Ungewitter habe entziehen dörffen weder Blitz, noch Hagel, noch Donner weichen; wie er habe müssen an seiner Stätte bleiben und allen Willen des Himmels gelassenlich aushalten, immittelst den Le- bens-Safft aus seinem guten Grund ohne Unterlaß zur Fruchtbar- keit in sich ziehen, damit er nicht verdorre: Aber also ist der Zeit- Gläubige nicht, er begehrt Christum JEsum nur zu dem Gebrauch, daß er mit GOtt versöhnt, von Tod und Höll befreyt, dermahlen eins das Paradiesische wohl empfahe; er hungert aber keines wegs nach Christo, daß er mit seinem Liebes-Glantz und Wärme sein Hertz gantz einnehme, mit dem Geist der Heiligung tauffe und sich mit seiner allerlautersten Weißheits-Quelle durch seine gantze See- le ausbreite, damit er von dieser Welt abgeschieden in der neuen Schöpffung heranwachse und der Sünd täglich tieffer loß werde; um die Heiligung bekümmert er sich wenig; oder wann ja der Zeit- Gläubige etwelche leichtsinnige Begierden darnach hat, so ists nicht durchgängig, er behält alleweil etwelche Verständniß mit etwa einer heimlichen Busen-Sünd, so wie ein böser gifftiger Wurm alle Frucht zernagt, mit Fäulniß an steckt und mit Verwesung verderbt: Hingegen ist der wahre Glaubige hungerig nach Christo ohne Auß- nahm und unzertheilt: Wahr ists, daß er zwar hoch erfreut ist, daß Christus seine Gerechtigkeit und Seeligkeit will, jubilieret aber in- zwischen, sonderlich und vor allem aus darüber, daß Christus ihme von GOtt zur Heiligung gemacht ist. Dieses aber ist nicht genug, daß man alle drey Haupt-Seeligkeiten in Christo mit einander be- gehre, sondern wie bereits eben jetzt angedeutet, muß man auch nach- sehen, was das vornehmste, dominante, herrschende Begierd im Hertzen sey, der Zeit-Gläubige schätzt die Vergebung der Sünden und künfftige Herrlichkeit höher als die neue Geburt, die sich übet im heiligen Fleiß GOTT zu gefallen; dagegen ist des wahren Gläubigen sein höchster Hertzens-Wunsch GOtt von gantzem Hertzen zu lieben und zu dienen, sich immer zu JEsu dem Gecreutzigten zu kehren, sei- ne Gnaden-volle Würckung nie zu verhinderen, alles vergängliche mit dem Rucken anzusehen, seinem höchsten Gut mit Hertz und Muth Lebenslang verbunden zu bleiben, dieses ist das, was seine Seele und Geist innigst erlabet in seinem ewigen Ursprung; dieses ist das gute Land, das feine und gute Hertz, so Frucht bringt in Ge- dult Luc, 8. 15.
§. 14. Mithin muß der Glauben auch seine Proben ablegen bey
gege-
U u u u u u 2
Lebens-Mahlzeit.
Ungewitter habe entziehen doͤrffen weder Blitz, noch Hagel, noch Donner weichen; wie er habe muͤſſen an ſeiner Staͤtte bleiben und allen Willen des Himmels gelaſſenlich aushalten, immittelſt den Le- bens-Safft aus ſeinem guten Grund ohne Unterlaß zur Fruchtbar- keit in ſich ziehen, damit er nicht verdorre: Aber alſo iſt der Zeit- Glaͤubige nicht, er begehrt Chriſtum JEſum nur zu dem Gebrauch, daß er mit GOtt verſoͤhnt, von Tod und Hoͤll befreyt, dermahlen eins das Paradieſiſche wohl empfahe; er hungert aber keines wegs nach Chriſto, daß er mit ſeinem Liebes-Glantz und Waͤrme ſein Hertz gantz einnehme, mit dem Geiſt der Heiligung tauffe und ſich mit ſeiner allerlauterſten Weißheits-Quelle durch ſeine gantze See- le ausbreite, damit er von dieſer Welt abgeſchieden in der neuen Schoͤpffung heranwachſe und der Suͤnd taͤglich tieffer loß werde; um die Heiligung bekuͤmmert er ſich wenig; oder wann ja der Zeit- Glaͤubige etwelche leichtſinnige Begierden darnach hat, ſo iſts nicht durchgaͤngig, er behaͤlt alleweil etwelche Verſtaͤndniß mit etwa einer heimlichen Buſen-Suͤnd, ſo wie ein boͤſer gifftiger Wurm alle Frucht zernagt, mit Faͤulniß an ſteckt und mit Verweſung verderbt: Hingegen iſt der wahre Glaubige hungerig nach Chriſto ohne Auß- nahm und unzertheilt: Wahr iſts, daß er zwar hoch erfreut iſt, daß Chriſtus ſeine Gerechtigkeit und Seeligkeit will, jubilieret aber in- zwiſchen, ſonderlich und vor allem aus daruͤber, daß Chriſtus ihme von GOtt zur Heiligung gemacht iſt. Dieſes aber iſt nicht genug, daß man alle drey Haupt-Seeligkeiten in Chriſto mit einander be- gehre, ſondern wie bereits eben jetzt angedeutet, muß man auch nach- ſehen, was das vornehmſte, dominante, herrſchende Begierd im Hertzen ſey, der Zeit-Glaͤubige ſchaͤtzt die Vergebung der Suͤnden und kuͤnfftige Herrlichkeit hoͤher als die neue Geburt, die ſich uͤbet im heiligen Fleiß GOTT zu gefallen; dagegen iſt des wahren Glaͤubigen ſein hoͤchſter Hertzens-Wunſch GOtt von gantzem Hertzen zu lieben und zu dienen, ſich immer zu JEſu dem Gecreutzigten zu kehren, ſei- ne Gnaden-volle Wuͤrckung nie zu verhinderen, alles vergaͤngliche mit dem Rucken anzuſehen, ſeinem hoͤchſten Gut mit Hertz und Muth Lebenslang verbunden zu bleiben, dieſes iſt das, was ſeine Seele und Geiſt innigſt erlabet in ſeinem ewigen Urſprung; dieſes iſt das gute Land, das feine und gute Hertz, ſo Frucht bringt in Ge- dult Luc, 8. 15.
§. 14. Mithin muß der Glauben auch ſeine Proben ablegen bey
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Lebens-Mahlzeit.
Ungewitter habe entziehen doͤrffen weder Blitz, noch Hagel, noch
Donner weichen; wie er habe muͤſſen an ſeiner Staͤtte bleiben und
allen Willen des Himmels gelaſſenlich aushalten, immittelſt den Le-
bens-Safft aus ſeinem guten Grund ohne Unterlaß zur Fruchtbar-
keit in ſich ziehen, damit er nicht verdorre: Aber alſo iſt der Zeit-
Glaͤubige nicht, er begehrt Chriſtum JEſum nur zu dem Gebrauch,
daß er mit GOtt verſoͤhnt, von Tod und Hoͤll befreyt, dermahlen
eins das Paradieſiſche wohl empfahe; er hungert aber keines wegs
nach Chriſto, daß er mit ſeinem Liebes-Glantz und Waͤrme ſein
Hertz gantz einnehme, mit dem Geiſt der Heiligung tauffe und ſich
mit ſeiner allerlauterſten Weißheits-Quelle durch ſeine gantze See-
le ausbreite, damit er von dieſer Welt abgeſchieden in der neuen
Schoͤpffung heranwachſe und der Suͤnd taͤglich tieffer loß werde;
um die Heiligung bekuͤmmert er ſich wenig; oder wann ja der Zeit-
Glaͤubige etwelche leichtſinnige Begierden darnach hat, ſo iſts nicht
durchgaͤngig, er behaͤlt alleweil etwelche Verſtaͤndniß mit etwa einer
heimlichen Buſen-Suͤnd, ſo wie ein boͤſer gifftiger Wurm alle
Frucht zernagt, mit Faͤulniß an ſteckt und mit Verweſung verderbt:
Hingegen iſt der wahre Glaubige hungerig nach Chriſto ohne Auß-
nahm und unzertheilt: Wahr iſts, daß er zwar hoch erfreut iſt, daß
Chriſtus ſeine Gerechtigkeit und Seeligkeit will, jubilieret aber in-
zwiſchen, ſonderlich und vor allem aus daruͤber, daß Chriſtus ihme
von GOtt zur Heiligung gemacht iſt. Dieſes aber iſt nicht genug,
daß man alle drey Haupt-Seeligkeiten in Chriſto mit einander be-
gehre, ſondern wie bereits eben jetzt angedeutet, muß man auch nach-
ſehen, was das vornehmſte, dominante, herrſchende Begierd im
Hertzen ſey, der Zeit-Glaͤubige ſchaͤtzt die Vergebung der Suͤnden
und kuͤnfftige Herrlichkeit hoͤher als die neue Geburt, die ſich uͤbet im
heiligen Fleiß GOTT zu gefallen; dagegen iſt des wahren Glaͤubigen
ſein hoͤchſter Hertzens-Wunſch GOtt von gantzem Hertzen zu lieben
und zu dienen, ſich immer zu JEſu dem Gecreutzigten zu kehren, ſei-
ne Gnaden-volle Wuͤrckung nie zu verhinderen, alles vergaͤngliche
mit dem Rucken anzuſehen, ſeinem hoͤchſten Gut mit Hertz und
Muth Lebenslang verbunden zu bleiben, dieſes iſt das, was ſeine
Seele und Geiſt innigſt erlabet in ſeinem ewigen Urſprung; dieſes iſt
das gute Land, das feine und gute Hertz, ſo Frucht bringt in Ge-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1075. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1171>, abgerufen am 22.11.2024.
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