Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

das Werk einer solchen Wiedergeburt ihrer Gemeinden nicht allein und aus eigener Kraft bewirken konnten; ja der beste Theil des Klerus ist selbst davon auf das Innigste überzeugt, daß ihm nicht die Ehre eines Erfolges gebühre, der seine eigenen Hoffnungen weit überstieg und über welchen er selbst mit aller Welt in das gerechteste Erstaunen gerieth. Es ist eben die Größe dieses Erfolges, den sogar höchst aufgeklärte Personen nicht umhin können, als wunderbar und außerordentlich zu bezeichnen, welche in keinem Verhältniß zu den angewendeten Bemühungen und Mitteln steht, und deßhalb durch diese auf eine befriedigende Weise eben so wenig, wie das Geheimniß der Sprache durch Nachahmung thierischer Laute zu begreifen ist. Offenbar hat dabei Einer dem Andern geholfen, Einer ist durch den Andern angeregt und so die Sache, bei welcher nicht einmal eine gemeinsame Berathung stattgefunden, allmählig verbreitet worden. Aber wodurch ist diese Anregung und Fortpflanzung bewirkt, und was hat eigentlich das Volk bewogen, das ihm gegebene Beispiel nachzuahmen? - That is the question!

Selten geschieht es, daß ein Mensch von einem lang genährten Laster und Irrthum sich plötzlich und vollständig befreit; so selten, daß jede wahre Bekehrung für ein Wunder, und nur durch Gottes besondere Gnade für möglich gehalten wird. Ein Jeder greife in die eigene Brust, und frage sich selber, ob es ihm so leicht gelingen werde, einer zur Gewohnheit gewordenen Leidenschaft sofort und

das Werk einer solchen Wiedergeburt ihrer Gemeinden nicht allein und aus eigener Kraft bewirken konnten; ja der beste Theil des Klerus ist selbst davon auf das Innigste überzeugt, daß ihm nicht die Ehre eines Erfolges gebühre, der seine eigenen Hoffnungen weit überstieg und über welchen er selbst mit aller Welt in das gerechteste Erstaunen gerieth. Es ist eben die Größe dieses Erfolges, den sogar höchst aufgeklärte Personen nicht umhin können, als wunderbar und außerordentlich zu bezeichnen, welche in keinem Verhältniß zu den angewendeten Bemühungen und Mitteln steht, und deßhalb durch diese auf eine befriedigende Weise eben so wenig, wie das Geheimniß der Sprache durch Nachahmung thierischer Laute zu begreifen ist. Offenbar hat dabei Einer dem Andern geholfen, Einer ist durch den Andern angeregt und so die Sache, bei welcher nicht einmal eine gemeinsame Berathung stattgefunden, allmählig verbreitet worden. Aber wodurch ist diese Anregung und Fortpflanzung bewirkt, und was hat eigentlich das Volk bewogen, das ihm gegebene Beispiel nachzuahmen? – That is the question!

Selten geschieht es, daß ein Mensch von einem lang genährten Laster und Irrthum sich plötzlich und vollständig befreit; so selten, daß jede wahre Bekehrung für ein Wunder, und nur durch Gottes besondere Gnade für möglich gehalten wird. Ein Jeder greife in die eigene Brust, und frage sich selber, ob es ihm so leicht gelingen werde, einer zur Gewohnheit gewordenen Leidenschaft sofort und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0031" n="21"/>
das Werk einer solchen Wiedergeburt ihrer Gemeinden nicht allein und aus eigener Kraft bewirken konnten; ja der beste Theil des Klerus ist selbst davon auf das Innigste überzeugt, daß ihm nicht die Ehre eines Erfolges gebühre, der seine eigenen Hoffnungen weit überstieg und über welchen er selbst mit aller Welt in das gerechteste Erstaunen gerieth. Es ist eben die <hi rendition="#g">Größe</hi> dieses Erfolges, den sogar höchst aufgeklärte Personen nicht umhin können, als wunderbar und außerordentlich zu bezeichnen, welche in keinem Verhältniß zu den angewendeten Bemühungen und Mitteln steht, und deßhalb durch diese auf eine befriedigende Weise eben so wenig, wie das Geheimniß der Sprache durch Nachahmung thierischer Laute zu begreifen ist. Offenbar hat dabei Einer dem Andern geholfen, Einer ist durch den Andern angeregt und so die Sache, bei welcher nicht einmal eine gemeinsame Berathung stattgefunden, allmählig verbreitet worden. Aber wodurch ist diese Anregung und Fortpflanzung bewirkt, und was hat eigentlich das Volk bewogen, das ihm gegebene Beispiel nachzuahmen? &#x2013; <hi rendition="#aq">That is the question!</hi></p>
        <p>Selten geschieht es, daß ein Mensch von einem lang genährten Laster und Irrthum sich plötzlich und vollständig befreit; so selten, daß jede wahre Bekehrung für ein Wunder, und nur durch Gottes besondere Gnade für möglich gehalten wird. Ein Jeder greife in die eigene Brust, und frage sich selber, ob es ihm so leicht gelingen werde, einer zur Gewohnheit gewordenen Leidenschaft sofort und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0031] das Werk einer solchen Wiedergeburt ihrer Gemeinden nicht allein und aus eigener Kraft bewirken konnten; ja der beste Theil des Klerus ist selbst davon auf das Innigste überzeugt, daß ihm nicht die Ehre eines Erfolges gebühre, der seine eigenen Hoffnungen weit überstieg und über welchen er selbst mit aller Welt in das gerechteste Erstaunen gerieth. Es ist eben die Größe dieses Erfolges, den sogar höchst aufgeklärte Personen nicht umhin können, als wunderbar und außerordentlich zu bezeichnen, welche in keinem Verhältniß zu den angewendeten Bemühungen und Mitteln steht, und deßhalb durch diese auf eine befriedigende Weise eben so wenig, wie das Geheimniß der Sprache durch Nachahmung thierischer Laute zu begreifen ist. Offenbar hat dabei Einer dem Andern geholfen, Einer ist durch den Andern angeregt und so die Sache, bei welcher nicht einmal eine gemeinsame Berathung stattgefunden, allmählig verbreitet worden. Aber wodurch ist diese Anregung und Fortpflanzung bewirkt, und was hat eigentlich das Volk bewogen, das ihm gegebene Beispiel nachzuahmen? – That is the question! Selten geschieht es, daß ein Mensch von einem lang genährten Laster und Irrthum sich plötzlich und vollständig befreit; so selten, daß jede wahre Bekehrung für ein Wunder, und nur durch Gottes besondere Gnade für möglich gehalten wird. Ein Jeder greife in die eigene Brust, und frage sich selber, ob es ihm so leicht gelingen werde, einer zur Gewohnheit gewordenen Leidenschaft sofort und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-04-11T13:16:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-11T13:16:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-11T13:16:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/31
Zitationshilfe: Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/31>, abgerufen am 25.11.2024.