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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

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Vorrede.
Warnungen und Zusprüche meines GOttes end-
lich dahin gebracht, daß ich mich eines bessern be-
dacht, diene ich GOtt so gar schlecht, beleidige
Jhn immer wieder, kan das Sündigen nicht las-
sen bleiben, und was das schlimmeste ist an mir,
ist das, daß ich GOtt nicht ehre mit rechtschaffe-
nem Glauben und Trauen, mache ihn, so viel an
mir ist, O Greuel! Zum Lugner; Bin noch über
diß gar unärtig und liebloß bald gegen diß bald ge-
gen jenem; Summa, Summarum: Es ist fein
durchauß keine Tugend an mir. Antw. Umsonst.

Eins muß ich noch zum Lob deß höchsten GOttes Himmels
und der Erden erinnern/ daß meistens der Himmel selbs zur
Kirch geleutet/ dann es ware eben im Heuet; Wann nun eini-
che das abgemäyete und bey nahe dürre Graß einzuführen ge-
dachten/ so kamen alsdann die Wolcken und netzten es wiede-
rum/ daß sie es müßten ligen lassen/ zur Kirch gehen und
Predigt anhören. Erinnere abermalen/ daß wann meine
Predigten/ sonderbar diejenigen/ so an fremden Orten gehal-
ten worden/ genau solten zu Papier gebracht werden/ so
müßte ein überauß fertiger Excipient zugegen seyn/ wie der
sel. Hr. Strom/ ein junger/ eiffriger Prediger zu der Son-
nen-Wende gewesen/ allermassen meine meiste Sorg ist/ daß
mein Hertz/ ehe ich auf die Cantzel steige/ von GOttes Liebe
flamme/ und mein Geist von der Klarheit deß H. Geistes um-
geben werde/ da dann tausend Gedancken und Einfälle wie
ein Blitz sich entzünden/ und wiederum frischen Platz zu ma-
chen verschwinden; Also daß ich sie eben so wenig als den
Glantz deß Blitzes oder den Schein der Sonnen eigentlich be-
halten könnte; ja auch dasjenige/ was in der Meditation
über die vorhabende Matery vorgekommen/ bleibet gar su-
perficiellement
nur obenhin in der Gedächtnuß/ welches hier
zu meiner Eutschuldigung anzusühren nöhtig befunden/ wei-
len immer angeklagt werde/ meine geschriebene oder gedruckte
Predigten seyen anders als sie auf der Cantzel vorgetragen
worden.

Neben dem wird mirs ja niemand verargen/ daß ich alles
Jrrdische auf das Himmlische ziehe/ diß ist eine Gaabe/ die
ich elender Tropff nicht von mir selber habe/ sondern mein

GOtt

Vorrede.
Warnungen und Zuſpruͤche meines GOttes end-
lich dahin gebracht, daß ich mich eines beſſern be-
dacht, diene ich GOtt ſo gar ſchlecht, beleidige
Jhn immer wieder, kan das Suͤndigen nicht laſ-
ſen bleiben, und was das ſchlimmeſte iſt an mir,
iſt das, daß ich GOtt nicht ehre mit rechtſchaffe-
nem Glauben und Trauen, mache ihn, ſo viel an
mir iſt, O Greuel! Zum Lugner; Bin noch uͤber
diß gar unaͤrtig und liebloß bald gegen diß bald ge-
gen jenem; Summa, Summarum: Es iſt fein
durchauß keine Tugend an mir. Antw. Umſonſt.

Eins muß ich noch zum Lob deß hoͤchſten GOttes Himmels
und der Erden erinnern/ daß meiſtens der Himmel ſelbs zur
Kirch geleutet/ dann es ware eben im Heuet; Wann nun eini-
che das abgemaͤyete und bey nahe duͤrre Graß einzufuͤhren ge-
dachten/ ſo kamen alsdann die Wolcken und netzten es wiede-
rum/ daß ſie es muͤßten ligen laſſen/ zur Kirch gehen und
Predigt anhoͤren. Erinnere abermalen/ daß wann meine
Predigten/ ſonderbar diejenigen/ ſo an fremden Orten gehal-
ten worden/ genau ſolten zu Papier gebracht werden/ ſo
muͤßte ein uͤberauß fertiger Excipient zugegen ſeyn/ wie der
ſel. Hr. Strom/ ein junger/ eiffriger Prediger zu der Son-
nen-Wende geweſen/ allermaſſen meine meiſte Sorg iſt/ daß
mein Hertz/ ehe ich auf die Cantzel ſteige/ von GOttes Liebe
flamme/ und mein Geiſt von der Klarheit deß H. Geiſtes um-
geben werde/ da dann tauſend Gedancken und Einfaͤlle wie
ein Blitz ſich entzuͤnden/ und wiederum friſchen Platz zu ma-
chen verſchwinden; Alſo daß ich ſie eben ſo wenig als den
Glantz deß Blitzes oder den Schein der Sonnen eigentlich be-
halten koͤnnte; ja auch dasjenige/ was in der Meditation
uͤber die vorhabende Matery vorgekommen/ bleibet gar ſu-
perficiellement
nur obenhin in der Gedaͤchtnuß/ welches hier
zu meiner Eutſchuldigung anzuſuͤhren noͤhtig befunden/ wei-
len immer angeklagt werde/ meine geſchriebene oder gedruckte
Predigten ſeyen anders als ſie auf der Cantzel vorgetragen
worden.

Neben dem wird mirs ja niemand verargen/ daß ich alles
Jrrdiſche auf das Himmliſche ziehe/ diß iſt eine Gaabe/ die
ich elender Tropff nicht von mir ſelber habe/ ſondern mein

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[62/0066] Vorrede. Warnungen und Zuſpruͤche meines GOttes end- lich dahin gebracht, daß ich mich eines beſſern be- dacht, diene ich GOtt ſo gar ſchlecht, beleidige Jhn immer wieder, kan das Suͤndigen nicht laſ- ſen bleiben, und was das ſchlimmeſte iſt an mir, iſt das, daß ich GOtt nicht ehre mit rechtſchaffe- nem Glauben und Trauen, mache ihn, ſo viel an mir iſt, O Greuel! Zum Lugner; Bin noch uͤber diß gar unaͤrtig und liebloß bald gegen diß bald ge- gen jenem; Summa, Summarum: Es iſt fein durchauß keine Tugend an mir. Antw. Umſonſt. Eins muß ich noch zum Lob deß hoͤchſten GOttes Himmels und der Erden erinnern/ daß meiſtens der Himmel ſelbs zur Kirch geleutet/ dann es ware eben im Heuet; Wann nun eini- che das abgemaͤyete und bey nahe duͤrre Graß einzufuͤhren ge- dachten/ ſo kamen alsdann die Wolcken und netzten es wiede- rum/ daß ſie es muͤßten ligen laſſen/ zur Kirch gehen und Predigt anhoͤren. Erinnere abermalen/ daß wann meine Predigten/ ſonderbar diejenigen/ ſo an fremden Orten gehal- ten worden/ genau ſolten zu Papier gebracht werden/ ſo muͤßte ein uͤberauß fertiger Excipient zugegen ſeyn/ wie der ſel. Hr. Strom/ ein junger/ eiffriger Prediger zu der Son- nen-Wende geweſen/ allermaſſen meine meiſte Sorg iſt/ daß mein Hertz/ ehe ich auf die Cantzel ſteige/ von GOttes Liebe flamme/ und mein Geiſt von der Klarheit deß H. Geiſtes um- geben werde/ da dann tauſend Gedancken und Einfaͤlle wie ein Blitz ſich entzuͤnden/ und wiederum friſchen Platz zu ma- chen verſchwinden; Alſo daß ich ſie eben ſo wenig als den Glantz deß Blitzes oder den Schein der Sonnen eigentlich be- halten koͤnnte; ja auch dasjenige/ was in der Meditation uͤber die vorhabende Matery vorgekommen/ bleibet gar ſu- perficiellement nur obenhin in der Gedaͤchtnuß/ welches hier zu meiner Eutſchuldigung anzuſuͤhren noͤhtig befunden/ wei- len immer angeklagt werde/ meine geſchriebene oder gedruckte Predigten ſeyen anders als ſie auf der Cantzel vorgetragen worden. Neben dem wird mirs ja niemand verargen/ daß ich alles Jrrdiſche auf das Himmliſche ziehe/ diß iſt eine Gaabe/ die ich elender Tropff nicht von mir ſelber habe/ ſondern mein GOtt

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Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/66>, abgerufen am 22.11.2024.