Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.SOPHONISBE. Syphax Ja! jene bißet ein den Stachel; der die Stärcke/ Wenn uns ihr Stich verletzt. Allein die schlimmsten Wercke Der Weiber geben noch ein Werckzeug ihnen ab/ 100Zu steigen in die Höh/ und ihrer Männer Grab Zum Grundstein ihres Glücks und neuen Heil's zu machen. Denn ob sie zwar mehr Gist beherbergen als Drachen/ Darmit sie Adler fälln/ und Löwen sperrn an's Joch/ Jst[']s hole Stachel-Röhr der Scorpionen doch 105Viel sichtbarer/ als dis/ durch das ein Weib vergiftet. Was hat mein Ehweib nicht für argesschon gestifftet? Sie stürtzt Numidien/ steckt Kaccaben in Brand. Doch hengt der Himmel ihr voll Geigen/ und die Hand Des Glückes steckt ihr an schon neue Hochzeit-Kertzen. 110 Scipio. Jch glaube Syphax schwermt von Unmuth/ Angst und Schmertzen. Syphax. Hieraus schöpf ich noch Trost/ mein Hertzeleid noch Lust: Daß itzt mein gröster Feind küßt Sophonisbens Brust; Daß diese Unholdin/ die Seuch' und Pest des Landes/ Sein Bett' und Hauß steckt an. Scipio. Wer macht sich dieses Brandes 115Theilhaftig? Syphax. Masaniß' ist's/ den sie durch ihr Gift/ Das Basilischken-Blick und Molchen übertrift/ Mehr hat als mich bethört/ und schneller angezündet/ Als sie ihn angeblickt. Scipio. Jhr grossen Götter! findet Jn dieses Helden Hertz ein solcher Wahnwitz statt? 120 Syphax Ja/ weil er sich bereit mit ihr vermählet hat. Scipio. Jch kan der Thorheit kaum vernünftig Glauben geben. Laelius. Es ist wahr/ was er sagt! Es half kein Widerstreben/ Kein Warnen/ ja kein Ernst. Er lief verzweifelt fort Wie Hirsch' in voller Brunst. Er schäumte Zorn und Mord/ 125Sties Fluch und Dreuen aus/ als ich's verhindern wolte. Scipio. Ach! daß ich nicht von dir den Schandfleck hören solte! Du mehr als edler Held! Wo hastu hin gedacht? Daß du ein Weib der Stadt/ die sie zu Göttern macht/ Zur Herrscherin erkies't? du Löwe der Numiden. 130Was würde nicht der Wurm durch dich für Ubel schmieden? Der
SOPHONISBE. Syphax Ja! jene bißet ein den Stachel; der die Staͤrcke/ Wenn uns ihr Stich verletzt. Allein die ſchlim̃ſten Wercke Der Weiber geben noch ein Werckzeug ihnen ab/ 100Zu ſteigen in die Hoͤh/ und ihrer Maͤnner Grab Zum Grundſtein ihres Gluͤcks und neuen Heil’s zu machen. Denn ob ſie zwar mehr Giſt beherbergen als Drachen/ Darmit ſie Adler faͤlln/ und Loͤwen ſperrn an’s Joch/ Jſt[']s hole Stachel-Roͤhr der Scorpionen doch 105Viel ſichtbarer/ als dis/ durch das ein Weib vergiftet. Was hat mein Ehweib nicht fuͤr argesſchon geſtifftet? Sie ſtuͤrtzt Numidien/ ſteckt Kaccaben in Brand. Doch hengt der Himmel ihr voll Geigen/ und die Hand Des Gluͤckes ſteckt ihr an ſchon neue Hochzeit-Kertzen. 110 Scipio. Jch glaube Syphax ſchwermt von Unmuth/ Angſt und Schmertzen. Syphax. Hieraus ſchoͤpf ich noch Troſt/ mein Hertzeleid noch Luſt: Daß itzt mein groͤſter Feind kuͤßt Sophonisbens Bruſt; Daß dieſe Unholdin/ die Seuch’ und Peſt des Landes/ Sein Bett’ und Hauß ſteckt an. Scipio. Wer macht ſich dieſes Brandes 115Theilhaftig? Syphax. Maſaniß’ iſt’s/ den ſie durch ihr Gift/ Das Baſiliſchken-Blick und Molchen uͤbertrift/ Mehr hat als mich bethoͤrt/ und ſchneller angezuͤndet/ Als ſie ihn angeblickt. Scipio. Jhr groſſen Goͤtter! findet Jn dieſes Helden Hertz ein ſolcher Wahnwitz ſtatt? 120 Syphax Ja/ weil er ſich bereit mit ihr vermaͤhlet hat. Scipio. Jch kan der Thorheit kaum vernuͤnftig Glauben geben. Lælius. Es iſt wahr/ was er ſagt! Es half kein Widerſtreben/ Kein Warnen/ ja kein Ernſt. Er lief verzweifelt fort Wie Hirſch’ in voller Brunſt. Er ſchaͤumte Zorn und Mord/ 125Sties Fluch und Dreuen aus/ als ich’s verhindern wolte. Scipio. Ach! daß ich nicht von dir den Schandfleck hoͤren ſolte! Du mehr als edler Held! Wo haſtu hin gedacht? Daß du ein Weib der Stadt/ die ſie zu Goͤttern macht/ Zur Herrſcherin erkieſ’t? du Loͤwe der Numiden. 130Was wuͤrde nicht der Wurm durch dich fuͤr Ubel ſchmieden? Der
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SOPHONISBE.
Syphax Ja! jene bißet ein den Stachel; der die Staͤrcke/
Wenn uns ihr Stich verletzt. Allein die ſchlim̃ſten Wercke
Der Weiber geben noch ein Werckzeug ihnen ab/
Zu ſteigen in die Hoͤh/ und ihrer Maͤnner Grab
Zum Grundſtein ihres Gluͤcks und neuen Heil’s zu machen.
Denn ob ſie zwar mehr Giſt beherbergen als Drachen/
Darmit ſie Adler faͤlln/ und Loͤwen ſperrn an’s Joch/
Jſt's hole Stachel-Roͤhr der Scorpionen doch
Viel ſichtbarer/ als dis/ durch das ein Weib vergiftet.
Was hat mein Ehweib nicht fuͤr argesſchon geſtifftet?
Sie ſtuͤrtzt Numidien/ ſteckt Kaccaben in Brand.
Doch hengt der Himmel ihr voll Geigen/ und die Hand
Des Gluͤckes ſteckt ihr an ſchon neue Hochzeit-Kertzen.
Scipio. Jch glaube Syphax ſchwermt von Unmuth/ Angſt und
Schmertzen.
Syphax. Hieraus ſchoͤpf ich noch Troſt/ mein Hertzeleid noch
Luſt:
Daß itzt mein groͤſter Feind kuͤßt Sophonisbens Bruſt;
Daß dieſe Unholdin/ die Seuch’ und Peſt des Landes/
Sein Bett’ und Hauß ſteckt an.
Scipio. Wer macht ſich dieſes
Brandes
Theilhaftig?
Syphax. Maſaniß’ iſt’s/ den ſie durch ihr Gift/
Das Baſiliſchken-Blick und Molchen uͤbertrift/
Mehr hat als mich bethoͤrt/ und ſchneller angezuͤndet/
Als ſie ihn angeblickt.
Scipio. Jhr groſſen Goͤtter! findet
Jn dieſes Helden Hertz ein ſolcher Wahnwitz ſtatt?
Syphax Ja/ weil er ſich bereit mit ihr vermaͤhlet hat.
Scipio. Jch kan der Thorheit kaum vernuͤnftig Glauben geben.
Lælius. Es iſt wahr/ was er ſagt! Es half kein Widerſtreben/
Kein Warnen/ ja kein Ernſt. Er lief verzweifelt fort
Wie Hirſch’ in voller Brunſt. Er ſchaͤumte Zorn und Mord/
Sties Fluch und Dreuen aus/ als ich’s verhindern wolte.
Scipio. Ach! daß ich nicht von dir den Schandfleck hoͤren ſolte!
Du mehr als edler Held! Wo haſtu hin gedacht?
Daß du ein Weib der Stadt/ die ſie zu Goͤttern macht/
Zur Herrſcherin erkieſ’t? du Loͤwe der Numiden.
Was wuͤrde nicht der Wurm durch dich fuͤr Ubel ſchmieden?
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