so in der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man in die Welt, und auf der Welt muß man leben, so lang es der lie- be GOtt will; sondern man muß sich rathen lassen; Nun ist nichts bessers, als sich von der Sünd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-
lüsti-
aJes. III. 8.
Wunder-Geheimnuß des
mit allem Gewalt die Hertzen der Menſchen. Der Antichriſt lauret auf unſeren Untergang, ja es ſeynd ſchon viel kleine Antichriſten un- ter uns kommen. Die Sonne der Warheit iſt mit allerley Jrrthum verfinſtert; Die Goͤttliche, Apoſtoliſche Lehre iſt in ihrem wahren Sinn unbekannt; Die allerdeutlichſten und klaren Warheiten des Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menſchen-Gloſſen ver- duncklet, und nach des toͤdtlichen Fleiſches Sinn herumgedraͤhet; dahero iſt der ehemahlige Garten Eden, der mit ſo vielen edlen pa- radiſiſchen Gewaͤchſen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond unter ihren Fuͤſſen habender Chriſten Anfangs beſetzet war, zu einer ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebuͤrg worden. Der Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un- ſchuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden iſt darzwiſchen kommen, und ſtiehlet alle brennende Strahlen JEſu Chriſti von ihr hinweg; Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches Licht mehr; ſie ſeynd keine himmliſche Fuͤrbilder mehr; ſie ſeynd un- ter die Welt-Leute vermengt, und iſt kein Unterſcheid mehr zwiſchen dieſer und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl; die Stund der groſſen Verſuchung iſt bereits vorhanden, und der Fuͤrſt dieſes Welt-Lauffs verfuͤhret den gantzen Erdkreiß; das nie- drige, Welt-verſchmaͤhende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei- nig anhangende Leben JEſu iſt kaum anzutreffen, dann die Fuͤſſe der Chriſten eilen in ein fleiſchliches, weltfoͤrmiges Leben hinein; Alles Fleiſch hat ſeinen Weg verderbt; Es iſt nichts da als eine Welt- Moden-Frommkeit, die nur Jſmaelitiſche Spoͤtterey gebieret, uͤber den an Chriſti Liebes-Joch angefeßleten Jſaac, der es mit dem An- tichriſten Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer- den, und der Tag hat ſich geneiget.
Was in Anſehung deſſen al- len zu thun.
§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen und zu jammern, daß man in dieſen Zeiten lebet; dann man iſt ein- mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewuͤrm ſo in der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man in die Welt, und auf der Welt muß man leben, ſo lang es der lie- be GOtt will; ſondern man muß ſich rathen laſſen; Nun iſt nichts beſſers, als ſich von der Suͤnd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-
luͤſti-
aJeſ. III. 8.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0156"n="60"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Wunder-Geheimnuß des</hi></fw><lb/>
mit allem Gewalt die Hertzen der Menſchen. Der Antichriſt lauret<lb/>
auf unſeren Untergang, ja es ſeynd ſchon viel kleine Antichriſten un-<lb/>
ter uns kommen. Die Sonne der Warheit iſt mit allerley Jrrthum<lb/>
verfinſtert; Die Goͤttliche, Apoſtoliſche Lehre iſt in ihrem wahren<lb/>
Sinn unbekannt; Die allerdeutlichſten und klaren Warheiten des<lb/>
Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menſchen-Gloſſen ver-<lb/>
duncklet, und nach des toͤdtlichen Fleiſches Sinn herumgedraͤhet;<lb/>
dahero iſt der ehemahlige Garten Eden, der mit ſo vielen edlen pa-<lb/>
radiſiſchen Gewaͤchſen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond<lb/>
unter ihren Fuͤſſen habender Chriſten Anfangs beſetzet war, zu einer<lb/>
ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebuͤrg worden. Der<lb/>
Mond <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Jeſ. III.</hi> 8.</note>, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un-<lb/>ſchuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden iſt darzwiſchen kommen,<lb/>
und ſtiehlet alle brennende Strahlen JEſu Chriſti von ihr hinweg;<lb/>
Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches<lb/>
Licht mehr; ſie ſeynd keine himmliſche Fuͤrbilder mehr; ſie ſeynd un-<lb/>
ter die Welt-Leute vermengt, und iſt kein Unterſcheid mehr zwiſchen<lb/>
dieſer und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl;<lb/>
die Stund der groſſen Verſuchung iſt bereits vorhanden, und der<lb/>
Fuͤrſt dieſes Welt-Lauffs verfuͤhret den gantzen Erdkreiß; das nie-<lb/>
drige, Welt-verſchmaͤhende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei-<lb/>
nig anhangende Leben JEſu iſt kaum anzutreffen, dann die Fuͤſſe<lb/>
der Chriſten eilen in ein fleiſchliches, weltfoͤrmiges Leben hinein;<lb/>
Alles Fleiſch hat ſeinen Weg verderbt; Es iſt nichts da als eine Welt-<lb/>
Moden-Frommkeit, die nur Jſmaelitiſche Spoͤtterey gebieret, uͤber<lb/>
den an Chriſti Liebes-Joch angefeßleten Jſaac, der es mit dem An-<lb/>
tichriſten Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer-<lb/>
den, und der Tag hat ſich geneiget.</p><lb/><noteplace="left">Was in<lb/>
Anſehung<lb/>
deſſen al-<lb/>
len zu<lb/>
thun.</note><p>§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da<lb/>
und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen<lb/>
und zu jammern, daß man in dieſen Zeiten lebet; dann man iſt ein-<lb/>
mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewuͤrm ſo in<lb/>
der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man<lb/>
in die Welt, und auf der Welt muß man leben, ſo lang es der lie-<lb/>
be GOtt will; ſondern man muß ſich rathen laſſen; Nun iſt nichts<lb/>
beſſers, als ſich von der Suͤnd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">luͤſti-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[60/0156]
Wunder-Geheimnuß des
mit allem Gewalt die Hertzen der Menſchen. Der Antichriſt lauret
auf unſeren Untergang, ja es ſeynd ſchon viel kleine Antichriſten un-
ter uns kommen. Die Sonne der Warheit iſt mit allerley Jrrthum
verfinſtert; Die Goͤttliche, Apoſtoliſche Lehre iſt in ihrem wahren
Sinn unbekannt; Die allerdeutlichſten und klaren Warheiten des
Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menſchen-Gloſſen ver-
duncklet, und nach des toͤdtlichen Fleiſches Sinn herumgedraͤhet;
dahero iſt der ehemahlige Garten Eden, der mit ſo vielen edlen pa-
radiſiſchen Gewaͤchſen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond
unter ihren Fuͤſſen habender Chriſten Anfangs beſetzet war, zu einer
ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebuͤrg worden. Der
Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un-
ſchuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden iſt darzwiſchen kommen,
und ſtiehlet alle brennende Strahlen JEſu Chriſti von ihr hinweg;
Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches
Licht mehr; ſie ſeynd keine himmliſche Fuͤrbilder mehr; ſie ſeynd un-
ter die Welt-Leute vermengt, und iſt kein Unterſcheid mehr zwiſchen
dieſer und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl;
die Stund der groſſen Verſuchung iſt bereits vorhanden, und der
Fuͤrſt dieſes Welt-Lauffs verfuͤhret den gantzen Erdkreiß; das nie-
drige, Welt-verſchmaͤhende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei-
nig anhangende Leben JEſu iſt kaum anzutreffen, dann die Fuͤſſe
der Chriſten eilen in ein fleiſchliches, weltfoͤrmiges Leben hinein;
Alles Fleiſch hat ſeinen Weg verderbt; Es iſt nichts da als eine Welt-
Moden-Frommkeit, die nur Jſmaelitiſche Spoͤtterey gebieret, uͤber
den an Chriſti Liebes-Joch angefeßleten Jſaac, der es mit dem An-
tichriſten Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer-
den, und der Tag hat ſich geneiget.
§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da
und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen
und zu jammern, daß man in dieſen Zeiten lebet; dann man iſt ein-
mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewuͤrm ſo in
der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man
in die Welt, und auf der Welt muß man leben, ſo lang es der lie-
be GOtt will; ſondern man muß ſich rathen laſſen; Nun iſt nichts
beſſers, als ſich von der Suͤnd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-
luͤſti-
a Jeſ. III. 8.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/156>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.