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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] müde/ die Länder aber Wüsteneyen worden/
einen kläglichen Frieden zu machen. Aber
Marius hatte für/ die hurtigen Deutschen mü-
de/ und seine Hitze durch Verzug laulicht zu
machen; wie auch den Feind wieder über den
Po zu locken/ und des Catulus Heer an sich
zu ziehen; ungeachtet den Ehrsüchtigen Ma-
rius nicht wenig biß: daß der von ihm sich zum
Catulus schlagende Sulla etliche aus den Alpen
einfallende Völcker glücklich schlug/ und des
Catulus Heer mit so auskommentlichen Le-
bensmitteln versorgte/ welche auch dem noth-
leidenden Marius aushelffen konten. Sin-
temal Ehrgeitz fremde Wolthat als einen Vor-
ruck seiner Dürfftigkeit hasset; und daher sie
mit mehrer Gramschafft/ als Rache die Belei-
digung verfolget. Dem Bojorich ließ er auf
seine Forderung entbieten: Es wäre der Rö-
mer Brauch nicht sich feindlichen Rathes zu
bedienen; sondern er würde nach seinem Gut-
bedüncken schlagen. Hiermit lenckte er Nord-
westwerts gegen den Po ab; lagerte sich alle-
zeit so vortheilhafftig: daß ihm die Deutschen
nicht beykommen konten; gieng bey Dertona
über; und weil er sich stellte: als wolte er den
Cesorich und Claudicus zwischen beyde Römi-
sche Heer einschlüssen; folgte ihm Bojorich ü-
ber den Po; und nachdem beyde Römische und
beyde deutsche Heere zusammen gestossen wa-
ren/ both Bojorich noch einmahl dem Mari-
us den Kampff an; welches er auff den dritten
Tag/ und zwar auff dem grossen Raudischen
Felde zwischen den Bächen Novaria und Seßi-
tes nicht ferne von Vercell beliebte. Weil er
aber folgenden Tag Wind- und neblicht befand;
ließ er in aller Eil das Römische Heer sich er-
qvicken/ zur Schlacht sich anschicken/ und mit
anbrechendem Tage auff das bestimmte Feld
rücken; allwo er sein Heer Sudostwerts in
Schlacht-Ordnung stellte; also: daß wenn die
Sonne den Nebel unterdrücken würde/ selbte
den Deutschen recht ins Gesichte schiene/ und
sie zugleich der Wiederschein von den gläntzen-
[Spaltenumbruch] den Schilden blendete/ ja der Wind ihnen auch
den Staub unter die Augen wehete. Hierauf
ließ er dem Streitbegierigen Bojorich wissen:
Er wartete sein auff dem bestimmten Felde; al-
so verlangte er zu vernehmen: ob er so tapffer
fechten als großsprechen könte? Die Deut-
schen/ ob sie wohl weder ihrer Pferde recht ge-
pflegt hatten/ hielten für ärgsten Schimpff auf
solche Ausfoderung sich nicht zu stellen; sonder-
lich: da der bey ihnen als ein Gallischer Uber-
läuffer sich einfindende Qvintus Sertorius sie
hierzu verleitete/ und dem Marius alle ausge-
fischte Anschläge der Deutschen verkundschaffte-
te. Daher führten sie über einen beschwerli-
chen Berg ihr Heer dahin. Ehe nun Bojo-
rich seine Schlacht-Ordnung recht gemacht hat-
te; stiessen die Deutschen schon bey dem dicken
Nebel auff die wider ihre Einbildung nahen
Römer; allwo Marius den rechten/ Sylla
den lincken Flügel führte; Catulus mit seinem
Volcke in der Mitten/ iedoch mercklich zurü-
cke stand. Denn Marius hatte mit Fleiß
die Schlacht-Ordnung so sehr eingebogen/ und
die aus seinen Legionen bestehenden Flügel so
weit herfür gerückt; weil er entweder diesen we-
gen schon wider den Teutobach befochtenen
Sieges mehr trauete; oder weil er den Ruhm
der Uberwindung ihm und den seinigen allein
zuziehen wolte. Sintemahl diese Auslegung
des Marius Ehrsucht/ jene seine Kriegs-Er-
fahrung an Tag giebt. Wie denn seine An-
stalt bald anfangs machte: daß Hertzog Clau-
dicus eine gute Zeit die erste Hitze der Römer
allein aushalten muste/ biß das völlige Deut-
sche Heer überkam/ und in richtige Ordnung
gebracht ward. Bojorich kam gegen den Ma-
rius/ Cesorich gegen den Sylla/ Hertzog Lu-
cius und Claudicus gegen den Catulus und
Marcellus zu fechten. Bojorichs Helm hat-
te nur einen/ sein Schild drey Löwen; Ceso-
richs Helm einen Greiff/ sein Schild einen Och-
sen-Kopff mit einem eisernen Rincken; des
Claudicus Helm einen Drachen/ der

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] muͤde/ die Laͤnder aber Wuͤſteneyen worden/
einen klaͤglichen Frieden zu machen. Aber
Marius hatte fuͤr/ die hurtigen Deutſchen muͤ-
de/ und ſeine Hitze durch Verzug laulicht zu
machen; wie auch den Feind wieder uͤber den
Po zu locken/ und des Catulus Heer an ſich
zu ziehen; ungeachtet den Ehrſuͤchtigen Ma-
rius nicht wenig biß: daß der von ihm ſich zum
Catulus ſchlagende Sulla etliche aus den Alpen
einfallende Voͤlcker gluͤcklich ſchlug/ und des
Catulus Heer mit ſo auskommentlichen Le-
bensmitteln verſorgte/ welche auch dem noth-
leidenden Marius aushelffen konten. Sin-
temal Ehrgeitz fremde Wolthat als einen Vor-
ruck ſeiner Duͤrfftigkeit haſſet; und daher ſie
mit mehrer Gramſchafft/ als Rache die Belei-
digung verfolget. Dem Bojorich ließ er auf
ſeine Forderung entbieten: Es waͤre der Roͤ-
mer Brauch nicht ſich feindlichen Rathes zu
bedienen; ſondern er wuͤrde nach ſeinem Gut-
beduͤncken ſchlagen. Hiermit lenckte er Nord-
weſtwerts gegen den Po ab; lagerte ſich alle-
zeit ſo vortheilhafftig: daß ihm die Deutſchen
nicht beykommen konten; gieng bey Dertona
uͤbeꝛ; und weil er ſich ſtellte: als wolte er den
Ceſorich und Claudicus zwiſchen beyde Roͤmi-
ſche Heer einſchluͤſſen; folgte ihm Bojorich uͤ-
ber den Po; und nachdem beyde Roͤmiſche und
beyde deutſche Heere zuſammen geſtoſſen wa-
ren/ both Bojorich noch einmahl dem Mari-
us den Kampff an; welches er auff den dritten
Tag/ und zwar auff dem groſſen Raudiſchen
Felde zwiſchen den Baͤchen Novaria und Seßi-
tes nicht ferne von Vercell beliebte. Weil er
aber folgenden Tag Wind- und neblicht befand;
ließ er in aller Eil das Roͤmiſche Heer ſich er-
qvicken/ zur Schlacht ſich anſchicken/ und mit
anbrechendem Tage auff das beſtimmte Feld
ruͤcken; allwo er ſein Heer Sudoſtwerts in
Schlacht-Ordnung ſtellte; alſo: daß wenn die
Sonne den Nebel unterdruͤcken wuͤrde/ ſelbte
den Deutſchen recht ins Geſichte ſchiene/ und
ſie zugleich der Wiederſchein von den glaͤntzen-
[Spaltenumbruch] den Schilden blendete/ ja der Wind ihnen auch
den Staub unter die Augen wehete. Hierauf
ließ er dem Streitbegierigen Bojorich wiſſen:
Er wartete ſein auff dem beſtimmten Felde; al-
ſo verlangte er zu vernehmen: ob er ſo tapffer
fechten als großſprechen koͤnte? Die Deut-
ſchen/ ob ſie wohl weder ihreꝛ Pferde recht ge-
pflegt hatten/ hielten fuͤr aͤrgſten Schimpff auf
ſolche Ausfoderung ſich nicht zu ſtellen; ſonder-
lich: da der bey ihnen als ein Galliſcher Uber-
laͤuffer ſich einfindende Qvintus Sertorius ſie
hierzu verleitete/ und dem Marius alle ausge-
fiſchte Anſchlaͤge der Deutſchen verkundſchaffte-
te. Daher fuͤhrten ſie uͤber einen beſchwerli-
chen Berg ihr Heer dahin. Ehe nun Bojo-
rich ſeine Schlacht-Ordnung recht gemacht hat-
te; ſtieſſen die Deutſchen ſchon bey dem dicken
Nebel auff die wider ihre Einbildung nahen
Roͤmer; allwo Marius den rechten/ Sylla
den lincken Fluͤgel fuͤhrte; Catulus mit ſeinem
Volcke in der Mitten/ iedoch mercklich zuruͤ-
cke ſtand. Denn Marius hatte mit Fleiß
die Schlacht-Ordnung ſo ſehr eingebogen/ und
die aus ſeinen Legionen beſtehenden Fluͤgel ſo
weit herfuͤr geruͤckt; weil er entweder dieſen we-
gen ſchon wider den Teutobach befochtenen
Sieges mehr trauete; oder weil er den Ruhm
der Uberwindung ihm und den ſeinigen allein
zuziehen wolte. Sintemahl dieſe Auslegung
des Marius Ehrſucht/ jene ſeine Kriegs-Er-
fahrung an Tag giebt. Wie denn ſeine An-
ſtalt bald anfangs machte: daß Hertzog Clau-
dicus eine gute Zeit die erſte Hitze der Roͤmer
allein aushalten muſte/ biß das voͤllige Deut-
ſche Heer uͤberkam/ und in richtige Ordnung
gebracht ward. Bojorich kam gegen den Ma-
rius/ Ceſorich gegen den Sylla/ Hertzog Lu-
cius und Claudicus gegen den Catulus und
Marcellus zu fechten. Bojorichs Helm hat-
te nur einen/ ſein Schild drey Loͤwen; Ceſo-
richs Helm einen Greiff/ ſein Schild einen Och-
ſen-Kopff mit einem eiſernen Rincken; des
Claudicus Helm einen Drachen/ der

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[917[919]/0979] Arminius und Thußnelda. muͤde/ die Laͤnder aber Wuͤſteneyen worden/ einen klaͤglichen Frieden zu machen. Aber Marius hatte fuͤr/ die hurtigen Deutſchen muͤ- de/ und ſeine Hitze durch Verzug laulicht zu machen; wie auch den Feind wieder uͤber den Po zu locken/ und des Catulus Heer an ſich zu ziehen; ungeachtet den Ehrſuͤchtigen Ma- rius nicht wenig biß: daß der von ihm ſich zum Catulus ſchlagende Sulla etliche aus den Alpen einfallende Voͤlcker gluͤcklich ſchlug/ und des Catulus Heer mit ſo auskommentlichen Le- bensmitteln verſorgte/ welche auch dem noth- leidenden Marius aushelffen konten. Sin- temal Ehrgeitz fremde Wolthat als einen Vor- ruck ſeiner Duͤrfftigkeit haſſet; und daher ſie mit mehrer Gramſchafft/ als Rache die Belei- digung verfolget. Dem Bojorich ließ er auf ſeine Forderung entbieten: Es waͤre der Roͤ- mer Brauch nicht ſich feindlichen Rathes zu bedienen; ſondern er wuͤrde nach ſeinem Gut- beduͤncken ſchlagen. Hiermit lenckte er Nord- weſtwerts gegen den Po ab; lagerte ſich alle- zeit ſo vortheilhafftig: daß ihm die Deutſchen nicht beykommen konten; gieng bey Dertona uͤbeꝛ; und weil er ſich ſtellte: als wolte er den Ceſorich und Claudicus zwiſchen beyde Roͤmi- ſche Heer einſchluͤſſen; folgte ihm Bojorich uͤ- ber den Po; und nachdem beyde Roͤmiſche und beyde deutſche Heere zuſammen geſtoſſen wa- ren/ both Bojorich noch einmahl dem Mari- us den Kampff an; welches er auff den dritten Tag/ und zwar auff dem groſſen Raudiſchen Felde zwiſchen den Baͤchen Novaria und Seßi- tes nicht ferne von Vercell beliebte. Weil er aber folgenden Tag Wind- und neblicht befand; ließ er in aller Eil das Roͤmiſche Heer ſich er- qvicken/ zur Schlacht ſich anſchicken/ und mit anbrechendem Tage auff das beſtimmte Feld ruͤcken; allwo er ſein Heer Sudoſtwerts in Schlacht-Ordnung ſtellte; alſo: daß wenn die Sonne den Nebel unterdruͤcken wuͤrde/ ſelbte den Deutſchen recht ins Geſichte ſchiene/ und ſie zugleich der Wiederſchein von den glaͤntzen- den Schilden blendete/ ja der Wind ihnen auch den Staub unter die Augen wehete. Hierauf ließ er dem Streitbegierigen Bojorich wiſſen: Er wartete ſein auff dem beſtimmten Felde; al- ſo verlangte er zu vernehmen: ob er ſo tapffer fechten als großſprechen koͤnte? Die Deut- ſchen/ ob ſie wohl weder ihreꝛ Pferde recht ge- pflegt hatten/ hielten fuͤr aͤrgſten Schimpff auf ſolche Ausfoderung ſich nicht zu ſtellen; ſonder- lich: da der bey ihnen als ein Galliſcher Uber- laͤuffer ſich einfindende Qvintus Sertorius ſie hierzu verleitete/ und dem Marius alle ausge- fiſchte Anſchlaͤge der Deutſchen verkundſchaffte- te. Daher fuͤhrten ſie uͤber einen beſchwerli- chen Berg ihr Heer dahin. Ehe nun Bojo- rich ſeine Schlacht-Ordnung recht gemacht hat- te; ſtieſſen die Deutſchen ſchon bey dem dicken Nebel auff die wider ihre Einbildung nahen Roͤmer; allwo Marius den rechten/ Sylla den lincken Fluͤgel fuͤhrte; Catulus mit ſeinem Volcke in der Mitten/ iedoch mercklich zuruͤ- cke ſtand. Denn Marius hatte mit Fleiß die Schlacht-Ordnung ſo ſehr eingebogen/ und die aus ſeinen Legionen beſtehenden Fluͤgel ſo weit herfuͤr geruͤckt; weil er entweder dieſen we- gen ſchon wider den Teutobach befochtenen Sieges mehr trauete; oder weil er den Ruhm der Uberwindung ihm und den ſeinigen allein zuziehen wolte. Sintemahl dieſe Auslegung des Marius Ehrſucht/ jene ſeine Kriegs-Er- fahrung an Tag giebt. Wie denn ſeine An- ſtalt bald anfangs machte: daß Hertzog Clau- dicus eine gute Zeit die erſte Hitze der Roͤmer allein aushalten muſte/ biß das voͤllige Deut- ſche Heer uͤberkam/ und in richtige Ordnung gebracht ward. Bojorich kam gegen den Ma- rius/ Ceſorich gegen den Sylla/ Hertzog Lu- cius und Claudicus gegen den Catulus und Marcellus zu fechten. Bojorichs Helm hat- te nur einen/ ſein Schild drey Loͤwen; Ceſo- richs Helm einen Greiff/ ſein Schild einen Och- ſen-Kopff mit einem eiſernen Rincken; des Claudicus Helm einen Drachen/ der ein Z z z z z 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 917[919]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/979>, abgerufen am 23.11.2024.