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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und nach gegen sie bezeugter tieffer Ehrerbie-
tung erkundigten: mit was für Annehmligkeit
sie einander in dieser Einsamkeit unterhielten.
Die holdselige Erato berichtete hierauf: daß sie
ihr die Ankunfftund Beschaffenheit der beyden
Cattischen Hertzoginnen; denen der gantze Hoff
entgegen gezogen wäre/ hätte erzehlen lassen;
und von ihnen so viel gutes vernommen: daß sie
eine grosse Begierde hätte sie nur bald zu umar-
men/ und sich um ihre Gewogenheit zu bewer-
ben. Jhr Vorwitz hätte sie auch ferner getrie-
ben den Uhrsprung der Liebe zwischen dem
Feldherren und der auserwehlten Fürstin
Thußnelda/ wie nichts minder der von ihrem
Vater hierüber geschöpfften Gramschafft zu er-
forschen. Worvon ihr die anwesende Nassauin
zwar ein Theil zu eröfnen Vertröstung/ hier-
nebst aber diese Anweisung gethan hätte: daß sie
alle Umstände von niemanden besser/ als dem
Fürsten Adgandester/ welchem Hertzog Herr-
mann iederzeit sein Hertze mit allen Heimligkei-
ten vertraut hätte/ ja ein treuer Gefärthe seines
Glücks gewest wäre/ vernehmen könte. Aber
sie trüge nicht unbilliches Bedencken ihm nicht
nur eine so beschwerliche Bemühung/ sondern
auch die Eröffnung derselben Heimligkeiten an-
zumuthen; welche die Liebhaber insgemein ver-
borgen wissen wolten; weil sie davon den Aber-
glauben hätten: daß wie die Sonne den Glantz
den Sternen/ also die Wissenschafft den Zucker
der Liebe benehme. Jedoch könte sie ihn wohl
versichern: daß die holdselige Thußnelda ihr
selbst nichts hiervon zu verschweigen Vertrö-
stung gethan hätte. Adgandester bezeugte ge-
gen die Königin ein absonderes Verlangen ihr
zu gehorsamen/ und trüge er selbte zu eröffnen
kein Bedencken. Sintemal er wol wüste: daß
er hierdurch nichts/ was sein Herr und Thuß-
nelde für ihnen verschwiegen haben wolte/ ent-
deckte. Nicht zwar/ weil ihnen vieler Eitelkeit
anklebte/ welche ihre Liebe für unvollkommen/
oder nicht für genung eingezuckert hielten/ wenn
[Spaltenumbruch] nicht auch andere darvon wüsten; und gleichsam
an ihrer Ergetzligkeit theil hätten; sondern viel-
mehr/ weil beyder Liebes-Fackeln alles Rauches
befreyet wären; also: daß sie allen andern Lieb-
habern wol ein Licht/ niemanden aber kein Aer-
gernüß abgeben könten. Und irrete ihn nichts:
daß Segesthes selbst diese reine Gluth nicht nur
auszuleschen/ sondern auch zu schwärtzen sich auf
alle Weise bemühete. Denn wie die von der
Erden aufsteigenden Dünste es die Sonne zu
beflecken nicht endeten/ gleichwol aber durch ih-
re Zerrinnung der angefeuchteten Erde wider
ihr Absehn Nutzen schafften; Also benähme die
Verleumdung denen Stralen der Tugend
nicht den geringsten Funcken; ja sie verursachte
mit ihrem Schatten vielmehr: daß sie desto hel-
ler leuchtete/ und ihren Lauf mit so viel mehr
Ehre vollendete. Hertzog Rhemetalces fiel
ein: Er wolte wol nicht gerne der Königin Ver-
langen/ und ihrem aus Anhörung einer so
merckwürdigen Liebes-Geschichte bereit durch
den Vorschmack der Hoffnung geschöpfften
Vergnügen den minsten Abbruch thun; weil er
aber bereit diese Nachricht hiervon hätte: daß
die Erzehlung in andere wichtige Reichs- und
Kriegs-Begebenheiten Deutschlands einfallen
würde; stellte er zu der Königin Entschlüssung:
Ob nicht Fürst Adgandester zu vermögen wäre/
ihnen vom Uhrsprunge an der Deutschen Ge-
schichte/ und insonderheit die mit denen Römern
und Griechen gehabte Vermengungen vorher
entwerffen/ und dardurch des Feldherrn Herr-
manns Thaten ein Licht geben wolte. Erato
versetzte: sie wäre für diese gute Erinnerung
dem Fürsten Rhemetalces hoch verbunden/ noch
höher aber würde sie es gegen den Fürsten Ad-
gandester seyn; wenn er sie alle mit einer hoch-
verlangten Nachricht zu beglückseligen erbitt-
lich seyn möchte. Adgandester antwortete: Er
wäre so begierig als schuldig hierinnen zu gehor-
samen; Sein einiges Bedencken wäre nur:
daß seine Erzehlung einer so lieblichen Gesell-

schafft
Z z z z 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und nach gegen ſie bezeugter tieffer Ehrerbie-
tung erkundigten: mit was fuͤr Annehmligkeit
ſie einander in dieſer Einſamkeit unterhielten.
Die holdſelige Erato berichtete hierauf: daß ſie
ihr die Ankunfftund Beſchaffenheit der beyden
Cattiſchen Hertzoginnen; denen der gantze Hoff
entgegen gezogen waͤre/ haͤtte erzehlen laſſen;
und von ihnen ſo viel gutes vernommen: daß ſie
eine groſſe Begierde haͤtte ſie nur bald zu umar-
men/ und ſich um ihre Gewogenheit zu bewer-
ben. Jhr Vorwitz haͤtte ſie auch ferner getrie-
ben den Uhrſprung der Liebe zwiſchen dem
Feldherren und der auserwehlten Fuͤrſtin
Thußnelda/ wie nichts minder der von ihrem
Vater hieruͤber geſchoͤpfften Gramſchafft zu er-
forſchen. Worvon ihr die anweſende Naſſauin
zwar ein Theil zu eroͤfnen Vertroͤſtung/ hier-
nebſt aber dieſe Anweiſung gethan haͤtte: daß ſie
alle Umſtaͤnde von niemanden beſſer/ als dem
Fuͤrſten Adgandeſter/ welchem Hertzog Herr-
mann iederzeit ſein Hertze mit allen Heimligkei-
ten vertraut haͤtte/ ja ein treuer Gefaͤrthe ſeines
Gluͤcks geweſt waͤre/ vernehmen koͤnte. Aber
ſie truͤge nicht unbilliches Bedencken ihm nicht
nur eine ſo beſchwerliche Bemuͤhung/ ſondern
auch die Eroͤffnung derſelben Heimligkeiten an-
zumuthen; welche die Liebhaber insgemein ver-
borgen wiſſen wolten; weil ſie davon den Aber-
glauben haͤtten: daß wie die Sonne den Glantz
den Sternen/ alſo die Wiſſenſchafft den Zucker
der Liebe benehme. Jedoch koͤnte ſie ihn wohl
verſichern: daß die holdſelige Thußnelda ihr
ſelbſt nichts hiervon zu verſchweigen Vertroͤ-
ſtung gethan haͤtte. Adgandeſter bezeugte ge-
gen die Koͤnigin ein abſonderes Verlangen ihr
zu gehorſamen/ und truͤge er ſelbte zu eroͤffnen
kein Bedencken. Sintemal er wol wuͤſte: daß
er hierdurch nichts/ was ſein Herr und Thuß-
nelde fuͤr ihnen verſchwiegen haben wolte/ ent-
deckte. Nicht zwar/ weil ihnen vieler Eitelkeit
anklebte/ welche ihre Liebe fuͤr unvollkommen/
oder nicht fuͤr genung eingezuckert hielten/ wenn
[Spaltenumbruch] nicht auch andere darvon wuͤſten; und gleichſam
an ihrer Ergetzligkeit theil haͤtten; ſondern viel-
mehr/ weil beyder Liebes-Fackeln alles Rauches
befreyet waͤren; alſo: daß ſie allen andern Lieb-
habern wol ein Licht/ niemanden aber kein Aer-
gernuͤß abgeben koͤnten. Und irrete ihn nichts:
daß Segeſthes ſelbſt dieſe reine Gluth nicht nur
auszuleſchen/ ſondern auch zu ſchwaͤrtzen ſich auf
alle Weiſe bemuͤhete. Denn wie die von der
Erden aufſteigenden Duͤnſte es die Sonne zu
beflecken nicht endeten/ gleichwol aber durch ih-
re Zerrinnung der angefeuchteten Erde wider
ihr Abſehn Nutzen ſchafften; Alſo benaͤhme die
Verleumdung denen Stralen der Tugend
nicht den geringſten Funcken; ja ſie verurſachte
mit ihrem Schatten vielmehr: daß ſie deſto hel-
ler leuchtete/ und ihren Lauf mit ſo viel mehr
Ehre vollendete. Hertzog Rhemetalces fiel
ein: Er wolte wol nicht gerne der Koͤnigin Ver-
langen/ und ihrem aus Anhoͤrung einer ſo
merckwuͤrdigen Liebes-Geſchichte bereit durch
den Vorſchmack der Hoffnung geſchoͤpfften
Vergnuͤgen den minſten Abbruch thun; weil er
aber bereit dieſe Nachricht hiervon haͤtte: daß
die Erzehlung in andere wichtige Reichs- und
Kriegs-Begebenheiten Deutſchlands einfallen
wuͤrde; ſtellte er zu der Koͤnigin Entſchluͤſſung:
Ob nicht Fuͤrſt Adgandeſter zu vermoͤgen waͤre/
ihnen vom Uhrſprunge an der Deutſchen Ge-
ſchichte/ und inſonderheit die mit denen Roͤmern
und Griechen gehabte Vermengungen vorher
entwerffen/ und dardurch des Feldherrn Herr-
manns Thaten ein Licht geben wolte. Erato
verſetzte: ſie waͤre fuͤr dieſe gute Erinnerung
dem Fuͤrſten Rhemetalces hoch verbunden/ noch
hoͤher aber wuͤrde ſie es gegen den Fuͤrſten Ad-
gandeſter ſeyn; wenn er ſie alle mit einer hoch-
verlangten Nachricht zu begluͤckſeligen erbitt-
lich ſeyn moͤchte. Adgandeſter antwortete: Er
waͤre ſo begierig als ſchuldig hierinnen zu gehor-
ſamen; Sein einiges Bedencken waͤre nur:
daß ſeine Erzehlung einer ſo lieblichen Geſell-

ſchafft
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[731[733]/0793] Arminius und Thußnelda. und nach gegen ſie bezeugter tieffer Ehrerbie- tung erkundigten: mit was fuͤr Annehmligkeit ſie einander in dieſer Einſamkeit unterhielten. Die holdſelige Erato berichtete hierauf: daß ſie ihr die Ankunfftund Beſchaffenheit der beyden Cattiſchen Hertzoginnen; denen der gantze Hoff entgegen gezogen waͤre/ haͤtte erzehlen laſſen; und von ihnen ſo viel gutes vernommen: daß ſie eine groſſe Begierde haͤtte ſie nur bald zu umar- men/ und ſich um ihre Gewogenheit zu bewer- ben. Jhr Vorwitz haͤtte ſie auch ferner getrie- ben den Uhrſprung der Liebe zwiſchen dem Feldherren und der auserwehlten Fuͤrſtin Thußnelda/ wie nichts minder der von ihrem Vater hieruͤber geſchoͤpfften Gramſchafft zu er- forſchen. Worvon ihr die anweſende Naſſauin zwar ein Theil zu eroͤfnen Vertroͤſtung/ hier- nebſt aber dieſe Anweiſung gethan haͤtte: daß ſie alle Umſtaͤnde von niemanden beſſer/ als dem Fuͤrſten Adgandeſter/ welchem Hertzog Herr- mann iederzeit ſein Hertze mit allen Heimligkei- ten vertraut haͤtte/ ja ein treuer Gefaͤrthe ſeines Gluͤcks geweſt waͤre/ vernehmen koͤnte. Aber ſie truͤge nicht unbilliches Bedencken ihm nicht nur eine ſo beſchwerliche Bemuͤhung/ ſondern auch die Eroͤffnung derſelben Heimligkeiten an- zumuthen; welche die Liebhaber insgemein ver- borgen wiſſen wolten; weil ſie davon den Aber- glauben haͤtten: daß wie die Sonne den Glantz den Sternen/ alſo die Wiſſenſchafft den Zucker der Liebe benehme. Jedoch koͤnte ſie ihn wohl verſichern: daß die holdſelige Thußnelda ihr ſelbſt nichts hiervon zu verſchweigen Vertroͤ- ſtung gethan haͤtte. Adgandeſter bezeugte ge- gen die Koͤnigin ein abſonderes Verlangen ihr zu gehorſamen/ und truͤge er ſelbte zu eroͤffnen kein Bedencken. Sintemal er wol wuͤſte: daß er hierdurch nichts/ was ſein Herr und Thuß- nelde fuͤr ihnen verſchwiegen haben wolte/ ent- deckte. Nicht zwar/ weil ihnen vieler Eitelkeit anklebte/ welche ihre Liebe fuͤr unvollkommen/ oder nicht fuͤr genung eingezuckert hielten/ wenn nicht auch andere darvon wuͤſten; und gleichſam an ihrer Ergetzligkeit theil haͤtten; ſondern viel- mehr/ weil beyder Liebes-Fackeln alles Rauches befreyet waͤren; alſo: daß ſie allen andern Lieb- habern wol ein Licht/ niemanden aber kein Aer- gernuͤß abgeben koͤnten. Und irrete ihn nichts: daß Segeſthes ſelbſt dieſe reine Gluth nicht nur auszuleſchen/ ſondern auch zu ſchwaͤrtzen ſich auf alle Weiſe bemuͤhete. Denn wie die von der Erden aufſteigenden Duͤnſte es die Sonne zu beflecken nicht endeten/ gleichwol aber durch ih- re Zerrinnung der angefeuchteten Erde wider ihr Abſehn Nutzen ſchafften; Alſo benaͤhme die Verleumdung denen Stralen der Tugend nicht den geringſten Funcken; ja ſie verurſachte mit ihrem Schatten vielmehr: daß ſie deſto hel- ler leuchtete/ und ihren Lauf mit ſo viel mehr Ehre vollendete. Hertzog Rhemetalces fiel ein: Er wolte wol nicht gerne der Koͤnigin Ver- langen/ und ihrem aus Anhoͤrung einer ſo merckwuͤrdigen Liebes-Geſchichte bereit durch den Vorſchmack der Hoffnung geſchoͤpfften Vergnuͤgen den minſten Abbruch thun; weil er aber bereit dieſe Nachricht hiervon haͤtte: daß die Erzehlung in andere wichtige Reichs- und Kriegs-Begebenheiten Deutſchlands einfallen wuͤrde; ſtellte er zu der Koͤnigin Entſchluͤſſung: Ob nicht Fuͤrſt Adgandeſter zu vermoͤgen waͤre/ ihnen vom Uhrſprunge an der Deutſchen Ge- ſchichte/ und inſonderheit die mit denen Roͤmern und Griechen gehabte Vermengungen vorher entwerffen/ und dardurch des Feldherrn Herr- manns Thaten ein Licht geben wolte. Erato verſetzte: ſie waͤre fuͤr dieſe gute Erinnerung dem Fuͤrſten Rhemetalces hoch verbunden/ noch hoͤher aber wuͤrde ſie es gegen den Fuͤrſten Ad- gandeſter ſeyn; wenn er ſie alle mit einer hoch- verlangten Nachricht zu begluͤckſeligen erbitt- lich ſeyn moͤchte. Adgandeſter antwortete: Er waͤre ſo begierig als ſchuldig hierinnen zu gehor- ſamen; Sein einiges Bedencken waͤre nur: daß ſeine Erzehlung einer ſo lieblichen Geſell- ſchafft Z z z z 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 731[733]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/793>, abgerufen am 23.11.2024.