Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ein Theil ihres Heeres weit den Strom hinabschickten/ und wo der Fluß Padusa oder der Mes- sanische Graben von den andern Strömen des Po sich absondert; ehe die Deutschen daselbst sich in völlige Verfassung stellen konten/ durchdran- gen; worüber aber gleichwohl über zehntausend Römer umbkamen; die Stadt Rom auch so bekümmert ward: daß nachdem es im Pice- nischen Blut geregnet/ in Hetrurien der Him- mel gebrennet/ zu Arimin 3. Monden gesehen/ und der Rhodische Colossus durch Erdbeben um- gestürtzt worden war/ sie alle Wunderzeichen für sich zum ärgsten ausdeutete/ und der Rath den Bürgermeistern mit gab mit den Jnsubriern ei- nen Stillestand zu machen; krafft dessen sie auch ihr Gebiete räumten. Wie aber die Alberen alles ungemeine für Wunderzeichen leicht an- nehmen; die eitele Furcht auch mehrmals eine Betrügerin der Augen und Ohren ist; die Boß- haften durch sie in ungemeine Zagheit ver- setzt werden; also macht derselben offtere Begeb- nüß sie entweder ungewiß/ oder verächtlich; die Ehr- und Herrsch-Sucht aber ein Gelächter; oder eine Erfindung der Staats-Klugheit; die Mißgunst ein ihr dienendes Gespenste daraus. Welches letztere auch der Bürgermeister Furius den Flaminius dißmal beredete/ und ihn versi- cherte: daß ihnen aus blossem Neid in den Zügel ih- rer Siege wider die Deutschen gefallen würde. Wie der Thebanische Rath seine Bürger die Schlacht bey Luctres zu wagen dardurch beredet: daß des Hercules Waffen sich aus seinem Tempel ver- lohren hätten; also müsten dem Römischen Ra- the/ so offt es ihnen gefiele/ die Ochsen reden/ die Maul-Thiere gebären/ Menschen und Thiere ihr Geschlechte verwandeln/ die Bilder der Göt- ter weinen/ die Säulen Blut schwitzen/ die Ster- nen sich vermehren oder verfinstern/ der Himmel brennen oder Schlachten fürstellen. Hierdurch brachte es Furius so weit: daß Flaminius mit ihm und denen von Cenomännern und Bojen erkaufften Hülffs-Völckern den Stillstand bra- [Spaltenumbruch] chen/ und über den Fluß Clusius den Deutschen einfielen/ und alles mit Feuer und Schwerdt verwüsteten. Die Jnsubrier wurden hierdurch aufs heftigste verbittert/ lieffen in den Tempel Minervens/ darein sie den mit den Römern ge- machten Vergleich verwahrt hatten; nahmen drey ihrer güldenen sonst für unbeweglich ge- rühmten Bilder daraus/ zohen mit diesen/ und funfzig tausend Kriegsleuten den Römern unter die Augen. Beyde Heere standen schon in Schlacht-Ordnung gegen einander/ als vom Römischen Rathe Briefe ankamen; welche zwar den Bürgermeistern alle Feindseligkeit verbothen/ aber auf des Flaminius Einrathen für der Schlacht nicht eröffnet werden wolten. Wiewohl sie auch den Bojen und Cenomannen nicht trauten/ und sie durch den Fluß Clusius von sich absonderten; so war doch des Flaminius Schluß entweder zu siegen/ oder alles einzubüs- sen; weswegen er auch sein Heer mit dem Rü- cken harte an das hohe Ufer des Flusses stellte; also: daß es entweder als eine Mauer stehen/ oder mitdem geringsten Weichen in Strom stür- tzen muste. Gleichwohl fiel nach einem sehr blutigen Treffen aus Schickung des auf der Römer Seite sich schlagenden Verhängnüsses/ und durch ihre vortheilhaftere Waffen der Sieg den Römern zu. Und blieben neun tausend Deutsche auf der Wallstadt. Worauf Flami- nius allererst die Briefe laß/ sich über des Ra- thes Mißgunst beschwerte/ und nach Rom schrieb: Sie möchten aus seinem Thun die Ei- telkeiten der Wahrsagungen verachten lernen/ und aufhören abergläubig zu seyn. Er verwüste- te zwar auch hierauf das platte Land/ nahm eine ihrer besten Städte ein; weil aber Furius nicht länger wieder den Rath ihm beyfällig seyn wol- te/ kehrte er mit ihm nach Rom/ hielt auf des Pö- fels Verlangen ein Siegs-Gepränge/ und rich- tete aus der Deutschen Raube und insonderheit ihren güldenen Waffen und Ketten/ die sie in den Schlachten an den Hals zu hencken gewohnt sind/ K k k k k 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ein Theil ihres Heeres weit den Strom hinabſchickten/ und wo der Fluß Paduſa oder der Meſ- ſaniſche Graben von den andern Stroͤmen des Po ſich abſondert; ehe die Deutſchen daſelbſt ſich in voͤllige Verfaſſung ſtellen konten/ durchdran- gen; woruͤber aber gleichwohl uͤber zehntauſend Roͤmer umbkamen; die Stadt Rom auch ſo bekuͤmmert ward: daß nachdem es im Pice- niſchen Blut geregnet/ in Hetrurien der Him- mel gebrennet/ zu Arimin 3. Monden geſehen/ und der Rhodiſche Coloſſus durch Erdbeben um- geſtuͤrtzt worden war/ ſie alle Wunderzeichen fuͤr ſich zum aͤrgſten ausdeutete/ und der Rath den Buͤrgermeiſtern mit gab mit den Jnſubriern ei- nen Stilleſtand zu machen; krafft deſſen ſie auch ihr Gebiete raͤumten. Wie aber die Alberen alles ungemeine fuͤr Wunderzeichen leicht an- nehmen; die eitele Furcht auch mehrmals eine Betruͤgerin der Augen und Ohren iſt; die Boß- haften durch ſie in ungemeine Zagheit ver- ſetzt werden; alſo macht derſelben offtere Begeb- nuͤß ſie entweder ungewiß/ oder veraͤchtlich; die Ehr- und Herrſch-Sucht aber ein Gelaͤchter; oder eine Erfindung der Staats-Klugheit; die Mißgunſt ein ihr dienendes Geſpenſte daraus. Welches letztere auch der Buͤrgermeiſter Furius den Flaminius dißmal beredete/ und ihn verſi- cherte: daß ihnẽ aus bloſſem Neid in dẽ Zuͤgel ih- rer Siege wider die Deutſchẽ gefallẽ wuͤrde. Wie der Thebaniſche Rath ſeine Buͤrger die Schlacht bey Luctres zu wagen dardurch beredet: daß des Hercules Waffen ſich aus ſeinem Tempel ver- lohren haͤtten; alſo muͤſten dem Roͤmiſchen Ra- the/ ſo offt es ihnen gefiele/ die Ochſen reden/ die Maul-Thiere gebaͤren/ Menſchen und Thiere ihr Geſchlechte verwandeln/ die Bilder der Goͤt- ter weinen/ die Saͤulen Blut ſchwitzen/ die Ster- nen ſich vermehren oder verfinſtern/ der Himmel brennen oder Schlachten fuͤrſtellen. Hierdurch brachte es Furius ſo weit: daß Flaminius mit ihm und denen von Cenomaͤnnern und Bojen erkaufften Huͤlffs-Voͤlckern den Stillſtand bra- [Spaltenumbruch] chen/ und uͤber den Fluß Cluſius den Deutſchen einfielen/ und alles mit Feuer und Schwerdt verwuͤſteten. Die Jnſubrier wurden hierdurch aufs heftigſte verbittert/ lieffen in den Tempel Minervens/ darein ſie den mit den Roͤmern ge- machten Vergleich verwahrt hatten; nahmen drey ihrer guͤldenen ſonſt fuͤr unbeweglich ge- ruͤhmten Bilder daraus/ zohen mit dieſen/ und funfzig tauſend Kriegsleuten den Roͤmern unter die Augen. Beyde Heere ſtanden ſchon in Schlacht-Ordnung gegen einander/ als vom Roͤmiſchen Rathe Briefe ankamen; welche zwar den Buͤrgermeiſtern alle Feindſeligkeit verbothen/ aber auf des Flaminius Einrathen fuͤr der Schlacht nicht eroͤffnet werden wolten. Wiewohl ſie auch den Bojen und Cenomannen nicht trauten/ und ſie durch den Fluß Cluſius von ſich abſonderten; ſo war doch des Flaminius Schluß entweder zu ſiegen/ oder alles einzubuͤſ- ſen; weswegen er auch ſein Heer mit dem Ruͤ- cken harte an das hohe Ufer des Fluſſes ſtellte; alſo: daß es entweder als eine Mauer ſtehen/ oder mitdem geringſten Weichen in Strom ſtuͤr- tzen muſte. Gleichwohl fiel nach einem ſehr blutigen Treffen aus Schickung des auf der Roͤmer Seite ſich ſchlagenden Verhaͤngnuͤſſes/ und durch ihre vortheilhaftere Waffen der Sieg den Roͤmern zu. Und blieben neun tauſend Deutſche auf der Wallſtadt. Worauf Flami- nius allererſt die Briefe laß/ ſich uͤber des Ra- thes Mißgunſt beſchwerte/ und nach Rom ſchrieb: Sie moͤchten aus ſeinem Thun die Ei- telkeiten der Wahrſagungen verachten lernen/ und aufhoͤrẽ aberglaͤubig zu ſeyn. Er verwuͤſte- te zwar auch hierauf das platte Land/ nahm eine ihrer beſten Staͤdte ein; weil aber Furius nicht laͤnger wieder den Rath ihm beyfaͤllig ſeyn wol- te/ kehrte er mit ihm nach Rom/ hielt auf des Poͤ- fels Verlangen ein Siegs-Gepraͤnge/ und rich- tete aus der Deutſchen Raube und inſonderheit ihren guͤldenen Waffen und Ketten/ die ſie in den Schlachten an den Hals zu hencken gewohnt ſind/ K k k k k 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0875" n="813[815]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> ein Theil ihres Heeres weit den Strom hinab<lb/> ſchickten/ und wo der Fluß Paduſa oder der Meſ-<lb/> ſaniſche Graben von den andern Stroͤmen des<lb/> Po ſich abſondert; ehe die Deutſchen daſelbſt ſich<lb/> in voͤllige Verfaſſung ſtellen konten/ durchdran-<lb/> gen; woruͤber aber gleichwohl uͤber zehntauſend<lb/> Roͤmer umbkamen; die Stadt Rom auch ſo<lb/> bekuͤmmert ward: daß nachdem es im Pice-<lb/> niſchen Blut geregnet/ in Hetrurien der Him-<lb/> mel gebrennet/ zu Arimin 3. Monden geſehen/<lb/> und der Rhodiſche Coloſſus durch Erdbeben um-<lb/> geſtuͤrtzt worden war/ ſie alle Wunderzeichen fuͤr<lb/> ſich zum aͤrgſten ausdeutete/ und der Rath den<lb/> Buͤrgermeiſtern mit gab mit den Jnſubriern ei-<lb/> nen Stilleſtand zu machen; krafft deſſen ſie auch<lb/> ihr Gebiete raͤumten. Wie aber die Alberen<lb/> alles ungemeine fuͤr Wunderzeichen leicht an-<lb/> nehmen; die eitele Furcht auch mehrmals eine<lb/> Betruͤgerin der Augen und Ohren iſt; die Boß-<lb/> haften durch ſie in ungemeine Zagheit ver-<lb/> ſetzt werden; alſo macht derſelben offtere Begeb-<lb/> nuͤß ſie entweder ungewiß/ oder veraͤchtlich; die<lb/> Ehr- und Herrſch-Sucht aber ein Gelaͤchter;<lb/> oder eine Erfindung der Staats-Klugheit; die<lb/> Mißgunſt ein ihr dienendes Geſpenſte daraus.<lb/> Welches letztere auch der Buͤrgermeiſter Furius<lb/> den Flaminius dißmal beredete/ und ihn verſi-<lb/> cherte: daß ihnẽ aus bloſſem Neid in dẽ Zuͤgel ih-<lb/> rer Siege wider die Deutſchẽ gefallẽ wuͤrde. Wie<lb/> der Thebaniſche Rath ſeine Buͤrger die Schlacht<lb/> bey Luctres zu wagen dardurch beredet: daß des<lb/> Hercules Waffen ſich aus ſeinem Tempel ver-<lb/> lohren haͤtten; alſo muͤſten dem Roͤmiſchen Ra-<lb/> the/ ſo offt es ihnen gefiele/ die Ochſen reden/ die<lb/> Maul-Thiere gebaͤren/ Menſchen und Thiere<lb/> ihr Geſchlechte verwandeln/ die Bilder der Goͤt-<lb/> ter weinen/ die Saͤulen Blut ſchwitzen/ die Ster-<lb/> nen ſich vermehren oder verfinſtern/ der Himmel<lb/> brennen oder Schlachten fuͤrſtellen. Hierdurch<lb/> brachte es Furius ſo weit: daß Flaminius mit<lb/> ihm und denen von Cenomaͤnnern und Bojen<lb/> erkaufften Huͤlffs-Voͤlckern den Stillſtand bra-<lb/><cb/> chen/ und uͤber den Fluß Cluſius den Deutſchen<lb/> einfielen/ und alles mit Feuer und Schwerdt<lb/> verwuͤſteten. Die Jnſubrier wurden hierdurch<lb/> aufs heftigſte verbittert/ lieffen in den Tempel<lb/> Minervens/ darein ſie den mit den Roͤmern ge-<lb/> machten Vergleich verwahrt hatten; nahmen<lb/> drey ihrer guͤldenen ſonſt fuͤr unbeweglich ge-<lb/> ruͤhmten Bilder daraus/ zohen mit dieſen/ und<lb/> funfzig tauſend Kriegsleuten den Roͤmern unter<lb/> die Augen. Beyde Heere ſtanden ſchon in<lb/> Schlacht-Ordnung gegen einander/ als vom<lb/> Roͤmiſchen Rathe Briefe ankamen; welche<lb/> zwar den Buͤrgermeiſtern alle Feindſeligkeit<lb/> verbothen/ aber auf des Flaminius Einrathen<lb/> fuͤr der Schlacht nicht eroͤffnet werden wolten.<lb/> Wiewohl ſie auch den Bojen und Cenomannen<lb/> nicht trauten/ und ſie durch den Fluß Cluſius<lb/> von ſich abſonderten; ſo war doch des Flaminius<lb/> Schluß entweder zu ſiegen/ oder alles einzubuͤſ-<lb/> ſen; weswegen er auch ſein Heer mit dem Ruͤ-<lb/> cken harte an das hohe Ufer des Fluſſes ſtellte;<lb/> alſo: daß es entweder als eine Mauer ſtehen/<lb/> oder mitdem geringſten Weichen in Strom ſtuͤr-<lb/> tzen muſte. Gleichwohl fiel nach einem ſehr<lb/> blutigen Treffen aus Schickung des auf der<lb/> Roͤmer Seite ſich ſchlagenden Verhaͤngnuͤſſes/<lb/> und durch ihre vortheilhaftere Waffen der Sieg<lb/> den Roͤmern zu. Und blieben neun tauſend<lb/> Deutſche auf der Wallſtadt. Worauf Flami-<lb/> nius allererſt die Briefe laß/ ſich uͤber des Ra-<lb/> thes Mißgunſt beſchwerte/ und nach Rom<lb/> ſchrieb: Sie moͤchten aus ſeinem Thun die Ei-<lb/> telkeiten der Wahrſagungen verachten lernen/<lb/> und aufhoͤrẽ aberglaͤubig zu ſeyn. Er verwuͤſte-<lb/> te zwar auch hierauf das platte Land/ nahm eine<lb/> ihrer beſten Staͤdte ein; weil aber Furius nicht<lb/> laͤnger wieder den Rath ihm beyfaͤllig ſeyn wol-<lb/> te/ kehrte er mit ihm nach Rom/ hielt auf des Poͤ-<lb/> fels Verlangen ein Siegs-Gepraͤnge/ und rich-<lb/> tete aus der Deutſchen Raube und inſonderheit<lb/> ihren guͤldenen Waffen und Ketten/ die ſie in den<lb/> Schlachten an den Hals zu hencken gewohnt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K k k k k 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ſind/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [813[815]/0875]
Arminius und Thußnelda.
ein Theil ihres Heeres weit den Strom hinab
ſchickten/ und wo der Fluß Paduſa oder der Meſ-
ſaniſche Graben von den andern Stroͤmen des
Po ſich abſondert; ehe die Deutſchen daſelbſt ſich
in voͤllige Verfaſſung ſtellen konten/ durchdran-
gen; woruͤber aber gleichwohl uͤber zehntauſend
Roͤmer umbkamen; die Stadt Rom auch ſo
bekuͤmmert ward: daß nachdem es im Pice-
niſchen Blut geregnet/ in Hetrurien der Him-
mel gebrennet/ zu Arimin 3. Monden geſehen/
und der Rhodiſche Coloſſus durch Erdbeben um-
geſtuͤrtzt worden war/ ſie alle Wunderzeichen fuͤr
ſich zum aͤrgſten ausdeutete/ und der Rath den
Buͤrgermeiſtern mit gab mit den Jnſubriern ei-
nen Stilleſtand zu machen; krafft deſſen ſie auch
ihr Gebiete raͤumten. Wie aber die Alberen
alles ungemeine fuͤr Wunderzeichen leicht an-
nehmen; die eitele Furcht auch mehrmals eine
Betruͤgerin der Augen und Ohren iſt; die Boß-
haften durch ſie in ungemeine Zagheit ver-
ſetzt werden; alſo macht derſelben offtere Begeb-
nuͤß ſie entweder ungewiß/ oder veraͤchtlich; die
Ehr- und Herrſch-Sucht aber ein Gelaͤchter;
oder eine Erfindung der Staats-Klugheit; die
Mißgunſt ein ihr dienendes Geſpenſte daraus.
Welches letztere auch der Buͤrgermeiſter Furius
den Flaminius dißmal beredete/ und ihn verſi-
cherte: daß ihnẽ aus bloſſem Neid in dẽ Zuͤgel ih-
rer Siege wider die Deutſchẽ gefallẽ wuͤrde. Wie
der Thebaniſche Rath ſeine Buͤrger die Schlacht
bey Luctres zu wagen dardurch beredet: daß des
Hercules Waffen ſich aus ſeinem Tempel ver-
lohren haͤtten; alſo muͤſten dem Roͤmiſchen Ra-
the/ ſo offt es ihnen gefiele/ die Ochſen reden/ die
Maul-Thiere gebaͤren/ Menſchen und Thiere
ihr Geſchlechte verwandeln/ die Bilder der Goͤt-
ter weinen/ die Saͤulen Blut ſchwitzen/ die Ster-
nen ſich vermehren oder verfinſtern/ der Himmel
brennen oder Schlachten fuͤrſtellen. Hierdurch
brachte es Furius ſo weit: daß Flaminius mit
ihm und denen von Cenomaͤnnern und Bojen
erkaufften Huͤlffs-Voͤlckern den Stillſtand bra-
chen/ und uͤber den Fluß Cluſius den Deutſchen
einfielen/ und alles mit Feuer und Schwerdt
verwuͤſteten. Die Jnſubrier wurden hierdurch
aufs heftigſte verbittert/ lieffen in den Tempel
Minervens/ darein ſie den mit den Roͤmern ge-
machten Vergleich verwahrt hatten; nahmen
drey ihrer guͤldenen ſonſt fuͤr unbeweglich ge-
ruͤhmten Bilder daraus/ zohen mit dieſen/ und
funfzig tauſend Kriegsleuten den Roͤmern unter
die Augen. Beyde Heere ſtanden ſchon in
Schlacht-Ordnung gegen einander/ als vom
Roͤmiſchen Rathe Briefe ankamen; welche
zwar den Buͤrgermeiſtern alle Feindſeligkeit
verbothen/ aber auf des Flaminius Einrathen
fuͤr der Schlacht nicht eroͤffnet werden wolten.
Wiewohl ſie auch den Bojen und Cenomannen
nicht trauten/ und ſie durch den Fluß Cluſius
von ſich abſonderten; ſo war doch des Flaminius
Schluß entweder zu ſiegen/ oder alles einzubuͤſ-
ſen; weswegen er auch ſein Heer mit dem Ruͤ-
cken harte an das hohe Ufer des Fluſſes ſtellte;
alſo: daß es entweder als eine Mauer ſtehen/
oder mitdem geringſten Weichen in Strom ſtuͤr-
tzen muſte. Gleichwohl fiel nach einem ſehr
blutigen Treffen aus Schickung des auf der
Roͤmer Seite ſich ſchlagenden Verhaͤngnuͤſſes/
und durch ihre vortheilhaftere Waffen der Sieg
den Roͤmern zu. Und blieben neun tauſend
Deutſche auf der Wallſtadt. Worauf Flami-
nius allererſt die Briefe laß/ ſich uͤber des Ra-
thes Mißgunſt beſchwerte/ und nach Rom
ſchrieb: Sie moͤchten aus ſeinem Thun die Ei-
telkeiten der Wahrſagungen verachten lernen/
und aufhoͤrẽ aberglaͤubig zu ſeyn. Er verwuͤſte-
te zwar auch hierauf das platte Land/ nahm eine
ihrer beſten Staͤdte ein; weil aber Furius nicht
laͤnger wieder den Rath ihm beyfaͤllig ſeyn wol-
te/ kehrte er mit ihm nach Rom/ hielt auf des Poͤ-
fels Verlangen ein Siegs-Gepraͤnge/ und rich-
tete aus der Deutſchen Raube und inſonderheit
ihren guͤldenen Waffen und Ketten/ die ſie in den
Schlachten an den Hals zu hencken gewohnt
ſind/
K k k k k 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/875 |
Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 813[815]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/875>, abgerufen am 03.07.2024. |