Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
den Faͤhnrichen die Roͤmiſchen Kriegs-Fahnenaus den Haͤnden rieſſen/ ſelbte unter die Feinde warffen/ umb das Kriegs-Volck zu derſelben Wiedereroberung aufzufriſchen und vorwerts durchzudringen. Aber dieſe verwegene/ wie- wohl vormals gluͤcklich ausgeuͤbte Kriegs-Liſt wolte dißmal nicht gelingen. Denn Bojorich fochte an der Spitze wie ein Loͤwe mit unver- wendetem Fuſſe; und muͤhte ſich nicht allein ſei- nen Deutſchen ein Beyſpiel hertzhafter Gegen- wehr zu geben; ſondern gar in das Laͤger zu dringen. Dieſer blutige Kampf hatte ſchon ei- nen halben Tag gewaͤhret/ als Hertzog Dorulach mit ſeiner Huͤlffe ankam. Weil aber theils das Gedraͤnge der Streitenden/ theils die holen Wege ihn verhinderten auf dieſen beyden Sei- ten an Feind zu kommen/ fuͤgte er mit ſeiner Rei- terey und wenigem Fuß-Volcke ſich zur dritten Pforte/ ſprang vom Pferde/ thaͤt den erſten Hau ins Thor; und ungeachtet es gleichſam Pfeile auf ihn regnete/ ließ er doch mit ſeinen Neme- tern/ die er ſtets zur Leibwache umb ſich hatte/ nicht ab/ biß er ins Laͤger gebrochen war. Die drey Kriegs-Oberſten Lucius Poſtumius/ Mar- cus Atinius und Titus Sempronius bothen ihm zwar hertzhaft die Spitze; aber die erſten zwey erlegte er mit eigner Hand/ den letztern ein Nemetiſcher Edelmann Solms/ und blieben mehr als fuͤnfhundert Roͤmer bey dieſem Thore todt; ja Dorulach ward Meiſter des Laͤgers. Sehet aber/ was fuͤr ein Zufall den Deutſchen die Vollkommenheit eines herrlichen Sieges zernichtete! Es ließ ein Theil Roͤmiſcher Reite- rey/ das fuͤr das Laͤger allerhand Nothdurfft ein- zuholen ausgeſchickt war/ ſich auf der nechſten Hoͤhe ſehen/ ꝛathſchlagende: Ob es bey vermeꝛck- ter Verwirrung im Roͤmiſchen Laͤger fortruͤ- cken ſolte. Der Buͤrgermeiſter aber gebrauch- te ſich dieſer ſchlechten Huͤlffe durch Kriegs-Liſt zu einem groſſen Vortheil; kleidete alsbald etli- che Marſen nach deutſcher Art aus; welche zu den Deutſchen uͤberlieffen/ und dem Fuͤrſten [Spaltenumbruch] Bojorich faͤlſchlich entdeckten: daß der ander Roͤmiſche Buͤrgermeiſter/ deſſen Vortrab ſchon auf der Hoͤhe ſtuͤnde/ mit zwantzig tauſend Mann keine Meil weges weit mehr entfernet waͤre. Die er ſcheinbare Betrug verleitete den Bojorich: daß er dem Fuͤrſten Dorulach das Roͤmiſche Laͤger zu verlaſſen/ dem gantzen Heere aber ſich mit geſchloſſenen Hauffen wieder in das deutſche Laͤger zu ziehen anbefahl. Hertzog Dorulach ſchaͤumte fuͤr Zorn hieruͤber; ſonder- lich: da die ausgeſchickte Kundſchafft entdeckte; wie ſo leicht ſie ſich die ſchlauen Roͤmer haͤtten hinters Licht fuͤhren laſſen. Dieſe hingegen wurden ſo hochmuͤthig: daß ſie folgenden Tag durch Stuͤrmung des deutſchen Laͤgers den vor- hergehenden Schimpf abzuleſchen vermeynten. Bojorich aber fiel zu einer/ Hertzog Dorulach zur andern Pforte heraus/ und griffen die Roͤ- mer mit ſo groſſer Tapferkeit an: daß ihrer fuͤnf tauſend auf dem Platze blieben/ und ſie ſich an- fangs mit genauer Noth ins Laͤger/ hernach gar biß nach Placentz zuruͤcke ziehen muſten. Sci- pio vermeynte mit einem abſondern Heere zwar bald bey den Bojen/ bald bey den Liguriern ein- zubrechen; aber er muſte nur/ wegen Wachſam- keit des Fuͤrſten Ehrenfrieds/ allenthalben un- verrichteter Sache zuruͤck weichen. Jnzwi- ſchen berichteten die furchtſamen Carthaginen- ſer/ welche hierdurch die ihnen vom Maſaniſſa abgedrungene Stadt Leptis/ und die darzu ge- hoͤrige Landſchafft wieder zu erlangen vermeyn- ten/ nach Rom: daß deꝛ von ihnen fluͤchtige Anni- bal/ auf den ſie vorher auch die Schuld des andern Puniſchen Krieges beym Scipio und zu Rom gelegt hatten/ wie auch Thoas der Etolier Fuͤrſt den Antiochus zum Kriege wider Rom aufgewi- ckelt/ er auch durch dẽ Ariſto vom Tyrus Cartha- go einzuflechtẽ ſich bemuͤhet haͤtte. So knechtiſch waꝛ Carthago durchs Ungluͤck worden; Annibal aber haͤtte es fuͤr ein Gluͤcke zu achten gehabt/ wenn ſeine Wohlthaten verraucht/ nicht aber ſo undanckbar belohnt worden waͤren. Alleine dieſe Q q q q q 2
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