hindurchreisse, um den Kühl-Balsam der Gnade CHRJSTJ in die gifftige Wunden fliessen, und die Göttliche Liebes-Tinctur in den Erb-Schaden trieffen zu lassen, damit die seelige Sänfftigkeit des Geistes und das stille Wesen in GOTTES heiliger Gegen- wart wider seinen Weg fortblühe. GOTT gebe ihr auch, daß so offt sie ein Kummer-haffter Gedancke plagen will, und das Hertz mit einer unruhigen Dunckelheit überziehen; sie sich unverweilt nach dem Glantz des hell-leuchtenden Morgensterns, nach der Weißheit JESU kehre, seinen Liechts- und Gnaden-Straalen in kindlicher Zuversicht nachgehe, nicht zweifflende, JESUS werde sie recht leiten, er wisse wohl, was er mache, er habe je schon viele Kinder zur Herrlichkeit eingeführt, ja er habe schon unzehliche verkehrte Urtheile der Vernunfft verschmertzet, womit dieser Schlangen- Balg dem allein weissen Seeligmacher so grob unrecht thut, als verderbe er alles. O nein! der Heilige Geist stärcke ihren Geist, daß sie nie anderst dencke, als es könne nicht besser gehen als wie JE- SUS alles regiere. Also wird sie eine recht-begnadete seelige Eli- sabeth seyn und bleiben immerdar.
Sie sey nur stets gesinnet wie Elisabeth eine gebohrne Königli- che Printzessin aus Ungarn. Diese bekam von ihrem Gemahl ei- nen Spiegel, der auf einer Seiten das gewohnte Glaß, auf der andern das Bild unsers gekreutzigten Erlösers hatte, darüber sie sich über alle maaß freuete, wohl wissend, daß ihr als einer Braut Christi kein edlerer Spiegel könnte fürkommen als sein Bild und ste- tige Gedächtniß.
Meine Seele wünschet ihr, daß, wann die Bande der Sünd, der Welt und des Fleisches ihre edle kostbahre Seele noch so starck sollte halten, als wären sie von zähem Ochsen-Leder, sie dennoch in noch stärckerer Glaubens-Krafft selbe zerzerre und zerreisse wie Simson die Stricke der Philister: O JESU, daß durch deine Krafft ihr Glaube so freudig, ihre Liebe so brünstig, und sie am innern, neuen Menschen so starck durch den Heiligen Geist werde, daß kein lederner Strick von des höllischen Drachen Haut so zäh
sey,
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
hindurchreiſſe, um den Kuͤhl-Balſam der Gnade CHRJSTJ in die gifftige Wunden flieſſen, und die Goͤttliche Liebes-Tinctur in den Erb-Schaden trieffen zu laſſen, damit die ſeelige Saͤnfftigkeit des Geiſtes und das ſtille Weſen in GOTTES heiliger Gegen- wart wider ſeinen Weg fortbluͤhe. GOTT gebe ihr auch, daß ſo offt ſie ein Kummer-haffter Gedancke plagen will, und das Hertz mit einer unruhigen Dunckelheit uͤberziehen; ſie ſich unverweilt nach dem Glantz des hell-leuchtenden Morgenſterns, nach der Weißheit JESU kehre, ſeinen Liechts- und Gnaden-Straalen in kindlicher Zuverſicht nachgehe, nicht zweifflende, JESUS werde ſie recht leiten, er wiſſe wohl, was er mache, er habe je ſchon viele Kinder zur Herrlichkeit eingefuͤhrt, ja er habe ſchon unzehliche verkehrte Urtheile der Vernunfft verſchmertzet, womit dieſer Schlangen- Balg dem allein weiſſen Seeligmacher ſo grob unrecht thut, als verderbe er alles. O nein! der Heilige Geiſt ſtaͤrcke ihren Geiſt, daß ſie nie anderſt dencke, als es koͤnne nicht beſſer gehen als wie JE- SUS alles regiere. Alſo wird ſie eine recht-begnadete ſeelige Eli- ſabeth ſeyn und bleiben immerdar.
Sie ſey nur ſtets geſinnet wie Eliſabeth eine gebohrne Koͤnigli- che Printzeſſin aus Ungarn. Dieſe bekam von ihrem Gemahl ei- nen Spiegel, der auf einer Seiten das gewohnte Glaß, auf der andern das Bild unſers gekreutzigten Erloͤſers hatte, daruͤber ſie ſich uͤber alle maaß freuete, wohl wiſſend, daß ihr als einer Braut Chriſti kein edlerer Spiegel koͤnnte fuͤrkommen als ſein Bild und ſte- tige Gedaͤchtniß.
Meine Seele wuͤnſchet ihr, daß, wann die Bande der Suͤnd, der Welt und des Fleiſches ihre edle koſtbahre Seele noch ſo ſtarck ſollte halten, als waͤren ſie von zaͤhem Ochſen-Leder, ſie dennoch in noch ſtaͤrckerer Glaubens-Krafft ſelbe zerzerre und zerreiſſe wie Simſon die Stricke der Philiſter: O JESU, daß durch deine Krafft ihr Glaube ſo freudig, ihre Liebe ſo bruͤnſtig, und ſie am innern, neuen Menſchen ſo ſtarck durch den Heiligen Geiſt werde, daß kein lederner Strick von des hoͤlliſchen Drachen Haut ſo zaͤh
ſey,
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[1324/1420]
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
hindurchreiſſe, um den Kuͤhl-Balſam der Gnade CHRJSTJ in
die gifftige Wunden flieſſen, und die Goͤttliche Liebes-Tinctur in
den Erb-Schaden trieffen zu laſſen, damit die ſeelige Saͤnfftigkeit
des Geiſtes und das ſtille Weſen in GOTTES heiliger Gegen-
wart wider ſeinen Weg fortbluͤhe. GOTT gebe ihr auch, daß ſo
offt ſie ein Kummer-haffter Gedancke plagen will, und das Hertz
mit einer unruhigen Dunckelheit uͤberziehen; ſie ſich unverweilt nach
dem Glantz des hell-leuchtenden Morgenſterns, nach der Weißheit
JESU kehre, ſeinen Liechts- und Gnaden-Straalen in kindlicher
Zuverſicht nachgehe, nicht zweifflende, JESUS werde ſie recht
leiten, er wiſſe wohl, was er mache, er habe je ſchon viele Kinder
zur Herrlichkeit eingefuͤhrt, ja er habe ſchon unzehliche verkehrte
Urtheile der Vernunfft verſchmertzet, womit dieſer Schlangen-
Balg dem allein weiſſen Seeligmacher ſo grob unrecht thut, als
verderbe er alles. O nein! der Heilige Geiſt ſtaͤrcke ihren Geiſt, daß
ſie nie anderſt dencke, als es koͤnne nicht beſſer gehen als wie JE-
SUS alles regiere. Alſo wird ſie eine recht-begnadete ſeelige Eli-
ſabeth ſeyn und bleiben immerdar.
Sie ſey nur ſtets geſinnet wie Eliſabeth eine gebohrne Koͤnigli-
che Printzeſſin aus Ungarn. Dieſe bekam von ihrem Gemahl ei-
nen Spiegel, der auf einer Seiten das gewohnte Glaß, auf der
andern das Bild unſers gekreutzigten Erloͤſers hatte, daruͤber ſie
ſich uͤber alle maaß freuete, wohl wiſſend, daß ihr als einer Braut
Chriſti kein edlerer Spiegel koͤnnte fuͤrkommen als ſein Bild und ſte-
tige Gedaͤchtniß.
Meine Seele wuͤnſchet ihr, daß, wann die Bande der Suͤnd,
der Welt und des Fleiſches ihre edle koſtbahre Seele noch ſo ſtarck
ſollte halten, als waͤren ſie von zaͤhem Ochſen-Leder, ſie dennoch in
noch ſtaͤrckerer Glaubens-Krafft ſelbe zerzerre und zerreiſſe wie
Simſon die Stricke der Philiſter: O JESU, daß durch deine
Krafft ihr Glaube ſo freudig, ihre Liebe ſo bruͤnſtig, und ſie am
innern, neuen Menſchen ſo ſtarck durch den Heiligen Geiſt werde,
daß kein lederner Strick von des hoͤlliſchen Drachen Haut ſo zaͤh
ſey,
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1420>, abgerufen am 25.11.2024.
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