ihnen seine Lehre und Wege zu verleiten, auszuschwätzen, ja gar ver- dächtig zu machen.
§. 3. Einwurff. Sie sagen: Sie kommen ja zu Christo, sie bet-Entschul- digung mit der Abstat- tung der äusserli- chen Pflich- ten des Gottes- dienstes, widerle- get. So wohl über- haupt, als auch ten ja Morgens und Abends; sie gehen zur Kirche und Heil. Abend- mahl, halten Buß- und Bett-Tage; ob dann das nicht heisse zu JE- su kommen?
§. 4. Antwort: Wie ist das Gebett beschaffen? Jsts nicht meh- rentheils ein hertzloses Lippen-Geschwätz, davon das Hertz nichts weißt; ja es wäre ihnen gewißlich sehr leyd, wann sie GOtt in ih- rem Gebett erhörete, sie beym Wort nehme, und der Welt sammt den Wollüsten derselben entrisse. Und wie kommen sie zur Kirche? Gewißlich nicht anderst, als dorten die Juden zu den Zeiten Eze- chiel, welcher Kirchengehen GOTT selbsten seinem Knecht also be- schreibet: Du Menschen-Kind/ deine Lands-Leute unterreden sich von dir an den Wänden/ und unter den Hausthüren/ und spricht se einer zum andern: Lieber komme/ und laßt uns hören/ was der HErr sagt: Und sie kommen zu dir in die Versamm- lung/ und sitzen vor dir als mein Volck/ und hören deine Wort/ aber sie richten dieselbe nicht ins Werck/ und ob sie dir schon mit ihrem Mund liebkosen/ so wandelt doch ihr Hertz nach ihrem Geitz; Und siehe! du bist ihnen wie einer/ der ein Buhlen-Lied singt/ der eine schöne Stimme hat/ und wohl auf den Säiten schlägt: Darum hören sie deine Wort/ aber sie richten dieselbe gar nicht ins Werck; Wann es aber kommen wird/ was kommen soll/ so werden sie erfahren, daß ein Prophet unter ihnen gewe- sen seyea.
§. 5. Jns besondere, und etwas nachdrücklicher von dieser SachJnsbeson- dere, und gezeiget, daß wohl niemand spöttischer mit GOtt als die Refor- mirten umgehen. zu reden, so ist gewiß kein Volck, noch Sect noch Religion unter dem Himmel, das mit seinem GOtt spöttischer und affrontirlicher umgehe, als eben die Reformirten mit dem wahren GOTT Him- mels und der Erden. Der Päpsten Befelch werden in Obacht ge- nommen. Die Juden leiden ehender allen Spott und Hohn, als daß sie ihre Ceremonien verlassen solten. Die Türcken respectiren ihren Alkoran, so sie von Muhamed haben, und richten ihr Leben darnach ein. Die wildesten Heiden halten sehr genau ob der Vor-
schrifft
aEzech. XXXIII. 30-33.
E 3
Evangeli JESU.
ihnen ſeine Lehre und Wege zu verleiten, auszuſchwaͤtzen, ja gar ver- daͤchtig zu machen.
§. 3. Einwurff. Sie ſagen: Sie kommen ja zu Chriſto, ſie bet-Entſchul- digung mit der Abſtat- tung der aͤuſſerli- chen Pflich- ten des Gottes- dienſtes, widerle- get. So wohl uͤber- haupt, als auch ten ja Morgens und Abends; ſie gehen zur Kirche und Heil. Abend- mahl, halten Buß- und Bett-Tage; ob dann das nicht heiſſe zu JE- ſu kommen?
§. 4. Antwort: Wie iſt das Gebett beſchaffen? Jſts nicht meh- rentheils ein hertzloſes Lippen-Geſchwaͤtz, davon das Hertz nichts weißt; ja es waͤre ihnen gewißlich ſehr leyd, wann ſie GOtt in ih- rem Gebett erhoͤrete, ſie beym Wort nehme, und der Welt ſammt den Wolluͤſten derſelben entriſſe. Und wie kommen ſie zur Kirche? Gewißlich nicht anderſt, als dorten die Juden zu den Zeiten Eze- chiel, welcher Kirchengehen GOTT ſelbſten ſeinem Knecht alſo be- ſchreibet: Du Menſchen-Kind/ deine Lands-Leute unterreden ſich von dir an den Waͤnden/ und unter den Hausthuͤren/ und ſpricht ſe einer zum andern: Lieber komme/ und laßt uns hoͤren/ was der HErr ſagt: Und ſie kommen zu dir in die Verſamm- lung/ und ſitzen vor dir als mein Volck/ und hoͤren deine Wort/ aber ſie richten dieſelbe nicht ins Werck/ und ob ſie dir ſchon mit ihrem Mund liebkoſen/ ſo wandelt doch ihr Hertz nach ihrem Geitz; Und ſiehe! du biſt ihnen wie einer/ der ein Buhlen-Lied ſingt/ der eine ſchoͤne Stimme hat/ und wohl auf den Saͤiten ſchlaͤgt: Darum hoͤren ſie deine Wort/ aber ſie richten dieſelbe gar nicht ins Werck; Wann es aber kommen wird/ was kommen ſoll/ ſo werden ſie erfahren, daß ein Prophet unter ihnen gewe- ſen ſeyea.
§. 5. Jns beſondere, und etwas nachdruͤcklicher von dieſer SachJnsbeſon- dere, und gezeiget, daß wohl niemand ſpoͤttiſcher mit GOtt als die Refor- mirten umgehen. zu reden, ſo iſt gewiß kein Volck, noch Sect noch Religion unter dem Himmel, das mit ſeinem GOtt ſpoͤttiſcher und affrontirlicher umgehe, als eben die Reformirten mit dem wahren GOTT Him- mels und der Erden. Der Paͤpſten Befelch werden in Obacht ge- nommen. Die Juden leiden ehender allen Spott und Hohn, als daß ſie ihre Ceremonien verlaſſen ſolten. Die Tuͤrcken reſpectiren ihren Alkoran, ſo ſie von Muhamed haben, und richten ihr Leben darnach ein. Die wildeſten Heiden halten ſehr genau ob der Vor-
ſchrifft
aEzech. XXXIII. 30-33.
E 3
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Evangeli JESU.
ihnen ſeine Lehre und Wege zu verleiten, auszuſchwaͤtzen, ja gar ver-
daͤchtig zu machen.
§. 3. Einwurff. Sie ſagen: Sie kommen ja zu Chriſto, ſie bet-
ten ja Morgens und Abends; ſie gehen zur Kirche und Heil. Abend-
mahl, halten Buß- und Bett-Tage; ob dann das nicht heiſſe zu JE-
ſu kommen?
Entſchul-
digung
mit der
Abſtat-
tung der
aͤuſſerli-
chen
Pflich-
ten des
Gottes-
dienſtes,
widerle-
get.
So wohl
uͤber-
haupt,
als auch
§. 4. Antwort: Wie iſt das Gebett beſchaffen? Jſts nicht meh-
rentheils ein hertzloſes Lippen-Geſchwaͤtz, davon das Hertz nichts
weißt; ja es waͤre ihnen gewißlich ſehr leyd, wann ſie GOtt in ih-
rem Gebett erhoͤrete, ſie beym Wort nehme, und der Welt ſammt
den Wolluͤſten derſelben entriſſe. Und wie kommen ſie zur Kirche?
Gewißlich nicht anderſt, als dorten die Juden zu den Zeiten Eze-
chiel, welcher Kirchengehen GOTT ſelbſten ſeinem Knecht alſo be-
ſchreibet: Du Menſchen-Kind/ deine Lands-Leute unterreden
ſich von dir an den Waͤnden/ und unter den Hausthuͤren/ und
ſpricht ſe einer zum andern: Lieber komme/ und laßt uns hoͤren/
was der HErr ſagt: Und ſie kommen zu dir in die Verſamm-
lung/ und ſitzen vor dir als mein Volck/ und hoͤren deine Wort/
aber ſie richten dieſelbe nicht ins Werck/ und ob ſie dir ſchon mit
ihrem Mund liebkoſen/ ſo wandelt doch ihr Hertz nach ihrem
Geitz; Und ſiehe! du biſt ihnen wie einer/ der ein Buhlen-Lied
ſingt/ der eine ſchoͤne Stimme hat/ und wohl auf den Saͤiten
ſchlaͤgt: Darum hoͤren ſie deine Wort/ aber ſie richten dieſelbe
gar nicht ins Werck; Wann es aber kommen wird/ was kommen
ſoll/ ſo werden ſie erfahren, daß ein Prophet unter ihnen gewe-
ſen ſeye a.
§. 5. Jns beſondere, und etwas nachdruͤcklicher von dieſer Sach
zu reden, ſo iſt gewiß kein Volck, noch Sect noch Religion unter
dem Himmel, das mit ſeinem GOtt ſpoͤttiſcher und affrontirlicher
umgehe, als eben die Reformirten mit dem wahren GOTT Him-
mels und der Erden. Der Paͤpſten Befelch werden in Obacht ge-
nommen. Die Juden leiden ehender allen Spott und Hohn, als
daß ſie ihre Ceremonien verlaſſen ſolten. Die Tuͤrcken reſpectiren
ihren Alkoran, ſo ſie von Muhamed haben, und richten ihr Leben
darnach ein. Die wildeſten Heiden halten ſehr genau ob der Vor-
ſchrifft
Jnsbeſon-
dere, und
gezeiget,
daß wohl
niemand
ſpoͤttiſcher
mit GOtt
als die
Refor-
mirten
umgehen.
a Ezech. XXXIII. 30-33.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/133>, abgerufen am 25.11.2024.
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