Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Spieße und Schwerdter einen Weg biß anden Römischen Adler; den der Graff zu Wir- tenberg von der Stange riß/ und zu Bodem warff. Wie nun der Bürgermeister Cajus diesem Hauffen entgegen drang/ durchrennte ihn König Concoletan mit seiner Lantze; wel- chem der Graff Mansfeld vollends den Kopff abhieb/ selbten auff eine Lantze spießte/ und zum Schrecken der auff der andern Seite kämpffenden Römer Aneroesten zubrachte. Weil aber die Römer beym Verlust dieses Ad- lers und Bürgermeisters eine gantz frische Le- gion an selbigem Ort anführten/ und Conco- letan nicht zurücke weichen wolte/ ward er al- lenthalben umringet/ und vom Lutatius Ca- tulus/ der dem Kriege wider Carthago ein Ende gemacht hatte/ ihm das Pferd erlegt; welchen aber der Graff von Hochberg zu Bo- dem rennte/ und seinem Könige auff des Ca- tulus Pferd halff. Allein nachdem Wirtem- berg/ Durlach/ Eichelberg/ Kyburg/ Hoch- berg/ Fürstenberg/ Doghenburg/ Lentzburg/ Grimmenstein/ Utzingen/ und fast alle des Alemannischen Adels nach unvergleichlicher Gegenwehr erlegt waren/ Concoletan auch nach etlichen zwantzig empfangenen Wunden zu Bodem fiel/ ward er endlich gefangen. A- neroest that auff der andern Seite zwar das beste/ und rächete durch des gewesenen Bür- germeisters Fulvius Flaccus Tod die von ihm vorher untergedrückten Ligurier. Alleine nach dem Concoletan gefangen/ und sein Heer fast/ wie es gestanden/ gliederweise nach ein- ander erlegt war/ also drey Römische Heere auff Aneroesten stiessen/ raffte er seine eusser- ste Kräfften zusammen/ schlug sich mit etwan drey tausend Pferden durch/ und kam mit Hülffe der Nacht biß an den Fluß Umbro. Nachdem er aber über selbten so wohl wegen auffgeschwellten Wassers/ als daß die Ein- wohner der Stadt Ruselle selbten mit Volcke starck besetzt hatten/ nicht schwemmen konte/ [Spaltenumbruch] ihm auch Nachricht zukam: daß Concoletan nicht todt/ sondern gefangen/ ihm auch die gantze Römische Reuterey schon im Rücken wäre/ munterte er seinen Uberrest zu hertz- hafftem Sterben auff; er wäre bereit sich für sie selbst auffzuopffern/ nachdem die Götter ihn seines Gelübdes: krafft dessen er seinen Harnisch ehe nicht/ als biß ers Capitolium er- obert hätte/ aufflösen wollen/ zu gewehren nicht für gut befunden hätten. Ein behertzter Tod hätte nicht die Helffte der Bitterkeit in sich; die einer einen Augenblick im schimpfflichen Siegs-Gepränge empfinde. Hiermit renn- te er spornstreichs voran mitten unter die Rö- mer. Diese aber muthmassende: daß es Kö- nig Aneroest wäre/ wolten ihn nicht beleidigen/ sondern lebendig fangen. Nachdem er aber etliche Feinde durchstochen/ fällten sie ihm das Pferd; gleichwohl wehrte er sich mit dem Degen in der Faust/ biß selbter mitten ent- zwey sprang; wormit er aber nicht leben- dig in der Römer Hände käme/ schnitt er ihm mit dem übrigen Stürtzel die Gurgel ab/ und bließ also mit der Feindschafft gegen sie seine Seele aus. Die übrigen Deutschen folgten dem Beyspiele ihres Königes/ und bezeugten durch Erleg- und Verwundung vieler Römer: daß ein verzweiffelter Feind mit zweyen Schwerdtern fechte/ und mit seiner Leiche meist drey andere zu Bodem drücke. Denn ob wohl viertzig tausend todt blieben/ zehn tau- send gefangen wurden/ mißten die Römer doch über sechzig tausend Mann; und kein Deut- scher ward so wenig/ als ihr halb todter König Concoletan und Britomar vom Bürgermei- ster in Rom zum Siegs-Gepränge geführet/ aus der Beute aber Jupitern ein güldenes Siegs-Zeichen geweihet/ welches Aneroest von den Römischen seinem Kriegs-Gotte gelobet hatte. Rhemetalces fing hierüber an den Un- fall zweyer so behertzter Fürsten zu beklagen/ auch zu billichen: daß ein Kriegender aus An- dacht K k k k k 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Spieße und Schwerdter einen Weg biß anden Roͤmiſchen Adler; den der Graff zu Wir- tenberg von der Stange riß/ und zu Bodem warff. Wie nun der Buͤrgermeiſter Cajus dieſem Hauffen entgegen drang/ durchrennte ihn Koͤnig Concoletan mit ſeiner Lantze; wel- chem der Graff Mansfeld vollends den Kopff abhieb/ ſelbten auff eine Lantze ſpießte/ und zum Schrecken der auff der andern Seite kaͤmpffenden Roͤmer Aneroeſten zubrachte. Weil aber die Roͤmer beym Verluſt dieſes Ad- lers und Buͤrgermeiſters eine gantz friſche Le- gion an ſelbigem Ort anfuͤhrten/ und Conco- letan nicht zuruͤcke weichen wolte/ ward er al- lenthalben umringet/ und vom Lutatius Ca- tulus/ der dem Kriege wider Carthago ein Ende gemacht hatte/ ihm das Pferd erlegt; welchen aber der Graff von Hochberg zu Bo- dem rennte/ und ſeinem Koͤnige auff des Ca- tulus Pferd halff. Allein nachdem Wirtem- berg/ Durlach/ Eichelberg/ Kyburg/ Hoch- berg/ Fuͤrſtenberg/ Doghenburg/ Lentzburg/ Grimmenſtein/ Utzingen/ und faſt alle des Alemanniſchen Adels nach unvergleichlicher Gegenwehr erlegt waren/ Concoletan auch nach etlichen zwantzig empfangenen Wunden zu Bodem fiel/ ward er endlich gefangen. A- neroeſt that auff der andern Seite zwar das beſte/ und raͤchete durch des geweſenen Buͤr- germeiſters Fulvius Flaccus Tod die von ihm vorher untergedruͤckten Ligurier. Alleine nach dem Concoletan gefangen/ und ſein Heer faſt/ wie es geſtanden/ gliederweiſe nach ein- ander erlegt war/ alſo drey Roͤmiſche Heere auff Aneroeſten ſtieſſen/ raffte er ſeine euſſer- ſte Kraͤfften zuſammen/ ſchlug ſich mit etwan drey tauſend Pferden durch/ und kam mit Huͤlffe der Nacht biß an den Fluß Umbro. Nachdem er aber uͤber ſelbten ſo wohl wegen auffgeſchwellten Waſſers/ als daß die Ein- wohner der Stadt Ruſelle ſelbten mit Volcke ſtarck beſetzt hatten/ nicht ſchwemmen konte/ [Spaltenumbruch] ihm auch Nachricht zukam: daß Concoletan nicht todt/ ſondern gefangen/ ihm auch die gantze Roͤmiſche Reuterey ſchon im Ruͤcken waͤre/ munterte er ſeinen Uberreſt zu hertz- hafftem Sterben auff; er waͤre bereit ſich fuͤr ſie ſelbſt auffzuopffern/ nachdem die Goͤtter ihn ſeines Geluͤbdes: krafft deſſen er ſeinen Harniſch ehe nicht/ als biß ers Capitolium er- obert haͤtte/ auffloͤſen wollen/ zu gewehren nicht fuͤr gut befunden haͤtten. Ein behertzter Tod haͤtte nicht die Helffte der Bitterkeit in ſich; die einer einen Augenblick im ſchimpfflichen Siegs-Gepraͤnge empfinde. Hiermit renn- te er ſpornſtreichs voran mitten unter die Roͤ- mer. Dieſe aber muthmaſſende: daß es Koͤ- nig Aneroeſt waͤre/ wolten ihn nicht beleidigen/ ſondern lebendig fangen. Nachdem er aber etliche Feinde durchſtochen/ faͤllten ſie ihm das Pferd; gleichwohl wehrte er ſich mit dem Degen in der Fauſt/ biß ſelbter mitten ent- zwey ſprang; wormit er aber nicht leben- dig in der Roͤmer Haͤnde kaͤme/ ſchnitt er ihm mit dem uͤbrigen Stuͤrtzel die Gurgel ab/ und bließ alſo mit der Feindſchafft gegen ſie ſeine Seele aus. Die uͤbrigen Deutſchen folgten dem Beyſpiele ihres Koͤniges/ und bezeugten durch Erleg- und Verwundung vieler Roͤmer: daß ein verzweiffelter Feind mit zweyen Schwerdtern fechte/ und mit ſeiner Leiche meiſt drey andere zu Bodem druͤcke. Denn ob wohl viertzig tauſend todt blieben/ zehn tau- ſend gefangen wurden/ mißten die Roͤmer doch uͤber ſechzig tauſend Mann; und kein Deut- ſcher ward ſo wenig/ als ihr halb todter Koͤnig Concoletan und Britomar vom Buͤrgermei- ſter in Rom zum Siegs-Gepraͤnge gefuͤhret/ aus der Beute aber Jupitern ein guͤldenes Siegs-Zeichen geweihet/ welches Aneroeſt von den Roͤmiſchen ſeinem Kriegs-Gotte gelobet hatte. Rhemetalces fing hieruͤber an den Un- fall zweyer ſo behertzter Fuͤrſten zu beklagen/ auch zu billichen: daß ein Kriegender aus An- dacht K k k k k 2
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Arminius und Thußnelda.
Spieße und Schwerdter einen Weg biß an
den Roͤmiſchen Adler; den der Graff zu Wir-
tenberg von der Stange riß/ und zu Bodem
warff. Wie nun der Buͤrgermeiſter Cajus
dieſem Hauffen entgegen drang/ durchrennte
ihn Koͤnig Concoletan mit ſeiner Lantze; wel-
chem der Graff Mansfeld vollends den Kopff
abhieb/ ſelbten auff eine Lantze ſpießte/ und
zum Schrecken der auff der andern Seite
kaͤmpffenden Roͤmer Aneroeſten zubrachte.
Weil aber die Roͤmer beym Verluſt dieſes Ad-
lers und Buͤrgermeiſters eine gantz friſche Le-
gion an ſelbigem Ort anfuͤhrten/ und Conco-
letan nicht zuruͤcke weichen wolte/ ward er al-
lenthalben umringet/ und vom Lutatius Ca-
tulus/ der dem Kriege wider Carthago ein
Ende gemacht hatte/ ihm das Pferd erlegt;
welchen aber der Graff von Hochberg zu Bo-
dem rennte/ und ſeinem Koͤnige auff des Ca-
tulus Pferd halff. Allein nachdem Wirtem-
berg/ Durlach/ Eichelberg/ Kyburg/ Hoch-
berg/ Fuͤrſtenberg/ Doghenburg/ Lentzburg/
Grimmenſtein/ Utzingen/ und faſt alle des
Alemanniſchen Adels nach unvergleichlicher
Gegenwehr erlegt waren/ Concoletan auch
nach etlichen zwantzig empfangenen Wunden
zu Bodem fiel/ ward er endlich gefangen. A-
neroeſt that auff der andern Seite zwar das
beſte/ und raͤchete durch des geweſenen Buͤr-
germeiſters Fulvius Flaccus Tod die von ihm
vorher untergedruͤckten Ligurier. Alleine
nach dem Concoletan gefangen/ und ſein Heer
faſt/ wie es geſtanden/ gliederweiſe nach ein-
ander erlegt war/ alſo drey Roͤmiſche Heere
auff Aneroeſten ſtieſſen/ raffte er ſeine euſſer-
ſte Kraͤfften zuſammen/ ſchlug ſich mit etwan
drey tauſend Pferden durch/ und kam mit
Huͤlffe der Nacht biß an den Fluß Umbro.
Nachdem er aber uͤber ſelbten ſo wohl wegen
auffgeſchwellten Waſſers/ als daß die Ein-
wohner der Stadt Ruſelle ſelbten mit Volcke
ſtarck beſetzt hatten/ nicht ſchwemmen konte/
ihm auch Nachricht zukam: daß Concoletan
nicht todt/ ſondern gefangen/ ihm auch die
gantze Roͤmiſche Reuterey ſchon im Ruͤcken
waͤre/ munterte er ſeinen Uberreſt zu hertz-
hafftem Sterben auff; er waͤre bereit ſich fuͤr
ſie ſelbſt auffzuopffern/ nachdem die Goͤtter
ihn ſeines Geluͤbdes: krafft deſſen er ſeinen
Harniſch ehe nicht/ als biß ers Capitolium er-
obert haͤtte/ auffloͤſen wollen/ zu gewehren nicht
fuͤr gut befunden haͤtten. Ein behertzter Tod
haͤtte nicht die Helffte der Bitterkeit in ſich;
die einer einen Augenblick im ſchimpfflichen
Siegs-Gepraͤnge empfinde. Hiermit renn-
te er ſpornſtreichs voran mitten unter die Roͤ-
mer. Dieſe aber muthmaſſende: daß es Koͤ-
nig Aneroeſt waͤre/ wolten ihn nicht beleidigen/
ſondern lebendig fangen. Nachdem er aber
etliche Feinde durchſtochen/ faͤllten ſie ihm das
Pferd; gleichwohl wehrte er ſich mit dem
Degen in der Fauſt/ biß ſelbter mitten ent-
zwey ſprang; wormit er aber nicht leben-
dig in der Roͤmer Haͤnde kaͤme/ ſchnitt er ihm
mit dem uͤbrigen Stuͤrtzel die Gurgel ab/ und
bließ alſo mit der Feindſchafft gegen ſie ſeine
Seele aus. Die uͤbrigen Deutſchen folgten
dem Beyſpiele ihres Koͤniges/ und bezeugten
durch Erleg- und Verwundung vieler Roͤmer:
daß ein verzweiffelter Feind mit zweyen
Schwerdtern fechte/ und mit ſeiner Leiche
meiſt drey andere zu Bodem druͤcke. Denn
ob wohl viertzig tauſend todt blieben/ zehn tau-
ſend gefangen wurden/ mißten die Roͤmer doch
uͤber ſechzig tauſend Mann; und kein Deut-
ſcher ward ſo wenig/ als ihr halb todter Koͤnig
Concoletan und Britomar vom Buͤrgermei-
ſter in Rom zum Siegs-Gepraͤnge gefuͤhret/
aus der Beute aber Jupitern ein guͤldenes
Siegs-Zeichen geweihet/ welches Aneroeſt von
den Roͤmiſchen ſeinem Kriegs-Gotte gelobet
hatte. Rhemetalces fing hieruͤber an den Un-
fall zweyer ſo behertzter Fuͤrſten zu beklagen/
auch zu billichen: daß ein Kriegender aus An-
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