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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Gottheit: daß er beyden antwortete: Diese
Hoffnung wäre grösser/ als sie ihm ein Kluger
einbilden könte. Da doch Rom in solches
Schrecken verfiel: daß Cöcilius Metellus/ und
Furius Philus öffentlich riethen/ die Stadt zu ver-
lassen/ und aus Jtalien zu fliehen; also: daß der jun-
ge Scipio diesen bösen Vorsatz mit dem Degen
in der Faust zu hintertreiben noth; hingegen es
das Ansehen hatte: als wenn Annibal dem
Siege seine Flügel abgeknipft/ das flüchtige
Glück angeknipft/ und in dessen Rade das Vier-
eck seines Kreisses gefunden hätte. Also benimmt
die Göttliche Weißheit/ umb ihren bestimmten
Zweck zu erreichen/ den Ohren das Gehöre/
den Augen das Gesichte/ und der Klugheit die
gesunde Vernunft: daß sie auch denen treulich
warnenden keinen Glauben geben; und was sie
mit Händen greiffen nicht umbfassen wollen.
Fürst Magilus ward hierüber so unwillig:
daß er die Worte ausstieß: So sehe ich wohl:
daß Annibal wohl siegen/ des Sieges aber
nicht gebrauchen könne. Annibal gab inzwi-
schen seinem Heere alle Beute frey/ und ließ
die Leichname in den Fluß Aufidus/ und in die
Bach Vergellus werffen; welche ihrer Men-
ge halber eine rechte Brücke darüber machten;
denen Edlen aber ließ er alle goldene Ringe
von Fingern ziehen/ und schickte nebst denen
eroberten acht Adlern derer drey gantze Maß
voll zum Zeugnüsse seines Sieges nach Car-
thago. Worüber die deutschen Fürsten/ wel-
che an diesen Ehren-Gedächtnüssen auch Theil
zu haben vermeynten/ mit Annibaln abermals
in Zwytracht verfielen; und Hertzbg Dietrich
ihm unter Augen sagte: Die Deutschen
hätten die drey grossen Siege mit ihrem Blu-
te erworben; sie sähen aber wohl: daß die
Mohren ihnen den Ruhm allein zueigneten.
Also wurden die Gemüther der Deutschen
und Africaner nach und nach zertrennet/ und
hiermit der beste Grund-Stein des bißherigen
Glückes loß gebrochen. Denn in Wahr-
heit die Götter hätten den Römern keine bessere
[Spaltenumbruch] Hülffe als die Zwytracht ihrer Feinde zuschi-
cken können. Sintemal es dißmal menschli-
cher Vernunft nach umb Rom gethan war;
denn als die Kwaden/ Osen/ Marsinger/ und
Burier an den Flüssen Marus/ Guttalus/
oder der Oder den glücklichen Lauff der Waf-
fen ihrer Landsleute in Jtalien vernahmen/
machten ihre Hertzoge einen Ausschuß junger
Mannschafft zusammen/ ihr Heil auch ausser
Landes zu suchen; zumal diesen Völckern die
Reise-Begierde ohne diß von Natur angeboh-
ren ist. Diese setzten bey Carmuntum über die
Donau/ zohen durchs Noricum über die Rhe-
tischen Alpen in Jtalien. Sie standen bereit
an dem Flusse Athesis bey Verruccia/ als die
Bojen ihnen entgegen schickten/ und sie ihnen
zu Hülffe rufften/ weil die Römer/ als der Bo-
jen Hertzog mit dem Kerne ihres Volckes beym
Annibal in Apulien stünde/ ihr und der Nach-
barn Länder gantz entblösset stünden/ den
Stadt-Vogt Lucius Posthumius Albinus mit
zwey Legionen und 12000. Campanischen und
Sicilischen Hülffs-Völckern wider sie abge-
schickt hätten/ dieses Heer auch bereit durchs
Mugellische Thal über den Apennin züge.
Briegant der Deutschen Hertzog eilte aus Be-
gierde mit den Römern anzubinden am Flusse
Athesis herunter/ setzte bey Verona und Hosti-
lia über die Ströme/ und vereinbarte bey Mu-
tina mit sechs tausend Bojen seine zwantzig
tausend Kriegsleute. Jnzwischen näherte sich
Posthumius; Hertzog Brigant aber/ als er
ihm die Gelegenheit der Oerter/ worauf die
Römer ihren Zug richteten/ theils beschreiben/
theils anweisen ließ/ und er daraus wahrnahm:
daß der zwischen dem Flusse Gabellus und
Scultena abkommende und sich keines Wider-
stands besorgende Feind durch den Littannischen
Wald ziehen muste; besetzte vorwerts hinten
und am Ende den Wald/ iedoch auf der Sei-
ten derer beyden dardurch gehenden Strassen/
ließ an demselben die Bäume so weit: daß sie
mit genauer Noth stehen blieben/ und durch

ge-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Gottheit: daß er beyden antwortete: Dieſe
Hoffnung waͤre groͤſſer/ als ſie ihm ein Kluger
einbilden koͤnte. Da doch Rom in ſolches
Schrecken verfiel: daß Coͤcilius Metellus/ und
Furius Philus oͤffentlich riethẽ/ die Stadt zu veꝛ-
laſſen/ und aus Jtaliẽ zu fliehẽ; alſo: daß der jun-
ge Scipio dieſen boͤſen Vorſatz mit dem Degen
in der Fauſt zu hintertreiben noth; hingegen es
das Anſehen hatte: als wenn Annibal dem
Siege ſeine Fluͤgel abgeknipft/ das fluͤchtige
Gluͤck angeknipft/ und in deſſen Rade das Vier-
eck ſeines Kreiſſes gefunden haͤtte. Alſo benim̃t
die Goͤttliche Weißheit/ umb ihren beſtim̃ten
Zweck zu erreichen/ den Ohren das Gehoͤre/
den Augen das Geſichte/ und der Klugheit die
geſunde Vernunft: daß ſie auch denen treulich
warnenden keinen Glauben geben; und was ſie
mit Haͤnden greiffen nicht umbfaſſen wollen.
Fuͤrſt Magilus ward hieruͤber ſo unwillig:
daß er die Worte ausſtieß: So ſehe ich wohl:
daß Annibal wohl ſiegen/ des Sieges aber
nicht gebrauchen koͤnne. Annibal gab inzwi-
ſchen ſeinem Heere alle Beute frey/ und ließ
die Leichname in den Fluß Aufidus/ und in die
Bach Vergellus werffen; welche ihrer Men-
ge halber eine rechte Bruͤcke daruͤber machten;
denen Edlen aber ließ er alle goldene Ringe
von Fingern ziehen/ und ſchickte nebſt denen
eroberten acht Adlern derer drey gantze Maß
voll zum Zeugnuͤſſe ſeines Sieges nach Car-
thago. Woruͤber die deutſchen Fuͤrſten/ wel-
che an dieſen Ehren-Gedaͤchtnuͤſſen auch Theil
zu haben vermeynten/ mit Annibaln abermals
in Zwytracht verfielen; und Hertzbg Dietrich
ihm unter Augen ſagte: Die Deutſchen
haͤtten die drey groſſen Siege mit ihrem Blu-
te erworben; ſie ſaͤhen aber wohl: daß die
Mohren ihnen den Ruhm allein zueigneten.
Alſo wurden die Gemuͤther der Deutſchen
und Africaner nach und nach zertrennet/ und
hiermit der beſte Grund-Stein des bißherigen
Gluͤckes loß gebrochen. Denn in Wahr-
heit die Goͤtter haͤtten den Roͤmern keine beſſere
[Spaltenumbruch] Huͤlffe als die Zwytracht ihrer Feinde zuſchi-
cken koͤnnen. Sintemal es dißmal menſchli-
cher Vernunft nach umb Rom gethan war;
denn als die Kwaden/ Oſen/ Marſinger/ und
Burier an den Fluͤſſen Marus/ Guttalus/
oder der Oder den gluͤcklichen Lauff der Waf-
fen ihrer Landsleute in Jtalien vernahmen/
machten ihre Hertzoge einen Ausſchuß junger
Mannſchafft zuſammen/ ihr Heil auch auſſer
Landes zu ſuchen; zumal dieſen Voͤlckern die
Reiſe-Begierde ohne diß von Natur angeboh-
ren iſt. Dieſe ſetzten bey Carmuntum uͤber die
Donau/ zohen durchs Noricum uͤber die Rhe-
tiſchen Alpen in Jtalien. Sie ſtanden bereit
an dem Fluſſe Atheſis bey Verruccia/ als die
Bojen ihnen entgegen ſchickten/ und ſie ihnen
zu Huͤlffe rufften/ weil die Roͤmer/ als der Bo-
jen Hertzog mit dem Kerne ihres Volckes beym
Annibal in Apulien ſtuͤnde/ ihr und der Nach-
barn Laͤnder gantz entbloͤſſet ſtuͤnden/ den
Stadt-Vogt Lucius Poſthumius Albinus mit
zwey Legionen und 12000. Campaniſchen und
Siciliſchen Huͤlffs-Voͤlckern wider ſie abge-
ſchickt haͤtten/ dieſes Heer auch bereit durchs
Mugelliſche Thal uͤber den Apennin zuͤge.
Briegant der Deutſchen Hertzog eilte aus Be-
gierde mit den Roͤmern anzubinden am Fluſſe
Atheſis herunter/ ſetzte bey Verona und Hoſti-
lia uͤber die Stroͤme/ und vereinbarte bey Mu-
tina mit ſechs tauſend Bojen ſeine zwantzig
tauſend Kriegsleute. Jnzwiſchen naͤherte ſich
Poſthumius; Hertzog Brigant aber/ als er
ihm die Gelegenheit der Oerter/ worauf die
Roͤmer ihren Zug richteten/ theils beſchreiben/
theils anweiſen ließ/ und er daraus wahrnahm:
daß der zwiſchen dem Fluſſe Gabellus und
Scultena abkommende und ſich keines Wider-
ſtands beſorgende Feind durch den Littanniſchen
Wald ziehen muſte; beſetzte vorwerts hinten
und am Ende den Wald/ iedoch auf der Sei-
ten derer beyden dardurch gehenden Straſſen/
ließ an demſelben die Baͤume ſo weit: daß ſie
mit genauer Noth ſtehen blieben/ und durch

ge-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 334[836]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/896>, abgerufen am 22.11.2024.