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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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mit seiner Braut der Kirche.
eine Jungfrau heraus kommet zu schöpfen, und ich zu ihr spreche: Gib
mir doch ein wenig Wasser zu trincken aus deinem Krug!

44. Und sie wird zu mir sagen: Trincke beydes du, und ich will deinen
Kamelen auch schöpfen; daß die seye das Weib, welches der HERR mei-
nes Herrn Sohn angewiesen hat.

Der Heil. Geist würcket am kräfftigsten dannzumahlen, wann der
Braut-Werber beym Brunnen stehet, in Abhandlung der Heiligen
Schrifft begriffen ist, und den Weg zum stets-fliessenden Gnaden-
Brunnen der ewigen Gottheit zeiget, da flehet das Hertz unter allem
Reden zu GOtt: Ach Vatter die Stund ist kommen, verkläre deinen
Sohn, ach ziehe die Hertzen, eröffne ihre Augen, daß sie ihre Unrei-
nigkeit fühlen, erkennen und dürsten nach dem Heylbrunn. Es wird
aber keine Seele JESU Braut als diejenige, so dem Gnaden-Zug
folget, und nicht nur zum Brunnen kommt, sondern auch schöpfet
und das so reichlich, daß sie Guten und Bösen, Verständigen und
Tummen ein Exempel der Weißheit und eine Gnaden-Säul seye.
[fremdsprachliches Material - fehlt] mithin andere tüchtig sey zu überzeugen, zu züchtigen und zu
bestraffen eben mit der Zucht womit sie selbst vom Vatter gezogen
worden, und also andern aus Heil. Schrifft und eigener Erfahrung
zu beweisen, wie eine Christo von GOTT bestimmte Braut zu be-
reitet, informiert und verständig gemacht werden müsse mit solchem
Bräutigam geziemend umzugehen.

§. 21. v. 45. Ehe ich nun das vollends geredet hatte in meinem Hertzen, sieheGeistlicher
Verstand
der 5. fol-
genden
Versen.

da kam Rebecca heraus mit ihrem Krug auf ihrer Achsel, und stieg hinab zum
Brunnen, und schöpfete: Da sprach ich zu ihr: Gib mir doch zu trincken.

Wäre der Knecht blind gewesen, so hätte er nicht gesehen, was sie
auf der Achsel habe; also muß ein Anwerber erleuchtete Augen ha-
ben, damit er sehe, was die Seelen haben oder nicht, wohin sie die
Füsse ihrer Begierden tragen, womit sie umgehen und wie sie gestal-
tet seyen, ob kein Fehl an ihnen seye.

v. 46. Und sie nahm eilends ihren Krug von ihr herab, und sprach: Trincke, und
deine Kameel will ich auch träncken. Also trancke ich, und sie tränckte auch die
Kameele.

Die Göttliche Dinge sind nicht nur so ein Gedancken-Spiel, ein
Erfahrner siehet und fühlet wesentlich aus welchem Geist dieses oder
jenes gethan und geredt wird: Er trinckt würcklich und weißt, ob das
Wasser trüb oder lauter seye, und wie es schmecke: und eben aus dem
Geschmack urtheilet er aus welcher Quellen es komme. Die rechte

Kenner
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mit ſeiner Braut der Kirche.
eine Jungfrau heraus kommet zu ſchoͤpfen, und ich zu ihr ſpreche: Gib
mir doch ein wenig Waſſer zu trincken aus deinem Krug!

44. Und ſie wird zu mir ſagen: Trincke beydes du, und ich will deinen
Kamelen auch ſchoͤpfen; daß die ſeye das Weib, welches der HERR mei-
nes Herrn Sohn angewieſen hat.

Der Heil. Geiſt wuͤrcket am kraͤfftigſten dannzumahlen, wann der
Braut-Werber beym Brunnen ſtehet, in Abhandlung der Heiligen
Schrifft begriffen iſt, und den Weg zum ſtets-flieſſenden Gnaden-
Brunnen der ewigen Gottheit zeiget, da flehet das Hertz unter allem
Reden zu GOtt: Ach Vatter die Stund iſt kommen, verklaͤre deinen
Sohn, ach ziehe die Hertzen, eroͤffne ihre Augen, daß ſie ihre Unrei-
nigkeit fuͤhlen, erkennen und duͤrſten nach dem Heylbrunn. Es wird
aber keine Seele JESU Braut als diejenige, ſo dem Gnaden-Zug
folget, und nicht nur zum Brunnen kommt, ſondern auch ſchoͤpfet
und das ſo reichlich, daß ſie Guten und Boͤſen, Verſtaͤndigen und
Tummen ein Exempel der Weißheit und eine Gnaden-Saͤul ſeye.
[fremdsprachliches Material – fehlt] mithin andere tuͤchtig ſey zu uͤberzeugen, zu zuͤchtigen und zu
beſtraffen eben mit der Zucht womit ſie ſelbſt vom Vatter gezogen
worden, und alſo andern aus Heil. Schrifft und eigener Erfahrung
zu beweiſen, wie eine Chriſto von GOTT beſtimmte Braut zu be-
reitet, informiert und verſtaͤndig gemacht werden muͤſſe mit ſolchem
Braͤutigam geziemend umzugehen.

§. 21. v. 45. Ehe ich nun das vollends geredet hatte in meinem Hertzen, ſieheGeiſtlicher
Verſtand
der 5. fol-
genden
Verſen.

da kam Rebecca heraus mit ihrem Krug auf ihrer Achſel, und ſtieg hinab zum
Brunnen, und ſchoͤpfete: Da ſprach ich zu ihr: Gib mir doch zu trincken.

Waͤre der Knecht blind geweſen, ſo haͤtte er nicht geſehen, was ſie
auf der Achſel habe; alſo muß ein Anwerber erleuchtete Augen ha-
ben, damit er ſehe, was die Seelen haben oder nicht, wohin ſie die
Fuͤſſe ihrer Begierden tragen, womit ſie umgehen und wie ſie geſtal-
tet ſeyen, ob kein Fehl an ihnen ſeye.

v. 46. Und ſie nahm eilends ihren Krug von ihr herab, und ſprach: Trincke, und
deine Kameel will ich auch traͤncken. Alſo trancke ich, und ſie traͤnckte auch die
Kameele.

Die Goͤttliche Dinge ſind nicht nur ſo ein Gedancken-Spiel, ein
Erfahrner ſiehet und fuͤhlet weſentlich aus welchem Geiſt dieſes oder
jenes gethan und geredt wird: Er trinckt wuͤrcklich und weißt, ob das
Waſſer truͤb oder lauter ſeye, und wie es ſchmecke: und eben aus dem
Geſchmack urtheilet er aus welcher Quellen es komme. Die rechte

Kenner
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[1251/1347] mit ſeiner Braut der Kirche. eine Jungfrau heraus kommet zu ſchoͤpfen, und ich zu ihr ſpreche: Gib mir doch ein wenig Waſſer zu trincken aus deinem Krug! 44. Und ſie wird zu mir ſagen: Trincke beydes du, und ich will deinen Kamelen auch ſchoͤpfen; daß die ſeye das Weib, welches der HERR mei- nes Herrn Sohn angewieſen hat. Der Heil. Geiſt wuͤrcket am kraͤfftigſten dannzumahlen, wann der Braut-Werber beym Brunnen ſtehet, in Abhandlung der Heiligen Schrifft begriffen iſt, und den Weg zum ſtets-flieſſenden Gnaden- Brunnen der ewigen Gottheit zeiget, da flehet das Hertz unter allem Reden zu GOtt: Ach Vatter die Stund iſt kommen, verklaͤre deinen Sohn, ach ziehe die Hertzen, eroͤffne ihre Augen, daß ſie ihre Unrei- nigkeit fuͤhlen, erkennen und duͤrſten nach dem Heylbrunn. Es wird aber keine Seele JESU Braut als diejenige, ſo dem Gnaden-Zug folget, und nicht nur zum Brunnen kommt, ſondern auch ſchoͤpfet und das ſo reichlich, daß ſie Guten und Boͤſen, Verſtaͤndigen und Tummen ein Exempel der Weißheit und eine Gnaden-Saͤul ſeye. _ mithin andere tuͤchtig ſey zu uͤberzeugen, zu zuͤchtigen und zu beſtraffen eben mit der Zucht womit ſie ſelbſt vom Vatter gezogen worden, und alſo andern aus Heil. Schrifft und eigener Erfahrung zu beweiſen, wie eine Chriſto von GOTT beſtimmte Braut zu be- reitet, informiert und verſtaͤndig gemacht werden muͤſſe mit ſolchem Braͤutigam geziemend umzugehen. §. 21. v. 45. Ehe ich nun das vollends geredet hatte in meinem Hertzen, ſiehe da kam Rebecca heraus mit ihrem Krug auf ihrer Achſel, und ſtieg hinab zum Brunnen, und ſchoͤpfete: Da ſprach ich zu ihr: Gib mir doch zu trincken. Waͤre der Knecht blind geweſen, ſo haͤtte er nicht geſehen, was ſie auf der Achſel habe; alſo muß ein Anwerber erleuchtete Augen ha- ben, damit er ſehe, was die Seelen haben oder nicht, wohin ſie die Fuͤſſe ihrer Begierden tragen, womit ſie umgehen und wie ſie geſtal- tet ſeyen, ob kein Fehl an ihnen ſeye. Geiſtlicher Verſtand der 5. fol- genden Verſen. v. 46. Und ſie nahm eilends ihren Krug von ihr herab, und ſprach: Trincke, und deine Kameel will ich auch traͤncken. Alſo trancke ich, und ſie traͤnckte auch die Kameele. Die Goͤttliche Dinge ſind nicht nur ſo ein Gedancken-Spiel, ein Erfahrner ſiehet und fuͤhlet weſentlich aus welchem Geiſt dieſes oder jenes gethan und geredt wird: Er trinckt wuͤrcklich und weißt, ob das Waſſer truͤb oder lauter ſeye, und wie es ſchmecke: und eben aus dem Geſchmack urtheilet er aus welcher Quellen es komme. Die rechte Kenner T t t t t t t 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1347>, abgerufen am 25.11.2024.