Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.dig wieder nach Dresden kommen soll, muß ich bis morgen ausruhen. Ach Gott, wenn das die Kinder wüßten, und die Leute, und selbst der Herr, wie würden die über mich lamentiren. Du sollst in Hochkirch ein gutes Quartier haben, sagte der General, und morgen früh will ich für deine Reise sorgen. Bleibe nur hier, bis ich dir Jemand schicke, denn ich muß dem Könige folgen. Die Nacht senkte sich über das Lager, eine merkwürdige, schicksalschwere Nacht, die den hohen Geist des Königs noch der Nachwelt im hellsten Lichte zeigt, und seinem Ruhme, dem sie Verderben drohte, neuen Glanz gab. Nie war Friedrich größer, als im Unglück, das Unglück nahete ihm jetzt auf den Flügeln der Dunkelheit.*) Die Oesterreicher verließen ihr Lager, ihn zu überfallen, ihre Zelte blieben stehen, ihre Wachfeuer brannten fort, die Arbeiter an den Verschanzungen waren thätiger als jemals, sangen und riefen einander zu, um die preußischen Vorposten zu täuschen. Einige Husaren entdeckten dessen ungeachtet die Bewegungen des Feindes, es wurde im Zelte des Königs, wo Seidlitz und Ziethen sich befanden, darüber gerathschlagt, und obgleich Friedrich durchaus keinen Angriff vermuthete, gab er doch Befehl, daß einige Brigaden aufstehen, einige Regimenter Cavalerie ihre Pferde satteln mußten. Gegen Morgen aber, da Alles ruhig geblieben war, wurde der Befehl *) Archenholz's Geschichte des siebenjährigen Krieges
dig wieder nach Dresden kommen soll, muß ich bis morgen ausruhen. Ach Gott, wenn das die Kinder wüßten, und die Leute, und selbst der Herr, wie würden die über mich lamentiren. Du sollst in Hochkirch ein gutes Quartier haben, sagte der General, und morgen früh will ich für deine Reise sorgen. Bleibe nur hier, bis ich dir Jemand schicke, denn ich muß dem Könige folgen. Die Nacht senkte sich über das Lager, eine merkwürdige, schicksalschwere Nacht, die den hohen Geist des Königs noch der Nachwelt im hellsten Lichte zeigt, und seinem Ruhme, dem sie Verderben drohte, neuen Glanz gab. Nie war Friedrich größer, als im Unglück, das Unglück nahete ihm jetzt auf den Flügeln der Dunkelheit.*) Die Oesterreicher verließen ihr Lager, ihn zu überfallen, ihre Zelte blieben stehen, ihre Wachfeuer brannten fort, die Arbeiter an den Verschanzungen waren thätiger als jemals, sangen und riefen einander zu, um die preußischen Vorposten zu täuschen. Einige Husaren entdeckten dessen ungeachtet die Bewegungen des Feindes, es wurde im Zelte des Königs, wo Seidlitz und Ziethen sich befanden, darüber gerathschlagt, und obgleich Friedrich durchaus keinen Angriff vermuthete, gab er doch Befehl, daß einige Brigaden aufstehen, einige Regimenter Cavalerie ihre Pferde satteln mußten. Gegen Morgen aber, da Alles ruhig geblieben war, wurde der Befehl *) Archenholz's Geschichte des siebenjährigen Krieges
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dig wieder nach Dresden kommen soll, muß ich bis morgen ausruhen. Ach Gott, wenn das die Kinder wüßten, und die Leute, und selbst der Herr, wie würden die über mich lamentiren.
Du sollst in Hochkirch ein gutes Quartier haben, sagte der General, und morgen früh will ich für deine Reise sorgen. Bleibe nur hier, bis ich dir Jemand schicke, denn ich muß dem Könige folgen.
Die Nacht senkte sich über das Lager, eine merkwürdige, schicksalschwere Nacht, die den hohen Geist des Königs noch der Nachwelt im hellsten Lichte zeigt, und seinem Ruhme, dem sie Verderben drohte, neuen Glanz gab. Nie war Friedrich größer, als im Unglück, das Unglück nahete ihm jetzt auf den Flügeln der Dunkelheit. *) Die Oesterreicher verließen ihr Lager, ihn zu überfallen, ihre Zelte blieben stehen, ihre Wachfeuer brannten fort, die Arbeiter an den Verschanzungen waren thätiger als jemals, sangen und riefen einander zu, um die preußischen Vorposten zu täuschen. Einige Husaren entdeckten dessen ungeachtet die Bewegungen des Feindes, es wurde im Zelte des Königs, wo Seidlitz und Ziethen sich befanden, darüber gerathschlagt, und obgleich Friedrich durchaus keinen Angriff vermuthete, gab er doch Befehl, daß einige Brigaden aufstehen, einige Regimenter Cavalerie ihre Pferde satteln mußten. Gegen Morgen aber, da Alles ruhig geblieben war, wurde der Befehl
*) Archenholz's Geschichte des siebenjährigen Krieges
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