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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Schönheit/ oder die Heßligkeit selbst wäre. Die
weisse Farbe wäre nichts anders als ein Glantz
des reinen Geblütes und des Geistes/ und das
Licht nichts anders als eine thätige Weisse. Ja
die Götter selbst könten nicht schwartz seyn; und
daher könten die welche die Farbe der Perlen oder
Sternen und des heiteren Himmels an sich hät-
ten/ sich mit gutem Fug rühmen: daß sie den
Göttern ähnlicher als schwartze Leute wären.
Thußnelde war bereit geschickt der Königin zu
begegnen; als Zeno ihr mit Fleiß vorkam und
sagte: Die Schönheit stünde zwar allen Men-
schen wohl an/ aber niemanden besser als Für-
sten und Gesandten; als welche durch ihre ge-
heime Zauberey die Gemüther der Menschen
zu gewinnen am meisten vonnöthen hätten.
Daher die Serer/ welche aus der Schönheit
gleichsam einen Abgott machen/ noch auch die
Völcker/ die den Schönsten zum Könige erweh-
len/ so wenig als die Spartaner für Thoren zu
halten wären/ welche ihren König Archidamus
verhöneten/ weil er ihm eine Zwergin heyrathe-
te. Und die Hispanier hätten kein verwerffli-
ches Gesetze; daß ihre Könige schöne Gemah-
linnen ehlichen solten. Die ansehnliche Ge-
stalt des Marius/ und die Anmuth des Käysers
Augustus hätte zweyen sie zu tödten schon im
Wercke begriffenen Mördern Arm und Streich
zurücke gezogen. Hingegen wäre die Verach-
tung der unabtrennliche Nachfolger der Heß-
ligkeit; und wäre einsmahls ein nur mit einem
Auge sehender Gesandter bey Hofe gefragt
worden: Ob er von denen einäugichten Cyclo-
pen geschickt wäre? Und der sonst zum Schertz
ungeneigte Cato hätte von denen Bithynischen
abgefertigten Gesandten/ derer einer den
Schwindel/ der ander die Gicht/ der dritte we-
nig Witz gehabt/ geurtheilt: daß die Römische
Botschafft weder Haupt/ noch Füße noch Hertz
hätte. Wiewohl auch der Agrigentische Gesand-
te Gellias/ als die Centuripiner ihn als ein Un-
geheuer zu hören nicht würdigten; ihnen spitz-
[Spaltenumbruch] finnig begegnete: daß seine Oberen zu schönen
schöne/ zu heßlichen heßliche Gesandten schick-
ten; so vergnügte er zwar durch diese Rache seine
Empfindligkeit/ aber nicht in der Verrichtung
seine Bür ger.

Adgandester verfiel in seine Erzehlung/ und
sagte von seinen deutschen Bothschafftern: Jhre
Verrichtung hätte ihrer Gestalt nichts zuvor-
gegeben. Denn als alle Gesandten an den
Fluß Phrat kamen/ über welchem Alexander in
tausend von Golde schimmernden Zelten/ so
wohl der Bothschafften/ als anderer zu seinem
Einzuge verordneten Anstalten erwarte; wolte
keiner dem andern weichen; indem die Scythen
ihr Alterthum/ die Serer ihre Macht/ die Car-
thaginenser ihre Reichthümer/ die Jndianer ih-
re Bündnisse/ die Epirischen ihre Anverwand-
niß/ die Sarmater ihre Tapfferkeit/ andere was
anders vorschützten; also: daß es beynahe zu den
Waffen kommen wäre/ wenn nicht Perdiccas
darzu kommen/ und denen Bothschafften ihre
Reyhe angedeutet hätte. Weil nun die Deut-
schen vernahmen: daß die Serer die ersten/ die
Jndianer die andern/ die Scythen die dritten/
die Deutschen die vierdten seyn solten; und die
verhandenen Schiffe zur Uberfarth der Serer
bestellt wurden; fing der Ritter Rosenberg an:
es ist niemand an Treue und Tapfferkeit über
die Deutschen; und sie wissen von keinem Vor-
zuge/ als den man ihnen mit dem Degen macht.
Hiermit sprengte er Spornstreichs in den
Strom/ ihm folgte Ritter Sternberg und alle
ihre Edelleute; welche zu vieler tausend Men-
schen höchsten Verwunderung alle glückselig
durchschwemmeten/ und also allen Gesandten
den Ruhm ablieffen; von dem solches anschau-
enden Alexander auch überaus geneigt empfan-
gen/ und hernach bey dem Einzuge unmittelbar
für ihm zu reiten gewürdigt wurden. Die Sar-
mater folgten dem Beyspiele der Deutschen/
und jener die Scythen; so denn folgten allererst
der andern Völcker Gesandten auff den Schif-

fen

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Schoͤnheit/ oder die Heßligkeit ſelbſt waͤre. Die
weiſſe Farbe waͤre nichts anders als ein Glantz
des reinen Gebluͤtes und des Geiſtes/ und das
Licht nichts anders als eine thaͤtige Weiſſe. Ja
die Goͤtter ſelbſt koͤnten nicht ſchwartz ſeyn; und
daheꝛ koͤnten die welche die Faꝛbe der Perlen oder
Sternen und des heiteren Himmels an ſich haͤt-
ten/ ſich mit gutem Fug ruͤhmen: daß ſie den
Goͤttern aͤhnlicher als ſchwartze Leute waͤren.
Thußnelde war bereit geſchickt der Koͤnigin zu
begegnen; als Zeno ihr mit Fleiß vorkam und
ſagte: Die Schoͤnheit ſtuͤnde zwar allen Men-
ſchen wohl an/ aber niemanden beſſer als Fuͤr-
ſten und Geſandten; als welche durch ihre ge-
heime Zauberey die Gemuͤther der Menſchen
zu gewinnen am meiſten vonnoͤthen haͤtten.
Daher die Serer/ welche aus der Schoͤnheit
gleichſam einen Abgott machen/ noch auch die
Voͤlcker/ die den Schoͤnſten zum Koͤnige erweh-
len/ ſo wenig als die Spartaner fuͤr Thoren zu
halten waͤren/ welche ihren Koͤnig Archidamus
verhoͤneten/ weil er ihm eine Zwergin heyrathe-
te. Und die Hiſpanier haͤtten kein verwerffli-
ches Geſetze; daß ihre Koͤnige ſchoͤne Gemah-
linnen ehlichen ſolten. Die anſehnliche Ge-
ſtalt des Marius/ und die Anmuth des Kaͤyſers
Auguſtus haͤtte zweyen ſie zu toͤdten ſchon im
Wercke begriffenen Moͤrdern Arm und Stꝛeich
zuruͤcke gezogen. Hingegen waͤre die Verach-
tung der unabtrennliche Nachfolger der Heß-
ligkeit; und waͤre einsmahls ein nur mit einem
Auge ſehender Geſandter bey Hofe gefragt
worden: Ob er von denen einaͤugichten Cyclo-
pen geſchickt waͤre? Und der ſonſt zum Schertz
ungeneigte Cato haͤtte von denen Bithyniſchen
abgefertigten Geſandten/ derer einer den
Schwindel/ der ander die Gicht/ der dritte we-
nig Witz gehabt/ geurtheilt: daß die Roͤmiſche
Botſchafft weder Haupt/ noch Fuͤße noch Hertz
haͤtte. Wiewohl auch der Agrigentiſche Geſand-
te Gellias/ als die Centuripiner ihn als ein Un-
geheuer zu hoͤren nicht wuͤrdigten; ihnen ſpitz-
[Spaltenumbruch] finnig begegnete: daß ſeine Oberen zu ſchoͤnen
ſchoͤne/ zu heßlichen heßliche Geſandten ſchick-
ten; ſo vergnuͤgte er zwar durch dieſe Rache ſeine
Empfindligkeit/ aber nicht in der Verrichtung
ſeine Buͤr ger.

Adgandeſter verfiel in ſeine Erzehlung/ und
ſagte von ſeinen deutſchen Bothſchafftern: Jhre
Verrichtung haͤtte ihrer Geſtalt nichts zuvor-
gegeben. Denn als alle Geſandten an den
Fluß Phrat kamen/ uͤber welchem Alexander in
tauſend von Golde ſchimmernden Zelten/ ſo
wohl der Bothſchafften/ als anderer zu ſeinem
Einzuge verordneten Anſtalten erwarte; wolte
keiner dem andern weichen; indem die Scythen
ihr Alterthum/ die Serer ihre Macht/ die Car-
thaginenſer ihre Reichthuͤmer/ die Jndianer ih-
re Buͤndniſſe/ die Epiriſchen ihre Anverwand-
niß/ die Sarmater ihre Tapfferkeit/ andere was
anders vorſchuͤtzten; alſo: daß es beynahe zu den
Waffen kommen waͤre/ wenn nicht Perdiccas
darzu kommen/ und denen Bothſchafften ihre
Reyhe angedeutet haͤtte. Weil nun die Deut-
ſchen vernahmen: daß die Serer die erſten/ die
Jndianer die andern/ die Scythen die dritten/
die Deutſchen die vierdten ſeyn ſolten; und die
verhandenen Schiffe zur Uberfarth der Serer
beſtellt wurden; fing der Ritter Roſenberg an:
es iſt niemand an Treue und Tapfferkeit uͤber
die Deutſchen; und ſie wiſſen von keinem Vor-
zuge/ als den man ihnen mit dem Degen macht.
Hiermit ſprengte er Spornſtreichs in den
Strom/ ihm folgte Ritter Sternberg und alle
ihre Edelleute; welche zu vieler tauſend Men-
ſchen hoͤchſten Verwunderung alle gluͤckſelig
durchſchwemmeten/ und alſo allen Geſandten
den Ruhm ablieffen; von dem ſolches anſchau-
enden Alexander auch uͤberaus geneigt empfan-
gen/ und hernach bey dem Einzuge unmittelbar
fuͤr ihm zu reiten gewuͤrdigt wurden. Die Sar-
mater folgten dem Beyſpiele der Deutſchen/
und jener die Scythen; ſo denn folgten allererſt
der andern Voͤlcker Geſandten auff den Schif-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 762[764]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/824>, abgerufen am 22.11.2024.