Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Zu welchem Ende sie den Tag vorher der Ge-wohnheit nach an die Stadt von beyden Seiten berührenden Nil-Strom geführet wurden/ sie daselbst abzuwaschen. Narvas/ welchem der Kerckermeister in geheim aus Erbarmnüß ver- traut hatte: daß sie auff den Morgen solten von grimmigen Affen/ welchen man die Gefange- nen zu opffern pflegte/ zerrissen werden/ nahm die Gelegenheit in acht/ und entschwam seinen Hütern über den wol eine halbe Meile breiten Fluß. Ob nun wol iederman verzweiffelte: daß er es das andere Ufer zu erreichen schaffen würde/ so entkam er doch aus dem Wasser und durch einen blossen Zufall in den an dem Ufer liegenden Königlichen Garten; als die Königin Elisa ihre Tochter Andraste/ und ihr Sohn der junge Fürst Syphax gleich daselbst frische A- bendlufft schöpffte. Sie hatten dem schwim- menden Narvas lange von ferne zugesehen/ als sie einen so schneeweissen Wassermann aus dem Flusse steigen sahen; welcher aber für Müdig- keit so viel Kräfften nicht hatte ihre Frage/ wo er dahin käme/ zu beantworten; biß König Erga- menes selbst auch darzu kam/ und Fürst Narvas für einen Gefangenen erkennt/ also auf instän- diges Anhalten eines blutbegierigen Affen- Priesters wieder gefangen in die Stadt gefüh- ret/ und auf den Morgen in den grausamen Mord-Tempel zum Opffer geführet ward. Jm hingehen drückte ein Numidier ihm eine kleine Schachtel in die Hand; welche Narvas bey der ihm verstatteten Entkleidung eröffnete; und darinnen nebst etlichen eingebisamten Ku- geln dieses zu lesen fand: Die/ welche an unschul- diger Aufopfferung einer liebens-würdigen Schönheit ein grosses Mißfallen hat/ übersen- det dir ein sicheres Mittel aller Affen Zähne und Klauen stumpff zu machen. Narvas wuste nicht/ ob er dieser Nachricht Glauben zustellen/ oder dieses ihm gleichsam vom Himmel gefalle- nen Mittels sich bedienen solte. Wie nun a- ber er in den Schauplatz/ welchen der gantze Kö- [Spaltenumbruch] nigliche Hoff/ und eine unglaubliche Menge Volck anfüllte/ gebracht/ die hungrigen Affen auch/ welche mit ihren Gebehrden ihre Blutbe- gierde genungsam entdeckten/ aus ihren gegit- terten Kefichten gebracht waren/ und sie also grimmig auf ihn zurennten/ schüttete Narvas unvermerckt die Kugeln an Erdbodem; nach welchen die Affen Augenblicks schnapten/ hier- über aber einander so grimmig in die Haare fie- len: daß derer etliche zwantzig todt auff dem Pflaster liegen blieben/ die übrigen aber so ver- wundet und abgemattet waren: daß Narvas zu grosser Verwunderung des Volckes/ und Ver- bitterung der Abgöttischen Priester unversehret blieb. Die Tunckelheit des Ortes hatte diese Zanckkugeln aller Zuschauer Augen verborgen; und also urtheilte nicht nur das Volck/ sondern der König selbst: daß die Götter an dem Tode dieses schon zweymal wundersam erretteten Menschen ein Mißfallen haben müsten; daher wolte er den Priestern kein Gehöre mehr geben; welche unter dem Scheine der Andacht seine Hinrichtung so eifrig suchten. Dieser Verhin- dernüß legten die nach und nach einlauffenden Zeitungen ein groß Gewichte bey: daß Cartha- go nicht nur wieder allein Meister in Africa worden/ sondern des Agathocles Feldhaupt- mann Pasiphilus in Sicilien wider ihn aufge- standen wäre/ und zum Dinocrates zum Hau- pte derer von Syracuse vertriebenen Bürger sich geschlagen hätte. Endlich hielt den Erga- menes von aller grausamen Entschlüssung eine Botschafft der Stadt Carthago zurücke/ welche dem Fürsten Narvas und etlichen noch übrigen Gefangenen die völlige Freyheit erbat/ und das alte Bündnüß mit Carthago wieder befestigte. Die Affen-Priester wurden hierüber so erbit- tert: daß sie dem Könige durch einen schlechten Boten anbefehlen liessen: Er solte sich alsofort selbsthändig hinrichten. Denn diese Gewalt zu befehlen hatten von Alters her die Mohri- schen Priester über ihre Könige. Ergamenes aber Erster Theil. J i i i i
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Zu welchem Ende ſie den Tag vorher der Ge-wohnheit nach an die Stadt von beyden Seiten beruͤhrenden Nil-Strom gefuͤhret wurden/ ſie daſelbſt abzuwaſchen. Narvas/ welchem der Kerckermeiſter in geheim aus Erbarmnuͤß ver- traut hatte: daß ſie auff den Morgen ſolten von grimmigen Affen/ welchen man die Gefange- nen zu opffern pflegte/ zerriſſen werden/ nahm die Gelegenheit in acht/ und entſchwam ſeinen Huͤtern uͤber den wol eine halbe Meile breiten Fluß. Ob nun wol iederman verzweiffelte: daß er es das andere Ufer zu erreichen ſchaffen wuͤrde/ ſo entkam er doch aus dem Waſſer und durch einen bloſſen Zufall in den an dem Ufer liegenden Koͤniglichen Garten; als die Koͤnigin Eliſa ihre Tochter Andraſte/ und ihr Sohn der junge Fuͤrſt Syphax gleich daſelbſt friſche A- bendlufft ſchoͤpffte. Sie hatten dem ſchwim- menden Narvas lange von ferne zugeſehen/ als ſie einen ſo ſchneeweiſſen Waſſermann aus dem Fluſſe ſteigen ſahen; welcher aber fuͤr Muͤdig- keit ſo viel Kraͤfften nicht hatte ihre Frage/ wo er dahin kaͤme/ zu beantworten; biß Koͤnig Erga- menes ſelbſt auch darzu kam/ und Fuͤrſt Narvas fuͤr einen Gefangenen erkennt/ alſo auf inſtaͤn- diges Anhalten eines blutbegierigen Affen- Prieſters wieder gefangen in die Stadt gefuͤh- ret/ und auf den Morgen in den grauſamen Mord-Tempel zum Opffer gefuͤhret ward. Jm hingehen druͤckte ein Numidier ihm eine kleine Schachtel in die Hand; welche Narvas bey der ihm verſtatteten Entkleidung eroͤffnete; und darinnen nebſt etlichen eingebiſamten Ku- geln dieſes zu leſen fand: Die/ welche an unſchul- diger Aufopfferung einer liebens-wuͤrdigen Schoͤnheit ein groſſes Mißfallen hat/ uͤberſen- det dir ein ſicheres Mittel aller Affen Zaͤhne und Klauen ſtumpff zu machen. Narvas wuſte nicht/ ob er dieſer Nachricht Glauben zuſtellen/ oder dieſes ihm gleichſam vom Himmel gefalle- nen Mittels ſich bedienen ſolte. Wie nun a- ber er in den Schauplatz/ welchen der gantze Koͤ- [Spaltenumbruch] nigliche Hoff/ und eine unglaubliche Menge Volck anfuͤllte/ gebracht/ die hungrigen Affen auch/ welche mit ihren Gebehrden ihre Blutbe- gierde genungſam entdeckten/ aus ihren gegit- terten Kefichten gebracht waren/ und ſie alſo grimmig auf ihn zurennten/ ſchuͤttete Narvas unvermerckt die Kugeln an Erdbodem; nach welchen die Affen Augenblicks ſchnapten/ hier- uͤber aber einander ſo grimmig in die Haare fie- len: daß derer etliche zwantzig todt auff dem Pflaſter liegen blieben/ die uͤbrigen aber ſo ver- wundet und abgemattet waren: daß Narvas zu groſſer Verwunderung des Volckes/ und Ver- bitterung der Abgoͤttiſchen Prieſter unverſehret blieb. Die Tunckelheit des Ortes hatte dieſe Zanckkugeln aller Zuſchauer Augen verborgen; und alſo urtheilte nicht nur das Volck/ ſondern der Koͤnig ſelbſt: daß die Goͤtter an dem Tode dieſes ſchon zweymal wunderſam erretteten Menſchen ein Mißfallen haben muͤſten; daher wolte er den Prieſtern kein Gehoͤre mehr geben; welche unter dem Scheine der Andacht ſeine Hinrichtung ſo eifrig ſuchten. Dieſer Verhin- dernuͤß legten die nach und nach einlauffenden Zeitungen ein groß Gewichte bey: daß Cartha- go nicht nur wieder allein Meiſter in Africa worden/ ſondern des Agathocles Feldhaupt- mann Paſiphilus in Sicilien wider ihn aufge- ſtanden waͤre/ und zum Dinocrates zum Hau- pte derer von Syracuſe vertriebenen Buͤrger ſich geſchlagen haͤtte. Endlich hielt den Erga- menes von aller grauſamen Entſchluͤſſung eine Botſchafft der Stadt Carthago zuruͤcke/ welche dem Fuͤrſten Narvas und etlichen noch uͤbrigen Gefangenen die voͤllige Freyheit erbat/ und das alte Buͤndnuͤß mit Carthago wieder befeſtigte. Die Affen-Prieſter wurden hieruͤber ſo erbit- tert: daß ſie dem Koͤnige durch einen ſchlechten Boten anbefehlen lieſſen: Er ſolte ſich alſofort ſelbſthaͤndig hinrichten. Denn dieſe Gewalt zu befehlen hatten von Alters her die Mohri- ſchen Prieſter uͤber ihre Koͤnige. Ergamenes aber Erſter Theil. J i i i i
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Arminius und Thußnelda.
Zu welchem Ende ſie den Tag vorher der Ge-
wohnheit nach an die Stadt von beyden Seiten
beruͤhrenden Nil-Strom gefuͤhret wurden/ ſie
daſelbſt abzuwaſchen. Narvas/ welchem der
Kerckermeiſter in geheim aus Erbarmnuͤß ver-
traut hatte: daß ſie auff den Morgen ſolten von
grimmigen Affen/ welchen man die Gefange-
nen zu opffern pflegte/ zerriſſen werden/ nahm
die Gelegenheit in acht/ und entſchwam ſeinen
Huͤtern uͤber den wol eine halbe Meile breiten
Fluß. Ob nun wol iederman verzweiffelte:
daß er es das andere Ufer zu erreichen ſchaffen
wuͤrde/ ſo entkam er doch aus dem Waſſer und
durch einen bloſſen Zufall in den an dem Ufer
liegenden Koͤniglichen Garten; als die Koͤnigin
Eliſa ihre Tochter Andraſte/ und ihr Sohn der
junge Fuͤrſt Syphax gleich daſelbſt friſche A-
bendlufft ſchoͤpffte. Sie hatten dem ſchwim-
menden Narvas lange von ferne zugeſehen/ als
ſie einen ſo ſchneeweiſſen Waſſermann aus dem
Fluſſe ſteigen ſahen; welcher aber fuͤr Muͤdig-
keit ſo viel Kraͤfften nicht hatte ihre Frage/ wo er
dahin kaͤme/ zu beantworten; biß Koͤnig Erga-
menes ſelbſt auch darzu kam/ und Fuͤrſt Narvas
fuͤr einen Gefangenen erkennt/ alſo auf inſtaͤn-
diges Anhalten eines blutbegierigen Affen-
Prieſters wieder gefangen in die Stadt gefuͤh-
ret/ und auf den Morgen in den grauſamen
Mord-Tempel zum Opffer gefuͤhret ward.
Jm hingehen druͤckte ein Numidier ihm eine
kleine Schachtel in die Hand; welche Narvas
bey der ihm verſtatteten Entkleidung eroͤffnete;
und darinnen nebſt etlichen eingebiſamten Ku-
geln dieſes zu leſen fand: Die/ welche an unſchul-
diger Aufopfferung einer liebens-wuͤrdigen
Schoͤnheit ein groſſes Mißfallen hat/ uͤberſen-
det dir ein ſicheres Mittel aller Affen Zaͤhne und
Klauen ſtumpff zu machen. Narvas wuſte
nicht/ ob er dieſer Nachricht Glauben zuſtellen/
oder dieſes ihm gleichſam vom Himmel gefalle-
nen Mittels ſich bedienen ſolte. Wie nun a-
ber er in den Schauplatz/ welchen der gantze Koͤ-
nigliche Hoff/ und eine unglaubliche Menge
Volck anfuͤllte/ gebracht/ die hungrigen Affen
auch/ welche mit ihren Gebehrden ihre Blutbe-
gierde genungſam entdeckten/ aus ihren gegit-
terten Kefichten gebracht waren/ und ſie alſo
grimmig auf ihn zurennten/ ſchuͤttete Narvas
unvermerckt die Kugeln an Erdbodem; nach
welchen die Affen Augenblicks ſchnapten/ hier-
uͤber aber einander ſo grimmig in die Haare fie-
len: daß derer etliche zwantzig todt auff dem
Pflaſter liegen blieben/ die uͤbrigen aber ſo ver-
wundet und abgemattet waren: daß Narvas zu
groſſer Verwunderung des Volckes/ und Ver-
bitterung der Abgoͤttiſchen Prieſter unverſehret
blieb. Die Tunckelheit des Ortes hatte dieſe
Zanckkugeln aller Zuſchauer Augen verborgen;
und alſo urtheilte nicht nur das Volck/ ſondern
der Koͤnig ſelbſt: daß die Goͤtter an dem Tode
dieſes ſchon zweymal wunderſam erretteten
Menſchen ein Mißfallen haben muͤſten; daher
wolte er den Prieſtern kein Gehoͤre mehr geben;
welche unter dem Scheine der Andacht ſeine
Hinrichtung ſo eifrig ſuchten. Dieſer Verhin-
dernuͤß legten die nach und nach einlauffenden
Zeitungen ein groß Gewichte bey: daß Cartha-
go nicht nur wieder allein Meiſter in Africa
worden/ ſondern des Agathocles Feldhaupt-
mann Paſiphilus in Sicilien wider ihn aufge-
ſtanden waͤre/ und zum Dinocrates zum Hau-
pte derer von Syracuſe vertriebenen Buͤrger
ſich geſchlagen haͤtte. Endlich hielt den Erga-
menes von aller grauſamen Entſchluͤſſung eine
Botſchafft der Stadt Carthago zuruͤcke/ welche
dem Fuͤrſten Narvas und etlichen noch uͤbrigen
Gefangenen die voͤllige Freyheit erbat/ und das
alte Buͤndnuͤß mit Carthago wieder befeſtigte.
Die Affen-Prieſter wurden hieruͤber ſo erbit-
tert: daß ſie dem Koͤnige durch einen ſchlechten
Boten anbefehlen lieſſen: Er ſolte ſich alſofort
ſelbſthaͤndig hinrichten. Denn dieſe Gewalt
zu befehlen hatten von Alters her die Mohri-
ſchen Prieſter uͤber ihre Koͤnige. Ergamenes
aber
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