tation, Gunst und Hochschätzung aller Menschen, bleibt dir nur die neue Creatur, das GOTT anklebende, reine Hertz; so hast du dessen kein Nachtheil, sondern vielmehr einen unvergleichlichen ewigen Nutzen.
Das bildeten die Alten in einem Lehr-Gedicht für: Eine reiche Printzessin, welche an einen mächtigen Herren versprochen, reisete mit ihren Leuten, Bedienten und Gütern durch einen Wald nach ihrem Liebsten zu, sie trug aber dessen Bild auf ihrem Hertzen, und hatte groß Verlangen bald bey ihm zu seyn, weilen er aber viel Feinde hatte, warteten dieselbe auf sie in besagtem Walde, zer- streueten ihre Leute, beraubeten sie aller ihrer Güter, daß sie schlecht bekleidet entfliehen mußte, und nichts behielt als das Bild auf ihrer Brust. Als sie nun ihnen entrunnen und zu einigen ihrer Leuten kam, welche über den grossen Verlust klagten, sagte sie: Jch habe nichts verlohren, so lang ich dieses noch habe, und zeigte damit auf das Bild ihres Bräutigams, der auch, als er ihren Unfall erfah- ren, sie alsbald selbst suchte, mit sich heimführte und mit grösserm Reichthum versahe, als sie verlohren hatte.
Die Menschen-Seele wird durch die Ubergab an Christum, und den Ehebund mit ihm zu einer Fürsten-Tochter und Königlichen Printzessin, trägt das Bild JESU des Gekreutzigten in ihrem Hertzen, ihr gantzes Leben ist ein täglicher Ausgang, ein Entfernen von der Welt-Getümmel, ein Verlaugnen, Vergessen der Crea- turen, ein beständiges Ausstrecken deß Gemüths nach der allerin- nigsten Vereinigung mit Christo, nach dem leibhafften Anschauen deß allerschönsten Bräutigams, ihne von Angesicht zu Angesicht zu sehen und zu sprechen: Der Feinden sind unzehlich viel, und ma- chen wohl sieben Heerläger aus. Der Wald sind die Probzeiten, da es kalt, finster, mißlich und gefährlich ist.
Hier brechen die laurende Machten der Finsterniß hervor, setzen die Seele in grausame Angst, tasten sie an von innen und aussen, an Ehre, Gütern, Reputation, Gesundheit, Freyheit, Leib und
Leben
D d d d d d d d 2
mit ſeiner Braut der Kirche.
tation, Gunſt und Hochſchaͤtzung aller Menſchen, bleibt dir nur die neue Creatur, das GOTT anklebende, reine Hertz; ſo haſt du deſſen kein Nachtheil, ſondern vielmehr einen unvergleichlichen ewigen Nutzen.
Das bildeten die Alten in einem Lehr-Gedicht fuͤr: Eine reiche Printzeſſin, welche an einen maͤchtigen Herren verſprochen, reiſete mit ihren Leuten, Bedienten und Guͤtern durch einen Wald nach ihrem Liebſten zu, ſie trug aber deſſen Bild auf ihrem Hertzen, und hatte groß Verlangen bald bey ihm zu ſeyn, weilen er aber viel Feinde hatte, warteten dieſelbe auf ſie in beſagtem Walde, zer- ſtreueten ihre Leute, beraubeten ſie aller ihrer Guͤter, daß ſie ſchlecht bekleidet entfliehen mußte, und nichts behielt als das Bild auf ihrer Bruſt. Als ſie nun ihnen entrunnen und zu einigen ihrer Leuten kam, welche uͤber den groſſen Verluſt klagten, ſagte ſie: Jch habe nichts verlohren, ſo lang ich dieſes noch habe, und zeigte damit auf das Bild ihres Braͤutigams, der auch, als er ihren Unfall erfah- ren, ſie alsbald ſelbſt ſuchte, mit ſich heimfuͤhrte und mit groͤſſerm Reichthum verſahe, als ſie verlohren hatte.
Die Menſchen-Seele wird durch die Ubergab an Chriſtum, und den Ehebund mit ihm zu einer Fuͤrſten-Tochter und Koͤniglichen Printzeſſin, traͤgt das Bild JESU des Gekreutzigten in ihrem Hertzen, ihr gantzes Leben iſt ein taͤglicher Ausgang, ein Entfernen von der Welt-Getuͤmmel, ein Verlaugnen, Vergeſſen der Crea- turen, ein beſtaͤndiges Ausſtrecken deß Gemuͤths nach der allerin- nigſten Vereinigung mit Chriſto, nach dem leibhafften Anſchauen deß allerſchoͤnſten Braͤutigams, ihne von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen und zu ſprechen: Der Feinden ſind unzehlich viel, und ma- chen wohl ſieben Heerlaͤger aus. Der Wald ſind die Probzeiten, da es kalt, finſter, mißlich und gefaͤhrlich iſt.
Hier brechen die laurende Machten der Finſterniß hervor, ſetzen die Seele in grauſame Angſt, taſten ſie an von innen und auſſen, an Ehre, Guͤtern, Reputation, Geſundheit, Freyheit, Leib und
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[1315/1411]
mit ſeiner Braut der Kirche.
tation, Gunſt und Hochſchaͤtzung aller Menſchen, bleibt dir nur
die neue Creatur, das GOTT anklebende, reine Hertz; ſo haſt
du deſſen kein Nachtheil, ſondern vielmehr einen unvergleichlichen
ewigen Nutzen.
Das bildeten die Alten in einem Lehr-Gedicht fuͤr: Eine reiche
Printzeſſin, welche an einen maͤchtigen Herren verſprochen, reiſete
mit ihren Leuten, Bedienten und Guͤtern durch einen Wald nach
ihrem Liebſten zu, ſie trug aber deſſen Bild auf ihrem Hertzen, und
hatte groß Verlangen bald bey ihm zu ſeyn, weilen er aber viel
Feinde hatte, warteten dieſelbe auf ſie in beſagtem Walde, zer-
ſtreueten ihre Leute, beraubeten ſie aller ihrer Guͤter, daß ſie ſchlecht
bekleidet entfliehen mußte, und nichts behielt als das Bild auf ihrer
Bruſt. Als ſie nun ihnen entrunnen und zu einigen ihrer Leuten
kam, welche uͤber den groſſen Verluſt klagten, ſagte ſie: Jch habe
nichts verlohren, ſo lang ich dieſes noch habe, und zeigte damit auf
das Bild ihres Braͤutigams, der auch, als er ihren Unfall erfah-
ren, ſie alsbald ſelbſt ſuchte, mit ſich heimfuͤhrte und mit groͤſſerm
Reichthum verſahe, als ſie verlohren hatte.
Die Menſchen-Seele wird durch die Ubergab an Chriſtum, und
den Ehebund mit ihm zu einer Fuͤrſten-Tochter und Koͤniglichen
Printzeſſin, traͤgt das Bild JESU des Gekreutzigten in ihrem
Hertzen, ihr gantzes Leben iſt ein taͤglicher Ausgang, ein Entfernen
von der Welt-Getuͤmmel, ein Verlaugnen, Vergeſſen der Crea-
turen, ein beſtaͤndiges Ausſtrecken deß Gemuͤths nach der allerin-
nigſten Vereinigung mit Chriſto, nach dem leibhafften Anſchauen
deß allerſchoͤnſten Braͤutigams, ihne von Angeſicht zu Angeſicht zu
ſehen und zu ſprechen: Der Feinden ſind unzehlich viel, und ma-
chen wohl ſieben Heerlaͤger aus. Der Wald ſind die Probzeiten,
da es kalt, finſter, mißlich und gefaͤhrlich iſt.
Hier brechen die laurende Machten der Finſterniß hervor, ſetzen
die Seele in grauſame Angſt, taſten ſie an von innen und auſſen,
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1411>, abgerufen am 22.11.2024.
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