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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Hierauf grieffen die Römer die Salaßier auffs
neue an; und weil dieser ein Mann gegen zehn
fechten muste/ wurden sie geschlagen/ 5000. er-
legt/ und den Römern das flache Land nebst den
Goldgruben abzutreten gezwungen. Gleich-
wol aber schätzten die Römer den Appius keines
Siegs-Gepränges würdig. Und als er sich
dessen eigenmächtig anmaste/ hätten sie ihn mit
Gewalt vom Wagen gezogen/ wenn nicht seine
Tochter als eine Vestalische Jungfrau ihn be-
schirmet hätte. Noch viel ärger spielten es die
Römer dem unvergleichlichen Helden Viriath
mit; dessen Deutscher Uhrsprung und Thaten
nicht nur allhier/ sondern in der gantzen Welt
erwehnt zu werden würdig sind. Es ist bekandt:
daß mit denen Carthaginensischen Kauffleuten
viel Deutsche in Hispanien übergesetzt sind; Und
nicht nur an dem eusersten Westlichen Land-
Ende/ sondern auch an dem Flusse Anas unter
dem Gebürge der Venus einen ziemlichen
Strich unter dem alten Deutschen Nahmen
der Celten bewohnt haben. Diese waren ge-
schworne Feinde der Carthaginenser; und der
Werckzeug ihrer meisten Siege in Hispanien.
Daher sie auch nach dem andern Punischen
Kriege/ da Carthago Hispanien im Stiche las-
sen muste/ keine Gelegenheit versäumten den
Römern Abbruch zu thun. Unter diesen war
ein Fürst der Celten am Flusse Anas Olonich/
welcher dem Macedonischen Könige Perses zu
liebe auf heimliche Anstifftung der Carthaginen-
ser die Waffen wider die Römer ergrief; aber
von ihrer Macht überdrückt/ und nach hertzhaf-
ter Gegenwehr in einer Schlacht getödtet
ward. Sein Großvater ein Sidinischer Fürst
an dem Jader oder Oder-Strome war mit et-
lich tausend Deutschen übers Meer dahin kom-
men/ und hatte selbiges Gebiete von Carthago
zum Geschencke bekommen. Weil nun die Rö-
mer allen Celten die Hände abschnitten/ ja Wei-
ber und Kinder tödteten/ flohe Olonichs Wittib
mit ihrem halbjährigen Kinde Viriath/ wel-
[Spaltenumbruch] chen Nahmen ihm Olonich nach der Sidini-
schen Fürsten Hauptstadt in Deutschland gege-
ben/ in das Gebürge der Venus. Die Römer
aber verfolgten sie auch in diesen Klippen; also:
daß diese edle Fürstin entweder unversehens/ o-
der auch vorsätzlich/ um nicht in der Römer
Hände zu fallen von einem Felsen abstürtzte.
Aller andern Flucht verursachte: daß dieses
Kind im Gebürge liegen blieb; iedoch/ weil es
der menschlichen Vorsorge entbehren muste/ von
den Gemsen gesäuget ward. Sechs Monat
genaß es aus sonderbarer Versehung Gottes
dieser unartigen Mutter-Milch/ ehe ein in das
Gebürge hütender und einer geschossenen
Gemse nachklettender Ziegen-Hirte das Kind
fand/ solches in seine Hütte trug/ und als sein
eignes auferzoh. Diese Wildnüß aber konte
so wenig die hohe Ankunfft dieses Fürsten/ als
des grossen Cyrus verbergen. Er ward der
schönste und geschickteste unter den Hirten-Kna-
ben; und keiner war so Ehrsüchtig: daß er nicht
diesem verborgenen Fürsten den Vorzug ent-
räumte/ und ihn für seinen Führer erkennte.
Er machte ihm und seinen Gefärthen selbst Bo-
gen und Pfeile/ und leitete sie mehr zu Verfol-
gung des Wildes/ als zu Hütung ihres Viehes
an. Die Alten fragten ihn mehrmals als ei-
nen Knaben noch um Rath/ und die Zwistigen
nahmen ihn für ihren Richter an. Hierdurch
machte er ihm in der Blüthe seiner Jugend ein
Ansehn eines Alten; und durch Freygebigkeit
verknipffte er ihm aller Gemüther. Denn wenn
er auff die Gemsen oder ander Wild ausgieng/
behielt er von seinem Geschossenen das gering-
ste/ und theilte das übrige unter die Gefärthen
aus/ die gleich nichts getroffen hatten. Jn die-
sem Stande blieb er/ biß Marcellus den Celti-
beriern die Stadt Ocelis und Nertobriga/
Marcus Atilius aber denen Lusitaniern die
Stadt Oxthraze und etliche Vettonische Städ-
te abdrang. Weil nun die Römer das Land mit
Rauben durchstreifften/ und also auch dem Cel-

tischen

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Hierauf grieffen die Roͤmer die Salaßier auffs
neue an; und weil dieſer ein Mann gegen zehn
fechten muſte/ wurden ſie geſchlagen/ 5000. er-
legt/ und den Roͤmern das flache Land nebſt den
Goldgruben abzutreten gezwungen. Gleich-
wol aber ſchaͤtzten die Roͤmer den Appius keines
Siegs-Gepraͤnges wuͤrdig. Und als er ſich
deſſen eigenmaͤchtig anmaſte/ haͤtten ſie ihn mit
Gewalt vom Wagen gezogen/ wenn nicht ſeine
Tochter als eine Veſtaliſche Jungfrau ihn be-
ſchirmet haͤtte. Noch viel aͤrger ſpielten es die
Roͤmer dem unvergleichlichen Helden Viriath
mit; deſſen Deutſcher Uhrſprung und Thaten
nicht nur allhier/ ſondern in der gantzen Welt
erwehnt zu werden wuͤrdig ſind. Es iſt bekandt:
daß mit denen Carthaginenſiſchen Kauffleuten
viel Deutſche in Hiſpanien uͤbergeſetzt ſind; Und
nicht nur an dem euſerſten Weſtlichen Land-
Ende/ ſondern auch an dem Fluſſe Anas unter
dem Gebuͤrge der Venus einen ziemlichen
Strich unter dem alten Deutſchen Nahmen
der Celten bewohnt haben. Dieſe waren ge-
ſchworne Feinde der Carthaginenſer; und der
Werckzeug ihrer meiſten Siege in Hiſpanien.
Daher ſie auch nach dem andern Puniſchen
Kriege/ da Carthago Hiſpanien im Stiche laſ-
ſen muſte/ keine Gelegenheit verſaͤumten den
Roͤmern Abbruch zu thun. Unter dieſen war
ein Fuͤrſt der Celten am Fluſſe Anas Olonich/
welcher dem Macedoniſchen Koͤnige Perſes zu
liebe auf heimliche Anſtifftung der Carthaginen-
ſer die Waffen wider die Roͤmer ergrief; aber
von ihrer Macht uͤberdruͤckt/ und nach hertzhaf-
ter Gegenwehr in einer Schlacht getoͤdtet
ward. Sein Großvater ein Sidiniſcher Fuͤrſt
an dem Jader oder Oder-Strome war mit et-
lich tauſend Deutſchen uͤbers Meer dahin kom-
men/ und hatte ſelbiges Gebiete von Carthago
zum Geſchencke bekommen. Weil nun die Roͤ-
mer allen Celten die Haͤnde abſchnitten/ ja Wei-
ber und Kinder toͤdteten/ flohe Olonichs Wittib
mit ihrem halbjaͤhrigen Kinde Viriath/ wel-
[Spaltenumbruch] chen Nahmen ihm Olonich nach der Sidini-
ſchen Fuͤrſten Hauptſtadt in Deutſchland gege-
ben/ in das Gebuͤrge der Venus. Die Roͤmer
aber verfolgten ſie auch in dieſen Klippen; alſo:
daß dieſe edle Fuͤrſtin entweder unverſehens/ o-
der auch vorſaͤtzlich/ um nicht in der Roͤmer
Haͤnde zu fallen von einem Felſen abſtuͤrtzte.
Aller andern Flucht verurſachte: daß dieſes
Kind im Gebuͤrge liegen blieb; iedoch/ weil es
der menſchlichen Vorſorge entbehren muſte/ von
den Gemſen geſaͤuget ward. Sechs Monat
genaß es aus ſonderbarer Verſehung Gottes
dieſer unartigen Mutter-Milch/ ehe ein in das
Gebuͤrge huͤtender und einer geſchoſſenen
Gemſe nachklettender Ziegen-Hirte das Kind
fand/ ſolches in ſeine Huͤtte trug/ und als ſein
eignes auferzoh. Dieſe Wildnuͤß aber konte
ſo wenig die hohe Ankunfft dieſes Fuͤrſten/ als
des groſſen Cyrus verbergen. Er ward der
ſchoͤnſte und geſchickteſte unter den Hirten-Kna-
ben; und keiner war ſo Ehrſuͤchtig: daß er nicht
dieſem verborgenen Fuͤrſten den Vorzug ent-
raͤumte/ und ihn fuͤr ſeinen Fuͤhrer erkennte.
Er machte ihm und ſeinen Gefaͤrthen ſelbſt Bo-
gen und Pfeile/ und leitete ſie mehr zu Verfol-
gung des Wildes/ als zu Huͤtung ihres Viehes
an. Die Alten fragten ihn mehrmals als ei-
nen Knaben noch um Rath/ und die Zwiſtigen
nahmen ihn fuͤr ihren Richter an. Hierdurch
machte er ihm in der Bluͤthe ſeiner Jugend ein
Anſehn eines Alten; und durch Freygebigkeit
verknipffte er ihm aller Gemuͤther. Denn wenn
er auff die Gemſen oder ander Wild ausgieng/
behielt er von ſeinem Geſchoſſenen das gering-
ſte/ und theilte das uͤbrige unter die Gefaͤrthen
aus/ die gleich nichts getroffen hatten. Jn die-
ſem Stande blieb er/ biß Marcellus den Celti-
beriern die Stadt Ocelis und Nertobriga/
Marcus Atilius aber denen Luſitaniern die
Stadt Oxthraze und etliche Vettoniſche Staͤd-
te abdrang. Weil nun die Roͤmer das Land mit
Rauben durchſtreifften/ und alſo auch dem Cel-

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[888[890]/0950] Sechſtes Buch Hierauf grieffen die Roͤmer die Salaßier auffs neue an; und weil dieſer ein Mann gegen zehn fechten muſte/ wurden ſie geſchlagen/ 5000. er- legt/ und den Roͤmern das flache Land nebſt den Goldgruben abzutreten gezwungen. Gleich- wol aber ſchaͤtzten die Roͤmer den Appius keines Siegs-Gepraͤnges wuͤrdig. Und als er ſich deſſen eigenmaͤchtig anmaſte/ haͤtten ſie ihn mit Gewalt vom Wagen gezogen/ wenn nicht ſeine Tochter als eine Veſtaliſche Jungfrau ihn be- ſchirmet haͤtte. Noch viel aͤrger ſpielten es die Roͤmer dem unvergleichlichen Helden Viriath mit; deſſen Deutſcher Uhrſprung und Thaten nicht nur allhier/ ſondern in der gantzen Welt erwehnt zu werden wuͤrdig ſind. Es iſt bekandt: daß mit denen Carthaginenſiſchen Kauffleuten viel Deutſche in Hiſpanien uͤbergeſetzt ſind; Und nicht nur an dem euſerſten Weſtlichen Land- Ende/ ſondern auch an dem Fluſſe Anas unter dem Gebuͤrge der Venus einen ziemlichen Strich unter dem alten Deutſchen Nahmen der Celten bewohnt haben. Dieſe waren ge- ſchworne Feinde der Carthaginenſer; und der Werckzeug ihrer meiſten Siege in Hiſpanien. Daher ſie auch nach dem andern Puniſchen Kriege/ da Carthago Hiſpanien im Stiche laſ- ſen muſte/ keine Gelegenheit verſaͤumten den Roͤmern Abbruch zu thun. Unter dieſen war ein Fuͤrſt der Celten am Fluſſe Anas Olonich/ welcher dem Macedoniſchen Koͤnige Perſes zu liebe auf heimliche Anſtifftung der Carthaginen- ſer die Waffen wider die Roͤmer ergrief; aber von ihrer Macht uͤberdruͤckt/ und nach hertzhaf- ter Gegenwehr in einer Schlacht getoͤdtet ward. Sein Großvater ein Sidiniſcher Fuͤrſt an dem Jader oder Oder-Strome war mit et- lich tauſend Deutſchen uͤbers Meer dahin kom- men/ und hatte ſelbiges Gebiete von Carthago zum Geſchencke bekommen. Weil nun die Roͤ- mer allen Celten die Haͤnde abſchnitten/ ja Wei- ber und Kinder toͤdteten/ flohe Olonichs Wittib mit ihrem halbjaͤhrigen Kinde Viriath/ wel- chen Nahmen ihm Olonich nach der Sidini- ſchen Fuͤrſten Hauptſtadt in Deutſchland gege- ben/ in das Gebuͤrge der Venus. Die Roͤmer aber verfolgten ſie auch in dieſen Klippen; alſo: daß dieſe edle Fuͤrſtin entweder unverſehens/ o- der auch vorſaͤtzlich/ um nicht in der Roͤmer Haͤnde zu fallen von einem Felſen abſtuͤrtzte. Aller andern Flucht verurſachte: daß dieſes Kind im Gebuͤrge liegen blieb; iedoch/ weil es der menſchlichen Vorſorge entbehren muſte/ von den Gemſen geſaͤuget ward. Sechs Monat genaß es aus ſonderbarer Verſehung Gottes dieſer unartigen Mutter-Milch/ ehe ein in das Gebuͤrge huͤtender und einer geſchoſſenen Gemſe nachklettender Ziegen-Hirte das Kind fand/ ſolches in ſeine Huͤtte trug/ und als ſein eignes auferzoh. Dieſe Wildnuͤß aber konte ſo wenig die hohe Ankunfft dieſes Fuͤrſten/ als des groſſen Cyrus verbergen. Er ward der ſchoͤnſte und geſchickteſte unter den Hirten-Kna- ben; und keiner war ſo Ehrſuͤchtig: daß er nicht dieſem verborgenen Fuͤrſten den Vorzug ent- raͤumte/ und ihn fuͤr ſeinen Fuͤhrer erkennte. Er machte ihm und ſeinen Gefaͤrthen ſelbſt Bo- gen und Pfeile/ und leitete ſie mehr zu Verfol- gung des Wildes/ als zu Huͤtung ihres Viehes an. Die Alten fragten ihn mehrmals als ei- nen Knaben noch um Rath/ und die Zwiſtigen nahmen ihn fuͤr ihren Richter an. Hierdurch machte er ihm in der Bluͤthe ſeiner Jugend ein Anſehn eines Alten; und durch Freygebigkeit verknipffte er ihm aller Gemuͤther. Denn wenn er auff die Gemſen oder ander Wild ausgieng/ behielt er von ſeinem Geſchoſſenen das gering- ſte/ und theilte das uͤbrige unter die Gefaͤrthen aus/ die gleich nichts getroffen hatten. Jn die- ſem Stande blieb er/ biß Marcellus den Celti- beriern die Stadt Ocelis und Nertobriga/ Marcus Atilius aber denen Luſitaniern die Stadt Oxthraze und etliche Vettoniſche Staͤd- te abdrang. Weil nun die Roͤmer das Land mit Rauben durchſtreifften/ und alſo auch dem Cel- tiſchen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 888[890]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/950>, abgerufen am 23.11.2024.