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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
bruch an: daß Mithridates den Taurischen
Chersonesus besässe; weil die Römer allen Asia-
tischen Königen in Europa überzusetzen verbo-
ten hatten; und durch so viel Bündniße nichts
anders als Rom zu bekriegen anzielte. Wie nun
Pelopidas keine Aus richtung erhielt/ sondern
nach zweydeutiger Antwort aus dem Rathhau-
se zu gehen genöthiget ward; waffnete Mithri-
dates auf erhaltene Nachricht in seinem gantzen
Reiche; schickte seinen Sohn Ariarathes in Cap-
padocien und entsetzte wie ein durchdringender
Blitz den Ariobarzanes zum dritten mahl selbi-
gen Reiches; den Pelopidas aber und Nican-
dern nach Rom/ zum Römischen Feld-Herrn
Maltinus/ mit der Andeutung: Sie solten ih-
rer gleißnerischen Freundschafft ein Ende ma-
then/ ihm wieder Nicomeden Recht verhelffen/
oder er würde es selbst thun. Seine Hoheit
litte es nicht: daß er nach ihm abgenommenen
Phrygien/ welches sein Vater für die den Rö-
mern geleistete Hülffe/ oder vielmehr für viel
Gold bekommen/ Cappadocien/ welches seinen
Vor Eltern zugestanden/ endlich das durch
Kriegs-Recht gewonnene Bithynien noch im-
mer mehr ihm auf den Fuß treten ließe. Der
Geist seines tapffern Vaters Evergetes/ der
ihm ein zwantzig-hundert-tausend Schritte lan-
ges Gebiete verlassen/ würde ihn beunruhigen;
die von ihm bezwungenen Colchier/ Scythen
und Sarmater an dem Euxinischen Meere
würden ihn mit Rechte nicht länger zu ihrem
Haupte erdulden/ wenn er sich zum Gauckel-
Spiele eines weibischen Bithyniers machen
liesse. Sie möchten also entweder mit der
Rechts-Hülffe einen redlichen Frieden/ oder den
Krieg erwehlen/ da sie nicht nur mit ihm/ sondern
mit Parthern/ Armeniern/ Thraciern/ Bastar-
nen/ Scythen/ Tauriskern/ Deutschen und al-
len zwischen dem Tanais und Jster wohnenden
Völckern mehr/ als sie meinten/ zu thun bekom-
men würden. Die Pontischen Gesandten aber
wurden schimpflich abgewiesen; und derogestalt
[Spaltenumbruch] beyderseits die eifrigste Kriegs-Rüstung für die
Hand genommen. Lucius Caßius brachte aus
seinem Pergamenischen Asien/ Phrygien/ und
des Galatischen Fürsten Teporgis deutschen
Hülffs-Völckern viertzig tausend Mann zusam-
men/ und theilte sie mit dem Aqvilius und Ap-
pius Claudius. Minutius Rufus hatte im
Pamphilischen Meere eine Schiffs-Flotte bey
der Hand; und Cajus Popillius verwahrte mit
einer andern den Mund der Thracischen Meer-
Enge. Nicomedes führte absonderlich sechs und
funffzig tausend Kriegs-Leute ins Feld. Mi-
thridatens zwey tapfere Feld-Hauptleute Neo-
ptolemus und Archelaus begegneten ihm am
Flusse Amnia mit dem an dem leichtesten
Kriegs-Volcke bestehenden Vortrabe; Mithri-
datens Sohn Arcathias führte darbey fünff tau-
send Armenische/ und Nordbert drey tausend
deutsche Reuter. Dieser und Archelaus blieb in
einem Thale mit hundert Sichel-Wagen zum
Hinterhalte stehen; Neoptolemus und Arcathi-
as aber nahmen wegen der ihnen an Menge ü-
berlegenen Bithynier eine felsichte Höhe ein.
Nach eines halben Tages vortheilhaffter und
tapferer Gegenwehr aber trieb Nicomedes die
Pontischen Völcker vom Berge/ und in die
Flucht. Alleine Archelaus und Nordbert gien-
gen den Bithyniern so ernstlich in die Seite: daß
es sie vergieng die Flüchtigen zu verfolgen; son-
dern Nicomedes muste gegen diese strengen
Feinde eine neue Schlacht-Ordnung machen.
Hierüber brachen die hundert Streit-Wagen
ein; welche mit denen sich an Sicheln und Rä-
dern anhängenden zerfleischten Menschen noch
mehr Schrecken als Schaden verursachten.
Neoptolemus und Ar[c]athias triegten inzwi-
schen Lufft sich wieder zu setzen; gin gen auch den
Bithyniern so hertzhaft in Rücken: daß Nicome-
des/ nach dem er unterschiedene mahl die Lücken
seines getrennten Heer es gäntzt hatte; zuletzta-
ber alle Verfassung über einen Hauffen geworf-
fen ward/ muste er nur mit wenigem Adel seiner

Leib-

Sechſtes Buch
bruch an: daß Mithridates den Tauriſchen
Cherſoneſus beſaͤſſe; weil die Roͤmer allen Aſia-
tiſchen Koͤnigen in Europa uͤberzuſetzen verbo-
ten hatten; und durch ſo viel Buͤndniße nichts
anders als Rom zu bekriegen anzielte. Wie nun
Pelopidas keine Aus richtung erhielt/ ſondern
nach zweydeutiger Antwort aus dem Rathhau-
ſe zu gehen genoͤthiget ward; waffnete Mithri-
dates auf erhaltene Nachricht in ſeinem gantzen
Reiche; ſchickte ſeinen Sohn Ariarathes in Cap-
padocien und entſetzte wie ein durchdringender
Blitz den Ariobarzanes zum dritten mahl ſelbi-
gen Reiches; den Pelopidas aber und Nican-
dern nach Rom/ zum Roͤmiſchen Feld-Herrn
Maltinus/ mit der Andeutung: Sie ſolten ih-
rer gleißneriſchen Freundſchafft ein Ende ma-
then/ ihm wieder Nicomeden Recht verhelffen/
oder er wuͤrde es ſelbſt thun. Seine Hoheit
litte es nicht: daß er nach ihm abgenommenen
Phrygien/ welches ſein Vater fuͤr die den Roͤ-
mern geleiſtete Huͤlffe/ oder vielmehr fuͤr viel
Gold bekommen/ Cappadocien/ welches ſeinen
Vor Eltern zugeſtanden/ endlich das durch
Kriegs-Recht gewonnene Bithynien noch im-
mer mehr ihm auf den Fuß treten ließe. Der
Geiſt ſeines tapffern Vaters Evergetes/ der
ihm ein zwantzig-hundeꝛt-tauſend Schritte lan-
ges Gebiete verlaſſen/ wuͤrde ihn beunruhigen;
die von ihm bezwungenen Colchier/ Scythen
und Sarmater an dem Euxiniſchen Meere
wuͤrden ihn mit Rechte nicht laͤnger zu ihrem
Haupte erdulden/ wenn er ſich zum Gauckel-
Spiele eines weibiſchen Bithyniers machen
lieſſe. Sie moͤchten alſo entweder mit der
Rechts-Huͤlffe einen redlichen Frieden/ oder den
Krieg eꝛwehlen/ da ſie nicht nuꝛ mit ihm/ ſondeꝛn
mit Parthern/ Armeniern/ Thraciern/ Baſtar-
nen/ Scythen/ Tauriskern/ Deutſchen und al-
len zwiſchen dem Tanais und Jſter wohnenden
Voͤlckern mehr/ als ſie meinten/ zu thun bekom-
men wuͤrden. Die Pontiſchen Geſandten aber
wurden ſchimpflich abgewieſen; und derogeſtalt
[Spaltenumbruch] beyderſeits die eifrigſte Kriegs-Ruͤſtung fuͤr die
Hand genommen. Lucius Caßius brachte aus
ſeinem Pergameniſchen Aſien/ Phrygien/ und
des Galatiſchen Fuͤrſten Teporgis deutſchen
Huͤlffs-Voͤlckern viertzig tauſend Mañ zuſam-
men/ und theilte ſie mit dem Aqvilius und Ap-
pius Claudius. Minutius Rufus hatte im
Pamphiliſchen Meere eine Schiffs-Flotte bey
der Hand; und Cajus Popillius verwahrte mit
einer andeꝛn den Mund der Thraciſchen Meeꝛ-
Enge. Nicomedes fuͤhrte abſonderlich ſechs und
funffzig tauſend Kriegs-Leute ins Feld. Mi-
thridatens zwey tapfere Feld-Hauptleute Neo-
ptolemus und Archelaus begegneten ihm am
Fluſſe Amnia mit dem an dem leichteſten
Kriegs-Volcke beſtehenden Vortꝛabe; Mithri-
datens Sohn Arcathias fuͤhrte darbey fuͤnff tau-
ſend Armeniſche/ und Nordbert drey tauſend
deutſche Reuter. Dieſer und Archelaus blieb in
einem Thale mit hundert Sichel-Wagen zum
Hinterhalte ſtehen; Neoptolemus und Arcathi-
as aber nahmen wegen der ihnen an Menge uͤ-
berlegenen Bithynier eine felſichte Hoͤhe ein.
Nach eines halben Tages vortheilhaffter und
tapferer Gegenwehr aber trieb Nicomedes die
Pontiſchen Voͤlcker vom Berge/ und in die
Flucht. Alleine Archelaus und Nordbert gien-
gen den Bithyniern ſo ernſtlich in die Seite: daß
es ſie vergieng die Fluͤchtigen zu verfolgen; ſon-
dern Nicomedes muſte gegen dieſe ſtrengen
Feinde eine neue Schlacht-Ordnung machen.
Hieruͤber brachen die hundert Streit-Wagen
ein; welche mit denen ſich an Sicheln und Raͤ-
dern anhaͤngenden zerfleiſchten Menſchen noch
mehr Schrecken als Schaden verurſachten.
Neoptolemus und Ar[c]athias triegten inzwi-
ſchen Lufft ſich wieder zu ſetzen; gin gen auch den
Bithyniern ſo heꝛtzhaft in Ruͤcken: daß Nicome-
des/ nach dem er unterſchiedene mahl die Luͤcken
ſeines getreñten Heer es gaͤntzt hatte; zuletzta-
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[932[934]/0994] Sechſtes Buch bruch an: daß Mithridates den Tauriſchen Cherſoneſus beſaͤſſe; weil die Roͤmer allen Aſia- tiſchen Koͤnigen in Europa uͤberzuſetzen verbo- ten hatten; und durch ſo viel Buͤndniße nichts anders als Rom zu bekriegen anzielte. Wie nun Pelopidas keine Aus richtung erhielt/ ſondern nach zweydeutiger Antwort aus dem Rathhau- ſe zu gehen genoͤthiget ward; waffnete Mithri- dates auf erhaltene Nachricht in ſeinem gantzen Reiche; ſchickte ſeinen Sohn Ariarathes in Cap- padocien und entſetzte wie ein durchdringender Blitz den Ariobarzanes zum dritten mahl ſelbi- gen Reiches; den Pelopidas aber und Nican- dern nach Rom/ zum Roͤmiſchen Feld-Herrn Maltinus/ mit der Andeutung: Sie ſolten ih- rer gleißneriſchen Freundſchafft ein Ende ma- then/ ihm wieder Nicomeden Recht verhelffen/ oder er wuͤrde es ſelbſt thun. Seine Hoheit litte es nicht: daß er nach ihm abgenommenen Phrygien/ welches ſein Vater fuͤr die den Roͤ- mern geleiſtete Huͤlffe/ oder vielmehr fuͤr viel Gold bekommen/ Cappadocien/ welches ſeinen Vor Eltern zugeſtanden/ endlich das durch Kriegs-Recht gewonnene Bithynien noch im- mer mehr ihm auf den Fuß treten ließe. Der Geiſt ſeines tapffern Vaters Evergetes/ der ihm ein zwantzig-hundeꝛt-tauſend Schritte lan- ges Gebiete verlaſſen/ wuͤrde ihn beunruhigen; die von ihm bezwungenen Colchier/ Scythen und Sarmater an dem Euxiniſchen Meere wuͤrden ihn mit Rechte nicht laͤnger zu ihrem Haupte erdulden/ wenn er ſich zum Gauckel- Spiele eines weibiſchen Bithyniers machen lieſſe. Sie moͤchten alſo entweder mit der Rechts-Huͤlffe einen redlichen Frieden/ oder den Krieg eꝛwehlen/ da ſie nicht nuꝛ mit ihm/ ſondeꝛn mit Parthern/ Armeniern/ Thraciern/ Baſtar- nen/ Scythen/ Tauriskern/ Deutſchen und al- len zwiſchen dem Tanais und Jſter wohnenden Voͤlckern mehr/ als ſie meinten/ zu thun bekom- men wuͤrden. Die Pontiſchen Geſandten aber wurden ſchimpflich abgewieſen; und derogeſtalt beyderſeits die eifrigſte Kriegs-Ruͤſtung fuͤr die Hand genommen. Lucius Caßius brachte aus ſeinem Pergameniſchen Aſien/ Phrygien/ und des Galatiſchen Fuͤrſten Teporgis deutſchen Huͤlffs-Voͤlckern viertzig tauſend Mañ zuſam- men/ und theilte ſie mit dem Aqvilius und Ap- pius Claudius. Minutius Rufus hatte im Pamphiliſchen Meere eine Schiffs-Flotte bey der Hand; und Cajus Popillius verwahrte mit einer andeꝛn den Mund der Thraciſchen Meeꝛ- Enge. Nicomedes fuͤhrte abſonderlich ſechs und funffzig tauſend Kriegs-Leute ins Feld. Mi- thridatens zwey tapfere Feld-Hauptleute Neo- ptolemus und Archelaus begegneten ihm am Fluſſe Amnia mit dem an dem leichteſten Kriegs-Volcke beſtehenden Vortꝛabe; Mithri- datens Sohn Arcathias fuͤhrte darbey fuͤnff tau- ſend Armeniſche/ und Nordbert drey tauſend deutſche Reuter. Dieſer und Archelaus blieb in einem Thale mit hundert Sichel-Wagen zum Hinterhalte ſtehen; Neoptolemus und Arcathi- as aber nahmen wegen der ihnen an Menge uͤ- berlegenen Bithynier eine felſichte Hoͤhe ein. Nach eines halben Tages vortheilhaffter und tapferer Gegenwehr aber trieb Nicomedes die Pontiſchen Voͤlcker vom Berge/ und in die Flucht. Alleine Archelaus und Nordbert gien- gen den Bithyniern ſo ernſtlich in die Seite: daß es ſie vergieng die Fluͤchtigen zu verfolgen; ſon- dern Nicomedes muſte gegen dieſe ſtrengen Feinde eine neue Schlacht-Ordnung machen. Hieruͤber brachen die hundert Streit-Wagen ein; welche mit denen ſich an Sicheln und Raͤ- dern anhaͤngenden zerfleiſchten Menſchen noch mehr Schrecken als Schaden verurſachten. Neoptolemus und Arcathias triegten inzwi- ſchen Lufft ſich wieder zu ſetzen; gin gen auch den Bithyniern ſo heꝛtzhaft in Ruͤcken: daß Nicome- des/ nach dem er unterſchiedene mahl die Luͤcken ſeines getreñten Heer es gaͤntzt hatte; zuletzta- ber alle Verfaſſung uͤber einen Hauffen geworf- fen ward/ muſte er nur mit wenigem Adel ſeiner Leib-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 932[934]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/994>, abgerufen am 23.11.2024.