Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge-
winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes
Heil ihr Absehn haben/ und bey umbschlagen-
dem Glücke den Mantel nach dem Winde
hängen; aber sie lassen sich hingegen leichter im
Zaum halten; und können durch lange Ubung
besser ausgewürckt werden/ als die des Zwan-
ges ungewohnte/ und selten beständig dienende
Freywillige/ oder die/ welche meist wechselsweise
von den Ländern als ein Außschuß in Krieg ge-
schickt werden. Adgandester versetzte: Kein
Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung trägt so
viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes
bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege
eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge-
fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn
einige Zufälle/ oder auch das Unvermögen der
durch den Krieg ausgesogenen Länder verhin-
derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der
Sold nicht auf die Stunde bezahlt würde/
lassen sie aus Trägheit anfangs die Hände
sincken; hernach gerathen sie ins Luder; und
wenn man ihrer Trägheit und Muthwillen
nicht durch die Finger sihet/ machen sie gar
einen Aufstand/ legen die Hand an ihre Befehl-
haber/ plündern ihre Länder/ die sie beschützen sol-
len/ und verkauffen dem Feinde sich und ihre
anvertrauten Festungen. Durch welchen
Fehler Carthago in grössere Gefahr eines gäntz-
lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Rö-
mischen Kriege kurtz vorher gewest war. Jch
bin/ versetzte Zeno/ eben der Meynung; wenn
Fürst Adgandester die Werbung der Auslän-
der verwirfft/ welche freylich wohl mehr selbst
zu fürchten sind/ als sich auf sie zu verlassen ist.
Jnsonderheit stehet ein Reich schon auf dem
Fallbrete/ wenn man eitel oder grösten theils
fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/
und mit dem Schweiß und Blute eigener
Unterthanen besolden soll. Alleine man muß
Bürger und Eingebohrne werben/ und also ein
[Spaltenumbruch] Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit
der Schärffe der Kriegs-Gesetze vereinbaren;
Ausländer aber nur in solcher Anzahl/ welcher
man zum minsten dreyfach überlegen ist/ zur
Unterspickung in Dienste ziehen. Wenn ein
Fürst dieses wahrnimmt/ wird es ihm niemals
an geübtem und treuem Kriegs-Volcke/ auch
nie an willigem Beytrage der Kriegs-Kosten
fehlen; dahingegen es schläfrig hergehet/ wenn
ein Kriegs-Mann sich selbst verpflegen/ oder
ein Land seinen durchs blinde Looß oder unver-
nünftige Wahl in Krieg geschickten Ausschuß
besolden soll. Das Heer sihet so denn mehr
auf das Volck/ als den Fürsten; und hat dieser
so wenig Ansehn/ als Vermögen grosse Strei-
che zu thun. Daher die Römer die ersten
vierdtehalb hundert Jahr/ als die Bürger ohne
Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land-
Städte sich bemächtigten; nach dem sie aber
bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti-
schen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge-
ringen Sold an schlechtem Kupfer - Gelde
reichten/ spielten sie in der Helfte so vieler Zeit
in dreyen Theilen der Welt des Meisters.
Adgandester antwortete: Jch stelle dahin: Ob
der Kriegs-Sold des Römischen Wachsthum/
oder nicht vielmehr die erste Schwäche der Rö-
mischen Kindschafft/ und die Schwerigkeit
alles Anfangs die Hindernüß zeitlichern Auf-
nehmens gewesen sey. Jch glaube auch wohl:
daß die Besoldung des Kriegsvolcks dem
Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber
hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen.
Denn es ist kein sicherer Mittel einem Volcke
das Seil an die Hörner zu legen/ als den
Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie-
hen entheben/ und die Bürger mit geworbe-
nen Kriegsleuten beschirmen. Weswegen die
alten Deutschen/ Sarmater und Scythen nie-
mals zu bereden gewest wären/ zu Hause zu sitzen/
und die Gemächligkeit süsser Ruhe der Be-

und

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge-
winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes
Heil ihr Abſehn haben/ und bey umbſchlagen-
dem Gluͤcke den Mantel nach dem Winde
haͤngen; aber ſie laſſen ſich hingegen leichter im
Zaum halten; und koͤnnen durch lange Ubung
beſſer ausgewuͤrckt werden/ als die des Zwan-
ges ungewohnte/ und ſelten beſtaͤndig dienende
Freywillige/ oder die/ welche meiſt wechſelsweiſe
von den Laͤndern als ein Außſchuß in Krieg ge-
ſchickt werden. Adgandeſter verſetzte: Kein
Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung traͤgt ſo
viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes
bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege
eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge-
fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn
einige Zufaͤlle/ oder auch das Unvermoͤgen der
durch den Krieg ausgeſogenen Laͤnder verhin-
derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der
Sold nicht auf die Stunde bezahlt wuͤrde/
laſſen ſie aus Traͤgheit anfangs die Haͤnde
ſincken; hernach gerathen ſie ins Luder; und
wenn man ihrer Traͤgheit und Muthwillen
nicht durch die Finger ſihet/ machen ſie gar
einen Aufſtand/ legen die Hand an ihre Befehl-
haber/ pluͤndern ihre Laͤnder/ die ſie beſchuͤtzen ſol-
len/ und verkauffen dem Feinde ſich und ihre
anvertrauten Feſtungen. Durch welchen
Fehler Carthago in groͤſſere Gefahr eines gaͤntz-
lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Roͤ-
miſchen Kriege kurtz vorher geweſt war. Jch
bin/ verſetzte Zeno/ eben der Meynung; wenn
Fuͤrſt Adgandeſter die Werbung der Auslaͤn-
der verwirfft/ welche freylich wohl mehr ſelbſt
zu fuͤrchten ſind/ als ſich auf ſie zu verlaſſen iſt.
Jnſonderheit ſtehet ein Reich ſchon auf dem
Fallbrete/ wenn man eitel oder groͤſten theils
fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/
und mit dem Schweiß und Blute eigener
Unterthanen beſolden ſoll. Alleine man muß
Buͤrger und Eingebohrne werben/ und alſo ein
[Spaltenumbruch] Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit
der Schaͤrffe der Kriegs-Geſetze vereinbaren;
Auslaͤnder aber nur in ſolcher Anzahl/ welcher
man zum minſten dreyfach uͤberlegen iſt/ zur
Unterſpickung in Dienſte ziehen. Wenn ein
Fuͤrſt dieſes wahrnim̃t/ wird es ihm niemals
an geuͤbtem und treuem Kriegs-Volcke/ auch
nie an willigem Beytrage der Kriegs-Koſten
fehlen; dahingegen es ſchlaͤfrig hergehet/ wenn
ein Kriegs-Mann ſich ſelbſt verpflegen/ oder
ein Land ſeinen durchs blinde Looß oder unver-
nuͤnftige Wahl in Krieg geſchickten Ausſchuß
beſolden ſoll. Das Heer ſihet ſo denn mehr
auf das Volck/ als den Fuͤrſten; und hat dieſer
ſo wenig Anſehn/ als Vermoͤgen groſſe Strei-
che zu thun. Daher die Roͤmer die erſten
vierdtehalb hundert Jahr/ als die Buͤrger ohne
Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land-
Staͤdte ſich bemaͤchtigten; nach dem ſie aber
bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti-
ſchen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge-
ringen Sold an ſchlechtem Kupfer - Gelde
reichten/ ſpielten ſie in der Helfte ſo vieler Zeit
in dreyen Theilen der Welt des Meiſters.
Adgandeſter antwortete: Jch ſtelle dahin: Ob
der Kriegs-Sold des Roͤmiſchen Wachsthum/
oder nicht vielmehr die erſte Schwaͤche der Roͤ-
miſchen Kindſchafft/ und die Schwerigkeit
alles Anfangs die Hindernuͤß zeitlichern Auf-
nehmens geweſen ſey. Jch glaube auch wohl:
daß die Beſoldung des Kriegsvolcks dem
Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber
hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen.
Denn es iſt kein ſicherer Mittel einem Volcke
das Seil an die Hoͤrner zu legen/ als den
Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie-
hen entheben/ und die Buͤrger mit geworbe-
nen Kriegsleuten beſchirmen. Weswegen die
alten Deutſchen/ Sarmater und Scythen nie-
mals zu bereden geweſt waͤren/ zu Hauſe zu ſitzen/
und die Gemaͤchligkeit ſuͤſſer Ruhe der Be-

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0802" n="740[742]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge-<lb/>
winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes<lb/>
Heil ihr Ab&#x017F;ehn haben/ und bey umb&#x017F;chlagen-<lb/>
dem Glu&#x0364;cke den Mantel nach dem Winde<lb/>
ha&#x0364;ngen; aber &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich hingegen leichter im<lb/>
Zaum halten; und ko&#x0364;nnen durch lange Ubung<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er ausgewu&#x0364;rckt werden/ als die des Zwan-<lb/>
ges ungewohnte/ und &#x017F;elten be&#x017F;ta&#x0364;ndig dienende<lb/>
Freywillige/ oder die/ welche mei&#x017F;t wech&#x017F;elswei&#x017F;e<lb/>
von den La&#x0364;ndern als ein Auß&#x017F;chuß in Krieg ge-<lb/>
&#x017F;chickt werden. Adgande&#x017F;ter ver&#x017F;etzte: Kein<lb/>
Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung tra&#x0364;gt &#x017F;o<lb/>
viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes<lb/>
bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege<lb/>
eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge-<lb/>
fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn<lb/>
einige Zufa&#x0364;lle/ oder auch das Unvermo&#x0364;gen der<lb/>
durch den Krieg ausge&#x017F;ogenen La&#x0364;nder verhin-<lb/>
derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der<lb/>
Sold nicht auf die Stunde bezahlt wu&#x0364;rde/<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie aus Tra&#x0364;gheit anfangs die Ha&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;incken; hernach gerathen &#x017F;ie ins Luder; und<lb/>
wenn man ihrer Tra&#x0364;gheit und Muthwillen<lb/>
nicht durch die Finger &#x017F;ihet/ machen &#x017F;ie gar<lb/>
einen Auf&#x017F;tand/ legen die Hand an ihre Befehl-<lb/>
haber/ plu&#x0364;ndern ihre La&#x0364;nder/ die &#x017F;ie be&#x017F;chu&#x0364;tzen &#x017F;ol-<lb/>
len/ und verkauffen dem Feinde &#x017F;ich und ihre<lb/>
anvertrauten Fe&#x017F;tungen. Durch welchen<lb/>
Fehler Carthago in gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Gefahr eines ga&#x0364;ntz-<lb/>
lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Kriege kurtz vorher gewe&#x017F;t war. Jch<lb/>
bin/ ver&#x017F;etzte Zeno/ eben der Meynung; wenn<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t Adgande&#x017F;ter die Werbung der Ausla&#x0364;n-<lb/>
der verwirfft/ welche freylich wohl mehr &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu fu&#x0364;rchten &#x017F;ind/ als &#x017F;ich auf &#x017F;ie zu verla&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t.<lb/>
Jn&#x017F;onderheit &#x017F;tehet ein Reich &#x017F;chon auf dem<lb/>
Fallbrete/ wenn man eitel oder gro&#x0364;&#x017F;ten theils<lb/>
fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/<lb/>
und mit dem Schweiß und Blute eigener<lb/>
Unterthanen be&#x017F;olden &#x017F;oll. Alleine man muß<lb/>
Bu&#x0364;rger und Eingebohrne werben/ und al&#x017F;o ein<lb/><cb/>
Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit<lb/>
der Scha&#x0364;rffe der Kriegs-Ge&#x017F;etze vereinbaren;<lb/>
Ausla&#x0364;nder aber nur in &#x017F;olcher Anzahl/ welcher<lb/>
man zum min&#x017F;ten dreyfach u&#x0364;berlegen i&#x017F;t/ zur<lb/>
Unter&#x017F;pickung in Dien&#x017F;te ziehen. Wenn ein<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t die&#x017F;es wahrnim&#x0303;t/ wird es ihm niemals<lb/>
an geu&#x0364;btem und treuem Kriegs-Volcke/ auch<lb/>
nie an willigem Beytrage der Kriegs-Ko&#x017F;ten<lb/>
fehlen; dahingegen es &#x017F;chla&#x0364;frig hergehet/ wenn<lb/>
ein Kriegs-Mann &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t verpflegen/ oder<lb/>
ein Land &#x017F;einen durchs blinde Looß oder unver-<lb/>
nu&#x0364;nftige Wahl in Krieg ge&#x017F;chickten Aus&#x017F;chuß<lb/>
be&#x017F;olden &#x017F;oll. Das Heer &#x017F;ihet &#x017F;o denn mehr<lb/>
auf das Volck/ als den Fu&#x0364;r&#x017F;ten; und hat die&#x017F;er<lb/>
&#x017F;o wenig An&#x017F;ehn/ als Vermo&#x0364;gen gro&#x017F;&#x017F;e Strei-<lb/>
che zu thun. Daher die Ro&#x0364;mer die er&#x017F;ten<lb/>
vierdtehalb hundert Jahr/ als die Bu&#x0364;rger ohne<lb/>
Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land-<lb/>
Sta&#x0364;dte &#x017F;ich bema&#x0364;chtigten; nach dem &#x017F;ie aber<lb/>
bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti-<lb/>
&#x017F;chen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge-<lb/>
ringen Sold an &#x017F;chlechtem Kupfer - Gelde<lb/>
reichten/ &#x017F;pielten &#x017F;ie in der Helfte &#x017F;o vieler Zeit<lb/>
in dreyen Theilen der Welt des Mei&#x017F;ters.<lb/>
Adgande&#x017F;ter antwortete: Jch &#x017F;telle dahin: Ob<lb/>
der Kriegs-Sold des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Wachsthum/<lb/>
oder nicht vielmehr die er&#x017F;te Schwa&#x0364;che der Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Kind&#x017F;chafft/ und die Schwerigkeit<lb/>
alles Anfangs die Hindernu&#x0364;ß zeitlichern Auf-<lb/>
nehmens gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Jch glaube auch wohl:<lb/>
daß die Be&#x017F;oldung des Kriegsvolcks dem<lb/>
Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber<lb/>
hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen.<lb/>
Denn es i&#x017F;t kein &#x017F;icherer Mittel einem Volcke<lb/>
das Seil an die Ho&#x0364;rner zu legen/ als den<lb/>
Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie-<lb/>
hen entheben/ und die Bu&#x0364;rger mit geworbe-<lb/>
nen Kriegsleuten be&#x017F;chirmen. Weswegen die<lb/>
alten Deut&#x017F;chen/ Sarmater und Scythen nie-<lb/>
mals zu bereden gewe&#x017F;t wa&#x0364;ren/ zu Hau&#x017F;e zu &#x017F;itzen/<lb/>
und die Gema&#x0364;chligkeit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Ruhe der Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[740[742]/0802] Fuͤnfftes Buch Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge- winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes Heil ihr Abſehn haben/ und bey umbſchlagen- dem Gluͤcke den Mantel nach dem Winde haͤngen; aber ſie laſſen ſich hingegen leichter im Zaum halten; und koͤnnen durch lange Ubung beſſer ausgewuͤrckt werden/ als die des Zwan- ges ungewohnte/ und ſelten beſtaͤndig dienende Freywillige/ oder die/ welche meiſt wechſelsweiſe von den Laͤndern als ein Außſchuß in Krieg ge- ſchickt werden. Adgandeſter verſetzte: Kein Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung traͤgt ſo viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge- fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn einige Zufaͤlle/ oder auch das Unvermoͤgen der durch den Krieg ausgeſogenen Laͤnder verhin- derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der Sold nicht auf die Stunde bezahlt wuͤrde/ laſſen ſie aus Traͤgheit anfangs die Haͤnde ſincken; hernach gerathen ſie ins Luder; und wenn man ihrer Traͤgheit und Muthwillen nicht durch die Finger ſihet/ machen ſie gar einen Aufſtand/ legen die Hand an ihre Befehl- haber/ pluͤndern ihre Laͤnder/ die ſie beſchuͤtzen ſol- len/ und verkauffen dem Feinde ſich und ihre anvertrauten Feſtungen. Durch welchen Fehler Carthago in groͤſſere Gefahr eines gaͤntz- lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Roͤ- miſchen Kriege kurtz vorher geweſt war. Jch bin/ verſetzte Zeno/ eben der Meynung; wenn Fuͤrſt Adgandeſter die Werbung der Auslaͤn- der verwirfft/ welche freylich wohl mehr ſelbſt zu fuͤrchten ſind/ als ſich auf ſie zu verlaſſen iſt. Jnſonderheit ſtehet ein Reich ſchon auf dem Fallbrete/ wenn man eitel oder groͤſten theils fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/ und mit dem Schweiß und Blute eigener Unterthanen beſolden ſoll. Alleine man muß Buͤrger und Eingebohrne werben/ und alſo ein Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit der Schaͤrffe der Kriegs-Geſetze vereinbaren; Auslaͤnder aber nur in ſolcher Anzahl/ welcher man zum minſten dreyfach uͤberlegen iſt/ zur Unterſpickung in Dienſte ziehen. Wenn ein Fuͤrſt dieſes wahrnim̃t/ wird es ihm niemals an geuͤbtem und treuem Kriegs-Volcke/ auch nie an willigem Beytrage der Kriegs-Koſten fehlen; dahingegen es ſchlaͤfrig hergehet/ wenn ein Kriegs-Mann ſich ſelbſt verpflegen/ oder ein Land ſeinen durchs blinde Looß oder unver- nuͤnftige Wahl in Krieg geſchickten Ausſchuß beſolden ſoll. Das Heer ſihet ſo denn mehr auf das Volck/ als den Fuͤrſten; und hat dieſer ſo wenig Anſehn/ als Vermoͤgen groſſe Strei- che zu thun. Daher die Roͤmer die erſten vierdtehalb hundert Jahr/ als die Buͤrger ohne Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land- Staͤdte ſich bemaͤchtigten; nach dem ſie aber bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti- ſchen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge- ringen Sold an ſchlechtem Kupfer - Gelde reichten/ ſpielten ſie in der Helfte ſo vieler Zeit in dreyen Theilen der Welt des Meiſters. Adgandeſter antwortete: Jch ſtelle dahin: Ob der Kriegs-Sold des Roͤmiſchen Wachsthum/ oder nicht vielmehr die erſte Schwaͤche der Roͤ- miſchen Kindſchafft/ und die Schwerigkeit alles Anfangs die Hindernuͤß zeitlichern Auf- nehmens geweſen ſey. Jch glaube auch wohl: daß die Beſoldung des Kriegsvolcks dem Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen. Denn es iſt kein ſicherer Mittel einem Volcke das Seil an die Hoͤrner zu legen/ als den Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie- hen entheben/ und die Buͤrger mit geworbe- nen Kriegsleuten beſchirmen. Weswegen die alten Deutſchen/ Sarmater und Scythen nie- mals zu bereden geweſt waͤren/ zu Hauſe zu ſitzen/ und die Gemaͤchligkeit ſuͤſſer Ruhe der Be- und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/802
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 740[742]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/802>, abgerufen am 22.07.2024.