hören und sehen, und uns die scharpffe Zeugnüsse wie Blitzen erschre- cken, so ist doch der Schrecken bald vergangen, also daß wir des flüchtigen Ernsts schier gar vergessen, biß uns also jucks-weise wie- derum eine Hitze ankommt; Ach des unglaublichen Elends! so weit sind wir von dieser Herrlichkeit GOttes entfernet, daß an statt wir selbst sollten in der Salbung und Krafft Sterne seyn, daß wir de- nen von JEsu uns aus Gnaden aufgesteckten Sternen nicht einmahl folgen.
Jn Anse- hung ihres wenigen Geprän- ges.
§. 17. Wir scheinen groß, machen ein groß Geschrey, haben viel Lob und Ruhm unter den Leuten, sind aber klein von Gnaden, Treu, Tugenden, Liecht und Krafft, ja wo nicht vollends ein Greuel vor GOtt, mehr und ärger als die alte Pharisäer: Jnzwischen machen die göttliche Sternen wenig Geprängs vor den Leuten, sie sind ein ver- achtet Liechtlein in den Augen der Stoltzen, eben wie ihr Haupt die Sonne JESUS, wie ein Wurm jedermann unter den Füssen sich krümmete: GOtt aber sind sie auch wie JESUS hoch-theur und sehr köstlich, hieniden ein Kehrwisch der Welt, welche man nirgend dulden will, allein GOtt hebet sie mit seinen eigenen Händen auf, legt sie hin auf seinen Thron und behaltet sie in seiner Schooß auf. Uber das sind sie klein und gering, in ihren eigenen Augen häßliche Schein-Würme, faules Scheinholtz, nichts währt als zu verbrennen, in der That aber sind sie sehr groß, voll Gnad, Erfahrung, Sal- bung, voll Schätzen, Krafft und Seligkeit GOttes: Bedencke es nun lieber Leser, und siehe den jetzigen Kirchen-Himmel an, hast du eine Christliche Ader in dir, so wirst du wehemüthig müssen schreyen, o GOtt wo bleibt deine Verheissung? O Abraham was macht dein Glaub? Jst er dann entschlaffen? daß wir keine oder gar zu wenig solche Sternen mehr sehen, wie in vorigen Zeiten, da die Apostel und Märtyrer noch lebeten.
Jn Anse- hung ihrer unter- schiedli- chen Grösse.
§. 18. Zwar gestehe ich frey, daß nicht alle Sterne von der ersten Grösse seyn können, und daß ein Stern den andern an Klarheit, Ho- heit, Grösse, Schönheit und Krafft übertrifft, aber dennoch ist auch das kleinste Fix-Sternlein vest in Christi Hand, wird von seiner züchtigenden Gnad, Weißheit und Güte im gantzen Lebens-Lauff fortgeleitet, auch hats eben die Natur, Eigenschafft, Liecht und Feur, wo die Sonne JESUS, wiewohl in weit geringerem Maaß, suchet indessen jemand mit dem schärpffsten Fern-Glaß, oder
Guck-
Der verheiſſene
hoͤren und ſehen, und uns die ſcharpffe Zeugnuͤſſe wie Blitzen erſchre- cken, ſo iſt doch der Schrecken bald vergangen, alſo daß wir des fluͤchtigen Ernſts ſchier gar vergeſſen, biß uns alſo jucks-weiſe wie- derum eine Hitze ankommt; Ach des unglaublichen Elends! ſo weit ſind wir von dieſer Herrlichkeit GOttes entfernet, daß an ſtatt wir ſelbſt ſollten in der Salbung und Krafft Sterne ſeyn, daß wir de- nen von JEſu uns aus Gnaden aufgeſteckten Sternen nicht einmahl folgen.
Jn Anſe- hung ihꝛes wenigen Gepraͤn- ges.
§. 17. Wir ſcheinen groß, machen ein groß Geſchrey, haben viel Lob und Ruhm unter den Leuten, ſind aber klein von Gnaden, Treu, Tugenden, Liecht und Krafft, ja wo nicht vollends ein Greuel vor GOtt, mehr und aͤrger als die alte Phariſaͤer: Jnzwiſchen machen die goͤttliche Sternen wenig Gepraͤngs vor den Leuten, ſie ſind ein ver- achtet Liechtlein in den Augen der Stoltzen, eben wie ihr Haupt die Sonne JESUS, wie ein Wurm jedermann unter den Fuͤſſen ſich kruͤmmete: GOtt aber ſind ſie auch wie JESUS hoch-theur und ſehr koͤſtlich, hieniden ein Kehrwiſch der Welt, welche man nirgend dulden will, allein GOtt hebet ſie mit ſeinen eigenen Haͤnden auf, legt ſie hin auf ſeinen Thron und behaltet ſie in ſeiner Schooß auf. Uber das ſind ſie klein und gering, in ihren eigenen Augen haͤßliche Schein-Wuͤrme, faules Scheinholtz, nichts waͤhrt als zu verbrennen, in der That aber ſind ſie ſehr groß, voll Gnad, Erfahrung, Sal- bung, voll Schaͤtzen, Krafft und Seligkeit GOttes: Bedencke es nun lieber Leſer, und ſiehe den jetzigen Kirchen-Himmel an, haſt du eine Chriſtliche Ader in dir, ſo wirſt du wehemuͤthig muͤſſen ſchreyen, o GOtt wo bleibt deine Verheiſſung? O Abraham was macht dein Glaub? Jſt er dann entſchlaffen? daß wir keine oder gar zu wenig ſolche Sternen mehr ſehen, wie in vorigen Zeiten, da die Apoſtel und Maͤrtyrer noch lebeten.
Jn Anſe- hung ihrer unter- ſchiedli- chen Groͤſſe.
§. 18. Zwar geſtehe ich frey, daß nicht alle Sterne von der erſten Groͤſſe ſeyn koͤnnen, und daß ein Stern den andern an Klarheit, Ho- heit, Groͤſſe, Schoͤnheit und Krafft uͤbertrifft, aber dennoch iſt auch das kleinſte Fix-Sternlein veſt in Chriſti Hand, wird von ſeiner zuͤchtigenden Gnad, Weißheit und Guͤte im gantzen Lebens-Lauff fortgeleitet, auch hats eben die Natur, Eigenſchafft, Liecht und Feur, wo die Sonne JESUS, wiewohl in weit geringerem Maaß, ſuchet indeſſen jemand mit dem ſchaͤrpffſten Fern-Glaß, oder
Guck-
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Der verheiſſene
hoͤren und ſehen, und uns die ſcharpffe Zeugnuͤſſe wie Blitzen erſchre-
cken, ſo iſt doch der Schrecken bald vergangen, alſo daß wir des
fluͤchtigen Ernſts ſchier gar vergeſſen, biß uns alſo jucks-weiſe wie-
derum eine Hitze ankommt; Ach des unglaublichen Elends! ſo weit
ſind wir von dieſer Herrlichkeit GOttes entfernet, daß an ſtatt wir
ſelbſt ſollten in der Salbung und Krafft Sterne ſeyn, daß wir de-
nen von JEſu uns aus Gnaden aufgeſteckten Sternen nicht einmahl
folgen.
§. 17. Wir ſcheinen groß, machen ein groß Geſchrey, haben viel
Lob und Ruhm unter den Leuten, ſind aber klein von Gnaden, Treu,
Tugenden, Liecht und Krafft, ja wo nicht vollends ein Greuel vor
GOtt, mehr und aͤrger als die alte Phariſaͤer: Jnzwiſchen machen
die goͤttliche Sternen wenig Gepraͤngs vor den Leuten, ſie ſind ein ver-
achtet Liechtlein in den Augen der Stoltzen, eben wie ihr Haupt die
Sonne JESUS, wie ein Wurm jedermann unter den Fuͤſſen ſich
kruͤmmete: GOtt aber ſind ſie auch wie JESUS hoch-theur und
ſehr koͤſtlich, hieniden ein Kehrwiſch der Welt, welche man nirgend
dulden will, allein GOtt hebet ſie mit ſeinen eigenen Haͤnden auf,
legt ſie hin auf ſeinen Thron und behaltet ſie in ſeiner Schooß auf.
Uber das ſind ſie klein und gering, in ihren eigenen Augen haͤßliche
Schein-Wuͤrme, faules Scheinholtz, nichts waͤhrt als zu verbrennen,
in der That aber ſind ſie ſehr groß, voll Gnad, Erfahrung, Sal-
bung, voll Schaͤtzen, Krafft und Seligkeit GOttes: Bedencke es
nun lieber Leſer, und ſiehe den jetzigen Kirchen-Himmel an, haſt du
eine Chriſtliche Ader in dir, ſo wirſt du wehemuͤthig muͤſſen ſchreyen,
o GOtt wo bleibt deine Verheiſſung? O Abraham was macht dein
Glaub? Jſt er dann entſchlaffen? daß wir keine oder gar zu wenig
ſolche Sternen mehr ſehen, wie in vorigen Zeiten, da die Apoſtel und
Maͤrtyrer noch lebeten.
§. 18. Zwar geſtehe ich frey, daß nicht alle Sterne von der erſten
Groͤſſe ſeyn koͤnnen, und daß ein Stern den andern an Klarheit, Ho-
heit, Groͤſſe, Schoͤnheit und Krafft uͤbertrifft, aber dennoch iſt
auch das kleinſte Fix-Sternlein veſt in Chriſti Hand, wird von ſeiner
zuͤchtigenden Gnad, Weißheit und Guͤte im gantzen Lebens-Lauff
fortgeleitet, auch hats eben die Natur, Eigenſchafft, Liecht und
Feur, wo die Sonne JESUS, wiewohl in weit geringerem
Maaß, ſuchet indeſſen jemand mit dem ſchaͤrpffſten Fern-Glaß, oder
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 944. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1040>, abgerufen am 22.11.2024.
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