Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Labsal in Trübsal.
er ihnen nicht helffe a, sie heilige und sich an ihnen herrlich erzeige,Elendes
ist nicht
GOtt zu-
zuschrei-
ben.

da sie doch seinem Heiligen Geist in allem widersprechen, will GOtt
eins, so wollen sie ein anders, sie können sich nicht darzu noch darein
schicken, das zu leiden, zu thun und zu lassen, was GOtt von ihnen
haben will b, und das sehen sie wohl, können aber nicht draus kom-
men, daß sie es anderst machten, daher sie sich zu zeiten selbst verflu-
chen, gewinnen aber so viel darmit, als mit dem ersten, wie ein
unbändig wild Thier in seinem Gefängniß strampfet und stosset; O
grosser Drach! Eigenwill, Ungedult und NB. schändliche Faulheit.

Machts GOTT einem solchem nicht nach seinem Kopf, so stellt
man ihm den Stuhl vor die Thür, und fehlt nicht viel, daß man
nicht wieder in Egypten zoge; so gar ungebärdig stellt man sich ein:
Erlangt man dann etwan einen Sieg oder Erlösung, so bringts den-
noch nicht grossen Nutzen, theils weil GOTT in der Lobpreisung
nicht pur lauter gemeint wird, und die künfftige Prüffung alle em-
pfangene Wohlthaten wieder vergessen macht.

Ja empfangt man schon Granat-Aepfel, Trauben und Feigen aus
Canaan, etwelche süsse Empfindungen und Vor-Geschmäck vom
glückseeligen Gnaden-Stand, so hat man doch kein Muth sich über
den trüben Jordan, die enge Porten der neuen Geburt ins Land
hinein zu wagen, wider die Sünd zu kämpfen biß aufs Blut und die
Enakiter, die natürlichen Verderbnussen aus ihrem Nest hinaus zu
jagen.

§. 6. Wie mags wohl einem zu Muth seyn, der diese böse SachWie übel
es einer
unter sol-
cher Last
seufftzen-
den Seele
zu Muth
seye.

bey sich verspürt, ich meine, er habe Lasts gnug am Hals; Er ist,
als wie einer, der aus einer gräßlichen Feuers-Brunst der grossen
Trangsal und künfftigen Zorn entrinnen will, hat Weib und Kind
auf dem Rucken, Gewissens-Angst, den Fluch des Gesetzes, samt
allen seinen sündigen Wercken, die er mit der alten Schlang, Ge-
setz und alten Adam gezeuget und schwere Schuld, geistlichen, zeit-
lichen, ewigen Tod gebohren Rom. 7, 5. Hat noch über diß alles
druckende Eisen an den Füssen; Eine Seel die von der Sünden-
Macht an allen Kräfften gefangen und wie im Schatten-Werck
angeschmiedet.

Ehe sie in diese Gefangenschafft gesteckt ward, machte ihr noch die

Welt
a Esai. V. 19. XLV. 9. LIX. 9-12.
b Esai. LXIII. 10. Amos III. 3.
Z z z z z z 3

Labſal in Truͤbſal.
er ihnen nicht helffe a, ſie heilige und ſich an ihnen herrlich erzeige,Elendes
iſt nicht
GOtt zu-
zuſchrei-
ben.

da ſie doch ſeinem Heiligen Geiſt in allem widerſprechen, will GOtt
eins, ſo wollen ſie ein anders, ſie koͤnnen ſich nicht darzu noch darein
ſchicken, das zu leiden, zu thun und zu laſſen, was GOtt von ihnen
haben will b, und das ſehen ſie wohl, koͤnnen aber nicht draus kom-
men, daß ſie es anderſt machten, daher ſie ſich zu zeiten ſelbſt verflu-
chen, gewinnen aber ſo viel darmit, als mit dem erſten, wie ein
unbaͤndig wild Thier in ſeinem Gefaͤngniß ſtrampfet und ſtoſſet; O
groſſer Drach! Eigenwill, Ungedult und NB. ſchaͤndliche Faulheit.

Machts GOTT einem ſolchem nicht nach ſeinem Kopf, ſo ſtellt
man ihm den Stuhl vor die Thuͤr, und fehlt nicht viel, daß man
nicht wieder in Egypten zoge; ſo gar ungebaͤrdig ſtellt man ſich ein:
Erlangt man dann etwan einen Sieg oder Erloͤſung, ſo bringts den-
noch nicht groſſen Nutzen, theils weil GOTT in der Lobpreiſung
nicht pur lauter gemeint wird, und die kuͤnfftige Pruͤffung alle em-
pfangene Wohlthaten wieder vergeſſen macht.

Ja empfangt man ſchon Granat-Aepfel, Trauben und Feigen aus
Canaan, etwelche ſuͤſſe Empfindungen und Vor-Geſchmaͤck vom
gluͤckſeeligen Gnaden-Stand, ſo hat man doch kein Muth ſich uͤber
den truͤben Jordan, die enge Porten der neuen Geburt ins Land
hinein zu wagen, wider die Suͤnd zu kaͤmpfen biß aufs Blut und die
Enakiter, die natuͤrlichen Verderbnuſſen aus ihrem Neſt hinaus zu
jagen.

§. 6. Wie mags wohl einem zu Muth ſeyn, der dieſe boͤſe SachWie uͤbel
es einer
unter ſol-
cher Laſt
ſeufftzen-
den Seele
zu Muth
ſeye.

bey ſich verſpuͤrt, ich meine, er habe Laſts gnug am Hals; Er iſt,
als wie einer, der aus einer graͤßlichen Feuers-Brunſt der groſſen
Trangſal und kuͤnfftigen Zorn entrinnen will, hat Weib und Kind
auf dem Rucken, Gewiſſens-Angſt, den Fluch des Geſetzes, ſamt
allen ſeinen ſuͤndigen Wercken, die er mit der alten Schlang, Ge-
ſetz und alten Adam gezeuget und ſchwere Schuld, geiſtlichen, zeit-
lichen, ewigen Tod gebohren Rom. 7, 5. Hat noch uͤber diß alles
druckende Eiſen an den Fuͤſſen; Eine Seel die von der Suͤnden-
Macht an allen Kraͤfften gefangen und wie im Schatten-Werck
angeſchmiedet.

Ehe ſie in dieſe Gefangenſchafft geſteckt ward, machte ihr noch die

Welt
a Eſai. V. 19. XLV. 9. LIX. 9-12.
b Eſai. LXIII. 10. Amos III. 3.
Z z z z z z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1197" n="1101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lab&#x017F;al in Tru&#x0364;b&#x017F;al.</hi></fw><lb/>
er ihnen nicht helffe <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">E&#x017F;ai. V. 19. XLV. 9. LIX.</hi> 9-12.</note>, &#x017F;ie heilige und &#x017F;ich an ihnen herrlich erzeige,<note place="right">Elendes<lb/>
i&#x017F;t nicht<lb/>
GOtt zu-<lb/>
zu&#x017F;chrei-<lb/>
ben.</note><lb/>
da &#x017F;ie doch &#x017F;einem Heiligen Gei&#x017F;t in allem wider&#x017F;prechen, will GOtt<lb/>
eins, &#x017F;o wollen &#x017F;ie ein anders, &#x017F;ie ko&#x0364;nnen &#x017F;ich nicht darzu noch darein<lb/>
&#x017F;chicken, das zu leiden, zu thun und zu la&#x017F;&#x017F;en, was GOtt von ihnen<lb/>
haben will <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">E&#x017F;ai. LXIII. 10. Amos III.</hi> 3.</note>, und das &#x017F;ehen &#x017F;ie wohl, ko&#x0364;nnen aber nicht draus kom-<lb/>
men, daß &#x017F;ie es ander&#x017F;t machten, daher &#x017F;ie &#x017F;ich zu zeiten &#x017F;elb&#x017F;t verflu-<lb/>
chen, gewinnen aber &#x017F;o viel darmit, als mit dem er&#x017F;ten, wie ein<lb/>
unba&#x0364;ndig wild Thier in &#x017F;einem Gefa&#x0364;ngniß &#x017F;trampfet und &#x017F;to&#x017F;&#x017F;et; O<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Drach! Eigenwill, Ungedult und <hi rendition="#aq">NB.</hi> &#x017F;cha&#x0364;ndliche Faulheit.</p><lb/>
          <p>Machts GOTT einem &#x017F;olchem nicht nach &#x017F;einem Kopf, &#x017F;o &#x017F;tellt<lb/>
man ihm den Stuhl vor die Thu&#x0364;r, und fehlt nicht viel, daß man<lb/>
nicht wieder in Egypten zoge; &#x017F;o gar ungeba&#x0364;rdig &#x017F;tellt man &#x017F;ich ein:<lb/>
Erlangt man dann etwan einen Sieg oder Erlo&#x0364;&#x017F;ung, &#x017F;o bringts den-<lb/>
noch nicht gro&#x017F;&#x017F;en Nutzen, theils weil GOTT in der Lobprei&#x017F;ung<lb/>
nicht pur lauter gemeint wird, und die ku&#x0364;nfftige Pru&#x0364;ffung alle em-<lb/>
pfangene Wohlthaten wieder verge&#x017F;&#x017F;en macht.</p><lb/>
          <p>Ja empfangt man &#x017F;chon Granat-Aepfel, Trauben und Feigen aus<lb/>
Canaan, etwelche &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Empfindungen und Vor-Ge&#x017F;chma&#x0364;ck vom<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;eeligen Gnaden-Stand, &#x017F;o hat man doch kein Muth &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
den tru&#x0364;ben Jordan, die enge Porten der neuen Geburt ins Land<lb/>
hinein zu wagen, wider die Su&#x0364;nd zu ka&#x0364;mpfen biß aufs Blut und die<lb/>
Enakiter, die natu&#x0364;rlichen Verderbnu&#x017F;&#x017F;en aus ihrem Ne&#x017F;t hinaus zu<lb/>
jagen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 6. Wie mags wohl einem zu Muth &#x017F;eyn, der die&#x017F;e bo&#x0364;&#x017F;e Sach<note place="right">Wie u&#x0364;bel<lb/>
es einer<lb/>
unter &#x017F;ol-<lb/>
cher La&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eufftzen-<lb/>
den Seele<lb/>
zu Muth<lb/>
&#x017F;eye.</note><lb/>
bey &#x017F;ich ver&#x017F;pu&#x0364;rt, ich meine, er habe La&#x017F;ts gnug am Hals; Er i&#x017F;t,<lb/>
als wie einer, der aus einer gra&#x0364;ßlichen Feuers-Brun&#x017F;t der gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Trang&#x017F;al und ku&#x0364;nfftigen Zorn entrinnen will, hat Weib und Kind<lb/>
auf dem Rucken, Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Ang&#x017F;t, den Fluch des Ge&#x017F;etzes, &#x017F;amt<lb/>
allen &#x017F;einen &#x017F;u&#x0364;ndigen Wercken, die er mit der alten Schlang, Ge-<lb/>
&#x017F;etz und alten Adam gezeuget und &#x017F;chwere Schuld, gei&#x017F;tlichen, zeit-<lb/>
lichen, ewigen Tod gebohren Rom. 7, 5. Hat noch u&#x0364;ber diß alles<lb/>
druckende Ei&#x017F;en an den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; Eine Seel die von der Su&#x0364;nden-<lb/>
Macht an allen Kra&#x0364;fften gefangen und wie im Schatten-Werck<lb/>
ange&#x017F;chmiedet.</p><lb/>
          <p>Ehe &#x017F;ie in die&#x017F;e Gefangen&#x017F;chafft ge&#x017F;teckt ward, machte ihr noch die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z z z z z z 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Welt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1101/1197] Labſal in Truͤbſal. er ihnen nicht helffe a, ſie heilige und ſich an ihnen herrlich erzeige, da ſie doch ſeinem Heiligen Geiſt in allem widerſprechen, will GOtt eins, ſo wollen ſie ein anders, ſie koͤnnen ſich nicht darzu noch darein ſchicken, das zu leiden, zu thun und zu laſſen, was GOtt von ihnen haben will b, und das ſehen ſie wohl, koͤnnen aber nicht draus kom- men, daß ſie es anderſt machten, daher ſie ſich zu zeiten ſelbſt verflu- chen, gewinnen aber ſo viel darmit, als mit dem erſten, wie ein unbaͤndig wild Thier in ſeinem Gefaͤngniß ſtrampfet und ſtoſſet; O groſſer Drach! Eigenwill, Ungedult und NB. ſchaͤndliche Faulheit. Elendes iſt nicht GOtt zu- zuſchrei- ben. Machts GOTT einem ſolchem nicht nach ſeinem Kopf, ſo ſtellt man ihm den Stuhl vor die Thuͤr, und fehlt nicht viel, daß man nicht wieder in Egypten zoge; ſo gar ungebaͤrdig ſtellt man ſich ein: Erlangt man dann etwan einen Sieg oder Erloͤſung, ſo bringts den- noch nicht groſſen Nutzen, theils weil GOTT in der Lobpreiſung nicht pur lauter gemeint wird, und die kuͤnfftige Pruͤffung alle em- pfangene Wohlthaten wieder vergeſſen macht. Ja empfangt man ſchon Granat-Aepfel, Trauben und Feigen aus Canaan, etwelche ſuͤſſe Empfindungen und Vor-Geſchmaͤck vom gluͤckſeeligen Gnaden-Stand, ſo hat man doch kein Muth ſich uͤber den truͤben Jordan, die enge Porten der neuen Geburt ins Land hinein zu wagen, wider die Suͤnd zu kaͤmpfen biß aufs Blut und die Enakiter, die natuͤrlichen Verderbnuſſen aus ihrem Neſt hinaus zu jagen. §. 6. Wie mags wohl einem zu Muth ſeyn, der dieſe boͤſe Sach bey ſich verſpuͤrt, ich meine, er habe Laſts gnug am Hals; Er iſt, als wie einer, der aus einer graͤßlichen Feuers-Brunſt der groſſen Trangſal und kuͤnfftigen Zorn entrinnen will, hat Weib und Kind auf dem Rucken, Gewiſſens-Angſt, den Fluch des Geſetzes, ſamt allen ſeinen ſuͤndigen Wercken, die er mit der alten Schlang, Ge- ſetz und alten Adam gezeuget und ſchwere Schuld, geiſtlichen, zeit- lichen, ewigen Tod gebohren Rom. 7, 5. Hat noch uͤber diß alles druckende Eiſen an den Fuͤſſen; Eine Seel die von der Suͤnden- Macht an allen Kraͤfften gefangen und wie im Schatten-Werck angeſchmiedet. Wie uͤbel es einer unter ſol- cher Laſt ſeufftzen- den Seele zu Muth ſeye. Ehe ſie in dieſe Gefangenſchafft geſteckt ward, machte ihr noch die Welt a Eſai. V. 19. XLV. 9. LIX. 9-12. b Eſai. LXIII. 10. Amos III. 3. Z z z z z z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1197
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1197>, abgerufen am 22.11.2024.