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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ein rechtes Bild der Eitelkeit/ indem beyde in
ihrem höchsten Glantze verwelcken. Denn die-
se Blumen-Mutter wird wahrhaffter/ als die
Natter von ihren Kindern bey der Geburt ge-
tödtet. Oder/ weil diese schöne Blumen so
bald abfallen/ mag ihre Mutter für Hertzeleid
nicht länger im Leben bleiben.

Nach dreyer Tage Erfrischung setzten wir
unsere Reise fort/ und segelten endlich recht in
den Mund des rothen Meeres/ kamen auch
nach etlichen Tagen in den Gebanitischen See-
haven Ocila/ in Meinung/ daß der Arabische
König Sabos/ dessen Vater/ dem Käyser Au-
gustus zu Liebe/ auff seines Syrischen Land-
pflegers Qvintus Didius Anstifftung die von
der Cleopatra im rothen Meer gebaute Schiffe
hatte verbrennen lassen/ mit den Römern in
gutem Vernehmen stünde. Wir erfuhren a-
ber von einem Perlen-Fischer/ der von dem Ey-
lande Delacca zurücke kam/ zu unserm Glücke
bey Zeiten/ daß Sabos mit den Römern we-
gen der Gräntzen/ und weil Augustus dem Jam-
blichus sein väterliches Reich wider den Sabos
in Arabien zugesprochen hatte/ in offentliche
Feindschafft verfallen/ und Elius Largus zwar
mit einem mächtigen Heere tieff in Arabien ein-
gebrochen wäre. Allein nachdem die Araber
sie mit Fleiß so tieff in ihre sandichte Wüsteney-
en/ biß an die Stadt Athlula gelocket/ und al-
lenthalben die Brunnen verdecket/ wäre das
gröste Theil des Heeres für Durst und an Haupt-
weh umkommen; Die übrigen hätte König Sa-
bos umringt und erschlagen/ also/ daß kaum ein
Bote dieser Niderlage zurück kommen wäre. Die-
sem nach wir uns für Kauffleute von Oaracta/
welches dem mit den Arabern verbundenem
Könige der Parthen gehorsamt/ ausgaben/
und nach nur geschöpfftem frischen Wasser un-
sern Lauff durch die Abalitische See-Enge in
den innersten Busem des rothen Meeres rich-
teten. Wir segelten zwantzig Tage ohne eini-
ge denckwürdige Begebenheit/ ausser daß ich
[Spaltenumbruch] bey dem Gold-reichen Eylande Catacaumene
ein unserm Schiffe sich näherndes See-Weib/
welches beynahe die Grösse eines Kamels/ einen
Ochsen-Kopff/ einen Fisch-Schwantz/ vollkom-
mene Brüste und Armen/ an statt der Finger a-
ber rechte Endten Füsse hatte/ mit etlichen Pfei-
len zu grossem Wehklagen meiner Gefärthen
erlegte; welche vielleicht solche Mißgeburt für
eine Wohnstatt einer grossen Seele hielten. Der
Feldherr brach hier ein: bey solcher Beschaffen-
heit hat unser deutsches Meer schönere Trito-
nes und Sirenen/ als das rothe. Denn ich
habe bey meinem Vetter dem Hertzoge in Co-
danonia ein paar der vollkommensten Meer-
Wunder halb Fisch und halb Mensch gesehen;
derer Obertheile nichts als die Sprache man-
gelte/ nur daß/ wenn man sie gar nahe sahe/ die
Haut mit weissen zarten Schupen belegt war.
Jhr Schwantz aber war in 2. Theile getheilet.
Diese hat er an dem Cimbrischen Ufer gefan-
gen/ und verwahret sie in einem annehmlichen
Weiher. Rhemetalces verwunderte sich mit
Vermeldung: Er hätte zeither die Sirenen für
blosse Gedichte/ oder Gespenste gehalten; und
möchte er wohl wissen: Ob dieses eine gewisse
Art der Fische oder nur Mißgeburten der Na-
tur wären/ oder aus Vermischung zweyerley
Thiere den Ursprung hätten. Hertzog Herr-
mann versetzte: das letztere wäre seines Bedün-
ckens unmöglich. Denn ob zwar die Vorwelt
uns bereden wolte/ daß die Hippo-Centauren
von den Centaurischen Völckern/ und den Ma-
gnesischen Stutten herkämen; daß Pindarus
ein von einem Hirten und einem Mutter-
Pferde entsprossenes Kind gehabt; Crathis mit
einer Ziege eine Tochter; ein ander Schäffer
darmit den Sylvan; ein Esel ein ander schönes
Mägdchen Onoscelis gebohren hätte; ja die
Cimbrischen Fürsten sich rühmten/ daß ihres
Geschlechtes erste Stamm-Frau von einem Bä-
ren geschwängert worden wäre: ein Adelich
Geschlechte in Spanien einen Wassermann
zu seinem Anherrn machte/ ein gantzes Volck

in
Erster Theil. Q q q q

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ein rechtes Bild der Eitelkeit/ indem beyde in
ihrem hoͤchſten Glantze verwelcken. Denn die-
ſe Blumen-Mutter wird wahrhaffter/ als die
Natter von ihren Kindern bey der Geburt ge-
toͤdtet. Oder/ weil dieſe ſchoͤne Blumen ſo
bald abfallen/ mag ihre Mutter fuͤr Hertzeleid
nicht laͤnger im Leben bleiben.

Nach dreyer Tage Erfriſchung ſetzten wir
unſere Reiſe fort/ und ſegelten endlich recht in
den Mund des rothen Meeres/ kamen auch
nach etlichen Tagen in den Gebanitiſchen See-
haven Ocila/ in Meinung/ daß der Arabiſche
Koͤnig Sabos/ deſſen Vater/ dem Kaͤyſer Au-
guſtus zu Liebe/ auff ſeines Syriſchen Land-
pflegers Qvintus Didius Anſtifftung die von
der Cleopatra im rothen Meer gebaute Schiffe
hatte verbrennen laſſen/ mit den Roͤmern in
gutem Vernehmen ſtuͤnde. Wir erfuhren a-
ber von einem Perlen-Fiſcher/ der von dem Ey-
lande Delacca zuruͤcke kam/ zu unſerm Gluͤcke
bey Zeiten/ daß Sabos mit den Roͤmern we-
gen der Graͤntzen/ und weil Auguſtus dem Jam-
blichus ſein vaͤterliches Reich wider den Sabos
in Arabien zugeſprochen hatte/ in offentliche
Feindſchafft verfallen/ und Elius Largus zwar
mit einem maͤchtigen Heere tieff in Arabien ein-
gebrochen waͤre. Allein nachdem die Araber
ſie mit Fleiß ſo tieff in ihre ſandichte Wuͤſteney-
en/ biß an die Stadt Athlula gelocket/ und al-
lenthalben die Brunnen verdecket/ waͤre das
groͤſte Theil des Heeres fuͤr Duꝛſt und an Haupt-
weh umkommen; Die uͤbrigen haͤtte Koͤnig Sa-
bos umringt und erſchlagen/ alſo/ daß kaum ein
Bote dieſer Niderlage zuruͤck kom̃en waͤre. Die-
ſem nach wir uns fuͤr Kauffleute von Oaracta/
welches dem mit den Arabern verbundenem
Koͤnige der Parthen gehorſamt/ ausgaben/
und nach nur geſchoͤpfftem friſchen Waſſer un-
ſern Lauff durch die Abalitiſche See-Enge in
den innerſten Buſem des rothen Meeres rich-
teten. Wir ſegelten zwantzig Tage ohne eini-
ge denckwuͤrdige Begebenheit/ auſſer daß ich
[Spaltenumbruch] bey dem Gold-reichen Eylande Catacaumene
ein unſerm Schiffe ſich naͤherndes See-Weib/
welches beynahe die Groͤſſe eines Kamels/ einen
Ochſen-Kopff/ einen Fiſch-Schwantz/ vollkom-
mene Bruͤſte und Armen/ an ſtatt der Finger a-
ber rechte Endten Fuͤſſe hatte/ mit etlichen Pfei-
len zu groſſem Wehklagen meiner Gefaͤrthen
erlegte; welche vielleicht ſolche Mißgeburt fuͤr
eine Wohnſtatt einer groſſen Seele hielten. Der
Feldherr brach hier ein: bey ſolcher Beſchaffen-
heit hat unſer deutſches Meer ſchoͤnere Trito-
nes und Sirenen/ als das rothe. Denn ich
habe bey meinem Vetter dem Hertzoge in Co-
danonia ein paar der vollkommenſten Meer-
Wunder halb Fiſch und halb Menſch geſehen;
derer Obertheile nichts als die Sprache man-
gelte/ nur daß/ wenn man ſie gar nahe ſahe/ die
Haut mit weiſſen zarten Schupen belegt war.
Jhr Schwantz aber war in 2. Theile getheilet.
Dieſe hat er an dem Cimbriſchen Ufer gefan-
gen/ und verwahret ſie in einem annehmlichen
Weiher. Rhemetalces verwunderte ſich mit
Vermeldung: Er haͤtte zeither die Sirenen fuͤr
bloſſe Gedichte/ oder Geſpenſte gehalten; und
moͤchte er wohl wiſſen: Ob dieſes eine gewiſſe
Art der Fiſche oder nur Mißgeburten der Na-
tur waͤren/ oder aus Vermiſchung zweyerley
Thiere den Urſprung haͤtten. Hertzog Herr-
mann verſetzte: das letztere waͤre ſeines Beduͤn-
ckens unmoͤglich. Denn ob zwar die Vorwelt
uns bereden wolte/ daß die Hippo-Centauren
von den Centauriſchen Voͤlckern/ und den Ma-
gneſiſchen Stutten herkaͤmen; daß Pindarus
ein von einem Hirten und einem Mutter-
Pferde entſproſſenes Kind gehabt; Crathis mit
einer Ziege eine Tochter; ein ander Schaͤffer
darmit den Sylvan; ein Eſel ein ander ſchoͤnes
Maͤgdchen Onoſcelis gebohren haͤtte; ja die
Cimbriſchen Fuͤrſten ſich ruͤhmten/ daß ihres
Geſchlechtes erſte Stam̃-Frau von einem Baͤ-
ren geſchwaͤngert worden waͤre: ein Adelich
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Erſter Theil. Q q q q
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/729>, abgerufen am 22.11.2024.