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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Alpen zu; welches fort für fort denen Römern
zuruffte: Was sie ihren Weibern und Kindern
zu Rom von ihnen für Zeitung bringen solte?
Marius/ welcher keines weges mehr rathsam
befand dem Feinde zuzusehen/ ließ/ als die Deut-
schen vorbey waren/ zwey von der Zauberin
Martha abgerichtete Geyer mit messenen Hals-
bändern des Nachts aus ihrer Verwahrung/
welche mit dem Aufgange der Sonnen zu gros-
sem Frolocken des Heeres sich über dem Läger
herumb schwungen/ hernach dem deutschen Hee-
re nachzohen. Marius ließ alsofort die Thore
des Lägers öffnen/ und frischte sein ausziehendes
Heer zur Tapferkeit an; meldende: Sie solten
nun ihr bestes thun; nach dem ihnen die Götter
durch diese zwey Glücks-Vögel/ welche ihm auch
schon in Africa etliche Siege angezeigt hätten/
den Weg wiesen. Er erreichte noch selbigen
Tag den aus eitel Ambronen bestehenden Nach-
trab der Deutschen; und erlegte derselben an ei-
nem Furthe über tausend. Weil nun der erste
Ausschlag entweder Zuversicht oder Furcht ge-
bieret/ diente dieser Vortheil den Römern zu ei-
ner mercklichen Hülffe künftigen Sieges. Wie
das deutsche Heer nun an die Sextischen Wasser
und also nahe unter die Alpen kam; über welche
König Teutobach sich durchzuarbeiten nicht für
rathsam hielt/ da das Römische Heer ihm in den
Eisen/ der Bürgermeister Catulus aber im We-
ge lag; also muste er daselbst stand halten; und
an diesem lustigen Orte sein Läger schlagen.
Marius hingegen lagerte sich ein gutes Stücke
von dem Flusse Canus weg auf ein dürres Feld.
Wie nun sein Kriegsvolck über Wasser klagte/
wieß er ihnen den von den Deutschen besetzten
Strom; meldende: Seyd ihr nicht Männer;
dort holet euch Wasser. Wordurch er nicht nur
die Krieges-Knechte/ sondern so gar den Troß
zum Gefechte angewehnete. Hierauf wolten
die auf der Römer Seite stehenden Ligurier/ de-
nen Marius einhielt: daß der Deutschen Ein-
fall ihr Land am ersten treffen würde/ sich für
[Spaltenumbruch] andern sehen lassen; setzten daher mit acht tau-
send Mann auf zehn tausend Ambronen an;
welche ausserhalb des deutschen Lägers an dem
Flusse Canus standen/ und den Römern das
Wasser abschnitten. Aber Hertzog Harald be-
gegnete ihnen mit so tapferer Gegenwehr: daß
etliche tausend Ligurier das Wasser-Trincken
vergassen/ und Blut lassen musten; also/ daß
Marius seinen Sohn mit einer gantzen Legion
denen nothleidenden Liguriern zu Hülffe schicken
muste. Da denn endlich nach einem blutigen
Treffen/ wordurch nicht allein der Fluß angerö-
thet/ sondern auch eine breite Brücke von todten
Leichen darüber gemacht ward/ sich gegen das
deutsche Läger zurück ziehen musten. Wie die
Römer sie aber verfolgten/ fielen der weichenden
Deutschen mit Aexten und Schwerdtern ge-
waffnete Weiber aus einer Wagenburg mit un-
glaublichem Geschrey den Römern in Rücken/
und tasteten selbte wie rasende Unholdinnen so
verzweifelt an: daß nach dem die Deutschen sich
aufs neue gegen sie setzten/ und ein neues Heer
sich aus dem deutschen Lager hervor thät/ die Rö-
mer wieder über den Strom weichen/ und diesen
streitbaren Weibern/ welche gleichsam ohne
Empfindligkeit den Römern in ihre Schwerdter
grieffen/ und mit blutenden Fäusten ihnen die Waf-
fen auswunden/ viel Krieges-Zeug und Todte
hinterlassen musten. Folgende Nacht hielten die
Weiber/ derer Männer den Tag vorher geblie-
ben waren/ rings umb das noch nicht gar ver-
schantzte Römische Läger ein so jämmerliches
Mord-Geschrey: daß nicht nur dem Römischen
Kriegsvolck die Haare zu Berge stunden/ und
sie für Schrecken die gantze Nacht nicht ruhen
konten/ sondern auch Marius/ als er fort für
fort ein grosses Geräusche der Waffen/ und die
Barden darzu ihre Heldenlieder/ (welche sie sonst
für den Schlachten zu singen pflegen) mit un-
termischen hörte/ selbst in Sorge stand: es würde
sein noch schlecht verwahrtes Läger gestürmt
werden. Zu seinem Glück aber fiel bey den

Deut-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Alpen zu; welches fort fuͤr fort denen Roͤmern
zuruffte: Was ſie ihren Weibern und Kindern
zu Rom von ihnen fuͤꝛ Zeitung bringen ſolte?
Marius/ welcher keines weges mehr rathſam
befand dem Feinde zuzuſehen/ ließ/ als die Deut-
ſchen vorbey waren/ zwey von der Zauberin
Martha abgerichtete Geyer mit meſſenen Hals-
baͤndern des Nachts aus ihrer Verwahrung/
welche mit dem Aufgange der Sonnen zu groſ-
ſem Frolocken des Heeres ſich uͤber dem Laͤger
herumb ſchwungen/ hernach dem deutſchen Hee-
re nachzohen. Marius ließ alſofort die Thore
des Laͤgers oͤffnen/ und friſchte ſein ausziehendes
Heer zur Tapferkeit an; meldende: Sie ſolten
nun ihr beſtes thun; nach dem ihnen die Goͤtter
duꝛch dieſe zwey Gluͤcks-Voͤgel/ welche ihm auch
ſchon in Africa etliche Siege angezeigt haͤtten/
den Weg wieſen. Er erreichte noch ſelbigen
Tag den aus eitel Ambronen beſtehenden Nach-
trab der Deutſchen; und erlegte derſelben an ei-
nem Furthe uͤber tauſend. Weil nun der erſte
Ausſchlag entweder Zuverſicht oder Furcht ge-
bieret/ diente dieſer Vortheil den Roͤmern zu ei-
ner mercklichen Huͤlffe kuͤnftigen Sieges. Wie
das deutſche Heer nun an die Sextiſchen Waſſeꝛ
und alſo nahe unter die Alpen kam; uͤber welche
Koͤnig Teutobach ſich durchzuarbeiten nicht fuͤr
rathſam hielt/ da das Roͤmiſche Heer ihm in den
Eiſen/ der Buͤrgermeiſter Catulus abeꝛ im We-
ge lag; alſo muſte er daſelbſt ſtand halten; und
an dieſem luſtigen Orte ſein Laͤger ſchlagen.
Marius hingegen lagerte ſich ein gutes Stuͤcke
von dem Fluſſe Canus weg auf ein duͤrres Feld.
Wie nun ſein Kriegsvolck uͤber Waſſer klagte/
wieß er ihnen den von den Deutſchen beſetzten
Strom; meldende: Seyd ihr nicht Maͤnner;
dort holet euch Waſſer. Wordurch er nicht nur
die Krieges-Knechte/ ſondern ſo gar den Troß
zum Gefechte angewehnete. Hierauf wolten
die auf der Roͤmer Seite ſtehenden Ligurier/ de-
nen Marius einhielt: daß der Deutſchen Ein-
fall ihr Land am erſten treffen wuͤrde/ ſich fuͤr
[Spaltenumbruch] andern ſehen laſſen; ſetzten daher mit acht tau-
ſend Mann auf zehn tauſend Ambronen an;
welche auſſerhalb des deutſchen Laͤgers an dem
Fluſſe Canus ſtanden/ und den Roͤmern das
Waſſer abſchnitten. Aber Hertzog Harald be-
gegnete ihnen mit ſo tapferer Gegenwehr: daß
etliche tauſend Ligurier das Waſſer-Trincken
vergaſſen/ und Blut laſſen muſten; alſo/ daß
Marius ſeinen Sohn mit einer gantzen Legion
denen nothleidenden Liguriern zu Huͤlffe ſchicken
muſte. Da denn endlich nach einem blutigen
Treffen/ wordurch nicht allein der Fluß angeroͤ-
thet/ ſondern auch eine breite Bruͤcke von todten
Leichen daruͤber gemacht ward/ ſich gegen das
deutſche Laͤger zuruͤck ziehen muſten. Wie die
Roͤmer ſie aber verfolgten/ fielen der weichenden
Deutſchen mit Aexten und Schwerdtern ge-
waffnete Weiber aus einer Wagenburg mit un-
glaublichem Geſchrey den Roͤmern in Ruͤcken/
und taſteten ſelbte wie raſende Unholdinnen ſo
verzweifelt an: daß nach dem die Deutſchen ſich
aufs neue gegen ſie ſetzten/ und ein neues Heer
ſich aus dem deutſchen Lager hervor thaͤt/ die Roͤ-
mer wieder uͤber den Strom weichen/ und dieſen
ſtreitbaren Weibern/ welche gleichſam ohne
Empfindligkeit den Roͤmern in ihre Schwerdter
grieffen/ und mit blutendẽ Faͤuſtẽ ihnen die Waf-
fen auswunden/ viel Krieges-Zeug und Todte
hinterlaſſen muſten. Folgende Nacht hielten die
Weiber/ derer Maͤnner den Tag vorher geblie-
ben waren/ rings umb das noch nicht gar ver-
ſchantzte Roͤmiſche Laͤger ein ſo jaͤmmerliches
Mord-Geſchrey: daß nicht nur dem Roͤmiſchen
Kriegsvolck die Haare zu Berge ſtunden/ und
ſie fuͤr Schrecken die gantze Nacht nicht ruhen
konten/ ſondern auch Marius/ als er fort fuͤr
fort ein groſſes Geraͤuſche der Waffen/ und die
Baꝛden darzu ihre Heldenliedeꝛ/ (welche ſie ſonſt
fuͤr den Schlachten zu ſingen pflegen) mit un-
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ſein noch ſchlecht verwahrtes Laͤger geſtuͤrmt
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 911[913]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/973>, abgerufen am 23.11.2024.