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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Jhr Leib zerquetschet seyn. Wer diese Weißheit fasset/
380Sth't/ wenn er durch den Pfeil des Himmels selbst erblasset/
Ein Wütterich auf ihn das Mörder-Eisen schleifft/
Wenn Felsen auf ihn fall'n/ der Abgrund nach ihm greift
Tod/ Pein und Hencker an mit starrendem Gesichte.
Wohl! Ambre fühlestu/ mit was für reinem Lichte
385Des Himmels Güttigkeit die zarte Seel erhe'llt?
Wer heilig leb't/ schmeckt schon den Himmel in der Welt.

Ambre. Sechierpera.
Sechierp. Ja! sie kan/ wenn sie wil/ das Paradiß hier schmecken.
Ambre. Hilf Gott!
Sechierp. Sie hat für mir nicht Uhrsach zuerschrecken.
Ambre. Wo komm't die Gnad uns her: daß sie diß Hauß such't heim?
390
Sechierp. Die Biene suchet Klee und fleuch't nach Honigseim.
Ambre. Was ist für Süssigkeit bey mir für sie verborgen?
Sechierp. Man sih't die Bienen auch für ihrem König sorgen.
Ambre. Für wen/ und was hol't sie für Bienen-Zucker hier?
Sechierp. Für unsers Sultans Mund/ der so sehr lächst nach ihr.
395
Ambre. Kein solch schlecht Mägd'gen kan so einen Herrn ergetzen.
Sechierp. Es ist der Demuth Arth sich selbst verächtlich schätzen.
Ambre. Mein blödes Auge weiß von Liebes-Blicken nicht.
Sechierp. Wir: daß auß ihrer Nacht entzündend Blitz außbricht.
Ambre. Kein Scharlach blüm't den Mund/ kein Purper deck't die Wangen.
400
Sechierp. Wir sehn's: daß beyde ja wie Morgen-Rosen prangen.
Ambre. Dem Athem fehl't Zibeth/ die Brüst ist Perlen-leer.
Sechierp. Hier brenn't lebendig Schnee/ dort quillet Bisam her.
Ambre. Was sol die/ die der Fürst selbst nie geseh'n hat/ taugen?
Sechierp. Die Zung ist's Hertzens Both/ und Leiterin der Augen.
405
Ambre. Welch eine leitet denn des Sultans Aug auf mich?
Sechierp. Die dich itzt preiß't/ und sich hat längst verlieb't in dich.
Ambre. Du hast mich schöner ihm/ als ich bin/ fürgemahlet.
Sechierp. Von dir wird iede Farb und Lob-Red überstrahlet.
Ambre. Die Liebe weisser Haut ist ein bald fallend Stern.
410
Sechierp. Jn schönen Gliedern steckt ein schöner Seelen-Kern.
Ambre. Wer nur den Augen glaub't/ umbarm't oft todte Schatten.
Sechierp. Solln Pfau und Tauben denn sich mit den Eulen gatten?
Ambre. Der Bien und Ameiß Fleiß sticht Pfauen-Federn weg.
Sechierp. Sie Ambre sucht in sich vergebens Narb und Fleck.
415
Ambre. Jedweder kenn't an sich am meisten die Gebrechen.
Sechierp. Jm Lieben darf nur der/ der lieb't/ den Wahl-spruch sprechen.
Ambre. Man sprich't umbsonst für die/ die gar nicht lieben kan.
Sechierp. Wie mag ihr Ambra wohl dich/ Ambre/ stincken an?
Ambre. Wer Tugend-Raute pflantz't/ läß't andern Lust-geblüme.
420
Sechierp. So glaub'stu: daß sich's gar zu lieben nicht gezieme?
Ambre. Nicht Ambren/ die sich längst verlob't der Keuschheit hat.
Sechierp. Wer gib't Einfältige/ dir diesem albern Rath?
Ambre. Die Tugend hat in mir selbst dieses Ziel gestecket.
Sechierp. Ein Kind wirff't Zucker weg/ das Zucker nie geschmecket.
425
Ambre. Diß Blumwerck decket Molch/ und dieses Zucker Gift.
Sechierp. Was ist hier giftiges; daß die Verliebten trift?
Ambre. Der Seele Schönheit wird beflecket und verzehret.
Sechierp. Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenstern verkehret?
Ambre. Jhr Buhle Maroth biß't in Bebils Pfule noch.
430
Sechierp. Kost einmal süsses Kind/ so süsse Speisen doch!
Ambre. Diß Gift ist's tödlichste; das gar nicht bitter schmecket.
Sechierp. Glaub's: daß kein Stachel nicht im Wollust-Honig stecket.
Ambre. Die Geilheit frist sich selbst mit stetem Hunger ab.
Sechierp. Sey sicher: daß solch Durst selbst Nectar in sich hab?
435
Ambre. Ein keusches Hertz ist ihm selbst eine süsse Speise.
Sechierp. Du lab'st mit Eckel dich/ und wärmest dich mit Eise.
Ambre. Dem schmecket Wermuth-Saltz/ dem andern Fenchel wohl.
Sechierp. Du bist für Wahnwitz blind.
Ambre. Jch sehe was ich sol.
Sechierp. Du bist dir selber gram/ und hassest/ was dich liebet.
440
Ambre. Der lieb't sich nicht/ der sich der Brunst zum Sclaven gibet.
Sechierp.! Sag's/ ob die/ die beherrscht den Käyser/ Sclavin sey?
Ambre. Die Sultaninnen gehn in güld'nen Fesseln frey.
Sechierp. Solch gülde Keficht sind Zierde/ keine Banden.
Ambre. Jn meiner Freyheit ist unschätzbar Gold verhanden.
Des
Jhr Leib zerquetſchet ſeyn. Wer dieſe Weißheit faſſet/
380Sth’t/ wenn er durch den Pfeil des Himmels ſelbſt erblaſſet/
Ein Wuͤtterich auf ihn das Moͤrder-Eiſen ſchleifft/
Wenn Felſen auf ihn fall’n/ der Abgrund nach ihm greift
Tod/ Pein und Hencker an mit ſtarrendem Geſichte.
Wohl! Ambre fuͤhleſtu/ mit was fuͤr reinem Lichte
385Des Himmels Guͤttigkeit die zarte Seel erhe’llt?
Wer heilig leb’t/ ſchmeckt ſchon den Himmel in der Welt.

Ambre. Sechierpera.
Sechierp. Ja! ſie kan/ wenn ſie wil/ das Paradiß hier ſchmecken.
Ambre. Hilf Gott!
Sechierp. Sie hat fuͤr mir nicht Uhrſach zuerſchrecken.
Ambre. Wo komm’t die Gnad uns her: daß ſie diß Hauß ſuch’t heim?
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Sechierp. Die Biene ſuchet Klee und fleuch’t nach Honigſeim.
Ambre. Was iſt fuͤr Suͤſſigkeit bey mir fuͤr ſie verborgen?
Sechierp. Man ſih’t die Bienen auch fuͤr ihrem Koͤnig ſorgen.
Ambre. Fuͤr wen/ und was hol’t ſie fuͤr Bienen-Zucker hier?
Sechierp. Fuͤr unſers Sultans Mund/ der ſo ſehr laͤchſt nach ihr.
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Ambre. Kein ſolch ſchlecht Maͤgd’gen kan ſo einen Herrn ergetzen.
Sechierp. Es iſt der Demuth Arth ſich ſelbſt veraͤchtlich ſchaͤtzen.
Ambre. Mein bloͤdes Auge weiß von Liebes-Blicken nicht.
Sechierp. Wir: daß auß ihrer Nacht entzuͤndend Blitz außbricht.
Ambre. Kein Scharlach bluͤm’t den Mund/ kein Purper deck’t die Wangen.
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Sechierp. Wir ſehn’s: daß beyde ja wie Morgen-Roſen prangen.
Ambre. Dem Athem fehl’t Zibeth/ die Bruͤſt iſt Perlen-leer.
Sechierp. Hier brenn’t lebendig Schnee/ dort quillet Biſam her.
Ambre. Was ſol die/ die der Fuͤrſt ſelbſt nie geſeh’n hat/ taugen?
Sechierp. Die Zung iſt’s Hertzens Both/ und Leiterin der Augen.
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Ambre. Welch eine leitet denn des Sultans Aug auf mich?
Sechierp. Die dich itzt preiß’t/ und ſich hat laͤngſt verlieb’t in dich.
Ambre. Du haſt mich ſchoͤner ihm/ als ich bin/ fuͤrgemahlet.
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Ambre. Die Liebe weiſſer Haut iſt ein bald fallend Stern.
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Sechierp. Jn ſchoͤnen Gliedern ſteckt ein ſchoͤner Seelen-Kern.
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Sechierp. Sie Ambre ſucht in ſich vergebens Narb und Fleck.
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Ambre. Diß Blumwerck decket Molch/ und dieſes Zucker Gift.
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Sechierp. Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenſtern verkehret?
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[21/0039] Jhr Leib zerquetſchet ſeyn. Wer dieſe Weißheit faſſet/ Sth’t/ wenn er durch den Pfeil des Himmels ſelbſt erblaſſet/ Ein Wuͤtterich auf ihn das Moͤrder-Eiſen ſchleifft/ Wenn Felſen auf ihn fall’n/ der Abgrund nach ihm greift Tod/ Pein und Hencker an mit ſtarrendem Geſichte. Wohl! Ambre fuͤhleſtu/ mit was fuͤr reinem Lichte Des Himmels Guͤttigkeit die zarte Seel erhe’llt? Wer heilig leb’t/ ſchmeckt ſchon den Himmel in der Welt. Ambre. Sechierpera. Sechierp. Ja! ſie kan/ wenn ſie wil/ das Paradiß hier ſchmecken. Ambre. Hilf Gott! Sechierp. Sie hat fuͤr mir nicht Uhrſach zuerſchrecken. Ambre. Wo komm’t die Gnad uns her: daß ſie diß Hauß ſuch’t heim? Sechierp. Die Biene ſuchet Klee und fleuch’t nach Honigſeim. Ambre. Was iſt fuͤr Suͤſſigkeit bey mir fuͤr ſie verborgen? Sechierp. Man ſih’t die Bienen auch fuͤr ihrem Koͤnig ſorgen. Ambre. Fuͤr wen/ und was hol’t ſie fuͤr Bienen-Zucker hier? Sechierp. Fuͤr unſers Sultans Mund/ der ſo ſehr laͤchſt nach ihr. Ambre. Kein ſolch ſchlecht Maͤgd’gen kan ſo einen Herrn ergetzen. Sechierp. Es iſt der Demuth Arth ſich ſelbſt veraͤchtlich ſchaͤtzen. Ambre. Mein bloͤdes Auge weiß von Liebes-Blicken nicht. Sechierp. Wir: daß auß ihrer Nacht entzuͤndend Blitz außbricht. Ambre. Kein Scharlach bluͤm’t den Mund/ kein Purper deck’t die Wangen. Sechierp. Wir ſehn’s: daß beyde ja wie Morgen-Roſen prangen. Ambre. Dem Athem fehl’t Zibeth/ die Bruͤſt iſt Perlen-leer. Sechierp. Hier brenn’t lebendig Schnee/ dort quillet Biſam her. Ambre. Was ſol die/ die der Fuͤrſt ſelbſt nie geſeh’n hat/ taugen? Sechierp. Die Zung iſt’s Hertzens Both/ und Leiterin der Augen. Ambre. Welch eine leitet denn des Sultans Aug auf mich? Sechierp. Die dich itzt preiß’t/ und ſich hat laͤngſt verlieb’t in dich. Ambre. Du haſt mich ſchoͤner ihm/ als ich bin/ fuͤrgemahlet. Sechierp. Von dir wird iede Farb und Lob-Red uͤberſtrahlet. Ambre. Die Liebe weiſſer Haut iſt ein bald fallend Stern. Sechierp. Jn ſchoͤnen Gliedern ſteckt ein ſchoͤner Seelen-Kern. Ambre. Wer nur den Augen glaub’t/ umbarm’t oft todte Schatten. Sechierp. Solln Pfau und Tauben denn ſich mit den Eulen gatten? Ambre. Der Bien und Ameiß Fleiß ſticht Pfauen-Federn weg. Sechierp. Sie Ambre ſucht in ſich vergebens Narb und Fleck. Ambre. Jedweder kenn’t an ſich am meiſten die Gebrechen. Sechierp. Jm Lieben darf nur der/ der lieb’t/ den Wahl-ſpruch ſprechen. Ambre. Man ſprich’t umbſonſt fuͤr die/ die gar nicht lieben kan. Sechierp. Wie mag ihr Ambra wohl dich/ Ambre/ ſtincken an? Ambre. Wer Tugend-Raute pflantz’t/ laͤß’t andern Luſt-gebluͤme. Sechierp. So glaub’ſtu: daß ſich’s gar zu lieben nicht gezieme? Ambre. Nicht Ambren/ die ſich laͤngſt verlob’t der Keuſchheit hat. Sechierp. Wer gib’t Einfaͤltige/ dir dieſem albern Rath? Ambre. Die Tugend hat in mir ſelbſt dieſes Ziel geſtecket. Sechierp. Ein Kind wirff’t Zucker weg/ das Zucker nie geſchmecket. Ambre. Diß Blumwerck decket Molch/ und dieſes Zucker Gift. Sechierp. Was iſt hier giftiges; daß die Verliebten trift? Ambre. Der Seele Schoͤnheit wird beflecket und verzehret. Sechierp. Hat nicht die Lieb ein Weib in Morgenſtern verkehret? Ambre. Jhr Buhle Maroth biß’t in Bebils Pfule noch. Sechierp. Koſt einmal ſuͤſſes Kind/ ſo ſuͤſſe Speiſen doch! Ambre. Diß Gift iſt’s toͤdlichſte; das gar nicht bitter ſchmecket. Sechierp. Glaub’s: daß kein Stachel nicht im Wolluſt-Honig ſtecket. Ambre. Die Geilheit friſt ſich ſelbſt mit ſtetem Hunger ab. Sechierp. Sey ſicher: daß ſolch Durſt ſelbſt Nectar in ſich hab? Ambre. Ein keuſches Hertz iſt ihm ſelbſt eine ſuͤſſe Speiſe. Sechierp. Du lab’ſt mit Eckel dich/ und waͤrmeſt dich mit Eiſe. Ambre. Dem ſchmecket Wermuth-Saltz/ dem andern Fenchel wohl. Sechierp. Du biſt fuͤr Wahnwitz blind. Ambre. Jch ſehe was ich ſol. Sechierp. Du biſt dir ſelber gram/ und haſſeſt/ was dich liebet. Ambre. Der lieb’t ſich nicht/ der ſich der Brunſt zum Sclaven gibet. Sechierp.! Sag’s/ ob die/ die beherꝛſcht den Kaͤyſer/ Sclavin ſey? Ambre. Die Sultaninnen gehn in guͤld’nen Feſſeln frey. Sechierp. Solch guͤlde Keficht ſind Zierde/ keine Banden. Ambre. Jn meiner Freyheit iſt unſchaͤtzbar Gold verhanden. Des

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/39>, abgerufen am 23.11.2024.