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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] die also rüchenden Menschen von dem Gebrau-
che wohlrüchender Dinge nur noch ärger stin-
cken. Hingegen müsten alle Länder den Ara-
bern ihren Weyrauch und Aloe zu ihrer An-
dacht abkauffen/ und Gott darmit einen süssen
Geruch anzünden. Die Fürstin Thußnelda
versetzte: wir müssen Arabien/ und der vom Ze-
no gerühmten Dioscorida ihrer Würtzen und A-
loe halber den Vorzug geben/ und glauben/
daß selbte so wohl als Mosch und Zibeth nur
Kinder des heissen Himmels sind; ich weiß aber
nicht/ ob nicht Deutschlands Blumen so einen
kräfftigen Geruch/ als die Morgen- oder Sud-
ländischen haben. Zum minsten bin ich glaub-
hafft berichtet worden/ daß in dem doch so war-
men Egypten Kräuter und Blum-Werck den
unsrigen am Geruche nicht das Wasser reichen.
Auch habe ich von unsern Blumen eine grössere
Würckung gesehen/ als Zeno von der Arabi-
schen Aloe zu erzehlen gewüst; nehmlich/ daß ei-
nige von dem Geruche ihrer hundert-blätterich-
ten Dorn-Rosen ohnmächtig worden sind. Rhe-
metalces begegnete ihr mit einer höfflichen Ehr-
erbietung; Er wäre zu wenig dem fruchtba-
ren Deutschlande seine Köstligkeiten abzuspre-
chen; auch wolte er nicht behaupten/ daß
diese Rosen nur fremde in diese Nordländer
versetzte Gewächse wären; aber er müste nur
gestehen/ daß alle Blumen in Asien stärcker/
als in seinem doch vielmehr Sudlichen Thraci-
en/ oder auch in Griechenland rüchen. Wie
viel die Hitze den Geruch erhöhete/ würde man
auch in Deutschland wahrnehmen; wo im heis-
sesten Sommer am Mittage und beym Sonnen-
schein iede Blume einen stärckern Geruch von
sich gäbe/ als im Herbste/ des Abends oder
beym Regenwetter. Wie dem aber wäre/ schrie-
be er die seltzame Würckung nicht so wohl der
natürlichen Krafft des Rosen-Geruchs/ als ei-
ner angebohrnen Entsetzung gewisser Men-
schen zu; indem auch die annehmlichsten Dinge
denen Kindern widrig wären/ worfür eine
[Spaltenumbruch] schwangere Mutter Eckel bekäme. Hertzog
Herrma[nn] bestetigte es/ und meldete: Die gesün-
desten Gewächse würden so denn zu Giffte/ also/
daß ein Narsingischer Priester vom Geruche
der Rosen getödtet worden wäre. Eine Bri-
tannische Jungfrau hätte von heimlicher Aufbin-
dung dieser heilsamen Blume Blattern bekom-
men; Und erkennte einen streitbaren Kriegsheld/
den er mit einem Püschel gesunder Raute ehe/
als mit hundert blancken Sebeln in die Flucht
bringen kön[n]e. Jch bin/ sagte Zeno/ eben dieser
Meinung; aber viel rührt auch von der eignen
Krafft des Geruchs her. Wie viel Menschen
werden wegen ihrer Schwäche des Hauptes bey
Persepolis von den vielen Rosen/ in Spanien
von dem häuffigen Rosmarin/ in Taprobana
von der Menge des Gewürtzes mit Hauptweh
geplaget? Und in Warheit diese Holtz-Aloe ge-
het allen Sabeischen wohlrüchenden Gewäch-
sen für; Dahero ihr Wesen auch in Oel/ als wor-
innen der Geruch am beständigsten tauret/ einge-
than/ und in die fernesten Länder verschickt wird.
Am allerschätzbarsten aber hielt Zarmar die Kraft
der Aloe die Leichen für Fäule und Würmern/
derer Zahn sonst so gar der Felsen/ der Corallen
und Jaspiße nicht verschonet/ zu bewahren. Bey
welchem Berichte er uns seuffzende ermahnte
nicht allein nachzudencken: Ob Gottes Hand
unsere Leiber für gäntzlicher Zernichtigung in
der Asche/ in Flammen/ Wellen/ und in dem
Magen der gefräßigen Thiere zu erhalten
mächtig seyn könte; sondern auch zu glauben/
daß der Mensch nichts minder aus seinem an-
dern Begräbniße in den Staub der Erde/ als
aus dem ersten Sarge/ nehmlich der Mütterli-
chen Schooß/ lebendig herfür brechen würde.
Nebst diesem sahen wir auch eine überaus gros-
se Menge dörnrichter Aloen; derer etliche in un-
serer Anwesenheit etliche Schuch hohe Stängel
ausstiessen/ ihrer viel aber auff zwölff Ellen ho-
hen Stengeln mit etlichen tausend rothgelben
Blumen prangeten. Sehet[ ]hier/ sagte Zarmar/

ein

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] die alſo ruͤchenden Menſchen von dem Gebrau-
che wohlruͤchender Dinge nur noch aͤrger ſtin-
cken. Hingegen muͤſten alle Laͤnder den Ara-
bern ihren Weyrauch und Aloe zu ihrer An-
dacht abkauffen/ und Gott darmit einen ſuͤſſen
Geruch anzuͤnden. Die Fuͤrſtin Thußnelda
verſetzte: wir muͤſſen Arabien/ und der vom Ze-
no geruͤhmten Dioſcorida ihrer Wuͤrtzen und A-
loe halber den Vorzug geben/ und glauben/
daß ſelbte ſo wohl als Moſch und Zibeth nur
Kinder des heiſſen Himmels ſind; ich weiß aber
nicht/ ob nicht Deutſchlands Blumen ſo einen
kraͤfftigen Geruch/ als die Morgen- oder Sud-
laͤndiſchen haben. Zum minſten bin ich glaub-
hafft berichtet worden/ daß in dem doch ſo war-
men Egypten Kraͤuter und Blum-Werck den
unſrigen am Geruche nicht das Waſſer reichen.
Auch habe ich von unſern Blumen eine groͤſſere
Wuͤrckung geſehen/ als Zeno von der Arabi-
ſchen Aloe zu erzehlen gewuͤſt; nehmlich/ daß ei-
nige von dem Geruche ihrer hundert-blaͤtterich-
ten Dorn-Roſen ohnmaͤchtig worden ſind. Rhe-
metalces begegnete ihr mit einer hoͤfflichen Ehr-
erbietung; Er waͤre zu wenig dem fruchtba-
ren Deutſchlande ſeine Koͤſtligkeiten abzuſpre-
chen; auch wolte er nicht behaupten/ daß
dieſe Roſen nur fremde in dieſe Nordlaͤnder
verſetzte Gewaͤchſe waͤren; aber er muͤſte nur
geſtehen/ daß alle Blumen in Aſien ſtaͤrcker/
als in ſeinem doch vielmehr Sudlichen Thraci-
en/ oder auch in Griechenland ruͤchen. Wie
viel die Hitze den Geruch erhoͤhete/ wuͤrde man
auch in Deutſchland wahrnehmen; wo im heiſ-
ſeſten Som̃er am Mittage und beym Sonnen-
ſchein iede Blume einen ſtaͤrckern Geruch von
ſich gaͤbe/ als im Herbſte/ des Abends oder
beym Regenwetter. Wie dem aber waͤre/ ſchrie-
be er die ſeltzame Wuͤrckung nicht ſo wohl der
natuͤrlichen Krafft des Roſen-Geruchs/ als ei-
ner angebohrnen Entſetzung gewiſſer Men-
ſchen zu; indem auch die annehmlichſten Dinge
denen Kindern widrig waͤren/ worfuͤr eine
[Spaltenumbruch] ſchwangere Mutter Eckel bekaͤme. Hertzog
Herꝛma[nn] beſtetigte es/ und meldete: Die geſuͤn-
deſten Gewaͤchſe wuͤrden ſo denn zu Giffte/ alſo/
daß ein Narſingiſcher Prieſter vom Geruche
der Roſen getoͤdtet worden waͤre. Eine Bri-
tañiſche Jungfrau haͤtte von heimlicher Aufbin-
dung dieſer heilſamen Blume Blattern bekom-
men; Und erkeñte einen ſtreitbaren Kriegsheld/
den er mit einem Puͤſchel geſunder Raute ehe/
als mit hundert blancken Sebeln in die Flucht
bringen koͤn[n]e. Jch bin/ ſagte Zeno/ eben dieſer
Meinung; aber viel ruͤhrt auch von der eignen
Krafft des Geruchs her. Wie viel Menſchen
werden wegen ihrer Schwaͤche des Hauptes bey
Perſepolis von den vielen Roſen/ in Spanien
von dem haͤuffigen Roſmarin/ in Taprobana
von der Menge des Gewuͤrtzes mit Hauptweh
geplaget? Und in Warheit dieſe Holtz-Aloe ge-
het allen Sabeiſchen wohlruͤchenden Gewaͤch-
ſen fuͤr; Dahero ihr Weſen auch in Oel/ als wor-
iñen der Geruch am beſtaͤndigſten tauret/ einge-
than/ und in die ferneſten Laͤnder verſchickt wird.
Am allerſchaͤtzbarſtẽ aber hielt Zarmar die Kraft
der Aloe die Leichen fuͤr Faͤule und Wuͤrmern/
derer Zahn ſonſt ſo gar der Felſen/ der Corallen
und Jaſpiße nicht verſchonet/ zu bewahren. Bey
welchem Berichte er uns ſeuffzende ermahnte
nicht allein nachzudencken: Ob Gottes Hand
unſere Leiber fuͤr gaͤntzlicher Zernichtigung in
der Aſche/ in Flammen/ Wellen/ und in dem
Magen der gefraͤßigen Thiere zu erhalten
maͤchtig ſeyn koͤnte; ſondern auch zu glauben/
daß der Menſch nichts minder aus ſeinem an-
dern Begraͤbniße in den Staub der Erde/ als
aus dem erſten Sarge/ nehmlich der Muͤtterli-
chen Schooß/ lebendig herfuͤr brechen wuͤrde.
Nebſt dieſem ſahen wir auch eine uͤberaus groſ-
ſe Menge doͤrnrichter Aloen; derer etliche in un-
ſerer Anweſenheit etliche Schuch hohe Staͤngel
ausſtieſſen/ ihrer viel aber auff zwoͤlff Ellen ho-
hen Stengeln mit etlichen tauſend rothgelben
Blumen prangeten. Sehet[ ]hier/ ſagte Zarmar/

ein
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[672/0728] Fuͤnfftes Buch die alſo ruͤchenden Menſchen von dem Gebrau- che wohlruͤchender Dinge nur noch aͤrger ſtin- cken. Hingegen muͤſten alle Laͤnder den Ara- bern ihren Weyrauch und Aloe zu ihrer An- dacht abkauffen/ und Gott darmit einen ſuͤſſen Geruch anzuͤnden. Die Fuͤrſtin Thußnelda verſetzte: wir muͤſſen Arabien/ und der vom Ze- no geruͤhmten Dioſcorida ihrer Wuͤrtzen und A- loe halber den Vorzug geben/ und glauben/ daß ſelbte ſo wohl als Moſch und Zibeth nur Kinder des heiſſen Himmels ſind; ich weiß aber nicht/ ob nicht Deutſchlands Blumen ſo einen kraͤfftigen Geruch/ als die Morgen- oder Sud- laͤndiſchen haben. Zum minſten bin ich glaub- hafft berichtet worden/ daß in dem doch ſo war- men Egypten Kraͤuter und Blum-Werck den unſrigen am Geruche nicht das Waſſer reichen. Auch habe ich von unſern Blumen eine groͤſſere Wuͤrckung geſehen/ als Zeno von der Arabi- ſchen Aloe zu erzehlen gewuͤſt; nehmlich/ daß ei- nige von dem Geruche ihrer hundert-blaͤtterich- ten Dorn-Roſen ohnmaͤchtig worden ſind. Rhe- metalces begegnete ihr mit einer hoͤfflichen Ehr- erbietung; Er waͤre zu wenig dem fruchtba- ren Deutſchlande ſeine Koͤſtligkeiten abzuſpre- chen; auch wolte er nicht behaupten/ daß dieſe Roſen nur fremde in dieſe Nordlaͤnder verſetzte Gewaͤchſe waͤren; aber er muͤſte nur geſtehen/ daß alle Blumen in Aſien ſtaͤrcker/ als in ſeinem doch vielmehr Sudlichen Thraci- en/ oder auch in Griechenland ruͤchen. Wie viel die Hitze den Geruch erhoͤhete/ wuͤrde man auch in Deutſchland wahrnehmen; wo im heiſ- ſeſten Som̃er am Mittage und beym Sonnen- ſchein iede Blume einen ſtaͤrckern Geruch von ſich gaͤbe/ als im Herbſte/ des Abends oder beym Regenwetter. Wie dem aber waͤre/ ſchrie- be er die ſeltzame Wuͤrckung nicht ſo wohl der natuͤrlichen Krafft des Roſen-Geruchs/ als ei- ner angebohrnen Entſetzung gewiſſer Men- ſchen zu; indem auch die annehmlichſten Dinge denen Kindern widrig waͤren/ worfuͤr eine ſchwangere Mutter Eckel bekaͤme. Hertzog Herꝛmann beſtetigte es/ und meldete: Die geſuͤn- deſten Gewaͤchſe wuͤrden ſo denn zu Giffte/ alſo/ daß ein Narſingiſcher Prieſter vom Geruche der Roſen getoͤdtet worden waͤre. Eine Bri- tañiſche Jungfrau haͤtte von heimlicher Aufbin- dung dieſer heilſamen Blume Blattern bekom- men; Und erkeñte einen ſtreitbaren Kriegsheld/ den er mit einem Puͤſchel geſunder Raute ehe/ als mit hundert blancken Sebeln in die Flucht bringen koͤnne. Jch bin/ ſagte Zeno/ eben dieſer Meinung; aber viel ruͤhrt auch von der eignen Krafft des Geruchs her. Wie viel Menſchen werden wegen ihrer Schwaͤche des Hauptes bey Perſepolis von den vielen Roſen/ in Spanien von dem haͤuffigen Roſmarin/ in Taprobana von der Menge des Gewuͤrtzes mit Hauptweh geplaget? Und in Warheit dieſe Holtz-Aloe ge- het allen Sabeiſchen wohlruͤchenden Gewaͤch- ſen fuͤr; Dahero ihr Weſen auch in Oel/ als wor- iñen der Geruch am beſtaͤndigſten tauret/ einge- than/ und in die ferneſten Laͤnder verſchickt wird. Am allerſchaͤtzbarſtẽ aber hielt Zarmar die Kraft der Aloe die Leichen fuͤr Faͤule und Wuͤrmern/ derer Zahn ſonſt ſo gar der Felſen/ der Corallen und Jaſpiße nicht verſchonet/ zu bewahren. Bey welchem Berichte er uns ſeuffzende ermahnte nicht allein nachzudencken: Ob Gottes Hand unſere Leiber fuͤr gaͤntzlicher Zernichtigung in der Aſche/ in Flammen/ Wellen/ und in dem Magen der gefraͤßigen Thiere zu erhalten maͤchtig ſeyn koͤnte; ſondern auch zu glauben/ daß der Menſch nichts minder aus ſeinem an- dern Begraͤbniße in den Staub der Erde/ als aus dem erſten Sarge/ nehmlich der Muͤtterli- chen Schooß/ lebendig herfuͤr brechen wuͤrde. Nebſt dieſem ſahen wir auch eine uͤberaus groſ- ſe Menge doͤrnrichter Aloen; derer etliche in un- ſerer Anweſenheit etliche Schuch hohe Staͤngel ausſtieſſen/ ihrer viel aber auff zwoͤlff Ellen ho- hen Stengeln mit etlichen tauſend rothgelben Blumen prangeten. Sehet hier/ ſagte Zarmar/ ein

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/728>, abgerufen am 22.11.2024.