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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] über des Magilus Verbrechen zu erkennen/
und ihn zu bestraffen. Magilus erschien/ und
bekandte freywillig: daß er seinem Vaterlande
die unter dem Römischen Schirme genossene
Freyheit wiederzugeben; an Annibaln aber die
Befleckung seines Ehebettes zu rächen noch ent-
schlossen wäre. Annibal schäumete für Grimm;
befohl also unerwartet des Urthels dem Magi-
lus Ketten anzulegen/ ihn ins Läger zu schlep-
pen/ und zu einer grausamen/ den Campaniern
aber nicht so in die Augen fallenden Straffe
nach Carthago zu schicken; Sintemal es gefähr-
liche Unvernunfft ist/ Halsgerichte in derselben
Augen ausüben/ die entweder Theil an des
leidenden Schuld haben; oder da auch das blos-
se Mittleiden ihre Sache besser/ und das Volck
[r]achgierig machen kan. Das Meer aber hat-
te Mitleiden mit des Magilus Unschuld/ trieb
also das Schiff durch Ungewitter nach Cyrene;
allwo Magilus sich zu der am Hafen stehenden
Schutz-Seule des Ptolomeus flüchtete/ von
dar er nach Alexandrien gebracht/ und nach ver-
hörter Sache auff freyen Fuß gestellet/ gegen
Annibaln aber ein unversöhnlicher Feind von
der Kette loßgelassen ward. Wie nun bey sol-
cher Ubereilung Annibals des Magilus Mit-
verschwornen verschwiegen blieben/ oder Anni-
bal selbst für rathsamer hielt/ die Menge der
Schuldigen nicht zu wissen; also hielt Perolla
den festen Fürsatz Annibaln das Licht auszu-
leschen. Wie nun sein Vater Calavius/ Ju-
bellius und Taurea die fürnehmsten Herren
in Campanien/ und Porella einft bey Anni-
baln in einem Lusthause speiseten/ und vom
Mittage an biß zur Sonnen Untergange sich
auff allerhand Art erlustigt hatten; Calavius a-
ber in einen Lustgang sich absonderte/ folgte
ihm Porella/ und fing an: Vater/ ich weiß ei-
nen Anschlag die Scharte unsers Abfalls von
Rom nicht allein auszuwetzen/ sondern auch
Campanien in höchstes Ansehen zu bringen. Ca-
lavius fragte: was es denn wäre? Porella hob
[Spaltenumbruch] den Mantel auff/ zeigte dem Vater ein blosses
Schwerd/ und sagte: Jtzt gleich will ich durch
Annibals Blut das neue Bündniß mit Rom
versiegeln. Dir Vater/ habe ichs allein sagen
wollen/ wormit du dich könnest auff die Seite
machen/ da du nicht einen Zuschauer einer so
heilsamen That abgeben wilst. Calavius fiel
dem Sohne mit vielen Thränen um den Hals/
und beschwur ihn bey seiner kindlichen Pflicht
den dem Hannibal für so kurtzer Zeit geschwor-
nen Eyd nicht zu brechen; Annibals Wohl-
that durch so grausamen Undanck nicht zu ver-
gelten/ im Antlitze des Vaters keinen Meuchel-
mord zu beginnen/ noch selbst mutwillig in so
vieler gewaffneter Schwerdter zu rennen. Ja
wenn auch niemand Annibals Leib beschirmete/
würde er seine eigene Brust ihm zum Schilde
fürwerffen; wiewohl Annibals blosser Anblick
mächtig wäre einem das gezückte Eisen aus der
Hand zu winden; für dessen Antlitze so viel ge-
harnischte Legionen erzittert hätten; für dessen
Dräuen das grosse Rom bebete. Porella er-
seuffzete hierüber etlichmahl/ und fing an: Jhr
Götter! wem bin ich mehr verbunden/ dem Va-
ter/ oder dem Vaterlande? Soll ich das mir
angethane Unrecht verschmertzen/ um den Va-
ter nicht in Gefahr zu setzen? Hierauff warff
er sein Schwerdt über die Garten-Mauer/ und
fügte sich mit dem Vater an die Taffel; auff
welche Annibal einen Glücks-Topff hatte
bringen lassen; aus welchem ein ieder für sich ei-
nen Zettel zu dem auff folgenden Tag bestimm-
ten Göttermahle heben muste. Annibal zohe
heraus den Mars/ Munius Jupitern/ Celer
den Saturn/ Carthalo ward Apollo/ Jubel-
lius Pan/ Taurea Bacchus/ Calavius Neptun/
Stenius Pluto/ Barcellon ein Hispanischer
Fürst Mercur/ und Porella Vulcan. Die
hierzu beruffene Agathoclia muste für das ihr
vom Annibal auffgezeichnete Frauenzimmer
greiffen. Sie selbst ward Juno/ des Porella
Schwester/ in welche Barcellon verliebt war/

Ceres/

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] uͤber des Magilus Verbrechen zu erkennen/
und ihn zu beſtraffen. Magilus erſchien/ und
bekandte freywillig: daß er ſeinem Vaterlande
die unter dem Roͤmiſchen Schirme genoſſene
Freyheit wiederzugeben; an Annibaln aber die
Befleckung ſeines Ehebettes zu raͤchen noch ent-
ſchloſſen waͤre. Annibal ſchaͤumete fuͤr Grim̃;
befohl alſo unerwartet des Urthels dem Magi-
lus Ketten anzulegen/ ihn ins Laͤger zu ſchlep-
pen/ und zu einer grauſamen/ den Campaniern
aber nicht ſo in die Augen fallenden Straffe
nach Carthago zu ſchicken; Sintemal es gefaͤhr-
liche Unvernunfft iſt/ Halsgerichte in derſelben
Augen ausuͤben/ die entweder Theil an des
leidenden Schuld haben; oder da auch das bloſ-
ſe Mittleiden ihre Sache beſſer/ und das Volck
[r]achgierig machen kan. Das Meer aber hat-
te Mitleiden mit des Magilus Unſchuld/ trieb
alſo das Schiff durch Ungewitter nach Cyrene;
allwo Magilus ſich zu der am Hafen ſtehenden
Schutz-Seule des Ptolomeus fluͤchtete/ von
dar er nach Alexandrien gebracht/ und nach ver-
hoͤrter Sache auff freyen Fuß geſtellet/ gegen
Annibaln aber ein unverſoͤhnlicher Feind von
der Kette loßgelaſſen ward. Wie nun bey ſol-
cher Ubereilung Annibals des Magilus Mit-
verſchwornen verſchwiegen blieben/ oder Anni-
bal ſelbſt fuͤr rathſamer hielt/ die Menge der
Schuldigen nicht zu wiſſen; alſo hielt Perolla
den feſten Fuͤrſatz Annibaln das Licht auszu-
leſchen. Wie nun ſein Vater Calavius/ Ju-
bellius und Taurea die fuͤrnehmſten Herren
in Campanien/ und Porella einft bey Anni-
baln in einem Luſthauſe ſpeiſeten/ und vom
Mittage an biß zur Sonnen Untergange ſich
auff allerhand Art erluſtigt hatten; Calavius a-
ber in einen Luſtgang ſich abſonderte/ folgte
ihm Porella/ und fing an: Vater/ ich weiß ei-
nen Anſchlag die Scharte unſers Abfalls von
Rom nicht allein auszuwetzen/ ſondern auch
Campanien in hoͤchſtes Anſehen zu bringen. Ca-
lavius fragte: was es denn waͤre? Porella hob
[Spaltenumbruch] den Mantel auff/ zeigte dem Vater ein bloſſes
Schwerd/ und ſagte: Jtzt gleich will ich durch
Annibals Blut das neue Buͤndniß mit Rom
verſiegeln. Dir Vater/ habe ichs allein ſagen
wollen/ wormit du dich koͤnneſt auff die Seite
machen/ da du nicht einen Zuſchauer einer ſo
heilſamen That abgeben wilſt. Calavius fiel
dem Sohne mit vielen Thraͤnen um den Hals/
und beſchwur ihn bey ſeiner kindlichen Pflicht
den dem Hannibal fuͤr ſo kurtzer Zeit geſchwor-
nen Eyd nicht zu brechen; Annibals Wohl-
that durch ſo grauſamen Undanck nicht zu ver-
gelten/ im Antlitze des Vaters keinen Meuchel-
mord zu beginnen/ noch ſelbſt mutwillig in ſo
vieler gewaffneter Schwerdter zu rennen. Ja
wenn auch niemand Annibals Leib beſchirmete/
wuͤrde er ſeine eigene Bruſt ihm zum Schilde
fuͤrwerffen; wiewohl Annibals bloſſer Anblick
maͤchtig waͤre einem das gezuͤckte Eiſen aus der
Hand zu winden; fuͤr deſſen Antlitze ſo viel ge-
harniſchte Legionen erzittert haͤtten; fuͤr deſſen
Draͤuen das groſſe Rom bebete. Porella er-
ſeuffzete hieruͤber etlichmahl/ und fing an: Jhr
Goͤtter! wem bin ich mehr verbunden/ dem Va-
ter/ oder dem Vaterlande? Soll ich das mir
angethane Unrecht verſchmertzen/ um den Va-
ter nicht in Gefahr zu ſetzen? Hierauff warff
er ſein Schwerdt uͤber die Garten-Mauer/ und
fuͤgte ſich mit dem Vater an die Taffel; auff
welche Annibal einen Gluͤcks-Topff hatte
bringen laſſen; aus welchem ein ieder fuͤr ſich ei-
nen Zettel zu dem auff folgenden Tag beſtimm-
ten Goͤttermahle heben muſte. Annibal zohe
heraus den Mars/ Munius Jupitern/ Celer
den Saturn/ Carthalo ward Apollo/ Jubel-
lius Pan/ Taurea Bacchus/ Calavius Neptun/
Stenius Pluto/ Barcellon ein Hiſpaniſcher
Fuͤrſt Mercur/ und Porella Vulcan. Die
hierzu beruffene Agathoclia muſte fuͤr das ihr
vom Annibal auffgezeichnete Frauenzimmer
greiffen. Sie ſelbſt ward Juno/ des Porella
Schweſter/ in welche Barcellon verliebt war/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 838[840]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/900>, abgerufen am 22.11.2024.