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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Wunder-Geheimnuß des
Güter ver-
schaffen
und dann
Welt-Getümmel darunter er fast gar verschmachtet, und alle Krafft
verzehret, befreyet seyn. Aber, da kommt der tausend-Künstler
Satanas, und streuet hand kehr um etwas anders ins Gemüht,
stellet viel Affaires und Geschäffte vor, zeiget was für Vortheil und
Avantages man aus denselben zu geniessen habe; modelt dieselbe als
gar wichtige und nöthige Sachen, bey deren Verabsaumung uns
ein grosser Schaden und Nachtheil erwachsen könne; Mithin gibt
er stäts so viel Nahrung von Lust, Geld und Ehrsucht daß das Hertz
niemahl nüchtern oder seines Elendes gewahr wird. Er hält es in
stäter Ersoffenheit in weltlichen Dingen und srechen leichtsinnigen
Gedancken auch in der gantz thörichten Einbildung: Es fehle nur an
der Quantität oder Menge, nicht aber an der Qualität oder Natur
der Gütern, daß sie mit solchem Mißvergnügen immer aufs neue ge-
plaget werden, daher seynd nur stäts aufs Vermehren erpicht und
begierig.

das ver-
meinte
Elend, das
sich der
Mensch
zuziehet,
zu zernich-
tigen su-
chet.

§. 11. Beyneben mahlet er dem Menschen vor, wann er so solte
fortfahren, würde das gute Fleisch in grossen Drang und Zwang
kommen, es möchte eine schwehre Kranckheit daraus entspringen, an
deren sein so schöner Leib lang würde zu däuen haben; was er doch
allein so sich martern wolle, es seyen ja so viel ehrliche Leute, die auch
in Himmel wollen, welche eben nicht so leben, wie er leben wolle,
man müsse sich in die Zeiten schicken, in denen wir heute leben, die
lassens nicht zu; Es seye eine Vermessenheit, daß man sich einbilde,
man wolle noch auf Erden zu JESU kommen. Er seye gar zu weit
von uns, dieser Himmel sey in die andere Welt aufgesparret, ein
Privilegium und Vorrecht für die Heiligen, als Enoch, Jacob,
Mosen, Eliam, für die heiligen Apostel und erste Christen; Jm
übrigen kanst du dich schon bekehren, wann du etwann eine gelegene-
re Zeit hast.

Beweget
also den
Menschen
zum Auff-
schub der
Buß.

§. 12. Und so glaubet dann der arme Mensch dieser Teuffels-
Stimme, gehorchet dieser Schlangen, und sparet seine Buß im-
mer. Jm Sommer, da ihn gar viel Geschäffte überfallen, verschie-
bet er sie auf den Winter, da habe er nicht so viel zu thun, dann
werde es sich besser schicken, daß er könne Buß thun. Kommet der
Winter, ach! da will es sich aber nicht schicken, es fallen wiederum
allerhand ohnauffschübliche nöthige Geschäffte vor. Da verschiebet
er es auf den Frühling, alsdann wolle man sich erst ein rechter Ernst

seyn

Wunder-Geheimnuß des
Guͤter veꝛ-
ſchaffen
und dann
Welt-Getuͤmmel darunter er faſt gar verſchmachtet, und alle Krafft
verzehret, befreyet ſeyn. Aber, da kommt der tauſend-Kuͤnſtler
Satanas, und ſtreuet hand kehr um etwas anders ins Gemuͤht,
ſtellet viel Affaires und Geſchaͤffte vor, zeiget was fuͤr Vortheil und
Avantages man aus denſelben zu genieſſen habe; modelt dieſelbe als
gar wichtige und noͤthige Sachen, bey deren Verabſaumung uns
ein groſſer Schaden und Nachtheil erwachſen koͤnne; Mithin gibt
er ſtaͤts ſo viel Nahrung von Luſt, Geld und Ehrſucht daß das Hertz
niemahl nuͤchtern oder ſeines Elendes gewahr wird. Er haͤlt es in
ſtaͤter Erſoffenheit in weltlichen Dingen und ſrechen leichtſinnigen
Gedancken auch in der gantz thoͤrichten Einbildung: Es fehle nur an
der Quantitaͤt oder Menge, nicht aber an der Qualitaͤt oder Natur
der Guͤtern, daß ſie mit ſolchem Mißvergnuͤgen immer aufs neue ge-
plaget werden, daher ſeynd nur ſtaͤts aufs Vermehren erpicht und
begierig.

das ver-
meinte
Elend, das
ſich der
Menſch
zuziehet,
zu zernich-
tigen ſu-
chet.

§. 11. Beyneben mahlet er dem Menſchen vor, wann er ſo ſolte
fortfahren, wuͤrde das gute Fleiſch in groſſen Drang und Zwang
kommen, es moͤchte eine ſchwehre Kranckheit daraus entſpringen, an
deren ſein ſo ſchoͤner Leib lang wuͤrde zu daͤuen haben; was er doch
allein ſo ſich martern wolle, es ſeyen ja ſo viel ehrliche Leute, die auch
in Himmel wollen, welche eben nicht ſo leben, wie er leben wolle,
man muͤſſe ſich in die Zeiten ſchicken, in denen wir heute leben, die
laſſens nicht zu; Es ſeye eine Vermeſſenheit, daß man ſich einbilde,
man wolle noch auf Erden zu JESU kommen. Er ſeye gar zu weit
von uns, dieſer Himmel ſey in die andere Welt aufgeſparret, ein
Privilegium und Vorrecht fuͤr die Heiligen, als Enoch, Jacob,
Moſen, Eliam, fuͤr die heiligen Apoſtel und erſte Chriſten; Jm
uͤbrigen kanſt du dich ſchon bekehren, wann du etwann eine gelegene-
re Zeit haſt.

Beweget
alſo den
Menſchen
zum Auff-
ſchub der
Buß.

§. 12. Und ſo glaubet dann der arme Menſch dieſer Teuffels-
Stimme, gehorchet dieſer Schlangen, und ſparet ſeine Buß im-
mer. Jm Sommer, da ihn gar viel Geſchaͤffte uͤberfallen, verſchie-
bet er ſie auf den Winter, da habe er nicht ſo viel zu thun, dann
werde es ſich beſſer ſchicken, daß er koͤnne Buß thun. Kommet der
Winter, ach! da will es ſich aber nicht ſchicken, es fallen wiederum
allerhand ohnauffſchuͤbliche noͤthige Geſchaͤffte vor. Da verſchiebet
er es auf den Fruͤhling, alsdann wolle man ſich erſt ein rechter Ernſt

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[12/0108] Wunder-Geheimnuß des Welt-Getuͤmmel darunter er faſt gar verſchmachtet, und alle Krafft verzehret, befreyet ſeyn. Aber, da kommt der tauſend-Kuͤnſtler Satanas, und ſtreuet hand kehr um etwas anders ins Gemuͤht, ſtellet viel Affaires und Geſchaͤffte vor, zeiget was fuͤr Vortheil und Avantages man aus denſelben zu genieſſen habe; modelt dieſelbe als gar wichtige und noͤthige Sachen, bey deren Verabſaumung uns ein groſſer Schaden und Nachtheil erwachſen koͤnne; Mithin gibt er ſtaͤts ſo viel Nahrung von Luſt, Geld und Ehrſucht daß das Hertz niemahl nuͤchtern oder ſeines Elendes gewahr wird. Er haͤlt es in ſtaͤter Erſoffenheit in weltlichen Dingen und ſrechen leichtſinnigen Gedancken auch in der gantz thoͤrichten Einbildung: Es fehle nur an der Quantitaͤt oder Menge, nicht aber an der Qualitaͤt oder Natur der Guͤtern, daß ſie mit ſolchem Mißvergnuͤgen immer aufs neue ge- plaget werden, daher ſeynd nur ſtaͤts aufs Vermehren erpicht und begierig. Guͤter veꝛ- ſchaffen und dann §. 11. Beyneben mahlet er dem Menſchen vor, wann er ſo ſolte fortfahren, wuͤrde das gute Fleiſch in groſſen Drang und Zwang kommen, es moͤchte eine ſchwehre Kranckheit daraus entſpringen, an deren ſein ſo ſchoͤner Leib lang wuͤrde zu daͤuen haben; was er doch allein ſo ſich martern wolle, es ſeyen ja ſo viel ehrliche Leute, die auch in Himmel wollen, welche eben nicht ſo leben, wie er leben wolle, man muͤſſe ſich in die Zeiten ſchicken, in denen wir heute leben, die laſſens nicht zu; Es ſeye eine Vermeſſenheit, daß man ſich einbilde, man wolle noch auf Erden zu JESU kommen. Er ſeye gar zu weit von uns, dieſer Himmel ſey in die andere Welt aufgeſparret, ein Privilegium und Vorrecht fuͤr die Heiligen, als Enoch, Jacob, Moſen, Eliam, fuͤr die heiligen Apoſtel und erſte Chriſten; Jm uͤbrigen kanſt du dich ſchon bekehren, wann du etwann eine gelegene- re Zeit haſt. §. 12. Und ſo glaubet dann der arme Menſch dieſer Teuffels- Stimme, gehorchet dieſer Schlangen, und ſparet ſeine Buß im- mer. Jm Sommer, da ihn gar viel Geſchaͤffte uͤberfallen, verſchie- bet er ſie auf den Winter, da habe er nicht ſo viel zu thun, dann werde es ſich beſſer ſchicken, daß er koͤnne Buß thun. Kommet der Winter, ach! da will es ſich aber nicht ſchicken, es fallen wiederum allerhand ohnauffſchuͤbliche noͤthige Geſchaͤffte vor. Da verſchiebet er es auf den Fruͤhling, alsdann wolle man ſich erſt ein rechter Ernſt ſeyn

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/108>, abgerufen am 22.11.2024.