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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] dergeben muste. Epirus/ gantz Griechenland
und Jllyricum strich für den Römern seine
Segel; die Könige aus Africa/ Asien und
Europa stritteu mit einander sich durch Glück-
wünschungen und andere Heucheleyen bey den
Römern einzulieben. Ja Prusias und sein
Sohn Nicomedes schämten sich nicht die
Schwelle des Römischen Rathhauses zu küssen/
den Rath ihre Erhaltungs-Götter/ sich aber
ihre Freygelassene zu nennen. Welche seltza-
me Fälle allzu deutlich erhärten: daß das ewige
Gesetze der Gottheit von aller Ewigkeit her allen
Dingen einen gewissen und unveränderlichen
Lauff bestimmet habe; also weder die menschlichen
Geschichte ungefähr/ sondern vielmehr aus ver-
borgenen Ursachen sich zutragen/ noch iemand
das Rad des Verhängnisses auff die Seite
abwenden könne/ wenn die Vernunfft es schon
von ferne ersiehet/ und die Tugend beyde Ar-
men vorwirfft. Jnsgemein aber verblendet
diese Nothwendigkeit auch die sonst von Thor-
heit entfernte Gemüther: daß sie weder ihren
Rathschlägen genugsam nachdencken/ oder be-
vorstehender Gefahr nicht klüglich vorbeu-
gen.

Ungeachtet nun derogestalt die halbe Welt
nicht nur die Römische Macht anbetete/ sondern
auch für dem Eumenes und Prusias/ als den
Werckzeugen so ferner Dienstbarkeit die Ach-
seln einzoh; so liessen sich doch die Deutschen
in Galatien zu nichts knechtischem Verlei-
ten. Sie schickten keine Botschafft nach Rom;
und als ihnen Prusias ein Stücke Landes ab-
streiten wolte/ welches des Syrischen Königs
Antiochus gewesen/ und von den Römern ihm
solte geschenckt worden seyn; liessen sie dem Pru-
sias zu entbieten: der Degen wäre bey den
Deutschen das Grabscheit/ wenn man ihnen
etwas von ihrem Eigenthume abgräntzen wol-
te. Ob auch schon Prusias hernach zu Rom
von dem Rathe solch Land als eine Vergeltung
für seine treue Verdienste verlangte; ward er
[Spaltenumbruch] doch durch diese Antwort abgewiesen: Wenn
das Land der Deutschen wäre/ müste er nicht
übel auffnehmen: daß der Rath sie mit Weg-
gebung fremden Gutes nicht beleidigen/ und
dem Eigenthums-Herren Unrecht thun kön-
te. Mit dem Könige Evmenes aber banden
die Deutschen gar an. Denn Hertzog Solo-
vet/ des in Thessalien gebliebenen Fürsten Car-
signat Sohn/ welcher aus einer besondern
Staats-Klugheit stets auff der Römer Seite
gestanden hatte/ beschuldigte den Evmenes:
daß er die ihm geschickten tausend Deutschen
Reuter mit Fleiß der Macedonischen Schiffs-
Flotte in die Hände geschickt hätte; und Her-
tzog Gözonor goß bey verneuertem Bündnis-
se mit dem Solovet mehr Oel ins Feuer; al-
so: daß sie mit gesammleter Macht in sein
Gebiete einfielen/ auch ihm etliche harte Strei-
che versätzten. Welche dem zu Rom sich be-
findenden Attalus so tieff zu Gemüthe stie-
gen: daß er bey dem Rathe die Helffte seines
brüderlichen Reichs für seine Verdienste aus-
zubitten unterließ/ indem er wohl sahe: daß
seine und des Evmenes Zwytracht die Deut-
schen gar zu Meistern über das Pergameni-
sche Reich machen würde. Also suchte er nur
bey den Römern wider diese hefftigen Feinde
Hülffe; welche aber nur Gesandten zur
Vermittelung eines Friedens dahin schick-
ten. Diese brachten es zwar so weit: daß
die Deutschen/ weil der Winter ohne diß für
der Thür war/ einen drey-monatlichen Stille-
stand willigten; mit dem ersten Früh-Jahre aber
fielen sie über den Berg Didymus wieder ein/
und eroberten die Stadt Siniada. Publius
Licinius eilte mit dem Attalus dahin/ weil
inzwischen Evmenes bey Sardes an dem Fluße
Pactol sein Heer zusammen zoh. Licinius bat
und dreute nicht ferner zu rücken; die beyden
deutschen Fürsten aber gaben ihm nur lachen-
de zur Antwort: Sie wären der Römer gute
Freunde/ aber kein Antiochus; welcher sich wie

eine

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] dergeben muſte. Epirus/ gantz Griechenland
und Jllyricum ſtrich fuͤr den Roͤmern ſeine
Segel; die Koͤnige aus Africa/ Aſien und
Europa ſtritteu mit einander ſich durch Gluͤck-
wuͤnſchungen und andere Heucheleyen bey den
Roͤmern einzulieben. Ja Pruſias und ſein
Sohn Nicomedes ſchaͤmten ſich nicht die
Schwelle des Roͤmiſchen Rathhauſes zu kuͤſſen/
den Rath ihre Erhaltungs-Goͤtter/ ſich aber
ihre Freygelaſſene zu nennen. Welche ſeltza-
me Faͤlle allzu deutlich erhaͤrten: daß das ewige
Geſetze der Gottheit von alleꝛ Ewigkeit heꝛ allen
Dingen einen gewiſſen und unveraͤnderlichen
Lauff beſtim̃et habe; alſo weder die menſchlichen
Geſchichte ungefaͤhr/ ſondern vielmehr aus ver-
borgenen Urſachen ſich zutragen/ noch iemand
das Rad des Verhaͤngniſſes auff die Seite
abwenden koͤnne/ wenn die Vernunfft es ſchon
von ferne erſiehet/ und die Tugend beyde Ar-
men vorwirfft. Jnsgemein aber verblendet
dieſe Nothwendigkeit auch die ſonſt von Thor-
heit entfernte Gemuͤther: daß ſie weder ihren
Rathſchlaͤgen genugſam nachdencken/ oder be-
vorſtehender Gefahr nicht kluͤglich vorbeu-
gen.

Ungeachtet nun derogeſtalt die halbe Welt
nicht nur die Roͤmiſche Macht anbetete/ ſondern
auch fuͤr dem Eumenes und Pruſias/ als den
Werckzeugen ſo ferner Dienſtbarkeit die Ach-
ſeln einzoh; ſo lieſſen ſich doch die Deutſchen
in Galatien zu nichts knechtiſchem Verlei-
ten. Sie ſchickten keine Botſchafft nach Rom;
und als ihnen Pruſias ein Stuͤcke Landes ab-
ſtreiten wolte/ welches des Syriſchen Koͤnigs
Antiochus geweſen/ und von den Roͤmern ihm
ſolte geſchenckt worden ſeyn; lieſſen ſie dem Pru-
ſias zu entbieten: der Degen waͤre bey den
Deutſchen das Grabſcheit/ wenn man ihnen
etwas von ihrem Eigenthume abgraͤntzen wol-
te. Ob auch ſchon Pruſias hernach zu Rom
von dem Rathe ſolch Land als eine Vergeltung
fuͤr ſeine treue Verdienſte verlangte; ward er
[Spaltenumbruch] doch durch dieſe Antwort abgewieſen: Wenn
das Land der Deutſchen waͤre/ muͤſte er nicht
uͤbel auffnehmen: daß der Rath ſie mit Weg-
gebung fremden Gutes nicht beleidigen/ und
dem Eigenthums-Herren Unrecht thun koͤn-
te. Mit dem Koͤnige Evmenes aber banden
die Deutſchen gar an. Denn Hertzog Solo-
vet/ des in Theſſalien gebliebenen Fuͤrſten Car-
ſignat Sohn/ welcher aus einer beſondern
Staats-Klugheit ſtets auff der Roͤmer Seite
geſtanden hatte/ beſchuldigte den Evmenes:
daß er die ihm geſchickten tauſend Deutſchen
Reuter mit Fleiß der Macedoniſchen Schiffs-
Flotte in die Haͤnde geſchickt haͤtte; und Her-
tzog Goͤzonor goß bey verneuertem Buͤndniſ-
ſe mit dem Solovet mehr Oel ins Feuer; al-
ſo: daß ſie mit geſammleter Macht in ſein
Gebiete einfielen/ auch ihm etliche harte Strei-
che verſaͤtzten. Welche dem zu Rom ſich be-
findenden Attalus ſo tieff zu Gemuͤthe ſtie-
gen: daß er bey dem Rathe die Helffte ſeines
bruͤderlichen Reichs fuͤr ſeine Verdienſte aus-
zubitten unterließ/ indem er wohl ſahe: daß
ſeine und des Evmenes Zwytracht die Deut-
ſchen gar zu Meiſtern uͤber das Pergameni-
ſche Reich machen wuͤrde. Alſo ſuchte er nur
bey den Roͤmern wider dieſe hefftigen Feinde
Huͤlffe; welche aber nur Geſandten zur
Vermittelung eines Friedens dahin ſchick-
ten. Dieſe brachten es zwar ſo weit: daß
die Deutſchen/ weil der Winter ohne diß fuͤr
der Thuͤr war/ einen drey-monatlichen Stille-
ſtand willigten; mit dem erſten Fruͤh-Jahre aber
fielen ſie uͤber den Berg Didymus wieder ein/
und eroberten die Stadt Siniada. Publius
Licinius eilte mit dem Attalus dahin/ weil
inzwiſchen Evmenes bey Sardes an dem Fluße
Pactol ſein Heer zuſammen zoh. Licinius bat
und dreute nicht ferner zu ruͤcken; die beyden
deutſchen Fuͤrſten aber gaben ihm nur lachen-
de zur Antwort: Sie waͤren der Roͤmer gute
Freunde/ aber kein Antiochus; welcher ſich wie

eine
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 880[882]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/942>, abgerufen am 24.11.2024.