täglich ein gut Stück Wegs zuruck nach Canaan, und laß es bey Leib und Seel nicht auf ein Sprung ankommen, dann das ist vielen Millionen mißlungen, wel- che gestürtzt im höllischen Abgrund zapplen; Treibe die Seele sanfftmühtiglich zu JEsu, daß sie sich unablässig weyde daselbst auf der Aue seiner süssen, fruchtbaren, ewig- grünenden Liebe.
§. 6.
Menschen sind ärger gegen GOtt als das thumme Vieh gegen seinem Meister, weilen der Schöpffer das Vieh gemacht, der Mensch aber sich vom Teuffel hat lassen verderben, da- har gehet das Vieh dem nach, was ihm heil- sam ist, der Sünder hingegen, der nicht in seiner Ordnung geblieben, hasset das Gute und lüstert nach Bösem, fliehet sein Heyl, und lauffet nach seinem Untergang.
SO bald der Schnee auf denen Gebürgen vergangen, so fühlet das Vieh einen ein- gepflantzten Natur-Trieb, sich ungesaumt dahin zu verfügen, nicht nur um das kostbare edle Graß abzufressen, sondern in der Sommer-Hitz deß kühlen Berg-Luffts in der Höhe zu geniessen, und zwar nachdem es sich ein bißgen in den Früh- lings-Weyden am grünen Graß ergötzt, daran es wiederum ein Freude hat nach lang außge- standenem und überstrittenem Winter in denen Ställen; dahin es sich doch bey herannahendem Winter lustig wieder hinein begibt, das gedor- rete Heu zu fressen, nachdem es zu guter Letzte
für
B 3
Das Schweitzeriſche Canaan.
taͤglich ein gut Stuͤck Wegs zuruck nach Canaan, und laß es bey Leib und Seel nicht auf ein Sprung ankommen, dann das iſt vielen Millionen mißlungen, wel- che geſtuͤrtzt im hoͤlliſchen Abgrund zapplen; Treibe die Seele ſanfftmuͤhtiglich zu JEſu, daß ſie ſich unablaͤſſig weyde daſelbſt auf der Aue ſeiner ſuͤſſen, fruchtbaren, ewig- gruͤnenden Liebe.
§. 6.
Menſchen ſind aͤrger gegen GOtt als das thumme Vieh gegen ſeinem Meiſter, weilen der Schoͤpffer das Vieh gemacht, der Menſch aber ſich vom Teuffel hat laſſen verderben, da- har gehet das Vieh dem nach, was ihm heil- ſam iſt, der Suͤnder hingegen, der nicht in ſeiner Ordnung geblieben, haſſet das Gute und luͤſtert nach Boͤſem, fliehet ſein Heyl, und lauffet nach ſeinem Untergang.
SO bald der Schnee auf denen Gebuͤrgen vergangen, ſo fuͤhlet das Vieh einen ein- gepflantzten Natur-Trieb, ſich ungeſaumt dahin zu verfuͤgen, nicht nur um das koſtbare edle Graß abzufreſſen, ſondern in der Sommer-Hitz deß kuͤhlen Berg-Luffts in der Hoͤhe zu genieſſen, und zwar nachdem es ſich ein bißgen in den Fruͤh- lings-Weyden am gruͤnen Graß ergoͤtzt, daran es wiederum ein Freude hat nach lang außge- ſtandenem und uͤberſtrittenem Winter in denen Staͤllen; dahin es ſich doch bey herannahendem Winter luſtig wieder hinein begibt, das gedor- rete Heu zu freſſen, nachdem es zu guter Letzte
fuͤr
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Das Schweitzeriſche Canaan.
taͤglich ein gut Stuͤck Wegs zuruck nach
Canaan, und laß es bey Leib und Seel
nicht auf ein Sprung ankommen, dann
das iſt vielen Millionen mißlungen, wel-
che geſtuͤrtzt im hoͤlliſchen Abgrund zapplen;
Treibe die Seele ſanfftmuͤhtiglich zu JEſu,
daß ſie ſich unablaͤſſig weyde daſelbſt auf
der Aue ſeiner ſuͤſſen, fruchtbaren, ewig-
gruͤnenden Liebe.
§. 6.
Menſchen ſind aͤrger gegen GOtt als das
thumme Vieh gegen ſeinem Meiſter, weilen
der Schoͤpffer das Vieh gemacht, der Menſch
aber ſich vom Teuffel hat laſſen verderben, da-
har gehet das Vieh dem nach, was ihm heil-
ſam iſt, der Suͤnder hingegen, der nicht in
ſeiner Ordnung geblieben, haſſet das Gute
und luͤſtert nach Boͤſem, fliehet ſein Heyl, und
lauffet nach ſeinem Untergang.
SO bald der Schnee auf denen Gebuͤrgen
vergangen, ſo fuͤhlet das Vieh einen ein-
gepflantzten Natur-Trieb, ſich ungeſaumt dahin
zu verfuͤgen, nicht nur um das koſtbare edle Graß
abzufreſſen, ſondern in der Sommer-Hitz deß
kuͤhlen Berg-Luffts in der Hoͤhe zu genieſſen,
und zwar nachdem es ſich ein bißgen in den Fruͤh-
lings-Weyden am gruͤnen Graß ergoͤtzt, daran
es wiederum ein Freude hat nach lang außge-
ſtandenem und uͤberſtrittenem Winter in denen
Staͤllen; dahin es ſich doch bey herannahendem
Winter luſtig wieder hinein begibt, das gedor-
rete Heu zu freſſen, nachdem es zu guter Letzte
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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/89>, abgerufen am 03.03.2025.
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