Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Po gesetzt hätte/ und über den Fluß Ticin eineBrücke schlüge. Wenig Tage hernach bege- gneten beyder Heere Vortrab einander harte am Po; da aber die Römer von Annibals Reu- terey bald zertrennet/ von den Numidiern um- geben/ und meistentheils erlegt wurden. Fürst Magilus verwundete den Bür germeister selbst/ hätte ihm auch gar den Rest gegeben/ wenn ihn nicht sein Sohn ein tapfferer Jüngling von siebzehn Jahren/ der hernach der Africanische Scipio genennet ward/ bey aller andern Rö- mer Zagheit beschirmet/ und ihm sich der Ge- fahr zu entziehen Lufft gemacht hätte. Publius muste derogestalt nicht nur den Fluß Ticin ver- lassen/ sondern auch über den Po zurücke wei- chen. Hannibal aber lag dem Feinde fort für fort in Eisen/ bekam sechs hundert bey der abge- brochenen Brücke gelassenen Römer gefangen/ und nunmehr die um den Po wohnende Deut- schen Völcker Hauffenweise zu sich; gieng dar- mit auf einer Schiffbrücke über selbten Fluß biß für das Römische Lager bey Placentz. Nach dem Annibal auch den Publius vergebens zur Schlacht aus gefordert hatte; redete im Römi- schen Lager Albert ein Deutscher Fürst/ welcher von den Römern unters Joch gebracht/ und ih- nen zu dienen gezwungen war/ seine unterha- bende Völcker auf: daß sie durch ihre Tapffer- keit sich wieder in Freyheit setzen solten. Diese überfielen des Nachts die neben ihnen liegenden Römer in ihren Zelten/ schnitten wol vier tau- senden die Köpffe ab/ brachen/ ehe Publius wider diesen Anfall genungsame Anstalt machte/ durch ein Thor aus dem Läger/ und kamen des Mor- gens/ als zugleich die Bojen mit denen voriges Jahr gefangenen Römern sich einfanden/ zu Hannibaln/ welcher alle mit schätzbaren Köst- ligkeiten beschenckte; und theils seine Freyge- bigkeit auszubreiten wieder von sich nach Hau- se ließ. Publius Scipio ward durch den Ab- fall der Bojen und anderer Deutschen euserst erschreckt; daher brach er des Nachts still schwei- [Spaltenumbruch] gend auff/ setzte über den Bach Trebia/ und ver- schantzte sich auff einem darbey liegenden vor- theilhafften Hügel. Die Numidische Reute- rey aber ereilte den Römischen Nachzug/ und hieb alles zu Bodem. Annibal schlug nahe darbey sein Läger auf/ kauffte vom Römischen Hauptmanne Brundusin ihr Kornhauß die Stadt Clastidium; also: daß er durch diese Ver- rätherey und derer Deutschen Zufuhre im feind- lichen Lande mehr Vorrath als die Römer hat- ten. Jnzwischen stieß Tiberius Sempronius mit seinem mächtigen Heere zum Seipio; wel- cher durch etliche Scharmützel so hochmüthig ward: daß ihn der noch von seiner Wunde bett- lägrige Scipio die Liefferung einer Schlacht nicht erwehren konte/ welche Hannibal/ weil die Römischen Krieges-Leute noch ungeübet/ die Deutschen aber noch in der ersten Hitze waren/ und durch eine grosse That in Jtalien den Grund des Krieges zu legen für nöthig hielt/ auffs sehnlichste verlangte. Sintemal die Sternseher nicht so genau aus denen bey der Ge- burt scheinenden Sternen/ als Kriegsleute aus dem ersten Gefechte eines Feldherren den künff- tigen Glücks-Lauff wahrsagende urtheilen. Hierinnen nun keinen Fehltritt zu thun/ raffte er alle seine Kriegs-Künste zusammen/ und ver- steckte auff der zwischen beyden Lägern befindli- chen Fläche seinen Bruder Mago mit tausend auserlesenen Reutern/ und den Fürsten Die- trich mit tausend Deutschen Fußknechten zwi- schen die ziemlich tieffen Ufer einer daselbst rin- nenden mit hohem Schilf und Senden bewach- senen Bach; ließ auch des Nachts das gantze Hee- erqvicken/ und zur Schlacht sich rüsten; mit dem ersten Morgen aber 2000. Numidier biß unter den Römischen Wall streiffen. Tiberius hingegen mit seiner Reuterey und 6000. Bogenschützen alsbald auf sie einen Ausfall thun/ auch die mit Fleiß fliehen den durch den des Nachts vom zer- schmoltzenen Schnee und gefallenem Regen ange- schwollenen Strom Trebia verfolgen/ ob ihnen schon M m m m m 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Po geſetzt haͤtte/ und uͤber den Fluß Ticin eineBruͤcke ſchluͤge. Wenig Tage hernach bege- gneten beyder Heere Vortrab einander harte am Po; da aber die Roͤmer von Annibals Reu- terey bald zertrennet/ von den Numidiern um- geben/ und meiſtentheils erlegt wurden. Fuͤrſt Magilus verwundete den Buͤr germeiſter ſelbſt/ haͤtte ihm auch gar den Reſt gegeben/ wenn ihn nicht ſein Sohn ein tapfferer Juͤngling von ſiebzehn Jahren/ der hernach der Africaniſche Scipio genennet ward/ bey aller andern Roͤ- mer Zagheit beſchirmet/ und ihm ſich der Ge- fahr zu entziehen Lufft gemacht haͤtte. Publius muſte derogeſtalt nicht nur den Fluß Ticin ver- laſſen/ ſondern auch uͤber den Po zuruͤcke wei- chen. Hannibal aber lag dem Feinde fort fuͤr fort in Eiſen/ bekam ſechs hundert bey der abge- brochenen Bruͤcke gelaſſenen Roͤmer gefangen/ und nunmehr die um den Po wohnende Deut- ſchen Voͤlcker Hauffenweiſe zu ſich; gieng dar- mit auf einer Schiffbruͤcke uͤber ſelbten Fluß biß fuͤr das Roͤmiſche Lager bey Placentz. Nach dem Annibal auch den Publius vergebens zur Schlacht aus gefordert hatte; redete im Roͤmi- ſchen Lager Albert ein Deutſcher Fuͤrſt/ welcher von den Roͤmern unters Joch gebracht/ und ih- nen zu dienen gezwungen war/ ſeine unterha- bende Voͤlcker auf: daß ſie durch ihre Tapffer- keit ſich wieder in Freyheit ſetzen ſolten. Dieſe uͤberfielen des Nachts die neben ihnen liegenden Roͤmer in ihren Zelten/ ſchnitten wol vier tau- ſenden die Koͤpffe ab/ brachen/ ehe Publius wideꝛ dieſen Anfall genungſame Anſtalt machte/ durch ein Thor aus dem Laͤger/ und kamen des Mor- gens/ als zugleich die Bojen mit denen voriges Jahr gefangenen Roͤmern ſich einfanden/ zu Hannibaln/ welcher alle mit ſchaͤtzbaren Koͤſt- ligkeiten beſchenckte; und theils ſeine Freyge- bigkeit auszubreiten wieder von ſich nach Hau- ſe ließ. Publius Scipio ward durch den Ab- fall der Bojen und anderer Deutſchen euſerſt erſchreckt; daher brach er des Nachts ſtill ſchwei- [Spaltenumbruch] gend auff/ ſetzte uͤber den Bach Trebia/ und ver- ſchantzte ſich auff einem darbey liegenden vor- theilhafften Huͤgel. Die Numidiſche Reute- rey aber ereilte den Roͤmiſchen Nachzug/ und hieb alles zu Bodem. Annibal ſchlug nahe darbey ſein Laͤger auf/ kauffte vom Roͤmiſchen Hauptmanne Brunduſin ihr Kornhauß die Stadt Claſtidium; alſo: daß er durch dieſe Ver- raͤtherey und derer Deutſchen Zufuhre im feind- lichen Lande mehr Vorrath als die Roͤmer hat- ten. Jnzwiſchen ſtieß Tiberius Sempronius mit ſeinem maͤchtigen Heere zum Seipio; wel- cher durch etliche Scharmuͤtzel ſo hochmuͤthig ward: daß ihn der noch von ſeiner Wunde bett- laͤgrige Scipio die Liefferung einer Schlacht nicht erwehren konte/ welche Hannibal/ weil die Roͤmiſchen Krieges-Leute noch ungeuͤbet/ die Deutſchen aber noch in der erſten Hitze waren/ und durch eine groſſe That in Jtalien den Grund des Krieges zu legen fuͤr noͤthig hielt/ auffs ſehnlichſte verlangte. Sintemal die Sternſeher nicht ſo genau aus denẽ bey der Ge- burt ſcheinenden Sternen/ als Kriegsleute aus dem erſten Gefechte eines Feldherren den kuͤnff- tigen Gluͤcks-Lauff wahrſagende urtheilen. Hierinnen nun keinen Fehltritt zu thun/ raffte er alle ſeine Kriegs-Kuͤnſte zuſammen/ und ver- ſteckte auff der zwiſchen beyden Laͤgern befindli- chen Flaͤche ſeinen Bruder Mago mit tauſend auserleſenen Reutern/ und den Fuͤrſten Die- trich mit tauſend Deutſchen Fußknechten zwi- ſchen die ziemlich tieffen Ufer einer daſelbſt rin- nenden mit hohem Schilf und Senden bewach- ſenen Bach; ließ auch des Nachts das gantze Hee- erqvicken/ und zur Schlacht ſich ruͤſten; mit dem erſten Morgen aber 2000. Numidier biß unter den Roͤmiſchen Wall ſtreiffen. Tiberius hingegẽ mit ſeiner Reuterey und 6000. Bogenſchuͤtzen alsbald auf ſie einen Ausfall thun/ auch die mit Fleiß fliehen den durch den des Nachts vom zer- ſchmoltzenẽ Schnee und gefallenem Regen ange- ſchwollenen Strom Trebia verfolgen/ ob ihnen ſchon M m m m m 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0889" n="827[829]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> Po geſetzt haͤtte/ und uͤber den Fluß Ticin eine<lb/> Bruͤcke ſchluͤge. Wenig Tage hernach bege-<lb/> gneten beyder Heere Vortrab einander harte<lb/> am Po; da aber die Roͤmer von Annibals Reu-<lb/> terey bald zertrennet/ von den Numidiern um-<lb/> geben/ und meiſtentheils erlegt wurden. Fuͤrſt<lb/> Magilus verwundete den Buͤr germeiſter ſelbſt/<lb/> haͤtte ihm auch gar den Reſt gegeben/ wenn ihn<lb/> nicht ſein Sohn ein tapfferer Juͤngling von<lb/> ſiebzehn Jahren/ der hernach der Africaniſche<lb/> Scipio genennet ward/ bey aller andern Roͤ-<lb/> mer Zagheit beſchirmet/ und ihm ſich der Ge-<lb/> fahr zu entziehen Lufft gemacht haͤtte. Publius<lb/> muſte derogeſtalt nicht nur den Fluß Ticin ver-<lb/> laſſen/ ſondern auch uͤber den Po zuruͤcke wei-<lb/> chen. Hannibal aber lag dem Feinde fort fuͤr<lb/> fort in Eiſen/ bekam ſechs hundert bey der abge-<lb/> brochenen Bruͤcke gelaſſenen Roͤmer gefangen/<lb/> und nunmehr die um den Po wohnende Deut-<lb/> ſchen Voͤlcker Hauffenweiſe zu ſich; gieng dar-<lb/> mit auf einer Schiffbruͤcke uͤber ſelbten Fluß biß<lb/> fuͤr das Roͤmiſche Lager bey Placentz. Nach<lb/> dem Annibal auch den Publius vergebens zur<lb/> Schlacht aus gefordert hatte; redete im Roͤmi-<lb/> ſchen Lager Albert ein Deutſcher Fuͤrſt/ welcher<lb/> von den Roͤmern unters Joch gebracht/ und ih-<lb/> nen zu dienen gezwungen war/ ſeine unterha-<lb/> bende Voͤlcker auf: daß ſie durch ihre Tapffer-<lb/> keit ſich wieder in Freyheit ſetzen ſolten. Dieſe<lb/> uͤberfielen des Nachts die neben ihnen liegenden<lb/> Roͤmer in ihren Zelten/ ſchnitten wol vier tau-<lb/> ſenden die Koͤpffe ab/ brachen/ ehe Publius wideꝛ<lb/> dieſen Anfall genungſame Anſtalt machte/ durch<lb/> ein Thor aus dem Laͤger/ und kamen des Mor-<lb/> gens/ als zugleich die Bojen mit denen voriges<lb/> Jahr gefangenen Roͤmern ſich einfanden/ zu<lb/> Hannibaln/ welcher alle mit ſchaͤtzbaren Koͤſt-<lb/> ligkeiten beſchenckte; und theils ſeine Freyge-<lb/> bigkeit auszubreiten wieder von ſich nach Hau-<lb/> ſe ließ. Publius Scipio ward durch den Ab-<lb/> fall der Bojen und anderer Deutſchen euſerſt<lb/> erſchreckt; daher brach er des Nachts ſtill ſchwei-<lb/><cb/> gend auff/ ſetzte uͤber den Bach Trebia/ und ver-<lb/> ſchantzte ſich auff einem darbey liegenden vor-<lb/> theilhafften Huͤgel. Die Numidiſche Reute-<lb/> rey aber ereilte den Roͤmiſchen Nachzug/ und<lb/> hieb alles zu Bodem. Annibal ſchlug nahe<lb/> darbey ſein Laͤger auf/ kauffte vom Roͤmiſchen<lb/> Hauptmanne Brunduſin ihr Kornhauß die<lb/> Stadt Claſtidium; alſo: daß er durch dieſe Ver-<lb/> raͤtherey und derer Deutſchen Zufuhre im feind-<lb/> lichen Lande mehr Vorrath als die Roͤmer hat-<lb/> ten. Jnzwiſchen ſtieß Tiberius Sempronius<lb/> mit ſeinem maͤchtigen Heere zum Seipio; wel-<lb/> cher durch etliche Scharmuͤtzel ſo hochmuͤthig<lb/> ward: daß ihn der noch von ſeiner Wunde bett-<lb/> laͤgrige Scipio die Liefferung einer Schlacht<lb/> nicht erwehren konte/ welche Hannibal/ weil die<lb/> Roͤmiſchen Krieges-Leute noch ungeuͤbet/ die<lb/> Deutſchen aber noch in der erſten Hitze waren/<lb/> und durch eine groſſe That in Jtalien den<lb/> Grund des Krieges zu legen fuͤr noͤthig hielt/<lb/> auffs ſehnlichſte verlangte. Sintemal die<lb/> Sternſeher nicht ſo genau aus denẽ bey der Ge-<lb/> burt ſcheinenden Sternen/ als Kriegsleute aus<lb/> dem erſten Gefechte eines Feldherren den kuͤnff-<lb/> tigen Gluͤcks-Lauff wahrſagende urtheilen.<lb/> Hierinnen nun keinen Fehltritt zu thun/ raffte<lb/> er alle ſeine Kriegs-Kuͤnſte zuſammen/ und ver-<lb/> ſteckte auff der zwiſchen beyden Laͤgern befindli-<lb/> chen Flaͤche ſeinen Bruder Mago mit tauſend<lb/> auserleſenen Reutern/ und den Fuͤrſten Die-<lb/> trich mit tauſend Deutſchen Fußknechten zwi-<lb/> ſchen die ziemlich tieffen Ufer einer daſelbſt rin-<lb/> nenden mit hohem Schilf und Senden bewach-<lb/> ſenen Bach; ließ auch des Nachts das gantze Hee-<lb/> erqvicken/ und zur Schlacht ſich ruͤſten; mit dem<lb/> erſten Morgen aber 2000. Numidier biß unter<lb/> den Roͤmiſchen Wall ſtreiffen. Tiberius hingegẽ<lb/> mit ſeiner Reuterey und 6000. Bogenſchuͤtzen<lb/> alsbald auf ſie einen Ausfall thun/ auch die mit<lb/> Fleiß fliehen den durch den des Nachts vom zer-<lb/> ſchmoltzenẽ Schnee und gefallenem Regen ange-<lb/> ſchwollenen Strom Trebia verfolgen/ ob ihnen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m m m m 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ſchon</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [827[829]/0889]
Arminius und Thußnelda.
Po geſetzt haͤtte/ und uͤber den Fluß Ticin eine
Bruͤcke ſchluͤge. Wenig Tage hernach bege-
gneten beyder Heere Vortrab einander harte
am Po; da aber die Roͤmer von Annibals Reu-
terey bald zertrennet/ von den Numidiern um-
geben/ und meiſtentheils erlegt wurden. Fuͤrſt
Magilus verwundete den Buͤr germeiſter ſelbſt/
haͤtte ihm auch gar den Reſt gegeben/ wenn ihn
nicht ſein Sohn ein tapfferer Juͤngling von
ſiebzehn Jahren/ der hernach der Africaniſche
Scipio genennet ward/ bey aller andern Roͤ-
mer Zagheit beſchirmet/ und ihm ſich der Ge-
fahr zu entziehen Lufft gemacht haͤtte. Publius
muſte derogeſtalt nicht nur den Fluß Ticin ver-
laſſen/ ſondern auch uͤber den Po zuruͤcke wei-
chen. Hannibal aber lag dem Feinde fort fuͤr
fort in Eiſen/ bekam ſechs hundert bey der abge-
brochenen Bruͤcke gelaſſenen Roͤmer gefangen/
und nunmehr die um den Po wohnende Deut-
ſchen Voͤlcker Hauffenweiſe zu ſich; gieng dar-
mit auf einer Schiffbruͤcke uͤber ſelbten Fluß biß
fuͤr das Roͤmiſche Lager bey Placentz. Nach
dem Annibal auch den Publius vergebens zur
Schlacht aus gefordert hatte; redete im Roͤmi-
ſchen Lager Albert ein Deutſcher Fuͤrſt/ welcher
von den Roͤmern unters Joch gebracht/ und ih-
nen zu dienen gezwungen war/ ſeine unterha-
bende Voͤlcker auf: daß ſie durch ihre Tapffer-
keit ſich wieder in Freyheit ſetzen ſolten. Dieſe
uͤberfielen des Nachts die neben ihnen liegenden
Roͤmer in ihren Zelten/ ſchnitten wol vier tau-
ſenden die Koͤpffe ab/ brachen/ ehe Publius wideꝛ
dieſen Anfall genungſame Anſtalt machte/ durch
ein Thor aus dem Laͤger/ und kamen des Mor-
gens/ als zugleich die Bojen mit denen voriges
Jahr gefangenen Roͤmern ſich einfanden/ zu
Hannibaln/ welcher alle mit ſchaͤtzbaren Koͤſt-
ligkeiten beſchenckte; und theils ſeine Freyge-
bigkeit auszubreiten wieder von ſich nach Hau-
ſe ließ. Publius Scipio ward durch den Ab-
fall der Bojen und anderer Deutſchen euſerſt
erſchreckt; daher brach er des Nachts ſtill ſchwei-
gend auff/ ſetzte uͤber den Bach Trebia/ und ver-
ſchantzte ſich auff einem darbey liegenden vor-
theilhafften Huͤgel. Die Numidiſche Reute-
rey aber ereilte den Roͤmiſchen Nachzug/ und
hieb alles zu Bodem. Annibal ſchlug nahe
darbey ſein Laͤger auf/ kauffte vom Roͤmiſchen
Hauptmanne Brunduſin ihr Kornhauß die
Stadt Claſtidium; alſo: daß er durch dieſe Ver-
raͤtherey und derer Deutſchen Zufuhre im feind-
lichen Lande mehr Vorrath als die Roͤmer hat-
ten. Jnzwiſchen ſtieß Tiberius Sempronius
mit ſeinem maͤchtigen Heere zum Seipio; wel-
cher durch etliche Scharmuͤtzel ſo hochmuͤthig
ward: daß ihn der noch von ſeiner Wunde bett-
laͤgrige Scipio die Liefferung einer Schlacht
nicht erwehren konte/ welche Hannibal/ weil die
Roͤmiſchen Krieges-Leute noch ungeuͤbet/ die
Deutſchen aber noch in der erſten Hitze waren/
und durch eine groſſe That in Jtalien den
Grund des Krieges zu legen fuͤr noͤthig hielt/
auffs ſehnlichſte verlangte. Sintemal die
Sternſeher nicht ſo genau aus denẽ bey der Ge-
burt ſcheinenden Sternen/ als Kriegsleute aus
dem erſten Gefechte eines Feldherren den kuͤnff-
tigen Gluͤcks-Lauff wahrſagende urtheilen.
Hierinnen nun keinen Fehltritt zu thun/ raffte
er alle ſeine Kriegs-Kuͤnſte zuſammen/ und ver-
ſteckte auff der zwiſchen beyden Laͤgern befindli-
chen Flaͤche ſeinen Bruder Mago mit tauſend
auserleſenen Reutern/ und den Fuͤrſten Die-
trich mit tauſend Deutſchen Fußknechten zwi-
ſchen die ziemlich tieffen Ufer einer daſelbſt rin-
nenden mit hohem Schilf und Senden bewach-
ſenen Bach; ließ auch des Nachts das gantze Hee-
erqvicken/ und zur Schlacht ſich ruͤſten; mit dem
erſten Morgen aber 2000. Numidier biß unter
den Roͤmiſchen Wall ſtreiffen. Tiberius hingegẽ
mit ſeiner Reuterey und 6000. Bogenſchuͤtzen
alsbald auf ſie einen Ausfall thun/ auch die mit
Fleiß fliehen den durch den des Nachts vom zer-
ſchmoltzenẽ Schnee und gefallenem Regen ange-
ſchwollenen Strom Trebia verfolgen/ ob ihnen
ſchon
M m m m m 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/889 |
Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 827[829]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/889>, abgerufen am 03.07.2024. |