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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] auch wegen ermangelnden Hauptes auszuüben
sie wenig Müh und Zeit kostete. Biß hieher
waren die deutschen Mithridates treue Werck-
zeuge seiner vielen Siege gewest; als er aber so
nahe Galatien grasete/ fingen sie an den grossen
Schotten zu empfinden/ mit dem dieser mäch-
tige Riese sie zu dämpffen anfing/ und also ihrer
Schantze durch klugen Argwohn wahrzuneh-
men. Marius kam hierüber unter dem Scheine
eines der Cybele im Cimbrischen Kriege zu bau-
en gelobten Tempels in Asten; sein wahrer
Zweck aber war die Gemüther und Verfassun-
gen der Asiatischen Könige auszuk und schafften.
Und weil er nun im Friede sein Ansehen ver-
welcken sahe/ daselbst Drachen-Zähne zum
Wachsthume eines neuen Krieges auszusäen.
Dieser kam auch nach Sinope zum Mithrida-
tes; da er denn nach genossenen vielen Ehren
und bezeugter grosser Vertrauligkeit dem Köni-
ge in ein Ohr sagte: Er müste entweder lernen
den Römern gehorsamen/ oder sich mächtiger
machen als sie wären. Mithridaten war diß ge-
nung. Daher hielt er nun nicht mehr für rath-
sam seine Klauen zu zeigen/ und wolte vielmehr
denen seine Heimligkeiten ausspürenden Römern
zuvor kommen. Daher fiel er als ein Blitz in Cap-
podocien ein/ erlegte seiner Schwester Laodice
Mann den König Ariarathes/ und bemächtig-
te sich des gantzen Reiches. Ehe er aber diß
völlig einnahm/ kamen auff der Deutschen
heimliche Nachricht Römische Gesandten in A-
sten/ welche so wol Mithridaten als Nicome-
den alles gewonnene wieder abtreten hiessen.
Nicomedes erklärte sich zu gehorsamen; Gab
aber halb Paphlagonien seinem Sohne und zu-
gleich einen neuen Nahmen Pylemenes Allein
Mithridates sagte: Paphlagonien wäre schon
seinem Vater zugefallen; Daher sie ihm zu spat
seine Erbschafft streitig machten. So bald auch
er mit Cappadocien fertig war/ fiel er mit gan-
tzer Macht in Galatien ein; weil die Deutschen
ihre Hülffs-Völcker zu Hause geruffen/ und sei-
[Spaltenumbruch] nem Verdachte nach bey den Römern geklagt
hatten. Die Deutschen begegneten zwar mit
weniger Macht aber mit unverzagtem Muthe
dem Mithridates/ biß eine neue Bothschafft von
Rom kam; welche ihn aus Galatien zu weichen/
und denen Scythen die am Boristhenes mitler
Zeit abgenommene Stadt Olbia/ wie auch den
Tempel der Ceres zu räumen durch von ferne
gezeigte Waffen bewegte. Die Deutschen
wurden hiermit nicht allein der Römer/ sondern
auch Nicomedens Bundsgenossen; und Mi-
thridaten so viel mehr ein Dorn in Augen. Ni-
comedes heyrathete hierauff Laodicen Ariara-
thens Wittib; Und weil er mit dieser etliche fe-
ste Schlösser bekam; bemächtigte er sich mit
Hülffe der Deutschen der Städte Saralus/
Landosia und Senatra. Aber Mithridates
kam als ein Falcke dahin geflogen; eroberte
das verlohrne/ und setzte des durch den Cappa-
docischen Uberläuffer Gordius erlegten Kö-
nigs Ariarathes Sohn daselbst zum Könige ein.
Nicomedes muste diesen edlen Fürwand des
Mithridates ihm belieben lassen; nach zweyen
Monathen aber rückte er mit neuer Heeres-
Krafft wieder in Cappadocien; weil der junge
Ariarathes dem Gordius nicht das halbe Kö-
nigreich abtreten wolte. Dieser aber kriegte
von Deutschen/ Bithyniern und Bastarnen in
kurtzer Zeit so viel Hülffe: daß Mithridates mit
achzigtausenden zu Fuß/ zehntausenden zu Ros-
se und sechs hundert Streit-Wagen nicht zu
schlagen getraute; Besonders da fünff hundert
deutsche Reuter wol zwey tausend seines Vor-
trabs in die Flucht gejagt hatten. Daher nahm
er seine Zuflucht zur Arglist; und nach dem er
Ariarathen unter einer freundlichen Unterre-
dung vom Frieden bewegt hatte/ stach er ihm
im Angesichte beyder Heere einen Dolch in
Bauch. Dieser Fall des Hauptes nahm denen
ohne diß unter einander zwistigen Cappadoci-
ern das Hertze: daß ein Theil die Flucht ergriff/
das andere zum Mithridates freywillig über-

gieng.
Erster Theil. B b b b b b

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] auch wegen ermangelnden Hauptes auszuuͤben
ſie wenig Muͤh und Zeit koſtete. Biß hieher
waren die deutſchen Mithridates treue Werck-
zeuge ſeiner vielen Siege geweſt; als er aber ſo
nahe Galatien graſete/ fingen ſie an den groſſen
Schotten zu empfinden/ mit dem dieſer maͤch-
tige Rieſe ſie zu daͤmpffen anfing/ und alſo ihrer
Schantze durch klugen Argwohn wahrzuneh-
men. Marius kam hieruͤber unter dem Scheine
eines der Cybele im Cimbriſchen Kriege zu bau-
en gelobten Tempels in Aſten; ſein wahrer
Zweck aber war die Gemuͤther und Verfaſſun-
gen der Aſiatiſchen Koͤnige auszuk und ſchafften.
Und weil er nun im Friede ſein Anſehen ver-
welcken ſahe/ daſelbſt Drachen-Zaͤhne zum
Wachsthume eines neuen Krieges auszuſaͤen.
Dieſer kam auch nach Sinope zum Mithrida-
tes; da er denn nach genoſſenen vielen Ehren
und bezeugter groſſer Vertrauligkeit dem Koͤni-
ge in ein Ohr ſagte: Er muͤſte entweder lernen
den Roͤmern gehorſamen/ oder ſich maͤchtiger
machen als ſie waͤren. Mithridaten war diß ge-
nung. Daher hielt er nun nicht mehr fuͤr rath-
ſam ſeine Klauen zu zeigen/ und wolte vielmehr
denẽ ſeine Heimligkeiten ausſpuͤrenden Roͤmern
zuvor kom̃en. Daher fiel er als ein Blitz in Cap-
podocien ein/ erlegte ſeiner Schweſter Laodice
Mann den Koͤnig Ariarathes/ und bemaͤchtig-
te ſich des gantzen Reiches. Ehe er aber diß
voͤllig einnahm/ kamen auff der Deutſchen
heimliche Nachricht Roͤmiſche Geſandten in A-
ſten/ welche ſo wol Mithridaten als Nicome-
den alles gewonnene wieder abtreten hieſſen.
Nicomedes erklaͤrte ſich zu gehorſamen; Gab
aber halb Paphlagonien ſeinem Sohne und zu-
gleich einen neuen Nahmen Pylemenes Allein
Mithridates ſagte: Paphlagonien waͤre ſchon
ſeinem Vater zugefallen; Daher ſie ihm zu ſpat
ſeine Erbſchafft ſtreitig machten. So bald auch
er mit Cappadocien fertig war/ fiel er mit gan-
tzer Macht in Galatien ein; weil die Deutſchen
ihre Huͤlffs-Voͤlcker zu Hauſe geruffen/ und ſei-
[Spaltenumbruch] nem Verdachte nach bey den Roͤmern geklagt
hatten. Die Deutſchen begegneten zwar mit
weniger Macht aber mit unverzagtem Muthe
dem Mithridates/ biß eine neue Bothſchafft von
Rom kam; welche ihn aus Galatien zu weichen/
und denen Scythen die am Boriſthenes mitler
Zeit abgenommene Stadt Olbia/ wie auch den
Tempel der Ceres zu raͤumen durch von ferne
gezeigte Waffen bewegte. Die Deutſchen
wurden hiermit nicht allein der Roͤmer/ ſondeꝛn
auch Nicomedens Bundsgenoſſen; und Mi-
thridaten ſo viel mehr ein Dorn in Augen. Ni-
comedes heyrathete hierauff Laodicen Ariara-
thens Wittib; Und weil er mit dieſer etliche fe-
ſte Schloͤſſer bekam; bemaͤchtigte er ſich mit
Huͤlffe der Deutſchen der Staͤdte Saralus/
Landoſia und Senatra. Aber Mithridates
kam als ein Falcke dahin geflogen; eroberte
das verlohrne/ und ſetzte des durch den Cappa-
dociſchen Uberlaͤuffer Gordius erlegten Koͤ-
nigs Ariarathes Sohn daſelbſt zum Koͤnige ein.
Nicomedes muſte dieſen edlen Fuͤrwand des
Mithridates ihm belieben laſſen; nach zweyen
Monathen aber ruͤckte er mit neuer Heeres-
Krafft wieder in Cappadocien; weil der junge
Ariarathes dem Gordius nicht das halbe Koͤ-
nigreich abtreten wolte. Dieſer aber kriegte
von Deutſchen/ Bithyniern und Baſtarnen in
kurtzer Zeit ſo viel Huͤlffe: daß Mithridates mit
achzigtauſenden zu Fuß/ zehntauſenden zu Roſ-
ſe und ſechs hundert Streit-Wagen nicht zu
ſchlagen getraute; Beſonders da fuͤnff hundert
deutſche Reuter wol zwey tauſend ſeines Vor-
trabs in die Flucht gejagt hatten. Daher nahm
er ſeine Zuflucht zur Argliſt; und nach dem er
Ariarathen unter einer freundlichen Unterre-
dung vom Frieden bewegt hatte/ ſtach er ihm
im Angeſichte beyder Heere einen Dolch in
Bauch. Dieſer Fall des Hauptes nahm denen
ohne diß unter einander zwiſtigen Cappadoci-
ern das Hertze: daß ein Theil die Flucht ergriff/
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gieng.
Erſter Theil. B b b b b b
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[929[931]/0991] Arminius und Thußnelda. auch wegen ermangelnden Hauptes auszuuͤben ſie wenig Muͤh und Zeit koſtete. Biß hieher waren die deutſchen Mithridates treue Werck- zeuge ſeiner vielen Siege geweſt; als er aber ſo nahe Galatien graſete/ fingen ſie an den groſſen Schotten zu empfinden/ mit dem dieſer maͤch- tige Rieſe ſie zu daͤmpffen anfing/ und alſo ihrer Schantze durch klugen Argwohn wahrzuneh- men. Marius kam hieruͤber unter dem Scheine eines der Cybele im Cimbriſchen Kriege zu bau- en gelobten Tempels in Aſten; ſein wahrer Zweck aber war die Gemuͤther und Verfaſſun- gen der Aſiatiſchen Koͤnige auszuk und ſchafften. Und weil er nun im Friede ſein Anſehen ver- welcken ſahe/ daſelbſt Drachen-Zaͤhne zum Wachsthume eines neuen Krieges auszuſaͤen. Dieſer kam auch nach Sinope zum Mithrida- tes; da er denn nach genoſſenen vielen Ehren und bezeugter groſſer Vertrauligkeit dem Koͤni- ge in ein Ohr ſagte: Er muͤſte entweder lernen den Roͤmern gehorſamen/ oder ſich maͤchtiger machen als ſie waͤren. Mithridaten war diß ge- nung. Daher hielt er nun nicht mehr fuͤr rath- ſam ſeine Klauen zu zeigen/ und wolte vielmehr denẽ ſeine Heimligkeiten ausſpuͤrenden Roͤmern zuvor kom̃en. Daher fiel er als ein Blitz in Cap- podocien ein/ erlegte ſeiner Schweſter Laodice Mann den Koͤnig Ariarathes/ und bemaͤchtig- te ſich des gantzen Reiches. Ehe er aber diß voͤllig einnahm/ kamen auff der Deutſchen heimliche Nachricht Roͤmiſche Geſandten in A- ſten/ welche ſo wol Mithridaten als Nicome- den alles gewonnene wieder abtreten hieſſen. Nicomedes erklaͤrte ſich zu gehorſamen; Gab aber halb Paphlagonien ſeinem Sohne und zu- gleich einen neuen Nahmen Pylemenes Allein Mithridates ſagte: Paphlagonien waͤre ſchon ſeinem Vater zugefallen; Daher ſie ihm zu ſpat ſeine Erbſchafft ſtreitig machten. So bald auch er mit Cappadocien fertig war/ fiel er mit gan- tzer Macht in Galatien ein; weil die Deutſchen ihre Huͤlffs-Voͤlcker zu Hauſe geruffen/ und ſei- nem Verdachte nach bey den Roͤmern geklagt hatten. Die Deutſchen begegneten zwar mit weniger Macht aber mit unverzagtem Muthe dem Mithridates/ biß eine neue Bothſchafft von Rom kam; welche ihn aus Galatien zu weichen/ und denen Scythen die am Boriſthenes mitler Zeit abgenommene Stadt Olbia/ wie auch den Tempel der Ceres zu raͤumen durch von ferne gezeigte Waffen bewegte. Die Deutſchen wurden hiermit nicht allein der Roͤmer/ ſondeꝛn auch Nicomedens Bundsgenoſſen; und Mi- thridaten ſo viel mehr ein Dorn in Augen. Ni- comedes heyrathete hierauff Laodicen Ariara- thens Wittib; Und weil er mit dieſer etliche fe- ſte Schloͤſſer bekam; bemaͤchtigte er ſich mit Huͤlffe der Deutſchen der Staͤdte Saralus/ Landoſia und Senatra. Aber Mithridates kam als ein Falcke dahin geflogen; eroberte das verlohrne/ und ſetzte des durch den Cappa- dociſchen Uberlaͤuffer Gordius erlegten Koͤ- nigs Ariarathes Sohn daſelbſt zum Koͤnige ein. Nicomedes muſte dieſen edlen Fuͤrwand des Mithridates ihm belieben laſſen; nach zweyen Monathen aber ruͤckte er mit neuer Heeres- Krafft wieder in Cappadocien; weil der junge Ariarathes dem Gordius nicht das halbe Koͤ- nigreich abtreten wolte. Dieſer aber kriegte von Deutſchen/ Bithyniern und Baſtarnen in kurtzer Zeit ſo viel Huͤlffe: daß Mithridates mit achzigtauſenden zu Fuß/ zehntauſenden zu Roſ- ſe und ſechs hundert Streit-Wagen nicht zu ſchlagen getraute; Beſonders da fuͤnff hundert deutſche Reuter wol zwey tauſend ſeines Vor- trabs in die Flucht gejagt hatten. Daher nahm er ſeine Zuflucht zur Argliſt; und nach dem er Ariarathen unter einer freundlichen Unterre- dung vom Frieden bewegt hatte/ ſtach er ihm im Angeſichte beyder Heere einen Dolch in Bauch. Dieſer Fall des Hauptes nahm denen ohne diß unter einander zwiſtigen Cappadoci- ern das Hertze: daß ein Theil die Flucht ergriff/ das andere zum Mithridates freywillig uͤber- gieng. Erſter Theil. B b b b b b

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 929[931]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/991>, abgerufen am 23.11.2024.