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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Deutschen in Galatien zwar für den Römern
Ruh; allein es gieng ihnen in der Nähe/ und
fast über ihrem Wirbel am grossen Pontischen
Könige Mithridates ein grausamer Schwantz-
Stern auff. Diese seine Eigenschafft ward
durch einen so wol seiner Geburt/ als Herr-
schafft vorleuchtenden Schwantz-Stern von
dem Himmel selbst angedeutet; der wol siebzig
Tage mit seiner feurigen Rutte der Welt ge-
dräuet/ ja das vierdte Theil des Himmels ein-
genommen/ und den Glantz der Sonne selbst
unter gedrückt haben soll. Sein Vater Mi-
thridates hatte den Römern wider den Aristoni-
cus Beystand geleistet/ und dardurch den Nah-
men eines Römischen Bundgenossen/ wie auch
das grössere Phrygien erworben; ward aber in
der von seinem Vater Pharnaces eroberten
Stadt Sinope von den Seinigen ermordet.
Dem jungen nur eilfjährigen Mithridates ward
von seinen Vormünden selbst mit Gifft und
Schwerdt nachgetrachtet; welches ihm die Er-
lernung der Kräuter-Wissenschafft die Erfin-
dung eines kräfftigen Gegengiffts an die Hand
gab; und verursachte: daß er vier Jahr unter
keinem Dache schlieff; sondern in Wäldern und
Gebürgen wohnte/ also Leib und Gemüthe zur
Arbeit und Tugend abhärtete. Hiernechst lernte
er wol zwey und zwantzig Sprachen; für welche
Wissenschafft ihm sein vom Flusse Halys biß an
Armenien sich erstreckendes Reich viel zu en ge
war. Daher er bey angetretener Herrschafft
sich zum Herren aller der Völcker zu machen
lüstern ward/ mit welchen er reden konte. Wor-
mit er nun weder denen mächtigen Römern/
noch den Asiatischen Nachbarn keinen Arg-
wohn wieder sich erregte/ machte er mit diesen
Bündniße/ verknüpffte sich mit den Deutschen
in Galatia/ Thracien/ und denen Bastarnen;
setzte hierauff über das Euxinische Meer in das
Asiatische Sarmatien/ nahm daselbst die Stadt
Gorgippia/ Hierus/ ja alles disseits des Berges
Corax von dem Flusse Jcarusa biß an die Cim-
[Spaltenumbruch] merische Meer-Enge in einem Sommer ein.
Der Galatischen Deutschen Fürst Herrmann/
welcher zum ersten festen Fuß gesetzt hatte/ baute
daselbst am Munde des Flusses Psychrus nach
seinem Nahmen die Stadt Hermonassa. Fol-
genden Feldzug richtete er wieder den Antipa-
ter Sisis den Fürsten in Colchis/ zwang ihn
auch ihm sein gantzes Gebiete abzutreten. Als
er sich nun derogestalt von seiner Pontischen
Gräntze an biß an den Fluß Corar Meister
gemacht hatte; brachte er es durch den Ruhm
seiner Tapfferkeit dahin: daß die in dem Tau-
rischen Chersonesus bey dem Parthenischen
Vorgebürge von denen aus der Pontischen
Stadt Heraclea überfahrenden Handels-Leu-
ten erbaute/ und von den Scythen erweiterte
Stadt Chersonesus ihn als ihren Schutzherren
zu Hülffe rufften; weil sie der Scythen Ge-
walt nicht mehr gewachsen war. Wie nun der-
gleichen Beruff der scheinbarste Vorwand/ und
das sicherste Mittel ist/ sich fremder Länder zu
bemächtigen. Also wuste der verschmitzte Mi-
thridates sich auch unter dem Scheine anderer
Beschirmung sein Gebiete meisterlich zu ver-
grössern. Der Chersonesische König Scilurus
mit seinen 80. streitbaren Söhnen machte ihm
zwar eine Weile ziemlich zu schaffen; Aber nach
dem er den Fürsten Palack auffs Haupt geschla-
gen/ und wol dreyßig seiner Brüder gefangen/
muste nur dieses Reich sich unter Mithridatens
Bothmäßigkeit niedersencken. Der benachbarte
Bosphorische König Perisades hatte nicht ein-
mal das Hertze den Degen zu zücken; sondern er-
kennte alsofort Mithridaten für seinen Oberherren.
Der sich aus der Schlacht flüchtende Palack
brachte zwar zu wege: daß der zwischen dem Ri-
pheischen Gebürge der Meotischen See/ denen
Flüssen Buges und Porytus herrschende König
der Roxolaner Tasius mit 50000. außerlesenen
Kriegsleuten biß an die Land-Enge des Cherso-
nesus einbrach/ und die Stadt Taphre eroberte;
so hegegnete ihnen doch Mithridatens Feld-

Oberster

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Deutſchen in Galatien zwar fuͤr den Roͤmern
Ruh; allein es gieng ihnen in der Naͤhe/ und
faſt uͤber ihrem Wirbel am groſſen Pontiſchen
Koͤnige Mithridates ein grauſamer Schwantz-
Stern auff. Dieſe ſeine Eigenſchafft ward
durch einen ſo wol ſeiner Geburt/ als Herr-
ſchafft vorleuchtenden Schwantz-Stern von
dem Himmel ſelbſt angedeutet; der wol ſiebzig
Tage mit ſeiner feurigen Rutte der Welt ge-
draͤuet/ ja das vierdte Theil des Himmels ein-
genommen/ und den Glantz der Sonne ſelbſt
unter gedruͤckt haben ſoll. Sein Vater Mi-
thridates hatte den Roͤmern wider den Ariſtoni-
cus Beyſtand geleiſtet/ und dardurch den Nah-
men eines Roͤmiſchen Bundgenoſſen/ wie auch
das groͤſſere Phrygien erworben; ward aber in
der von ſeinem Vater Pharnaces eroberten
Stadt Sinope von den Seinigen ermordet.
Dem jungen nuꝛ eilfjaͤhrigẽ Mithridates ward
von ſeinen Vormuͤnden ſelbſt mit Gifft und
Schwerdt nachgetrachtet; welches ihm die Er-
lernung der Kraͤuter-Wiſſenſchafft die Erfin-
dung eines kraͤfftigen Gegengiffts an die Hand
gab; und verurſachte: daß er vier Jahr unter
keinem Dache ſchlieff; ſondern in Waͤldern und
Gebuͤrgen wohnte/ alſo Leib und Gemuͤthe zur
Arbeit und Tugend abhaͤrtete. Hiernechſt lernte
er wol zwey und zwantzig Sprachen; fuͤr welche
Wiſſenſchafft ihm ſein vom Fluſſe Halys biß an
Armenien ſich erſtreckendes Reich viel zu en ge
war. Daher er bey angetretener Herrſchafft
ſich zum Herren aller der Voͤlcker zu machen
luͤſtern ward/ mit welchen er reden konte. Wor-
mit er nun weder denen maͤchtigen Roͤmern/
noch den Aſiatiſchen Nachbarn keinen Arg-
wohn wieder ſich erregte/ machte er mit dieſen
Buͤndniße/ verknuͤpffte ſich mit den Deutſchen
in Galatia/ Thracien/ und denen Baſtarnen;
ſetzte hierauff uͤber das Euxiniſche Meer in das
Aſiatiſche Sarmatien/ nahm daſelbſt die Stadt
Gorgippia/ Hierus/ ja alles diſſeits des Berges
Corax von dem Fluſſe Jcaruſa biß an die Cim-
[Spaltenumbruch] meriſche Meer-Enge in einem Sommer ein.
Der Galatiſchen Deutſchen Fuͤrſt Herrmann/
welcher zum erſten feſten Fuß geſetzt hatte/ baute
daſelbſt am Munde des Fluſſes Pſychrus nach
ſeinem Nahmen die Stadt Hermonaſſa. Fol-
genden Feldzug richtete er wieder den Antipa-
ter Siſis den Fuͤrſten in Colchis/ zwang ihn
auch ihm ſein gantzes Gebiete abzutreten. Als
er ſich nun derogeſtalt von ſeiner Pontiſchen
Graͤntze an biß an den Fluß Corar Meiſter
gemacht hatte; brachte er es durch den Ruhm
ſeiner Tapfferkeit dahin: daß die in dem Tau-
riſchen Cherſoneſus bey dem Partheniſchen
Vorgebuͤrge von denen aus der Pontiſchen
Stadt Heraclea uͤberfahrenden Handels-Leu-
ten erbaute/ und von den Scythen erweiterte
Stadt Cherſoneſus ihn als ihren Schutzherren
zu Huͤlffe rufften; weil ſie der Scythen Ge-
walt nicht mehr gewachſen war. Wie nun der-
gleichen Beruff der ſcheinbarſte Vorwand/ und
das ſicherſte Mittel iſt/ ſich fremder Laͤnder zu
bemaͤchtigen. Alſo wuſte der verſchmitzte Mi-
thridates ſich auch unter dem Scheine anderer
Beſchirmung ſein Gebiete meiſterlich zu ver-
groͤſſern. Der Cherſoneſiſche Koͤnig Scilurus
mit ſeinen 80. ſtreitbaren Soͤhnen machte ihm
zwar eine Weile ziemlich zu ſchaffen; Aber nach
dem er den Fuͤrſten Palack auffs Haupt geſchla-
gen/ und wol dreyßig ſeiner Bruͤder gefangen/
muſte nur dieſes Reich ſich unter Mithridatens
Bothmaͤßigkeit niederſencken. Der benachbaꝛte
Boſphoriſche Koͤnig Periſades hatte nicht ein-
mal das Hertze den Degen zu zuͤcken; ſondern er-
keñte alſofoꝛt Mithridaten fuͤr ſeinẽ Oberherꝛen.
Der ſich aus der Schlacht fluͤchtende Palack
brachte zwar zu wege: daß der zwiſchen dem Ri-
pheiſchen Gebuͤrge deꝛ Meotiſchen See/ denen
Fluͤſſen Buges und Poꝛytus herꝛſchende Koͤnig
der Roxolaner Taſius mit 50000. außerleſenen
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neſus einbrach/ und die Stadt Taphre eroberte;
ſo hegegnete ihnen doch Mithridatens Feld-

Oberſter
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 927[929]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/989>, abgerufen am 23.11.2024.