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Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

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SOPHONISBE.
Der Haß.
Jm Menschen ist der Haß der gröste Trieb/
530Der Teufels-Larven stets für Engel-Augen hält.
Welch Unmensch hat sonst nicht den Vater lieb?
Doch schaut: wie dort ein Sohn für ihm in Ohnmacht fällt.
Die Rache.
Die Ohnmacht ist der Rache Kinderspiel/
Es raast in eignes Fleisch die bluttbegier'ge Hand.
535Schaut: wie der Grimm Medeens dort sich kühl'.
Wie sie der Kinder Haupt selbst schmetter an die Wand.
Die Freude.
Die Rach' erstickt von blossen Eyfer nicht/
Wie wenn mein starcker Trieb Geblütt' und Hertze schwellt.
Der Mutter Hertz und Lebens-Glas zerbricht/
540Wenn sie der Sohn umbarmt/ den sie erschlagen hält.
Die Rache.
Die Rache raubt Vernunft und Sinnen weg;
Daß Ajax einen Stier für den Ulyß ersticht.
Ja schaut: wie er sein Schwerdt selbst in sich steck'/
Als in Atridens Blutt' er sich kan kühlen nicht.
Die Begierde.
545
Nichts ist so starck/ als der Begierde Brand;
Sie opfert Seel' und Leib für Würde/ Gold und Lust/
Wenn sie gewinnt beym Satyr Oberhand/
Umbarmt er Flamm' und Tod für einen Schwanen Brust.
Die Rache.
Die Rache schont noch minder ihrer Haut.
550Wenn Astapa sich nicht der Römer mehr erwehrt/
Siht man: daß sie ihr selbst den Holtzstos baut/
Die Stadt stürtzt in die Glutt/ und Leib und Gutt verzehrt.
Das Schrecken.
Das Schrecken kehrt den Menschen gar in Stein.
Als Phoebens Hirsch itzt sol Jphigenia zahln/
555Nimmt solch ein Schmertz den Agamemnon ein:
Daß kein Timantes kan sein todtes Antlitz mahln.
Die
SOPHONISBE.
Der Haß.
Jm Menſchen iſt der Haß der groͤſte Trieb/
530Der Teufels-Larven ſtets fuͤr Engel-Augen haͤlt.
Welch Unmenſch hat ſonſt nicht den Vater lieb?
Doch ſchaut: wie dort ein Sohn fuͤr ihm in Ohnmacht faͤllt.
Die Rache.
Die Ohnmacht iſt der Rache Kinderſpiel/
Es raaſt in eignes Fleiſch die bluttbegier’ge Hand.
535Schaut: wie der Grimm Medeens dort ſich kuͤhl’.
Wie ſie der Kinder Haupt ſelbſt ſchmetter an die Wand.
Die Freude.
Die Rach’ erſtickt von bloſſen Eyfer nicht/
Wie wenn mein ſtarcker Trieb Gebluͤtt’ und Hertze ſchwellt.
Der Mutter Hertz und Lebens-Glas zerbricht/
540Wenn ſie der Sohn umbarmt/ den ſie erſchlagen haͤlt.
Die Rache.
Die Rache raubt Vernunft und Sinnen weg;
Daß Ajax einen Stier fuͤr den Ulyß erſticht.
Ja ſchaut: wie er ſein Schwerdt ſelbſt in ſich ſteck’/
Als in Atridens Blutt’ er ſich kan kuͤhlen nicht.
Die Begierde.
545
Nichts iſt ſo ſtarck/ als der Begierde Brand;
Sie opfert Seel’ und Leib fuͤr Wuͤrde/ Gold und Luſt/
Wenn ſie gewinnt beym Satyr Oberhand/
Umbarmt er Flam̃’ und Tod fuͤr einen Schwanen Bruſt.
Die Rache.
Die Rache ſchont noch minder ihrer Haut.
550Wenn Aſtapa ſich nicht der Roͤmer mehr erwehrt/
Siht man: daß ſie ihr ſelbſt den Holtzſtos baut/
Die Stadt ſtuͤrtzt in die Glutt/ und Leib und Gutt verzehrt.
Das Schrecken.
Das Schrecken kehrt den Menſchen gar in Stein.
Als Phœbens Hirſch itzt ſol Jphigenia zahln/
555Nim̃t ſolch ein Schmertz den Agamemnon ein:
Daß kein Timantes kan ſein todtes Antlitz mahln.
Die
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[18/0055] SOPHONISBE. Der Haß. Jm Menſchen iſt der Haß der groͤſte Trieb/ Der Teufels-Larven ſtets fuͤr Engel-Augen haͤlt. Welch Unmenſch hat ſonſt nicht den Vater lieb? Doch ſchaut: wie dort ein Sohn fuͤr ihm in Ohnmacht faͤllt. Die Rache. Die Ohnmacht iſt der Rache Kinderſpiel/ Es raaſt in eignes Fleiſch die bluttbegier’ge Hand. Schaut: wie der Grimm Medeens dort ſich kuͤhl’. Wie ſie der Kinder Haupt ſelbſt ſchmetter an die Wand. Die Freude. Die Rach’ erſtickt von bloſſen Eyfer nicht/ Wie wenn mein ſtarcker Trieb Gebluͤtt’ und Hertze ſchwellt. Der Mutter Hertz und Lebens-Glas zerbricht/ Wenn ſie der Sohn umbarmt/ den ſie erſchlagen haͤlt. Die Rache. Die Rache raubt Vernunft und Sinnen weg; Daß Ajax einen Stier fuͤr den Ulyß erſticht. Ja ſchaut: wie er ſein Schwerdt ſelbſt in ſich ſteck’/ Als in Atridens Blutt’ er ſich kan kuͤhlen nicht. Die Begierde. Nichts iſt ſo ſtarck/ als der Begierde Brand; Sie opfert Seel’ und Leib fuͤr Wuͤrde/ Gold und Luſt/ Wenn ſie gewinnt beym Satyr Oberhand/ Umbarmt er Flam̃’ und Tod fuͤr einen Schwanen Bruſt. Die Rache. Die Rache ſchont noch minder ihrer Haut. Wenn Aſtapa ſich nicht der Roͤmer mehr erwehrt/ Siht man: daß ſie ihr ſelbſt den Holtzſtos baut/ Die Stadt ſtuͤrtzt in die Glutt/ und Leib und Gutt verzehrt. Das Schrecken. Das Schrecken kehrt den Menſchen gar in Stein. Als Phœbens Hirſch itzt ſol Jphigenia zahln/ Nim̃t ſolch ein Schmertz den Agamemnon ein: Daß kein Timantes kan ſein todtes Antlitz mahln. Die

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/55>, abgerufen am 24.11.2024.