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Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

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SOPHONISBE.
Nein! Sophonisbe/ nein! Reich/ Zepter/ Purper/ Kronen
Sind gegen deinem Werth Schaum/ Blasen/ Schalen/ Bohnen.
Nimm/ unersätlichs Rom/ Numidien dir hin/
400Wenn ich Besitzthumbs-Herr nur Sophonisbens bin!
Halt inne! Masaniß'. Auf was für Syrt- und Scyllen
Rennt dein verzweifelnd Schif? Läst du den blinden Willen/
Und die verkappte Brunst dir einen Leit-Stern sein?
Nein! räume Stab und Heft nicht den Begierden ein.
405Numidien ist dir von Uhrsprung' angeträuet.
Das Reich ist dein Gemahl. Wer diesem sich verfreyet/
Kan sonder Ehbruch es nicht sencken in Gefahr.
Die Herrschafft ist dein Gott/ die Klugheit dein Altar.
Das Auge der Vernunfft wirst du dir selbst ausstechen/
410Und-ärger dich am Glück' als Hannibal verbrechen/
Da er zu Croton schimpfft der Juno gülden Bild.
Behertzig': ob ein Weib mehr als dein Wolstand gilt.
Jm Uhrwerck unsers Thuns muß die Vernunfft's Gewichte/
Das Auge Weiser sein. Denn wer dem Jrrwisch-Lichte
415Der scheinbarn Wollust folgt/ versincket in Morasi.
Die Lieb' ist thörcht/ die nur im Auge Zunder faßt.
Die Schönheit ein Betrug/ ein Geyer zarter Hertzen/
Ein Raubsisch unsers Heils. Auf! lasse dir die Kertzen
Der nichternen Vernunft/ die Scipio steckt auf/
420Dir weisen Farth und Port! wo zielt dein blinder Lauf
Mit Sophonisben hin? Auf dreyer Nächte Lüste/
Auf oft-geküste Lipp'/ und vor befühlte Brüste;
Auf ein von Scham entfernt' und Treue-leeres Weib;
Auf eine Helena/ die einen Schwanen-Leib
425Ein Raben-Hertze hat. Jst die werth lieb zu haben/
Die/ den sie heut' umbarmt/ wünscht morgen zu begraben?
Die Masanissen küßt/ weil noch ihr Syphax lebt?
Ja selbst ihm Fallen stellt/ und falsche Netze webt?
Nein! Masanissa nein! halt die Begierd' im Zaume!
430Sie ist ein giftig Zweig von Barchens Eyben-Baume/
Der die/ die unter ihr wolln schöpfen Schlaf und Ruh/
Beschattende bringt umb; die Untergang bringt zu
Und Gift zur Mitgift hat/ ist unwerth reiner Liebe.
Die Art des Crocodills ist: daß er sich betrübe/
Wenn
SOPHONISBE.
Nein! Sophonisbe/ nein! Reich/ Zepter/ Purper/ Kronen
Sind gegen deinem Werth Schaum/ Blaſen/ Schalen/ Bohnen.
Nim̃/ unerſaͤtlichs Rom/ Numidien dir hin/
400Wenn ich Beſitzthumbs-Herr nur Sophonisbens bin!
Halt inne! Maſaniß’. Auf was fuͤr Syrt- und Scyllen
Rennt dein verzweifelnd Schif? Laͤſt du den blinden Willen/
Und die verkappte Brunſt dir einen Leit-Stern ſein?
Nein! raͤume Stab und Heft nicht den Begierden ein.
405Numidien iſt dir von Uhrſprung’ angetraͤuet.
Das Reich iſt dein Gemahl. Wer dieſem ſich verfreyet/
Kan ſonder Ehbruch es nicht ſencken in Gefahr.
Die Herrſchafft iſt dein Gott/ die Klugheit dein Altar.
Das Auge der Vernunfft wirſt du dir ſelbſt ausſtechen/
410Und-aͤrger dich am Gluͤck’ als Hannibal verbrechen/
Da er zu Croton ſchimpfft der Juno guͤlden Bild.
Behertzig’: ob ein Weib mehr als dein Wolſtand gilt.
Jm Uhrwerck unſers Thuns muß die Vernunfft’s Gewichte/
Das Auge Weiſer ſein. Denn wer dem Jrrwiſch-Lichte
415Der ſcheinbarn Wolluſt folgt/ verſincket in Moraſi.
Die Lieb’ iſt thoͤrcht/ die nur im Auge Zunder faßt.
Die Schoͤnheit ein Betrug/ ein Geyer zarter Hertzen/
Ein Raubſiſch unſers Heils. Auf! laſſe dir die Kertzen
Der nichternen Vernunft/ die Scipio ſteckt auf/
420Dir weiſen Farth und Port! wo zielt dein blinder Lauf
Mit Sophonisben hin? Auf dreyer Naͤchte Luͤſte/
Auf oft-gekuͤſte Lipp’/ und vor befuͤhlte Bruͤſte;
Auf ein von Scham entfernt’ und Treue-leeres Weib;
Auf eine Helena/ die einen Schwanen-Leib
425Ein Raben-Hertze hat. Jſt die werth lieb zu haben/
Die/ den ſie heut’ umbarmt/ wuͤnſcht morgen zu begraben?
Die Maſaniſſen kuͤßt/ weil noch ihr Syphax lebt?
Ja ſelbſt ihm Fallen ſtellt/ und falſche Netze webt?
Nein! Maſaniſſa nein! halt die Begierd’ im Zaume!
430Sie iſt ein giftig Zweig von Barchens Eyben-Baume/
Der die/ die unter ihr wolln ſchoͤpfen Schlaf und Ruh/
Beſchattende bringt umb; die Untergang bringt zu
Und Gift zur Mitgift hat/ iſt unwerth reiner Liebe.
Die Art des Crocodills iſt: daß er ſich betruͤbe/
Wenn
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[70/0107] SOPHONISBE. Nein! Sophonisbe/ nein! Reich/ Zepter/ Purper/ Kronen Sind gegen deinem Werth Schaum/ Blaſen/ Schalen/ Bohnen. Nim̃/ unerſaͤtlichs Rom/ Numidien dir hin/ Wenn ich Beſitzthumbs-Herr nur Sophonisbens bin! Halt inne! Maſaniß’. Auf was fuͤr Syrt- und Scyllen Rennt dein verzweifelnd Schif? Laͤſt du den blinden Willen/ Und die verkappte Brunſt dir einen Leit-Stern ſein? Nein! raͤume Stab und Heft nicht den Begierden ein. Numidien iſt dir von Uhrſprung’ angetraͤuet. Das Reich iſt dein Gemahl. Wer dieſem ſich verfreyet/ Kan ſonder Ehbruch es nicht ſencken in Gefahr. Die Herrſchafft iſt dein Gott/ die Klugheit dein Altar. Das Auge der Vernunfft wirſt du dir ſelbſt ausſtechen/ Und-aͤrger dich am Gluͤck’ als Hannibal verbrechen/ Da er zu Croton ſchimpfft der Juno guͤlden Bild. Behertzig’: ob ein Weib mehr als dein Wolſtand gilt. Jm Uhrwerck unſers Thuns muß die Vernunfft’s Gewichte/ Das Auge Weiſer ſein. Denn wer dem Jrrwiſch-Lichte Der ſcheinbarn Wolluſt folgt/ verſincket in Moraſi. Die Lieb’ iſt thoͤrcht/ die nur im Auge Zunder faßt. Die Schoͤnheit ein Betrug/ ein Geyer zarter Hertzen/ Ein Raubſiſch unſers Heils. Auf! laſſe dir die Kertzen Der nichternen Vernunft/ die Scipio ſteckt auf/ Dir weiſen Farth und Port! wo zielt dein blinder Lauf Mit Sophonisben hin? Auf dreyer Naͤchte Luͤſte/ Auf oft-gekuͤſte Lipp’/ und vor befuͤhlte Bruͤſte; Auf ein von Scham entfernt’ und Treue-leeres Weib; Auf eine Helena/ die einen Schwanen-Leib Ein Raben-Hertze hat. Jſt die werth lieb zu haben/ Die/ den ſie heut’ umbarmt/ wuͤnſcht morgen zu begraben? Die Maſaniſſen kuͤßt/ weil noch ihr Syphax lebt? Ja ſelbſt ihm Fallen ſtellt/ und falſche Netze webt? Nein! Maſaniſſa nein! halt die Begierd’ im Zaume! Sie iſt ein giftig Zweig von Barchens Eyben-Baume/ Der die/ die unter ihr wolln ſchoͤpfen Schlaf und Ruh/ Beſchattende bringt umb; die Untergang bringt zu Und Gift zur Mitgift hat/ iſt unwerth reiner Liebe. Die Art des Crocodills iſt: daß er ſich betruͤbe/ Wenn

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/107>, abgerufen am 25.11.2024.