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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Wie seine Seel auf ihre Brust zerrinnet/
Und sie mit Balsam überthau't/
Wie er sich als ein Seiden-Wurm verspinnet/
470Und in sein Hertz Altär ihr ban't.
Denn Schönheit krieg't auch Käyser-Hertzen
Zum Opfer/ und zu Liebes-Kertzen.
Die Jungfrauen.
VErdammte Lust! geküsseten Jrenen
Muß endlich's Schwerdt ein Brautschatz seyn;
575Ja Liebe schleust als Sclavinnen die Schönen
Jn ein vergüldet Kesicht ein/
Auß denen stets die Hirnsen Honig sangen:
Daß der Gestalt gemahlter Dunst
Nur bleibt leer Wachs/ ein Zunder geiler Augen/
570Ein Talg zu Fackeln böser Brunst.
Wohl uns! die wir in rauen Schalen
Mit Perlen reiner Keuschheit pralen!
Die Frauen.
DEr Wahnwitz hat euch Prillen fürgerücket/
Daß ihr für Perlen Grauß seh't an.
585Der Einfalt Eiß hat euer Hertz bestricket:
Daß euch kein Liebreitz ziehen kan.
Doch wenn euch wird des Witzes Licht aufgehen/
Wird Traum und Jrrlicht seyn vorbey;
Denn werdet ihr recht schmecken und verstehen:
590Was Liebe für ein Labsal sey;
Ja! daß entzünden und selbst brennen
Des Himmels Vorschmack sey zu nennen.
Die Jungfrauen.
LAß't/ Schwestern/ uns für den Sirenen fliehen/
Eh' uns ihr Zauber Lied schläf't ein.
595Wir werden Brand auß diesen Kwällen ziehen/
Die von den Schlangen giftig seyn.
Wir werden uns besudeln durch diß Waschen.
Jn geile Würmer uns verkehr'n.
Weil/ sichert euch/ der Keuschheit Fenix-Aschen
600Nur Nacht-Enl'n ärgster Schmach gebehr'n;
Die Jungfrau'n aber hier auf Erden
Solln's Paradises Schwanen werden.
Die Vierdte Abhandlung.
Der Schau-Platz stellet für des Mufti Gemach.
Mufti. Mehemet. Bectas. Kiuperli. Kul-Kiahia.
Mollah.
Mufti. DAß-Missethat in sich wie Ketten sey verschrenck't/
Da eine böse That stracks an der andern henck't/
Wie Glied am Gliede folg't/ lehr't uns des Sultans Wütten.
Wie lang' ist's: daß er mir sein Antlitz ließ verbitten/
5Mir/ der ich wider'n Heisch des trauten Amurath/
Jhm zu den Zepter half? Jtzt folg't die Greuel-That
Schon auf der Ferse nach. Wird's wohl die Nachwelt glauben?
Daß Oßmans Enckel ließ zur Noth- und Unzucht rauben
Des höchsten Priesters Kind?
Mehemet. Ja/ diß ist unerhö'rt!
10Kein Sultan hat noch nie die Jnfel so vorsehr't/
So
Wie ſeine Seel auf ihre Bruſt zerrinnet/
Und ſie mit Balſam uͤberthau’t/
Wie er ſich als ein Seiden-Wurm verſpinnet/
470Und in ſein Hertz Altaͤr ihr ban’t.
Denn Schoͤnheit krieg’t auch Kaͤyſer-Hertzen
Zum Opfer/ und zu Liebes-Kertzen.
Die Jungfrauen.
VErdammte Luſt! gekuͤſſeten Jrenen
Muß endlich’s Schwerdt ein Brautſchatz ſeyn;
575Ja Liebe ſchleuſt als Sclavinnen die Schoͤnen
Jn ein verguͤldet Keſicht ein/
Auß denen ſtets die Hirnſen Honig ſangen:
Daß der Geſtalt gemahlter Dunſt
Nur bleibt leer Wachs/ ein Zunder geiler Augen/
570Ein Talg zu Fackeln boͤſer Brunſt.
Wohl uns! die wir in rauen Schalen
Mit Perlen reiner Keuſchheit pralen!
Die Frauen.
DEr Wahnwitz hat euch Prillen fuͤrgeruͤcket/
Daß ihr fuͤr Perlen Grauß ſeh’t an.
585Der Einfalt Eiß hat euer Hertz beſtricket:
Daß euch kein Liebreitz ziehen kan.
Doch wenn euch wird des Witzes Licht aufgehen/
Wird Traum und Jrꝛlicht ſeyn vorbey;
Denn werdet ihr recht ſchmecken und verſtehen:
590Was Liebe fuͤr ein Labſal ſey;
Ja! daß entzuͤnden und ſelbſt brennen
Des Himmels Vorſchmack ſey zu nennen.
Die Jungfrauen.
LAß’t/ Schweſtern/ uns fuͤr den Sirenen fliehen/
Eh’ uns ihr Zauber Lied ſchlaͤf’t ein.
595Wir werden Brand auß dieſen Kwaͤllen ziehen/
Die von den Schlangen giftig ſeyn.
Wir werden uns beſudeln durch diß Waſchen.
Jn geile Wuͤrmer uns verkehr’n.
Weil/ ſichert euch/ der Keuſchheit Fenix-Aſchen
600Nur Nacht-Enl’n aͤrgſter Schmach gebehr’n;
Die Jungfrau’n aber hier auf Erden
Solln’s Paradiſes Schwanen werden.
Die Vierdte Abhandlung.
Der Schau-Platz ſtellet fuͤr des Mufti Gemach.
Mufti. Mehemet. Bectas. Kiuperli. Kul-Kiahia.
Mollah.
Mufti. DAß-Miſſethat in ſich wie Ketten ſey verſchrenck’t/
Da eine boͤſe That ſtracks an der andern henck’t/
Wie Glied am Gliede folg’t/ lehr’t uns des Sultans Wuͤtten.
Wie lang’ iſt’s: daß er mir ſein Antlitz ließ verbitten/
5Mir/ der ich wider’n Heiſch des trauten Amurath/
Jhm zu den Zepter half? Jtzt folg’t die Greuel-That
Schon auf der Ferſe nach. Wird’s wohl die Nachwelt glauben?
Daß Oßmans Enckel ließ zur Noth- und Unzucht rauben
Des hoͤchſten Prieſters Kind?
Mehemet. Ja/ diß iſt unerhoͤ’rt!
10Kein Sultan hat noch nie die Jnfel ſo vorſehr’t/
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[36/0054] Wie ſeine Seel auf ihre Bruſt zerrinnet/ Und ſie mit Balſam uͤberthau’t/ Wie er ſich als ein Seiden-Wurm verſpinnet/ Und in ſein Hertz Altaͤr ihr ban’t. Denn Schoͤnheit krieg’t auch Kaͤyſer-Hertzen Zum Opfer/ und zu Liebes-Kertzen. Die Jungfrauen. VErdammte Luſt! gekuͤſſeten Jrenen Muß endlich’s Schwerdt ein Brautſchatz ſeyn; Ja Liebe ſchleuſt als Sclavinnen die Schoͤnen Jn ein verguͤldet Keſicht ein/ Auß denen ſtets die Hirnſen Honig ſangen: Daß der Geſtalt gemahlter Dunſt Nur bleibt leer Wachs/ ein Zunder geiler Augen/ Ein Talg zu Fackeln boͤſer Brunſt. Wohl uns! die wir in rauen Schalen Mit Perlen reiner Keuſchheit pralen! Die Frauen. DEr Wahnwitz hat euch Prillen fuͤrgeruͤcket/ Daß ihr fuͤr Perlen Grauß ſeh’t an. Der Einfalt Eiß hat euer Hertz beſtricket: Daß euch kein Liebreitz ziehen kan. Doch wenn euch wird des Witzes Licht aufgehen/ Wird Traum und Jrꝛlicht ſeyn vorbey; Denn werdet ihr recht ſchmecken und verſtehen: Was Liebe fuͤr ein Labſal ſey; Ja! daß entzuͤnden und ſelbſt brennen Des Himmels Vorſchmack ſey zu nennen. Die Jungfrauen. LAß’t/ Schweſtern/ uns fuͤr den Sirenen fliehen/ Eh’ uns ihr Zauber Lied ſchlaͤf’t ein. Wir werden Brand auß dieſen Kwaͤllen ziehen/ Die von den Schlangen giftig ſeyn. Wir werden uns beſudeln durch diß Waſchen. Jn geile Wuͤrmer uns verkehr’n. Weil/ ſichert euch/ der Keuſchheit Fenix-Aſchen Nur Nacht-Enl’n aͤrgſter Schmach gebehr’n; Die Jungfrau’n aber hier auf Erden Solln’s Paradiſes Schwanen werden. Die Vierdte Abhandlung. Der Schau-Platz ſtellet fuͤr des Mufti Gemach. Mufti. Mehemet. Bectas. Kiuperli. Kul-Kiahia. Mollah. Mufti. DAß-Miſſethat in ſich wie Ketten ſey verſchrenck’t/ Da eine boͤſe That ſtracks an der andern henck’t/ Wie Glied am Gliede folg’t/ lehr’t uns des Sultans Wuͤtten. Wie lang’ iſt’s: daß er mir ſein Antlitz ließ verbitten/ Mir/ der ich wider’n Heiſch des trauten Amurath/ Jhm zu den Zepter half? Jtzt folg’t die Greuel-That Schon auf der Ferſe nach. Wird’s wohl die Nachwelt glauben? Daß Oßmans Enckel ließ zur Noth- und Unzucht rauben Des hoͤchſten Prieſters Kind? Mehemet. Ja/ diß iſt unerhoͤ’rt! Kein Sultan hat noch nie die Jnfel ſo vorſehr’t/ So

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/54>, abgerufen am 25.11.2024.