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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] gerichtet; die Saguntiner aber in ihrem Gebiete
die Torboleter beraubet/ auch wider dieser noch
anwesenden Beschwerführung seine billiche
Vermittelung verächtlich ausgeschlagen hät-
ten. Nach zweyen Monaten schied die Bot-
schafft von ihm nach Carthago/ daselbst gewis-
se Enschlüssung zu holen. Amilcar aber/ der
mit Sagunt den Römern alle Gelegenheit in
Hispanien festen Fuß zu setzen abschneiden wol-
te/ kam mit seiner Macht unversehens für Sa-
gunt an; beschloß selbte rings um mit einem
Walle/ daran Annibal und Chlotildis selbst als
gemeine Kriegs-Knechte Hand anlegten/ bey
ieder Gefahr sich in die Spitze stellten; und nach
acht Monatlicher Belägerung die nunmehr ver-
zweiffelten Saguntiner/ als sie sich von den
kleinmüthigen Römern verlassen/ alle eusserste
Beschirmung aber verspielet sahen/ dahin
brachten: daß sie alles Gold und Silber auff
dem Marckte mit Ertzt und Bley unter ein-
ander verschmeltzten; hier auff des Nachts einen
Ausfall thäten/ alle aber biß auff den letzten
Mann erschlagen wurden/ ihre Weiber sich
theils erhenckten/ theils von der Mauer stürtz-
ten; ausser welche durch Vorbitte Chlotil-
dens erhalten blieben. Also war Saguntus nicht
so wohl die Ursache/ als der Anfang des Krie-
ges. Wie aber diese Eroberung den Rö-
mern bey ihren Bunds-Genossen übele Nach-
rede verursachte/ beschlossen sie alsobald und
ohne Berathschlagung den Krieg; und daß
der Bürgermeister Tiberius mit Kriegs-Macht
Carthago selbst belägern/ der ander aber wi-
der Annibaln auffziehen solte. Weil sie aber
mit dem Demetrius in Jllyricum noch ge-
nung zu schaffen hatten/ schickten sie ihren
Schluß biß zu völliger Ausrüstung zu ver-
blümen/ eine Botschafft nach Carthago/ un-
ter dem Schein die Zwistigkeiten zu verglei-
chen. Diese beschwerte sich: daß Hannibal
wider das mit Asdrubaln gemachte Abkom-
men über den Jber gesetzt/ und Sagunt ih-
[Spaltenumbruch] re Bunds-Genossen ausgerottet hätte. Da-
her im Fall der Rath sich nicht solchen Frie-
den-Bruchs theilhafftig machen wolte/ müste
er Hannibaln und alle seine Rathgeber zu der
Römer Bestraffung aushändigen. Der Rath
versetzte: Ob wohl die Römer schon durch Ab-
dringung Sardiniens und Abheischung einer
jährlichen Schatzung den Lilybeischen Frieden
gebrochen hätten/ wolten sie doch solch Unrecht
vergessen/ und den Frieden unterhalten. Die
Saguntiner aber hätten durch Uberfall der
Torboleter sich an den Hannibal gerieben/ und
ihren Untergang verursacht. Zu dem wären
diese bey oberwehntem Frieden der Römer
Bunds-Genossen noch nie gewest; sondern
nur um der Stadt Carthago einen Dorn in
die Augen zu setzen/ hernach in ihren Schutz
gezogen worden. Endlich wüsten sie von neu-
em Bündnüsse Asdrubals nichts/ der den Rath
ohne ihre Einwilligung zu nichts kräff-
tig verbinden können. Aus welchem Grun-
de die Römer vorher den zwischen Carthago
und dem Römischen Bürger meister Luctatius
in Sicilien gemachten Frieden verworffen/
ihnen aber schwere Bedingungen auffgehalset
hätten. Was aber Asdrubal für sich geschlos-
sen/ wäre mit seinem Tode erloschen. Der
Römische Gesandte/ an statt: daß er dem Ra-
the noch hätte einhalten können: die Sardini-
sche Sache wäre durch Erlegung der Scha-
tzungen in der That beliebt/ der Friede vom Lu-
ctatius auff Genehmhabung des Römischen
Raths/ Asdrubals aber ohne Bedingung ge-
schlossen/ und darinnen alle/ also auch die künffti-
gen Bundgenossen begriffen worden/ öffnete den
Rock auff der Schoß; fuhr hitzig und entrüstet
heraus: Wir sind hieher nicht zum Wortge-
zäncke erschienen; sondern wir fordern Anni-
baln und andere Friedbrüchige. Hier stecket
Krieg und Friede; was ihr auslesen werdet/
will ich heraus geben. Der König oder O-
berste im Rath versetzte: Carthagens Würde

erfor-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] gerichtet; die Saguntiner aber in ihrem Gebiete
die Torboleter beraubet/ auch wider dieſer noch
anweſenden Beſchwerfuͤhrung ſeine billiche
Vermittelung veraͤchtlich ausgeſchlagen haͤt-
ten. Nach zweyen Monaten ſchied die Bot-
ſchafft von ihm nach Carthago/ daſelbſt gewiſ-
ſe Enſchluͤſſung zu holen. Amilcar aber/ der
mit Sagunt den Roͤmern alle Gelegenheit in
Hiſpanien feſten Fuß zu ſetzen abſchneiden wol-
te/ kam mit ſeiner Macht unverſehens fuͤr Sa-
gunt an; beſchloß ſelbte rings um mit einem
Walle/ daran Annibal und Chlotildis ſelbſt als
gemeine Kriegs-Knechte Hand anlegten/ bey
ieder Gefahr ſich in die Spitze ſtellten; und nach
acht Monatlicher Belaͤgerung die nunmehr veꝛ-
zweiffelten Saguntiner/ als ſie ſich von den
kleinmuͤthigen Roͤmern verlaſſen/ alle euſſerſte
Beſchirmung aber verſpielet ſahen/ dahin
brachten: daß ſie alles Gold und Silber auff
dem Marckte mit Ertzt und Bley unter ein-
ander verſchmeltzten; hier auff des Nachts einen
Ausfall thaͤten/ alle aber biß auff den letzten
Mann erſchlagen wurden/ ihre Weiber ſich
theils erhenckten/ theils von der Mauer ſtuͤrtz-
ten; auſſer welche durch Vorbitte Chlotil-
dens erhalten blieben. Alſo war Saguntus nicht
ſo wohl die Urſache/ als der Anfang des Krie-
ges. Wie aber dieſe Eroberung den Roͤ-
mern bey ihren Bunds-Genoſſen uͤbele Nach-
rede verurſachte/ beſchloſſen ſie alſobald und
ohne Berathſchlagung den Krieg; und daß
der Buͤrgermeiſter Tiberius mit Kriegs-Macht
Carthago ſelbſt belaͤgern/ der ander aber wi-
der Annibaln auffziehen ſolte. Weil ſie aber
mit dem Demetrius in Jllyricum noch ge-
nung zu ſchaffen hatten/ ſchickten ſie ihren
Schluß biß zu voͤlliger Ausruͤſtung zu ver-
bluͤmen/ eine Botſchafft nach Carthago/ un-
ter dem Schein die Zwiſtigkeiten zu verglei-
chen. Dieſe beſchwerte ſich: daß Hannibal
wider das mit Asdrubaln gemachte Abkom-
men uͤber den Jber geſetzt/ und Sagunt ih-
[Spaltenumbruch] re Bunds-Genoſſen ausgerottet haͤtte. Da-
her im Fall der Rath ſich nicht ſolchen Frie-
den-Bruchs theilhafftig machen wolte/ muͤſte
er Hannibaln und alle ſeine Rathgeber zu der
Roͤmer Beſtraffung aushaͤndigen. Der Rath
verſetzte: Ob wohl die Roͤmer ſchon durch Ab-
dringung Sardiniens und Abheiſchung einer
jaͤhrlichen Schatzung den Lilybeiſchen Frieden
gebrochen haͤtten/ wolten ſie doch ſolch Unrecht
vergeſſen/ und den Frieden unterhalten. Die
Saguntiner aber haͤtten durch Uberfall der
Torboleter ſich an den Hannibal gerieben/ und
ihren Untergang verurſacht. Zu dem waͤren
dieſe bey oberwehntem Frieden der Roͤmer
Bunds-Genoſſen noch nie geweſt; ſondern
nur um der Stadt Carthago einen Dorn in
die Augen zu ſetzen/ hernach in ihren Schutz
gezogen worden. Endlich wuͤſten ſie von neu-
em Buͤndnuͤſſe Asdrubals nichts/ der den Rath
ohne ihre Einwilligung zu nichts kraͤff-
tig verbinden koͤnnen. Aus welchem Grun-
de die Roͤmer vorher den zwiſchen Carthago
und dem Roͤmiſchen Buͤrger meiſter Luctatius
in Sicilien gemachten Frieden verworffen/
ihnen aber ſchwere Bedingungen auffgehalſet
haͤtten. Was aber Asdrubal fuͤr ſich geſchloſ-
ſen/ waͤre mit ſeinem Tode erloſchen. Der
Roͤmiſche Geſandte/ an ſtatt: daß er dem Ra-
the noch haͤtte einhalten koͤnnen: die Sardini-
ſche Sache waͤre durch Erlegung der Scha-
tzungen in der That beliebt/ der Friede vom Lu-
ctatius auff Genehmhabung des Roͤmiſchen
Raths/ Asdrubals aber ohne Bedingung ge-
ſchloſſen/ und darinnen alle/ alſo auch die kuͤnffti-
gen Bundgenoſſen begriffen worden/ oͤffnete den
Rock auff der Schoß; fuhr hitzig und entruͤſtet
heraus: Wir ſind hieher nicht zum Wortge-
zaͤncke erſchienen; ſondern wir fordern Anni-
baln und andere Friedbruͤchige. Hier ſtecket
Krieg und Friede; was ihr ausleſen werdet/
will ich heraus geben. Der Koͤnig oder O-
berſte im Rath verſetzte: Carthagens Wuͤrde

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 822[824]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/884>, abgerufen am 22.11.2024.