doch; Unwerth den Himmel anzusehen und GOTT anzureden, wie wird mir gerathen, muß ich doch in Sünden verderben, das Gesetz ist mir gar im Weg, Zorn drucket, Tod und Höll schrecken mich, ach GOTT wo aus, die grosse Welt wird mir zu eng, hilff nun mein GOTT hilff, jetzt ist Helffens Zeit, oder ich bin verlohren. Sehet, solch Zagen nimmt hier JESUS gar hinweg und braucht die allerfreundlichste Wort, daß ja niemand ab JESU zu klagen Ursach habe.
Warum der Weg zu JEsu so mühsam und unru- big seye.
§. 6. Einw. Wie kommts aber, seit der Zeit, daß ich auf dem Weg zu JEsu begriffen, bin ich mehr in der Unruh als noch nie- mahls?
Antw. Der Weg zu Christo ist gar mit Dörnen verwachsen, weil so wenig dadurch wandlen, und sein Schloß und Residentz suchen, daß man kaum hie und da etwelche Fußstapfen findt von denen, die hingehen zu Christo, so daß fast jedweder vor sich selbst als im Schnee bahnen, träiben muß und genug Lincks und Rechts zu wehren hat, daß er durch das Gesträuch und Gestrüp hindurch komme, da sind Messer die schneiden, Hecken die zerreissen, rauchend und brennend Feuer, schlammichte, tieffe Gruben, allerley schwermüthige Gedan- cken, wie man doch wolle hindurch kommen, sein Auskommen, sein Stück Brodt haben, man werd endlich gar wollen zum Narren wer- den; Die Versuchungen durchschneiden das Hertz etc. ander Leuten Exempel halten auch ab und bleibt ein Ungeübter hie und da stecken.
JESUS willfahret auch nicht, wenn man will, gehet neben dem Meer hin, läßt Winde toben, sausen, Wellen brausen und heran plötschen, daß man meint es seye nichts mehr zu machen, es müsse zu Grund gangen seyn a daß man vor Angst nicht hören kan die Stimm deß Evangelii b.
GOTTES Wege mögen von unser Vernunfft nie erkannt und begriffen werden: Mercke wohl, JESUS hat nicht dem Fleisch gute süsse Tage verheissen, denn die hatte er selbst nicht: Leyden am Leib, Ehr und Gut ist lauter Heiligthum, auch an allem Vorrath von Frommkeit und guten Wercken; Das Täublein soll dennoch in
der
aMatth. XIV.
bExod. VI. 9.
Labſal in Truͤbſal.
doch; Unwerth den Himmel anzuſehen und GOTT anzureden, wie wird mir gerathen, muß ich doch in Suͤnden verderben, das Geſetz iſt mir gar im Weg, Zorn drucket, Tod und Hoͤll ſchrecken mich, ach GOTT wo aus, die groſſe Welt wird mir zu eng, hilff nun mein GOTT hilff, jetzt iſt Helffens Zeit, oder ich bin verlohren. Sehet, ſolch Zagen nimmt hier JESUS gar hinweg und braucht die allerfreundlichſte Wort, daß ja niemand ab JESU zu klagen Urſach habe.
Warum der Weg zu JEſu ſo muͤhſam und unru- big ſeye.
§. 6. Einw. Wie kommts aber, ſeit der Zeit, daß ich auf dem Weg zu JEſu begriffen, bin ich mehr in der Unruh als noch nie- mahls?
Antw. Der Weg zu Chriſto iſt gar mit Doͤrnen verwachſen, weil ſo wenig dadurch wandlen, und ſein Schloß und Reſidentz ſuchen, daß man kaum hie und da etwelche Fußſtapfen findt von denen, die hingehen zu Chriſto, ſo daß faſt jedweder vor ſich ſelbſt als im Schnee bahnen, traͤiben muß und genug Lincks und Rechts zu wehren hat, daß er durch das Geſtraͤuch und Geſtruͤp hindurch komme, da ſind Meſſer die ſchneiden, Hecken die zerreiſſen, rauchend und brennend Feuer, ſchlammichte, tieffe Gruben, allerley ſchwermuͤthige Gedan- cken, wie man doch wolle hindurch kommen, ſein Auskommen, ſein Stuͤck Brodt haben, man werd endlich gar wollen zum Narren wer- den; Die Verſuchungen durchſchneiden das Hertz ꝛc. ander Leuten Exempel halten auch ab und bleibt ein Ungeuͤbter hie und da ſtecken.
JESUS willfahret auch nicht, wenn man will, gehet neben dem Meer hin, laͤßt Winde toben, ſauſen, Wellen brauſen und heran ploͤtſchen, daß man meint es ſeye nichts mehr zu machen, es muͤſſe zu Grund gangen ſeyn a daß man vor Angſt nicht hoͤren kan die Stimm deß Evangelii b.
GOTTES Wege moͤgen von unſer Vernunfft nie erkannt und begriffen werden: Mercke wohl, JESUS hat nicht dem Fleiſch gute ſuͤſſe Tage verheiſſen, denn die hatte er ſelbſt nicht: Leyden am Leib, Ehr und Gut iſt lauter Heiligthum, auch an allem Vorrath von Frommkeit und guten Wercken; Das Taͤublein ſoll dennoch in
der
aMatth. XIV.
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[1144/1240]
Labſal in Truͤbſal.
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wird mir gerathen, muß ich doch in Suͤnden verderben, das Geſetz
iſt mir gar im Weg, Zorn drucket, Tod und Hoͤll ſchrecken mich,
ach GOTT wo aus, die groſſe Welt wird mir zu eng, hilff nun
mein GOTT hilff, jetzt iſt Helffens Zeit, oder ich bin verlohren.
Sehet, ſolch Zagen nimmt hier JESUS gar hinweg und braucht
die allerfreundlichſte Wort, daß ja niemand ab JESU zu klagen
Urſach habe.
§. 6. Einw. Wie kommts aber, ſeit der Zeit, daß ich auf dem
Weg zu JEſu begriffen, bin ich mehr in der Unruh als noch nie-
mahls?
Antw. Der Weg zu Chriſto iſt gar mit Doͤrnen verwachſen, weil
ſo wenig dadurch wandlen, und ſein Schloß und Reſidentz ſuchen,
daß man kaum hie und da etwelche Fußſtapfen findt von denen, die
hingehen zu Chriſto, ſo daß faſt jedweder vor ſich ſelbſt als im Schnee
bahnen, traͤiben muß und genug Lincks und Rechts zu wehren hat,
daß er durch das Geſtraͤuch und Geſtruͤp hindurch komme, da ſind
Meſſer die ſchneiden, Hecken die zerreiſſen, rauchend und brennend
Feuer, ſchlammichte, tieffe Gruben, allerley ſchwermuͤthige Gedan-
cken, wie man doch wolle hindurch kommen, ſein Auskommen, ſein
Stuͤck Brodt haben, man werd endlich gar wollen zum Narren wer-
den; Die Verſuchungen durchſchneiden das Hertz ꝛc. ander Leuten
Exempel halten auch ab und bleibt ein Ungeuͤbter hie und da
ſtecken.
JESUS willfahret auch nicht, wenn man will, gehet neben dem
Meer hin, laͤßt Winde toben, ſauſen, Wellen brauſen und heran
ploͤtſchen, daß man meint es ſeye nichts mehr zu machen, es muͤſſe
zu Grund gangen ſeyn a daß man vor Angſt nicht hoͤren kan die Stimm
deß Evangelii b.
GOTTES Wege moͤgen von unſer Vernunfft nie erkannt und
begriffen werden: Mercke wohl, JESUS hat nicht dem Fleiſch
gute ſuͤſſe Tage verheiſſen, denn die hatte er ſelbſt nicht: Leyden am
Leib, Ehr und Gut iſt lauter Heiligthum, auch an allem Vorrath
von Frommkeit und guten Wercken; Das Taͤublein ſoll dennoch in
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a Matth. XIV.
b Exod. VI. 9.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1240>, abgerufen am 25.11.2024.
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