Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
satzung. Welch Leid gleichwohl durch die Zei-tung gelindert ward: daß Cajus Marius den König in Numidien Jugurtha/ und den Mau- ritanischen König Bochus auffs Haupt geschla- gen/ die dem Hercules zu Ehren fast mitten in Africa gelegene/ von Sand-Wüsteneyen und Drachen gleichsam bewahrte Stadt Capsa/ und die auff einem hohen Steinfelsen fast unüber- windlich geachtete Festung Mulucha durch Verwegenheit eines Liguriers erobert/ der Bür- germeister Servilius Cöpio aber durch heimli- che Verständniß in Gallien die Stadt Tolosa wieder eingenommen/ und aus des Apollo Tem- pel tausend Pfund Goldes und hundert und zehn tausend Pfund Silber/ als einen von Del- phis dahin gebrachten Schatz erobert hätte. Wiewohl dieses heilige Reichthum hernach al- le/ die an diesem Schatze Theil hatten/ in Un- tergang stürtzte; zu einem merckwürdigen Bey- spiele: daß geraubte Güter/ wenn selbte gleich in vom Feuer unverzehrlichem Golde bestehen/ so wohl die schädliche Würckung/ als die Flüch- tigkeit des Qvecksilbers an sich haben. Die al- lergröste Vergnügung aber schöpffte Rom/ als es erfuhr: daß der Mauritanische König Bo- chus seinen eignen Eydam Jugurtha arglistig in Band und Eisen geschlagen/ und dem Lucius Cornelius Sylla überantwortet hatte. Hin- gegen ward ihnen diese Freude bald wieder ver- saltzen durch die Niederlage des Manlius; wel- cher die Deutschen aus dem Gebiete der Ve- neter vertreiben wolte/ aber von dem Hertzoge Brinno und Schleß an dem Flusse Madua- cus auffs Haupt erleget ward; also: daß er selbst mit Noth kaum entraan. Diesemnach wolten die Römer den Krieg wider so mächtige Feinde nicht mehr einem Feldherrn vertrauen; sondern schickten zum Servilius Cöpio noch den Cneus Mallius mit einem Heere in Gallien. Aber diese zwey von Ehrsucht harten Steine waren nicht fähig was gutes abzumahlen. Jhr tägli- cher Zwist brachte sie endlich zu diesem schädli- [Spaltenumbruch] chen Vertrage: daß sie ihre Kriegs-Heere ab- sonderten/ den Rhodan zu ihrem Gräntz-Mah- le erkieseten/ die Gallier durch ihre Grausam- keit ihnen auffsätzig/ die Deutschen aber selbte durch Glimpff und Gerechtigkeit ihnen geneigt machten. Uber diß bezeigten diese eine abson- dere Gottes furcht und Andacht; und thäten al- le ihre Fürsten ein Gelübde: daß alle Gefangene und Beute heilig seyn solte. Bojorich versetz- te den ersten Streich des Bürgermeister Mal- lius Stadthaltern/ nemlich dem Aurelius Scaurus; erschlug sechs tausend Römer/ und kriegte ihn selbst lebendig gefangen. Mallius beruffte den Cöpio hierauff zur Hülffe; kriegte aber zur Antwort: ein ieder hätte sein ihm ver- trautes Land zu beschirmen. Gleichwohl aber setzte Cöpio bald darauff an die lincke Seite des Rhodans über; iedoch mehr in Meinung dem Bürgermeister den Ruhm des Sieges wegzu- fischen/ als ihm beyzustehen. Daher er auch zwischen den Mallius und die Cimbern sein Lä- ger schlug. Bojorich/ welcher den entfernten Teutobach nicht so bald an sich ziehen konte/ ward über die Vereinbarung beyder Römi- schen Heere bekümmert; schlug also durch eine Botschafft einen Frieden für. Weil aber diese nur mit dem Bürgermeister zu handeln befeh- licht war/ grief sie Cöpio mit hefftigsten Schmeh- Worten an/ und fehlte wenig: daß die Cimbri- schen Gesandten nicht in Cöpions Läger er- mordet wurden. Dieser vereinbarte hierauff zwar mit dem Mallius sein Läger/ aber gar nicht seine Meinungen; also: daß die Deutschen sich ihrer täglich mehrenden Zwytracht zu ge- brauchen/ und nunmehro zu treffen schlüßig wurden. Bojorich stellte noch für aufsgehen- der Sonne seine Deutschen in Schlacht-Ord- nung; Mallius und Cöpio hingegen zanckten sich noch über Stellung der ihrigen; als Hertzog Schleß schon mit seiner Reuterey einbrach. Wie nun das Glücke einem Feinde keinen grössern Vortheil als die Zwytracht der Kriegs-Ober- sten
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
ſatzung. Welch Leid gleichwohl durch die Zei-tung gelindert ward: daß Cajus Marius den Koͤnig in Numidien Jugurtha/ und den Mau- ritaniſchen Koͤnig Bochus auffs Haupt geſchla- gen/ die dem Hercules zu Ehren faſt mitten in Africa gelegene/ von Sand-Wuͤſteneyen und Drachen gleichſam bewahrte Stadt Capſa/ und die auff einem hohen Steinfelſen faſt unuͤber- windlich geachtete Feſtung Mulucha durch Verwegenheit eines Liguriers erobert/ der Buͤr- germeiſter Servilius Coͤpio aber durch heimli- che Verſtaͤndniß in Gallien die Stadt Toloſa wieder eingenommen/ und aus des Apollo Tem- pel tauſend Pfund Goldes und hundert und zehn tauſend Pfund Silber/ als einen von Del- phis dahin gebrachten Schatz erobert haͤtte. Wiewohl dieſes heilige Reichthum hernach al- le/ die an dieſem Schatze Theil hatten/ in Un- tergang ſtuͤrtzte; zu einem merckwuͤrdigen Bey- ſpiele: daß geraubte Guͤter/ wenn ſelbte gleich in vom Feuer unverzehrlichem Golde beſtehen/ ſo wohl die ſchaͤdliche Wuͤrckung/ als die Fluͤch- tigkeit des Qveckſilbers an ſich haben. Die al- lergroͤſte Vergnuͤgung aber ſchoͤpffte Rom/ als es erfuhr: daß der Mauritaniſche Koͤnig Bo- chus ſeinen eignen Eydam Jugurtha argliſtig in Band und Eiſen geſchlagen/ und dem Lucius Cornelius Sylla uͤberantwortet hatte. Hin- gegen ward ihnen dieſe Freude bald wieder ver- ſaltzen durch die Niederlage des Manlius; wel- cher die Deutſchen aus dem Gebiete der Ve- neter vertreiben wolte/ aber von dem Hertzoge Brinno und Schleß an dem Fluſſe Madua- cus auffs Haupt erleget ward; alſo: daß er ſelbſt mit Noth kaum entraan. Dieſemnach wolten die Roͤmer den Krieg wider ſo maͤchtige Feinde nicht mehr einem Feldherrn vertrauen; ſondern ſchickten zum Servilius Coͤpio noch den Cneus Mallius mit einem Heere in Gallien. Aber dieſe zwey von Ehrſucht harten Steine waren nicht faͤhig was gutes abzumahlen. Jhr taͤgli- cher Zwiſt brachte ſie endlich zu dieſem ſchaͤdli- [Spaltenumbruch] chen Vertrage: daß ſie ihre Kriegs-Heere ab- ſonderten/ den Rhodan zu ihrem Graͤntz-Mah- le erkieſeten/ die Gallier durch ihre Grauſam- keit ihnen auffſaͤtzig/ die Deutſchen aber ſelbte durch Glimpff und Gerechtigkeit ihnen geneigt machten. Uber diß bezeigten dieſe eine abſon- dere Gottes furcht und Andacht; und thaͤten al- le ihre Fuͤrſten ein Geluͤbde: daß alle Gefangene und Beute heilig ſeyn ſolte. Bojorich verſetz- te den erſten Streich des Buͤrgermeiſter Mal- lius Stadthaltern/ nemlich dem Aurelius Scaurus; erſchlug ſechs tauſend Roͤmer/ und kriegte ihn ſelbſt lebendig gefangen. Mallius beruffte den Coͤpio hierauff zur Huͤlffe; kriegte aber zur Antwort: ein ieder haͤtte ſein ihm ver- trautes Land zu beſchirmen. Gleichwohl aber ſetzte Coͤpio bald darauff an die lincke Seite des Rhodans uͤber; iedoch mehr in Meinung dem Buͤrgermeiſter den Ruhm des Sieges wegzu- fiſchen/ als ihm beyzuſtehen. Daher er auch zwiſchen den Mallius und die Cimbern ſein Laͤ- ger ſchlug. Bojorich/ welcher den entfernten Teutobach nicht ſo bald an ſich ziehen konte/ ward uͤber die Vereinbarung beyder Roͤmi- ſchen Heere bekuͤmmert; ſchlug alſo durch eine Botſchafft einen Frieden fuͤr. Weil aber dieſe nur mit dem Buͤrgermeiſter zu handeln befeh- licht war/ grief ſie Coͤpio mit hefftigſten Schmeh- Worten an/ und fehlte wenig: daß die Cimbri- ſchen Geſandten nicht in Coͤpions Laͤger er- mordet wurden. Dieſer vereinbarte hierauff zwar mit dem Mallius ſein Laͤger/ aber gar nicht ſeine Meinungen; alſo: daß die Deutſchen ſich ihrer taͤglich mehrenden Zwytracht zu ge- brauchen/ und nunmehro zu treffen ſchluͤßig wurden. Bojorich ſtellte noch fuͤr aufſgehen- der Sonne ſeine Deutſchen in Schlacht-Ord- nung; Mallius und Coͤpio hingegen zanckten ſich noch uͤber Stellung der ihrigen; als Hertzog Schleß ſchon mit ſeiner Reuterey einbrach. Wie nun das Gluͤcke einem Feinde keinen groͤſſern Vortheil als die Zwytracht der Kriegs-Ober- ſten
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Sechſtes Buch
ſatzung. Welch Leid gleichwohl durch die Zei-
tung gelindert ward: daß Cajus Marius den
Koͤnig in Numidien Jugurtha/ und den Mau-
ritaniſchen Koͤnig Bochus auffs Haupt geſchla-
gen/ die dem Hercules zu Ehren faſt mitten in
Africa gelegene/ von Sand-Wuͤſteneyen und
Drachen gleichſam bewahrte Stadt Capſa/ und
die auff einem hohen Steinfelſen faſt unuͤber-
windlich geachtete Feſtung Mulucha durch
Verwegenheit eines Liguriers erobert/ der Buͤr-
germeiſter Servilius Coͤpio aber durch heimli-
che Verſtaͤndniß in Gallien die Stadt Toloſa
wieder eingenommen/ und aus des Apollo Tem-
pel tauſend Pfund Goldes und hundert und
zehn tauſend Pfund Silber/ als einen von Del-
phis dahin gebrachten Schatz erobert haͤtte.
Wiewohl dieſes heilige Reichthum hernach al-
le/ die an dieſem Schatze Theil hatten/ in Un-
tergang ſtuͤrtzte; zu einem merckwuͤrdigen Bey-
ſpiele: daß geraubte Guͤter/ wenn ſelbte gleich
in vom Feuer unverzehrlichem Golde beſtehen/
ſo wohl die ſchaͤdliche Wuͤrckung/ als die Fluͤch-
tigkeit des Qveckſilbers an ſich haben. Die al-
lergroͤſte Vergnuͤgung aber ſchoͤpffte Rom/ als
es erfuhr: daß der Mauritaniſche Koͤnig Bo-
chus ſeinen eignen Eydam Jugurtha argliſtig
in Band und Eiſen geſchlagen/ und dem Lucius
Cornelius Sylla uͤberantwortet hatte. Hin-
gegen ward ihnen dieſe Freude bald wieder ver-
ſaltzen durch die Niederlage des Manlius; wel-
cher die Deutſchen aus dem Gebiete der Ve-
neter vertreiben wolte/ aber von dem Hertzoge
Brinno und Schleß an dem Fluſſe Madua-
cus auffs Haupt erleget ward; alſo: daß er ſelbſt
mit Noth kaum entraan. Dieſemnach wolten
die Roͤmer den Krieg wider ſo maͤchtige Feinde
nicht mehr einem Feldherrn vertrauen; ſondern
ſchickten zum Servilius Coͤpio noch den Cneus
Mallius mit einem Heere in Gallien. Aber
dieſe zwey von Ehrſucht harten Steine waren
nicht faͤhig was gutes abzumahlen. Jhr taͤgli-
cher Zwiſt brachte ſie endlich zu dieſem ſchaͤdli-
chen Vertrage: daß ſie ihre Kriegs-Heere ab-
ſonderten/ den Rhodan zu ihrem Graͤntz-Mah-
le erkieſeten/ die Gallier durch ihre Grauſam-
keit ihnen auffſaͤtzig/ die Deutſchen aber ſelbte
durch Glimpff und Gerechtigkeit ihnen geneigt
machten. Uber diß bezeigten dieſe eine abſon-
dere Gottes furcht und Andacht; und thaͤten al-
le ihre Fuͤrſten ein Geluͤbde: daß alle Gefangene
und Beute heilig ſeyn ſolte. Bojorich verſetz-
te den erſten Streich des Buͤrgermeiſter Mal-
lius Stadthaltern/ nemlich dem Aurelius
Scaurus; erſchlug ſechs tauſend Roͤmer/ und
kriegte ihn ſelbſt lebendig gefangen. Mallius
beruffte den Coͤpio hierauff zur Huͤlffe; kriegte
aber zur Antwort: ein ieder haͤtte ſein ihm ver-
trautes Land zu beſchirmen. Gleichwohl aber
ſetzte Coͤpio bald darauff an die lincke Seite des
Rhodans uͤber; iedoch mehr in Meinung dem
Buͤrgermeiſter den Ruhm des Sieges wegzu-
fiſchen/ als ihm beyzuſtehen. Daher er auch
zwiſchen den Mallius und die Cimbern ſein Laͤ-
ger ſchlug. Bojorich/ welcher den entfernten
Teutobach nicht ſo bald an ſich ziehen konte/
ward uͤber die Vereinbarung beyder Roͤmi-
ſchen Heere bekuͤmmert; ſchlug alſo durch eine
Botſchafft einen Frieden fuͤr. Weil aber dieſe
nur mit dem Buͤrgermeiſter zu handeln befeh-
licht war/ grief ſie Coͤpio mit hefftigſten Schmeh-
Worten an/ und fehlte wenig: daß die Cimbri-
ſchen Geſandten nicht in Coͤpions Laͤger er-
mordet wurden. Dieſer vereinbarte hierauff
zwar mit dem Mallius ſein Laͤger/ aber gar
nicht ſeine Meinungen; alſo: daß die Deutſchen
ſich ihrer taͤglich mehrenden Zwytracht zu ge-
brauchen/ und nunmehro zu treffen ſchluͤßig
wurden. Bojorich ſtellte noch fuͤr aufſgehen-
der Sonne ſeine Deutſchen in Schlacht-Ord-
nung; Mallius und Coͤpio hingegen zanckten
ſich noch uͤber Stellung der ihrigen; als Hertzog
Schleß ſchon mit ſeiner Reuterey einbrach. Wie
nun das Gluͤcke einem Feinde keinen groͤſſern
Vortheil als die Zwytracht der Kriegs-Ober-
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