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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Römer andere Völcker mehr für Vieh als Men-
schen hielten. Massen denn selbige Zeit Qvin-
tius Flaminius aus dem Rathe gestossen ward/
weil er am Po einen zu ihm abgeschickten Boji-
schen Ritter einem mißbrauchten Schandbu-
ben/ und zu Placentz einen edlen Ligurier seiner
Hure zu Liebe und zur Ergetzligkeit ermorden
lassen/ und Tisch und Bette mit so unschuldigem
Blute besprützt hatte. Zu eben dieser Zeit kam
aus Deutschland ein neuer Schwarm derer an
der Donau wohnenden Völcker über die Alpen/
ließ sich am Adriatischen Meere um die Flüsse
Turrus und Tilavent nieder. Wider diese
ward Lucius Julius geschickt sie daselbst wegzu-
treiben. Weil sie aber übel/ oder gar nicht be-
wehret waren/ machten sie mit den Römern ei-
nen Vergleich/ und zohen mit ihrem Geräthe
wieder über die Alpen/ und setzten sich um den
Fluß Anisus. Folgendes Jahr zohen abermals
beyde Bürgermeister in Ligurien; da sich denn
2000. dem Marcellus gutwillig ergaben; die
andern aber versteckten sich in ihre Gebürge
und Festungen: daß ihnen die Römer nicht bey-
kommen konten/ sondern ihr Heer von einander
lassen; solches aber bald wieder zusammen zie-
hen/ und auff alle Fälle fertig halten musten;
Weil ein Geschrey kam: daß in Deutschland
viel tausend junger Mannschafft sich zusammen
züge/ und irgends wo in Jtalien einbrechen
wolte. Die Ligurier machten auch die See
unsicher/ und thaten den Maßiliern nicht gerin-
gen Schaden; musten also die Römer eine Schif-
Flotte in das Ligustische Meer schicken. Das
nechstfolgende Frühjahr zohe der sonst allenthal-
ben so sieghaffte Emilius Paulus wider die Jn-
guanischen Ligurier auf. Weil er aber von kei-
nem andern Vergleiche/ als daß sie sich auf Gna-
de und Ungnade ergeben solten/ hören wolte;
stürmten und belägerten sie das Römische Läger;
Alleine sie erlitten von denen wegen aussenblei-
bender Hülffe fast verzweiffelt ausfallenden Rö-
mern eine schwere Niederlage; indem 15000. er-
[Spaltenumbruch] schlagen/ drittehalb tausend gefangen wurden;
zur vernünfftigen Warnigung: daß eines ver-
zweiffelten Feindes Degen drey anderen beste-
he. Die Jnguaner ergaben sich hierauff ohne
Schwerdschlag. Wiewol nun diese abgemer-
gelten Völcker gantz ruhig sassen/ wolten doch
Publius Cornelius/ und Marcus Böbius/ weil
sie in ihrem Bürgermeister-Ampte nichts denck-
würdiges verrichtet hatten/ an ihnen den Muth
kühlen/ und Ehre einlegen; Also durchforschten
sie mit zweyen mächtigen Heeren das gantze A-
nidische Gebürge/ zwangen sie alle auff die
Flächen zu verfügen; und waren weder Ge-
schencke noch Thränen so mächtig die Römer zu
bewegen: daß sie in ihren Geburts-Städten er-
sterben/ und ihre Gebeine in den Grabestätten
ihrer Vor-Eltern ruhen möchten; sondern es
wurden ihrer 40000. in Samnium fortge-
schleppet. Weil nun beyde sich hierdurch zu
Rom so sehr verdient hatten: daß ihnen/ die doch
gegen keinem Feinde einigen Degen gezückt/
ein Siegs-Gepränge erlaubt ward/ machte sich
Posthumius über den Schweißberg/ und das
Gebürge Balista; zwang diese armen Leute
durch Abschneidung aller Lebens-Mittel zur U-
bergabe; nahm ihnen alles Gewehre/ und ließ
ihnen mit genauer Noth so viel Eisen übrig/ als
sie zu Pflugscharen und dem Ackerbau dorfften.
Fulvius kroch an dem Flusse Maora in den Hö-
len/ noch 7000. Apuaner aus/ welche ihren
Landesleuten in Samnium folgen musten. Ca-
jus Claudius beraubte hierauf aus blosser Ver-
muthung des Krieges die Epanterier/ und siegte
über den Jstrier König Epulo und diese Ligurier;
welche aber für Ungedult nicht alleine ins Muti-
nensische Gebiete einfielen/ und es mit Schwerd
und Feuer verheerten/ sondern auch diese Stadt
selbst eroberten. Alleine Claudius rückte mit
einem noch stärckern Heere für Mutina/ erober-
te es mit Sturm; in welchem 10000. Römer/
und 8000. Ligurier blieben; schlug hierauff sie
beym Flusse Skultenna/ trieb sie vom Verge Letus

und
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Roͤmer andere Voͤlcker mehr fuͤr Vieh als Men-
ſchen hielten. Maſſen denn ſelbige Zeit Qvin-
tius Flaminius aus dem Rathe geſtoſſen ward/
weil er am Po einen zu ihm abgeſchickten Boji-
ſchen Ritter einem mißbrauchten Schandbu-
ben/ und zu Placentz einen edlen Ligurier ſeiner
Hure zu Liebe und zur Ergetzligkeit ermorden
laſſen/ und Tiſch und Bette mit ſo unſchuldigem
Blute beſpruͤtzt hatte. Zu eben dieſer Zeit kam
aus Deutſchland ein neuer Schwarm derer an
der Donau wohnenden Voͤlcker uͤber die Alpen/
ließ ſich am Adriatiſchen Meere um die Fluͤſſe
Turrus und Tilavent nieder. Wider dieſe
ward Lucius Julius geſchickt ſie daſelbſt wegzu-
treiben. Weil ſie aber uͤbel/ oder gar nicht be-
wehret waren/ machten ſie mit den Roͤmern ei-
nen Vergleich/ und zohen mit ihrem Geraͤthe
wieder uͤber die Alpen/ und ſetzten ſich um den
Fluß Aniſus. Folgendes Jahr zohen abermals
beyde Buͤrgermeiſter in Ligurien; da ſich denn
2000. dem Marcellus gutwillig ergaben; die
andern aber verſteckten ſich in ihre Gebuͤrge
und Feſtungen: daß ihnen die Roͤmer nicht bey-
kommen konten/ ſondern ihr Heer von einander
laſſen; ſolches aber bald wieder zuſammen zie-
hen/ und auff alle Faͤlle fertig halten muſten;
Weil ein Geſchrey kam: daß in Deutſchland
viel tauſend junger Mannſchafft ſich zuſammen
zuͤge/ und irgends wo in Jtalien einbrechen
wolte. Die Ligurier machten auch die See
unſicher/ und thaten den Maßiliern nicht gerin-
gen Schaden; muſten alſo die Roͤmer eine Schif-
Flotte in das Liguſtiſche Meer ſchicken. Das
nechſtfolgende Fruͤhjahr zohe der ſonſt allenthal-
ben ſo ſieghaffte Emilius Paulus wider die Jn-
guaniſchen Ligurier auf. Weil er aber von kei-
nem andern Vergleiche/ als daß ſie ſich auf Gna-
de und Ungnade ergeben ſolten/ hoͤren wolte;
ſtuͤrmten und belaͤgerten ſie das Roͤmiſche Laͤger;
Alleine ſie erlitten von denen wegen auſſenblei-
bender Huͤlffe faſt verzweiffelt ausfallenden Roͤ-
mern eine ſchwere Niederlage; indem 15000. er-
[Spaltenumbruch] ſchlagen/ drittehalb tauſend gefangen wurden;
zur vernuͤnfftigen Warnigung: daß eines ver-
zweiffelten Feindes Degen drey anderen beſte-
he. Die Jnguaner ergaben ſich hierauff ohne
Schwerdſchlag. Wiewol nun dieſe abgemer-
gelten Voͤlcker gantz ruhig ſaſſen/ wolten doch
Publius Cornelius/ und Marcus Boͤbius/ weil
ſie in ihrem Buͤrgermeiſter-Ampte nichts denck-
wuͤrdiges verrichtet hatten/ an ihnen den Muth
kuͤhlen/ und Ehre einlegen; Alſo durchforſchten
ſie mit zweyen maͤchtigen Heeren das gantze A-
nidiſche Gebuͤrge/ zwangen ſie alle auff die
Flaͤchen zu verfuͤgen; und waren weder Ge-
ſchencke noch Thraͤnen ſo maͤchtig die Roͤmer zu
bewegen: daß ſie in ihren Geburts-Staͤdten er-
ſterben/ und ihre Gebeine in den Grabeſtaͤtten
ihrer Vor-Eltern ruhen moͤchten; ſondern es
wurden ihrer 40000. in Samnium fortge-
ſchleppet. Weil nun beyde ſich hierdurch zu
Rom ſo ſehr verdient hatten: daß ihnen/ die doch
gegen keinem Feinde einigen Degen gezuͤckt/
ein Siegs-Gepraͤnge erlaubt ward/ machte ſich
Poſthumius uͤber den Schweißberg/ und das
Gebuͤrge Baliſta; zwang dieſe armen Leute
durch Abſchneidung aller Lebens-Mittel zur U-
bergabe; nahm ihnen alles Gewehre/ und ließ
ihnen mit genauer Noth ſo viel Eiſen uͤbrig/ als
ſie zu Pflugſcharen und dem Ackerbau dorfften.
Fulvius kroch an dem Fluſſe Maora in den Hoͤ-
len/ noch 7000. Apuaner aus/ welche ihren
Landesleuten in Samnium folgen muſten. Ca-
jus Claudius beraubte hierauf aus bloſſer Ver-
muthung des Krieges die Epanterier/ und ſiegte
uͤber den Jſtrier Koͤnig Epulo und dieſe Ligurieꝛ;
welche abeꝛ fuͤꝛ Ungedult nicht alleine ins Muti-
nenſiſche Gebiete einfielen/ und es mit Schwerd
und Feuer verheerten/ ſondern auch dieſe Stadt
ſelbſt eroberten. Alleine Claudius ruͤckte mit
einem noch ſtaͤrckern Heere fuͤr Mutina/ erober-
te es mit Sturm; in welchem 10000. Roͤmer/
und 8000. Ligurier blieben; ſchlug hierauff ſie
beym Fluſſe Skulteña/ trieb ſie vom Verge Letus

und
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 883[885]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/945>, abgerufen am 23.11.2024.