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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Glieder traffen. Nunmehr aber griff das Ver-
hängnüß dieser grossen Herscherin ins Hertze;
und die im westlichen Hispanien aufgegangene
Glücks-Sonne der Römer kam in dem Mit-
tagichten Africa ihnen auch am höchsten; und
zwar anfangs durch des Numidischen Königs
Syphax/ hernach durch des Massasylischen
Königs Masanissa Zufall und Beystand. Denn
die zwey Geschwister Kinder Syphax und Ga-
la bekamen mit einander einen Gräntz-Stritt;
diesen gaben sie dem Rathe zu Carthago zur
Entscheidung heim/ welcher aus grosser Unbe-
dachtsamkeit der ihm aus diesem Richter-Ampte
erwachsenden Gefahr entweder wegen Gerech-
tigkeit der Sache/ oder zur Danckbarkeit für die
von seinem Vater und Bruder Narvas geleiste-
ten treuen Dienste für den König Gala sprach.
Dieser Ausschlag verbitterte den Syphax so
sehr: daß er wider diese mit den Römern in
Krieg eingeflochtene Stadt die Waffen ergrief/
und mit denen an ihn aus Hispanien überschif-
fenden Römischen Gesandten ein Bündnüß
schloß/ von ihnen den Kriegs-Obersten Qvintus
Staborius/ der die Numidier in denen vorhin
ungewohnten Kriegs-Ubungen unterrichtete/
zu sich bekam; Hinge gen durch seine Botschafft
in Hispanien alle den Carthaginensern dienen-
de Numidier nach Hause beruffte/ und wider
Carthago einen herrlichen Sieg erhielt. Die
schuldige Danckbarkeit/ und der Carthaginenser
bewegliche Einredung: daß Syphax ein ge-
schworner Feind des Deutschen/ und also frem-
den Narvasischen Hauses wäre/ auch allem Ver-
muthen nach den jungen Narvas des Gala
Bruder mit Gifft hingerichtet/ und ein Auge
auf das Massasylische Königreich/ als ein altes
Antheil Numidiens hätte/ brachten den König
Gala unschwer dahin: daß er seinen siebzehn
jährigen Sohn Masanissa mit einem mächti-
gen Heere wider den Syphax schickte/ welcher
mit Hülffe der zu ihm stossenden Carthaginenser
den Syphax mit Verlust 30000. Numidier
[Spaltenumbruch] aus dem Felde schlug. Syphax flohe biß an
die Gaditanische Meer-Enge zu denen ihm
unterthänigen Maurusiern/ verstärckte sich da-
selbst mit Mohren und denen nunmehr auf Rö-
mische Seite getretenen Celtiberiern. Ma-
sanissa aber hielt mit seinen eigenen Kräfften
dem Syphax derogestalt die Wage: daß er schon
an dem Römischen Bunde zu wancken anfing-
Der Römische Rath aber schickte den Lucius
Genutius/ Publius Petellius und Popilius
mit einem Purpernen Rock und Mantel/ ei-
nem helffenbeinernen Stuhle/ einer güldenen
Schale von fünf Pfunden zu ihm/ und erhielt
durch Vertröstung gewisser Hülffe den Sy-
phax noch auf seiner Seite. Hingegen blieb
Masanissa nicht allein in Waffen wider den
Syphax/ sondern er zohe auch mit 10000. Reu-
tern in Hispanien Asdrubaln zu Hülffe. Er
hatte bey sich im Läger seiner Schwester Sohn
Maßiva einen Knaben von 14. Jahren. Die-
ser hatte aus einer rühmlichen Ehrsucht ohne
Massanissens Vorbewust nicht alleine in Hi-
spanien übergesetzt/ sondern auch in dem Tref-
fen zwischen Asdrubaln/ und dem jungen Sci-
pio die Waffen ergrieffen/ der aber nach tapffe-
rem Gefechte in der Flucht der Mohren mit
dem Pferde gestürtzt/ und also gefangen ward.
Scipio/ als er seinen Uhrsprung und Zufall
vernommen/ beschenckte ihn mit einem golde-
nen Ringe/ vergüldeten Waffen/ köstlichen
Kleidern/ einem schönen Pferde/ und schickte ihn
mit sicherer Begleitung dem Masanissa in sein
Zelt. Diese Großmüthigkeit gebahr bey Ma-
sanissen eine unvermerckte Zuneigung gegen
den Römern. Also weiß ein Kluger ihm seine
Feinde mehr/ als ein Unvernünfftiger seine
Bundsgenossen nütze zu machen. Hingegen
beobachteten die Römer nicht: daß Freunde ha-
ben/ unser halbes Wesen sey; und daß die/ wel-
che der Mund mit guten Worten gewonnen/
das Hertze mit redlichem Beginnen zu erhalten
habe. Denn sie suchten nur ihren Eigennutz;

und

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Glieder traffen. Nunmehr aber griff das Ver-
haͤngnuͤß dieſer groſſen Herſcherin ins Hertze;
und die im weſtlichen Hiſpanien aufgegangene
Gluͤcks-Sonne der Roͤmer kam in dem Mit-
tagichten Africa ihnen auch am hoͤchſten; und
zwar anfangs durch des Numidiſchen Koͤnigs
Syphax/ hernach durch des Maſſaſyliſchen
Koͤnigs Maſaniſſa Zufall und Beyſtand. Denn
die zwey Geſchwiſter Kinder Syphax und Ga-
la bekamen mit einander einen Graͤntz-Stritt;
dieſen gaben ſie dem Rathe zu Carthago zur
Entſcheidung heim/ welcher aus groſſer Unbe-
dachtſamkeit der ihm aus dieſem Richter-Ampte
erwachſenden Gefahr entweder wegen Gerech-
tigkeit der Sache/ oder zur Danckbarkeit fuͤr die
von ſeinem Vater und Bruder Narvas geleiſte-
ten treuen Dienſte fuͤr den Koͤnig Gala ſprach.
Dieſer Ausſchlag verbitterte den Syphax ſo
ſehr: daß er wider dieſe mit den Roͤmern in
Krieg eingeflochtene Stadt die Waffen ergrief/
und mit denen an ihn aus Hiſpanien uͤberſchif-
fenden Roͤmiſchen Geſandten ein Buͤndnuͤß
ſchloß/ von ihnen den Kriegs-Oberſten Qvintus
Staborius/ der die Numidier in denen vorhin
ungewohnten Kriegs-Ubungen unterrichtete/
zu ſich bekam; Hinge gen durch ſeine Botſchafft
in Hiſpanien alle den Carthaginenſern dienen-
de Numidier nach Hauſe beruffte/ und wider
Carthago einen herrlichen Sieg erhielt. Die
ſchuldige Danckbarkeit/ und der Carthaginenſer
bewegliche Einredung: daß Syphax ein ge-
ſchworner Feind des Deutſchen/ und alſo frem-
den Narvaſiſchen Hauſes waͤre/ auch allem Ver-
muthen nach den jungen Narvas des Gala
Bruder mit Gifft hingerichtet/ und ein Auge
auf das Maſſaſyliſche Koͤnigreich/ als ein altes
Antheil Numidiens haͤtte/ brachten den Koͤnig
Gala unſchwer dahin: daß er ſeinen ſiebzehn
jaͤhrigen Sohn Maſaniſſa mit einem maͤchti-
gen Heere wider den Syphax ſchickte/ welcher
mit Huͤlffe der zu ihm ſtoſſenden Carthaginenſer
den Syphax mit Verluſt 30000. Numidier
[Spaltenumbruch] aus dem Felde ſchlug. Syphax flohe biß an
die Gaditaniſche Meer-Enge zu denen ihm
unterthaͤnigen Mauruſiern/ verſtaͤrckte ſich da-
ſelbſt mit Mohren und denen nunmehr auf Roͤ-
miſche Seite getretenen Celtiberiern. Ma-
ſaniſſa aber hielt mit ſeinen eigenen Kraͤfften
dem Syphax derogeſtalt die Wage: daß er ſchon
an dem Roͤmiſchen Bunde zu wancken anfing-
Der Roͤmiſche Rath aber ſchickte den Lucius
Genutius/ Publius Petellius und Popilius
mit einem Purpernen Rock und Mantel/ ei-
nem helffenbeinernen Stuhle/ einer guͤldenen
Schale von fuͤnf Pfunden zu ihm/ und erhielt
durch Vertroͤſtung gewiſſer Huͤlffe den Sy-
phax noch auf ſeiner Seite. Hingegen blieb
Maſaniſſa nicht allein in Waffen wider den
Syphax/ ſondern er zohe auch mit 10000. Reu-
tern in Hiſpanien Asdrubaln zu Huͤlffe. Er
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Maßiva einen Knaben von 14. Jahren. Die-
ſer hatte aus einer ruͤhmlichen Ehrſucht ohne
Maſſaniſſens Vorbewuſt nicht alleine in Hi-
ſpanien uͤbergeſetzt/ ſondern auch in dem Tref-
fen zwiſchen Asdrubaln/ und dem jungen Sci-
pio die Waffen ergrieffen/ der aber nach tapffe-
rem Gefechte in der Flucht der Mohren mit
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Scipio/ als er ſeinen Uhrſprung und Zufall
vernommen/ beſchenckte ihn mit einem golde-
nen Ringe/ verguͤldeten Waffen/ koͤſtlichen
Kleidern/ einem ſchoͤnen Pferde/ und ſchickte ihn
mit ſicherer Begleitung dem Maſaniſſa in ſein
Zelt. Dieſe Großmuͤthigkeit gebahr bey Ma-
ſaniſſen eine unvermerckte Zuneigung gegen
den Roͤmern. Alſo weiß ein Kluger ihm ſeine
Feinde mehr/ als ein Unvernuͤnfftiger ſeine
Bundsgenoſſen nuͤtze zu machen. Hingegen
beobachteten die Roͤmer nicht: daß Freunde ha-
ben/ unſer halbes Weſen ſey; und daß die/ wel-
che der Mund mit guten Worten gewonnen/
das Hertze mit redlichem Beginnen zu erhalten
habe. Denn ſie ſuchten nur ihren Eigennutz;

und
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 847[849]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/909>, abgerufen am 24.11.2024.