Ehrfurcht wird nicht die klare Erscheinung JESU Christi inspiri- ren, wann auch Johannes sein Schoos-Jünger zu seinen Füssen niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme gesagt: HErr gehe von mir aus dann ich bin ein sündiger Mensch b. Nichts de- müthiget den Menschen so gewaltig als die Erkanntniß Christi, wir fühlen den starcken Geist, o JESU! der deine grosse Liebe preißt, in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel. Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine schlechte Mad. Wie anständig ists, daß man seine geistliche Schönheit auch nicht spiegle, sondern vielmehr mit bescheidener Scham- hafftigkeit verberge so gut und so lang man kan.
§. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jsaac alle Sachen die er ausgerichtetSo viel wird man zu erzehlen haben hätte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Göttliche Tractamen- ten seyn werden, und immer schönere und schönere Aufheiterungen ausgebähren sollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei- nige Erzehlungen von Bernerischen Religions-Geschichten dergestalt verfinsteret, daß sich der Einfluß des Gnaden-Liechts gestecket, und ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie subtil sind doch die Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht stöhrt die Welt mit ihrem Geplauder! also daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer vorgezogen wird. Es muß eine sanffte, anbey strenge Eingekehrt- heit in GOTT bleiben, wo man wünschet, daß der Brunn des Le- bendigen fort und fort unbetrübet fliesse: Gleichwohl seye GOTT gelobet auch vor diese Demüthigung; Ach HERR JESU ich weiß nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin ich so gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebewesen mich anscheine, oder daß du mich todten Hund gebrauchest, einen einigen Menschen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch so leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menschliche Ur- theile bewegen lasse zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und Vertheidigung meiner vermeinten Unschuld.
§. 24. v. 67. Da führte sie Jsaac in die Hütte seiner Mutter Sarab, undvon der Einfüh- rung der Braut JEsu. nahm die Rebecca, und sie ward sein Weib und hatte sie lieb. Also ward Jsaac getröstet nach seiner Mutter. Jsaac führte die Rebecca in die be-
sondere
aApoc. I. 17.
bLuc. V.
Y y y y y y y 3
mit ſeiner Braut der Kirche.
Ehrfurcht wird nicht die klare Erſcheinung JESU Chriſti inſpiri- ren, wann auch Johannes ſein Schoos-Juͤnger zu ſeinen Fuͤſſen niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme geſagt: HErr gehe von mir aus dann ich bin ein ſuͤndiger Menſch b. Nichts de- muͤthiget den Menſchen ſo gewaltig als die Erkanntniß Chriſti, wir fuͤhlen den ſtarcken Geiſt, o JESU! der deine groſſe Liebe preißt, in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel. Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine ſchlechte Mad. Wie anſtaͤndig iſts, daß man ſeine geiſtliche Schoͤnheit auch nicht ſpiegle, ſondern vielmehr mit beſcheidener Scham- hafftigkeit verberge ſo gut und ſo lang man kan.
§. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jſaac alle Sachen die er ausgerichtetSo viel wird man zu erzehlen haben haͤtte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Goͤttliche Tractamen- ten ſeyn werden, und immer ſchoͤnere und ſchoͤnere Aufheiterungen ausgebaͤhren ſollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei- nige Erzehlungen von Berneriſchen Religions-Geſchichten dergeſtalt verfinſteret, daß ſich der Einfluß des Gnaden-Liechts geſtecket, und ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie ſubtil ſind doch die Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht ſtoͤhrt die Welt mit ihrem Geplauder! alſo daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer vorgezogen wird. Es muß eine ſanffte, anbey ſtrenge Eingekehrt- heit in GOTT bleiben, wo man wuͤnſchet, daß der Brunn des Le- bendigen fort und fort unbetruͤbet flieſſe: Gleichwohl ſeye GOTT gelobet auch vor dieſe Demuͤthigung; Ach HERR JESU ich weiß nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin ich ſo gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebeweſen mich anſcheine, oder daß du mich todten Hund gebraucheſt, einen einigen Menſchen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch ſo leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menſchliche Ur- theile bewegen laſſe zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und Vertheidigung meiner vermeinten Unſchuld.
§. 24. v. 67. Da fuͤhrte ſie Jſaac in die Huͤtte ſeiner Mutter Sarab, undvon der Einfuͤh- rung der Braut JEſu. nahm die Rebecca, und ſie ward ſein Weib und hatte ſie lieb. Alſo ward Jſaac getroͤſtet nach ſeiner Mutter. Jſaac fuͤhrte die Rebecca in die be-
ſondere
aApoc. I. 17.
bLuc. V.
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mit ſeiner Braut der Kirche.
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ren, wann auch Johannes ſein Schoos-Juͤnger zu ſeinen Fuͤſſen
niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme geſagt: HErr
gehe von mir aus dann ich bin ein ſuͤndiger Menſch b. Nichts de-
muͤthiget den Menſchen ſo gewaltig als die Erkanntniß Chriſti, wir
fuͤhlen den ſtarcken Geiſt, o JESU! der deine groſſe Liebe preißt,
in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel.
Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine
ſchlechte Mad. Wie anſtaͤndig iſts, daß man ſeine geiſtliche
Schoͤnheit auch nicht ſpiegle, ſondern vielmehr mit beſcheidener Scham-
hafftigkeit verberge ſo gut und ſo lang man kan.
§. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jſaac alle Sachen die er ausgerichtet
haͤtte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles
zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Goͤttliche Tractamen-
ten ſeyn werden, und immer ſchoͤnere und ſchoͤnere Aufheiterungen
ausgebaͤhren ſollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei-
nige Erzehlungen von Berneriſchen Religions-Geſchichten dergeſtalt
verfinſteret, daß ſich der Einfluß des Gnaden-Liechts geſtecket, und
ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie ſubtil ſind doch die
Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht ſtoͤhrt die Welt mit ihrem
Geplauder! alſo daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer
vorgezogen wird. Es muß eine ſanffte, anbey ſtrenge Eingekehrt-
heit in GOTT bleiben, wo man wuͤnſchet, daß der Brunn des Le-
bendigen fort und fort unbetruͤbet flieſſe: Gleichwohl ſeye GOTT
gelobet auch vor dieſe Demuͤthigung; Ach HERR JESU ich weiß
nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin
ich ſo gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebeweſen mich
anſcheine, oder daß du mich todten Hund gebraucheſt, einen einigen
Menſchen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch
ſo leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menſchliche Ur-
theile bewegen laſſe zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und
Vertheidigung meiner vermeinten Unſchuld.
So viel
wird man
zu erzehlen
haben
§. 24. v. 67. Da fuͤhrte ſie Jſaac in die Huͤtte ſeiner Mutter Sarab, und
nahm die Rebecca, und ſie ward ſein Weib und hatte ſie lieb. Alſo ward
Jſaac getroͤſtet nach ſeiner Mutter. Jſaac fuͤhrte die Rebecca in die be-
ſondere
von der
Einfuͤh-
rung der
Braut
JEſu.
a Apoc. I. 17.
b Luc. V.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1373>, abgerufen am 22.11.2024.
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