§. 4. Hier erwartete Abraham fernere Ordre von GOtt und em-Das An- schauen des Him- mels rei- tzet zur Heiligkeit, pfienge Befelch gen Himmel aufzusehen; das Anschauen des Him- mels reitzet sehr zur Heiligkeit und zur lautern, ungefälschten Liebe, zu dem einfachen Sinn gegen Christo; gleich wie am Himmel alles ei- nerley Farbe ist, nemlich blau wegen der unausdencklichen Höhe, die mit keinen Menschen-Gedancken erreichet werden mag; diese blaue Farb zeiget etwas tieff Verborgenes an in dem reinen Wesen der ho- hen Ewigkeit, davon wir hienieden mit dem subtilsten Sinn des Ge- sichts kaum das äusserste und schlechteste obenhin berühren: Also sahen die Aeltesten Jsraels unter GOttes Füssen, daß es aussahe wie ein Sapphir, wie der Himmel wanns klar ist.
§. 5. Bevorab erreget seine unermessene, weite Ausdehnung dasund über- zeuget uns von GOt- tes All- macht Weißheit und All- genugsam- keit. Ansinnen an die unbeschranckte Allmacht, unergründliche Weißheit und in alle Ewigkeiten unerschöpffliche Allgenugsamkeit GOttes; wie groß, gedencket diese Seele, muß der HErr seyn, der dieses gemacht hat: Die ersten Christen sahen offt gen Himmel; es ist ein heimlich Gefühl im Menschen, daß er hieunten seye im frembden Land unter tausenderley Gefahren, allda zwar die Natur nimmermehr weg ge- dächte, so lange sie auf Erden etwas zu geniessen und zu gewarten hat, wann sie nur von erst hier alles aufbrauchen könnte; alsdann wurde sie sich wiewohl ungern etwann bequemen in ein ander Leben. Der Geist aber fühlet heimlich, daß sein Heimat in GOtt ist, und daß er noch sehr ungerüst heimzukehren ins Vatterland: Dannenher kommts den Menschen unterweilen vast natürlich an, daß er seine Au- gen gen Himmel aufhebt und tieff erseufftzet, ob er etwann gnugsame Weißheit vom höchsten Wesen bekommen möchte, sich der kurtzen Gnaden-Zeit also wohl zu bedienen, damit er heut oder morgen ge- schickt seye in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen zu werden. Hieher schickt sich nicht unfein, was ein Dähnischer Mißionarius erzehlet: Als ich, schreibt er, die heidnischen Schulen besuchte, und im Catechisieren auf die Frage kam: wo es besser wäre, in der See- ligkeit, oder in der Hölle? so stieß einer von den grösseren Knaben erst den Schulmeister an, und fragte ihn heimlich: Wo ist die See- ligkeit, oben oder unten? als ihm nun mit oben ware geantwortet worden, so sagte er, in der Seeligkeit ists besser. Hätte ich in meiner Frag das Wort Himmel gebraucht, so wurde er keinen Zweifel gehabt haben. Man kan doch hiebey bemercken, daß sie das Dencke-Bild
der
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ewige Sternen-Sternen.
§. 4. Hier erwartete Abraham fernere Ordre von GOtt und em-Das An- ſchauen des Him- mels rei- tzet zur Heiligkeit, pfienge Befelch gen Himmel aufzuſehen; das Anſchauen des Him- mels reitzet ſehr zur Heiligkeit und zur lautern, ungefaͤlſchten Liebe, zu dem einfachen Sinn gegen Chriſto; gleich wie am Himmel alles ei- nerley Farbe iſt, nemlich blau wegen der unausdencklichen Hoͤhe, die mit keinen Menſchen-Gedancken erreichet werden mag; dieſe blaue Farb zeiget etwas tieff Verborgenes an in dem reinen Weſen der ho- hen Ewigkeit, davon wir hienieden mit dem ſubtilſten Sinn des Ge- ſichts kaum das aͤuſſerſte und ſchlechteſte obenhin beruͤhren: Alſo ſahen die Aelteſten Jſraels unter GOttes Fuͤſſen, daß es ausſahe wie ein Sapphir, wie der Himmel wanns klar iſt.
§. 5. Bevorab erreget ſeine unermeſſene, weite Ausdehnung dasund uͤber- zeuget uns von GOt- tes All- macht Weißheit und All- genugſam- keit. Anſinnen an die unbeſchranckte Allmacht, unergruͤndliche Weißheit und in alle Ewigkeiten unerſchoͤpffliche Allgenugſamkeit GOttes; wie groß, gedencket dieſe Seele, muß der HErr ſeyn, der dieſes gemacht hat: Die erſten Chriſten ſahen offt gen Himmel; es iſt ein heimlich Gefuͤhl im Menſchen, daß er hieunten ſeye im frembden Land unter tauſenderley Gefahren, allda zwar die Natur nimmermehr weg ge- daͤchte, ſo lange ſie auf Erden etwas zu genieſſen und zu gewarten hat, wann ſie nur von erſt hier alles aufbrauchen koͤnnte; alsdann wurde ſie ſich wiewohl ungern etwann bequemen in ein ander Leben. Der Geiſt aber fuͤhlet heimlich, daß ſein Heimat in GOtt iſt, und daß er noch ſehr ungeruͤſt heimzukehren ins Vatterland: Dannenher kommts den Menſchen unterweilen vaſt natuͤrlich an, daß er ſeine Au- gen gen Himmel aufhebt und tieff erſeufftzet, ob er etwann gnugſame Weißheit vom hoͤchſten Weſen bekommen moͤchte, ſich der kurtzen Gnaden-Zeit alſo wohl zu bedienen, damit er heut oder morgen ge- ſchickt ſeye in die himmliſche Herrlichkeit aufgenommen zu werden. Hieher ſchickt ſich nicht unfein, was ein Daͤhniſcher Mißionarius erzehlet: Als ich, ſchreibt er, die heidniſchen Schulen beſuchte, und im Catechiſieren auf die Frage kam: wo es beſſer waͤre, in der See- ligkeit, oder in der Hoͤlle? ſo ſtieß einer von den groͤſſeren Knaben erſt den Schulmeiſter an, und fragte ihn heimlich: Wo iſt die See- ligkeit, oben oder unten? als ihm nun mit oben ware geantwortet worden, ſo ſagte er, in der Seeligkeit iſts beſſer. Haͤtte ich in meiner Frag das Wort Himmel gebraucht, ſo wurde er keinen Zweifel gehabt haben. Man kan doch hiebey bemercken, daß ſie das Dencke-Bild
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ewige Sternen-Sternen.
§. 4. Hier erwartete Abraham fernere Ordre von GOtt und em-
pfienge Befelch gen Himmel aufzuſehen; das Anſchauen des Him-
mels reitzet ſehr zur Heiligkeit und zur lautern, ungefaͤlſchten Liebe,
zu dem einfachen Sinn gegen Chriſto; gleich wie am Himmel alles ei-
nerley Farbe iſt, nemlich blau wegen der unausdencklichen Hoͤhe, die
mit keinen Menſchen-Gedancken erreichet werden mag; dieſe blaue
Farb zeiget etwas tieff Verborgenes an in dem reinen Weſen der ho-
hen Ewigkeit, davon wir hienieden mit dem ſubtilſten Sinn des Ge-
ſichts kaum das aͤuſſerſte und ſchlechteſte obenhin beruͤhren: Alſo ſahen
die Aelteſten Jſraels unter GOttes Fuͤſſen, daß es ausſahe wie ein
Sapphir, wie der Himmel wanns klar iſt.
Das An-
ſchauen
des Him-
mels rei-
tzet zur
Heiligkeit,
§. 5. Bevorab erreget ſeine unermeſſene, weite Ausdehnung das
Anſinnen an die unbeſchranckte Allmacht, unergruͤndliche Weißheit
und in alle Ewigkeiten unerſchoͤpffliche Allgenugſamkeit GOttes; wie
groß, gedencket dieſe Seele, muß der HErr ſeyn, der dieſes gemacht
hat: Die erſten Chriſten ſahen offt gen Himmel; es iſt ein heimlich
Gefuͤhl im Menſchen, daß er hieunten ſeye im frembden Land unter
tauſenderley Gefahren, allda zwar die Natur nimmermehr weg ge-
daͤchte, ſo lange ſie auf Erden etwas zu genieſſen und zu gewarten
hat, wann ſie nur von erſt hier alles aufbrauchen koͤnnte; alsdann
wurde ſie ſich wiewohl ungern etwann bequemen in ein ander Leben.
Der Geiſt aber fuͤhlet heimlich, daß ſein Heimat in GOtt iſt, und
daß er noch ſehr ungeruͤſt heimzukehren ins Vatterland: Dannenher
kommts den Menſchen unterweilen vaſt natuͤrlich an, daß er ſeine Au-
gen gen Himmel aufhebt und tieff erſeufftzet, ob er etwann gnugſame
Weißheit vom hoͤchſten Weſen bekommen moͤchte, ſich der kurtzen
Gnaden-Zeit alſo wohl zu bedienen, damit er heut oder morgen ge-
ſchickt ſeye in die himmliſche Herrlichkeit aufgenommen zu werden.
Hieher ſchickt ſich nicht unfein, was ein Daͤhniſcher Mißionarius
erzehlet: Als ich, ſchreibt er, die heidniſchen Schulen beſuchte, und
im Catechiſieren auf die Frage kam: wo es beſſer waͤre, in der See-
ligkeit, oder in der Hoͤlle? ſo ſtieß einer von den groͤſſeren Knaben
erſt den Schulmeiſter an, und fragte ihn heimlich: Wo iſt die See-
ligkeit, oben oder unten? als ihm nun mit oben ware geantwortet
worden, ſo ſagte er, in der Seeligkeit iſts beſſer. Haͤtte ich in meiner
Frag das Wort Himmel gebraucht, ſo wurde er keinen Zweifel gehabt
haben. Man kan doch hiebey bemercken, daß ſie das Dencke-Bild
der
und uͤber-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 925. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1021>, abgerufen am 22.11.2024.
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