Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
Käysers abgemahlt/ und zwar dergestalt abge-mahlt/ daß in ieder Taffel August eine der Ge- müths-Regungen überwand. Weil diese Weisen solche gar vertil get wissen wollen/ und daher alle andere Weißheit für weibisch schelten/ ihre eigene aber nur für männlich achten. Die- se Strasse leitete den Einzug für den vom Cyr- rhestes aus Marmel gebauten achteckichten Thurm/ auf dessen ieder Seite ein daselbsther wehender Wind eingeetzt war. Die Ostwin- de hatten ein feuriges/ die Sudwinde ein irrde- nes/ die Westwinde ein lufftiges/ die Nordwin- de ein wäßrichtes Drey-Eck zu ihrem Merck- male. Der auf der Spitze dieses Thurmes ste- hende/ und sich mit iedem Winde herum dre- hende Triton/ wendete sich/ und weiste mit sei- ner Ruthe gegen das auff der Strasse in Gestalt des Eolus aufgerichtete Bild des Käysers/ wel- ches ein Meerschwein zu seinen Füssen hatte; zweiffelsfrey darum/ weil die Haut von diesem Fische einem die Macht diesen oder jenen Wind wehen zulassen/ zueignen soll. Am Fusse war eingeetzt: August und fromme Fürsten sind Die Meister über Stern und Wind. Zu Ende dieser Strasse wendete sich der Zug a- Des Uberflusses altes Horn Jst Armuth gegen's Käysers Gaben. Wein/ Oel/ Milch/ Honig/ Reiß und Korn Jst's minste/ was wir von ihm haben. Für der Höle des wahrsagenden Apollo stand Beseele/ Käyser/ meinen Fuß/ Nach dem Apollo schweigen muß. Für dem Tempel des Lycischen Apollo und der Wenn dieser Phöbus stimmt die Saiten/ stimmt die Welt Annehmlich überein/ und was sie in sich hält. Darbey neigten sich zwey tausend der Welt- in
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
Kaͤyſers abgemahlt/ und zwar dergeſtalt abge-mahlt/ daß in ieder Taffel Auguſt eine der Ge- muͤths-Regungen uͤberwand. Weil dieſe Weiſen ſolche gar vertil get wiſſen wollen/ und daher alle andere Weißheit fuͤr weibiſch ſchelten/ ihre eigene aber nur fuͤr maͤnnlich achten. Die- ſe Straſſe leitete den Einzug fuͤr den vom Cyr- rheſtes aus Marmel gebauten achteckichten Thurm/ auf deſſen ieder Seite ein daſelbſther wehender Wind eingeetzt war. Die Oſtwin- de hatten ein feuriges/ die Sudwinde ein irrde- nes/ die Weſtwinde ein lufftiges/ die Nordwin- de ein waͤßrichtes Drey-Eck zu ihrem Merck- male. Der auf der Spitze dieſes Thurmes ſte- hende/ und ſich mit iedem Winde herum dre- hende Triton/ wendete ſich/ und weiſte mit ſei- ner Ruthe gegen das auff der Straſſe in Geſtalt des Eolus aufgerichtete Bild des Kaͤyſers/ wel- ches ein Meerſchwein zu ſeinen Fuͤſſen hatte; zweiffelsfrey darum/ weil die Haut von dieſem Fiſche einem die Macht dieſen oder jenen Wind wehen zulaſſen/ zueignen ſoll. Am Fuſſe war eingeetzt: Auguſt und fromme Fuͤrſten ſind Die Meiſter uͤber Stern und Wind. Zu Ende dieſer Straſſe wendete ſich der Zug a- Des Uberfluſſes altes Horn Jſt Armuth gegen’s Kaͤyſers Gaben. Wein/ Oel/ Milch/ Honig/ Reiß und Korn Jſt’s minſte/ was wir von ihm haben. Fuͤr der Hoͤle des wahrſagenden Apollo ſtand Beſeele/ Kaͤyſer/ meinen Fuß/ Nach dem Apollo ſchweigen muß. Fuͤr dem Tempel des Lyciſchen Apollo und der Wenn dieſer Phoͤbus ſtimmt die Saiten/ ſtimmt die Welt Annehmlich uͤberein/ und was ſie in ſich haͤlt. Darbey neigten ſich zwey tauſend der Welt- in
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0742" n="686"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fuͤnfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/> Kaͤyſers abgemahlt/ und zwar dergeſtalt abge-<lb/> mahlt/ daß in ieder Taffel Auguſt eine der Ge-<lb/> muͤths-Regungen uͤberwand. Weil dieſe<lb/> Weiſen ſolche gar vertil get wiſſen wollen/ und<lb/> daher alle andere Weißheit fuͤr weibiſch ſchelten/<lb/> ihre eigene aber nur fuͤr maͤnnlich achten. Die-<lb/> ſe Straſſe leitete den Einzug fuͤr den vom Cyr-<lb/> rheſtes aus Marmel gebauten achteckichten<lb/> Thurm/ auf deſſen ieder Seite ein daſelbſther<lb/> wehender Wind eingeetzt war. Die Oſtwin-<lb/> de hatten ein feuriges/ die Sudwinde ein irrde-<lb/> nes/ die Weſtwinde ein lufftiges/ die Nordwin-<lb/> de ein waͤßrichtes Drey-Eck zu ihrem Merck-<lb/> male. Der auf der Spitze dieſes Thurmes ſte-<lb/> hende/ und ſich mit iedem Winde herum dre-<lb/> hende Triton/ wendete ſich/ und weiſte mit ſei-<lb/> ner Ruthe gegen das auff der Straſſe in Geſtalt<lb/> des Eolus aufgerichtete Bild des Kaͤyſers/ wel-<lb/> ches ein Meerſchwein zu ſeinen Fuͤſſen hatte;<lb/> zweiffelsfrey darum/ weil die Haut von dieſem<lb/> Fiſche einem die Macht dieſen oder jenen Wind<lb/> wehen zulaſſen/ zueignen ſoll. Am Fuſſe war<lb/> eingeetzt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Auguſt und fromme Fuͤrſten ſind</l><lb/> <l>Die Meiſter uͤber Stern und Wind.</l> </lg><lb/> <p>Zu Ende dieſer Straſſe wendete ſich der Zug a-<lb/> bermals auff die rechte Hand fuͤr einem Tempel<lb/> des Jupiters fuͤrbey. Darfuͤr Auguſt in Ge-<lb/> ſtalt des Ammoniſchen Jupiters/ Livia in Ge-<lb/> ſtalt Amaltheens fuͤrgeſtellet ward. Jener ſpruͤtz-<lb/> te aus ſeinen Widder-Hoͤrnern Wein und Oel/<lb/> dieſe aus ihren Ziegen-Hoͤrnern Milch und Ho-<lb/> nig in vier unterſchiedene Marmel-Keſſel/ dar-<lb/> aus ieder nach Belieben ſchoͤpffen mochte. Auf<lb/> dem Fuſſe war in Marmel gegraben:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Des Uberfluſſes altes Horn</l><lb/> <l>Jſt Armuth gegen’s Kaͤyſers Gaben.</l><lb/> <l>Wein/ Oel/ Milch/ Honig/ Reiß und Korn</l><lb/> <l>Jſt’s minſte/ was wir von ihm haben.</l> </lg><lb/> <p>Fuͤr der Hoͤle des wahrſagenden Apollo ſtand<lb/> ein guͤldener Drey-Fuß/ auff welchem die Py-<lb/><cb/> thiſche Prieſterin dem vorbey fahrenden Kaͤyſer<lb/> zurief:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Beſeele/ Kaͤyſer/ meinen Fuß/</l><lb/> <l>Nach dem Apollo ſchweigen muß.</l> </lg><lb/> <p>Fuͤr dem Tempel des Lyciſchen Apollo und der<lb/> Schule des Ariſtoteles ſtand das Bild des Kaͤy-<lb/> ſers in Geſtalt des auff einer Leyer ſpielenden<lb/> Apollo:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Wenn dieſer Phoͤbus ſtimmt die Saiten/ ſtimmt die Welt</l><lb/> <l>Annehmlich uͤberein/ und was ſie in ſich haͤlt.</l> </lg><lb/> <p>Darbey neigten ſich zwey tauſend der Welt-<lb/> weißheit befliſſene Juͤnglinge gegen den Kaͤy-<lb/> ſer und Livien. Nahe darbey kaͤmpfften hun-<lb/> dert paar Fechter und Ringer mit einander/<lb/> und fuͤr die Buͤrger zu Athen waren unter dem<lb/> ſeiner wunder wuͤrdigen Groͤſſe halber beruͤhm-<lb/> ten Maßholderbaume/ und um den koͤſtlichen<lb/> Brunn Diocharis drey hundert Taffeln gede-<lb/> cket; ob es zwar damals nicht eben einen Tag<lb/> traf/ da man in dieſem Luſt-Walde Peripatus<lb/> oͤffentlich zu ſpeiſen pflegte. Bey der Vorburg/<lb/> welche in dem ſpaꝛſamen Alterthume uͤbeꝛ 2000.<lb/> Talent gekoſtet hatte/ empfingen den Kaͤyſer<lb/> und Livien die fuͤnf hundert Areopagiten/ wel-<lb/> che nahe darbey das hoͤchſte Richter-Ampt in<lb/> Athen/ und zwar um deſto weniger geſtoͤrt zu<lb/> werden/ nur des Nachts verwalteten. Dieſe<lb/> Areopagiten legen in Athen alleine ihr Ampt<lb/> nicht ab/ da alle andere Richter es jaͤhrlich ver-<lb/> wechſeln. Jhr Richter ſtul iſt als der fuͤrnehm-<lb/> ſte mit dem erſten Buchſtaben bezeichnet. Sie<lb/> fuͤhren ihren Nahmen vom Mars/ weil ſie uͤber<lb/> ihn zum Richter erkieſet worden/ als er einen<lb/> Sohn des Neptun erſchlagen. Nichts weni-<lb/> ger ſind ſie wegen ihres uͤber Oreſten/ welcher<lb/> ſeine Mutter Clytemneſtra umbracht/ uͤber den<lb/> Cephalus wegen ſeines getoͤdteten Ehweibes<lb/> Procris/ und den Dedalus wegen des erſchlage-<lb/> nen Talus gefaͤllten Urthels beruͤhmt. Fuͤr<lb/> dem anſchnlichſten Thore unter den neunen/ die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [686/0742]
Fuͤnfftes Buch
Kaͤyſers abgemahlt/ und zwar dergeſtalt abge-
mahlt/ daß in ieder Taffel Auguſt eine der Ge-
muͤths-Regungen uͤberwand. Weil dieſe
Weiſen ſolche gar vertil get wiſſen wollen/ und
daher alle andere Weißheit fuͤr weibiſch ſchelten/
ihre eigene aber nur fuͤr maͤnnlich achten. Die-
ſe Straſſe leitete den Einzug fuͤr den vom Cyr-
rheſtes aus Marmel gebauten achteckichten
Thurm/ auf deſſen ieder Seite ein daſelbſther
wehender Wind eingeetzt war. Die Oſtwin-
de hatten ein feuriges/ die Sudwinde ein irrde-
nes/ die Weſtwinde ein lufftiges/ die Nordwin-
de ein waͤßrichtes Drey-Eck zu ihrem Merck-
male. Der auf der Spitze dieſes Thurmes ſte-
hende/ und ſich mit iedem Winde herum dre-
hende Triton/ wendete ſich/ und weiſte mit ſei-
ner Ruthe gegen das auff der Straſſe in Geſtalt
des Eolus aufgerichtete Bild des Kaͤyſers/ wel-
ches ein Meerſchwein zu ſeinen Fuͤſſen hatte;
zweiffelsfrey darum/ weil die Haut von dieſem
Fiſche einem die Macht dieſen oder jenen Wind
wehen zulaſſen/ zueignen ſoll. Am Fuſſe war
eingeetzt:
Auguſt und fromme Fuͤrſten ſind
Die Meiſter uͤber Stern und Wind.
Zu Ende dieſer Straſſe wendete ſich der Zug a-
bermals auff die rechte Hand fuͤr einem Tempel
des Jupiters fuͤrbey. Darfuͤr Auguſt in Ge-
ſtalt des Ammoniſchen Jupiters/ Livia in Ge-
ſtalt Amaltheens fuͤrgeſtellet ward. Jener ſpruͤtz-
te aus ſeinen Widder-Hoͤrnern Wein und Oel/
dieſe aus ihren Ziegen-Hoͤrnern Milch und Ho-
nig in vier unterſchiedene Marmel-Keſſel/ dar-
aus ieder nach Belieben ſchoͤpffen mochte. Auf
dem Fuſſe war in Marmel gegraben:
Des Uberfluſſes altes Horn
Jſt Armuth gegen’s Kaͤyſers Gaben.
Wein/ Oel/ Milch/ Honig/ Reiß und Korn
Jſt’s minſte/ was wir von ihm haben.
Fuͤr der Hoͤle des wahrſagenden Apollo ſtand
ein guͤldener Drey-Fuß/ auff welchem die Py-
thiſche Prieſterin dem vorbey fahrenden Kaͤyſer
zurief:
Beſeele/ Kaͤyſer/ meinen Fuß/
Nach dem Apollo ſchweigen muß.
Fuͤr dem Tempel des Lyciſchen Apollo und der
Schule des Ariſtoteles ſtand das Bild des Kaͤy-
ſers in Geſtalt des auff einer Leyer ſpielenden
Apollo:
Wenn dieſer Phoͤbus ſtimmt die Saiten/ ſtimmt die Welt
Annehmlich uͤberein/ und was ſie in ſich haͤlt.
Darbey neigten ſich zwey tauſend der Welt-
weißheit befliſſene Juͤnglinge gegen den Kaͤy-
ſer und Livien. Nahe darbey kaͤmpfften hun-
dert paar Fechter und Ringer mit einander/
und fuͤr die Buͤrger zu Athen waren unter dem
ſeiner wunder wuͤrdigen Groͤſſe halber beruͤhm-
ten Maßholderbaume/ und um den koͤſtlichen
Brunn Diocharis drey hundert Taffeln gede-
cket; ob es zwar damals nicht eben einen Tag
traf/ da man in dieſem Luſt-Walde Peripatus
oͤffentlich zu ſpeiſen pflegte. Bey der Vorburg/
welche in dem ſpaꝛſamen Alterthume uͤbeꝛ 2000.
Talent gekoſtet hatte/ empfingen den Kaͤyſer
und Livien die fuͤnf hundert Areopagiten/ wel-
che nahe darbey das hoͤchſte Richter-Ampt in
Athen/ und zwar um deſto weniger geſtoͤrt zu
werden/ nur des Nachts verwalteten. Dieſe
Areopagiten legen in Athen alleine ihr Ampt
nicht ab/ da alle andere Richter es jaͤhrlich ver-
wechſeln. Jhr Richter ſtul iſt als der fuͤrnehm-
ſte mit dem erſten Buchſtaben bezeichnet. Sie
fuͤhren ihren Nahmen vom Mars/ weil ſie uͤber
ihn zum Richter erkieſet worden/ als er einen
Sohn des Neptun erſchlagen. Nichts weni-
ger ſind ſie wegen ihres uͤber Oreſten/ welcher
ſeine Mutter Clytemneſtra umbracht/ uͤber den
Cephalus wegen ſeines getoͤdteten Ehweibes
Procris/ und den Dedalus wegen des erſchlage-
nen Talus gefaͤllten Urthels beruͤhmt. Fuͤr
dem anſchnlichſten Thore unter den neunen/ die
in
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/742 |
Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/742>, abgerufen am 22.07.2024. |