Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gegen sich selbst, und sie beschloß fest und treu zu bleiben, möge es auch die härtesten Opfer kosten. Ellinger sah die wachsende Annäherung Börner's mit ganz anderen Gefühlen. Ihm konnte kein Schwiegersohn willkommener sein; nur des jungen Mannes Armuth hatte bis hierher solchen Gedanken entgegen gestanden. Als daher Börner eines Abends, nachdem er den Nachmittag mit Ellinger gearbeitet hatte, ein augenblickliches Gehör forderte und im Tone heißer Leidenschaft, der ihm eigentlich fremd schien, um Marianens Besitz bat, umarmte ihn der Vater sehr gerührt und erklärte, es werde sein Alter beglücken, wenn Mariane in das gewünschte Bündniß willige. Er hielt es indessen für Pflicht, seinem jungen Freunde Marianens Herzensangelegenheit zu entdecken, und die Ungewißheit, wie weit sie sich über jene Hoffnungen beruhigt habe. -- Börner's Gesicht überflog bei der Erzählung derselbe wunderliche Ausdruck, mit welchem er einst Justinen an Ellinger's Thür entgegentrat und ihr zu dem Argwohne Anlaß gab, er habe ihre Unterredung mit ihrem Herrn gehört. Suchen Sie nur das Mädchen zu gewinnen, sagte Ellinger. Sie haben dazu meine volle Einwilligung, ich betrachte Sie gern als meinen Sohn. Sollte sie noch an der ersten Liebe hängen, so wollen wir ihr Zeit lassen, ohne deshalb unsern Wunsch aufzugeben. Daß sie mich erfreuen wird, daß sie wieder einen Lichtstrahl auf mein verdunkeltes Leben werfen kann, will ich ihr gegen sich selbst, und sie beschloß fest und treu zu bleiben, möge es auch die härtesten Opfer kosten. Ellinger sah die wachsende Annäherung Börner's mit ganz anderen Gefühlen. Ihm konnte kein Schwiegersohn willkommener sein; nur des jungen Mannes Armuth hatte bis hierher solchen Gedanken entgegen gestanden. Als daher Börner eines Abends, nachdem er den Nachmittag mit Ellinger gearbeitet hatte, ein augenblickliches Gehör forderte und im Tone heißer Leidenschaft, der ihm eigentlich fremd schien, um Marianens Besitz bat, umarmte ihn der Vater sehr gerührt und erklärte, es werde sein Alter beglücken, wenn Mariane in das gewünschte Bündniß willige. Er hielt es indessen für Pflicht, seinem jungen Freunde Marianens Herzensangelegenheit zu entdecken, und die Ungewißheit, wie weit sie sich über jene Hoffnungen beruhigt habe. — Börner's Gesicht überflog bei der Erzählung derselbe wunderliche Ausdruck, mit welchem er einst Justinen an Ellinger's Thür entgegentrat und ihr zu dem Argwohne Anlaß gab, er habe ihre Unterredung mit ihrem Herrn gehört. Suchen Sie nur das Mädchen zu gewinnen, sagte Ellinger. Sie haben dazu meine volle Einwilligung, ich betrachte Sie gern als meinen Sohn. Sollte sie noch an der ersten Liebe hängen, so wollen wir ihr Zeit lassen, ohne deshalb unsern Wunsch aufzugeben. Daß sie mich erfreuen wird, daß sie wieder einen Lichtstrahl auf mein verdunkeltes Leben werfen kann, will ich ihr <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0038"/> gegen sich selbst, und sie beschloß fest und treu zu bleiben, möge es auch die härtesten Opfer kosten.</p><lb/> <p>Ellinger sah die wachsende Annäherung Börner's mit ganz anderen Gefühlen. Ihm konnte kein Schwiegersohn willkommener sein; nur des jungen Mannes Armuth hatte bis hierher solchen Gedanken entgegen gestanden. Als daher Börner eines Abends, nachdem er den Nachmittag mit Ellinger gearbeitet hatte, ein augenblickliches Gehör forderte und im Tone heißer Leidenschaft, der ihm eigentlich fremd schien, um Marianens Besitz bat, umarmte ihn der Vater sehr gerührt und erklärte, es werde sein Alter beglücken, wenn Mariane in das gewünschte Bündniß willige. Er hielt es indessen für Pflicht, seinem jungen Freunde Marianens Herzensangelegenheit zu entdecken, und die Ungewißheit, wie weit sie sich über jene Hoffnungen beruhigt habe. — Börner's Gesicht überflog bei der Erzählung derselbe wunderliche Ausdruck, mit welchem er einst Justinen an Ellinger's Thür entgegentrat und ihr zu dem Argwohne Anlaß gab, er habe ihre Unterredung mit ihrem Herrn gehört.</p><lb/> <p>Suchen Sie nur das Mädchen zu gewinnen, sagte Ellinger. Sie haben dazu meine volle Einwilligung, ich betrachte Sie gern als meinen Sohn. Sollte sie noch an der ersten Liebe hängen, so wollen wir ihr Zeit lassen, ohne deshalb unsern Wunsch aufzugeben. Daß sie mich erfreuen wird, daß sie wieder einen Lichtstrahl auf mein verdunkeltes Leben werfen kann, will ich ihr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
gegen sich selbst, und sie beschloß fest und treu zu bleiben, möge es auch die härtesten Opfer kosten.
Ellinger sah die wachsende Annäherung Börner's mit ganz anderen Gefühlen. Ihm konnte kein Schwiegersohn willkommener sein; nur des jungen Mannes Armuth hatte bis hierher solchen Gedanken entgegen gestanden. Als daher Börner eines Abends, nachdem er den Nachmittag mit Ellinger gearbeitet hatte, ein augenblickliches Gehör forderte und im Tone heißer Leidenschaft, der ihm eigentlich fremd schien, um Marianens Besitz bat, umarmte ihn der Vater sehr gerührt und erklärte, es werde sein Alter beglücken, wenn Mariane in das gewünschte Bündniß willige. Er hielt es indessen für Pflicht, seinem jungen Freunde Marianens Herzensangelegenheit zu entdecken, und die Ungewißheit, wie weit sie sich über jene Hoffnungen beruhigt habe. — Börner's Gesicht überflog bei der Erzählung derselbe wunderliche Ausdruck, mit welchem er einst Justinen an Ellinger's Thür entgegentrat und ihr zu dem Argwohne Anlaß gab, er habe ihre Unterredung mit ihrem Herrn gehört.
Suchen Sie nur das Mädchen zu gewinnen, sagte Ellinger. Sie haben dazu meine volle Einwilligung, ich betrachte Sie gern als meinen Sohn. Sollte sie noch an der ersten Liebe hängen, so wollen wir ihr Zeit lassen, ohne deshalb unsern Wunsch aufzugeben. Daß sie mich erfreuen wird, daß sie wieder einen Lichtstrahl auf mein verdunkeltes Leben werfen kann, will ich ihr
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